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ADB:Gleichen-Rußwurm, Karl Heinrich Freiherr von

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Artikel „Gleichen, Karl Heinrich von“ von Anton Bettelheim in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 49 (1904), S. 381–385, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gleichen-Ru%C3%9Fwurm,_Karl_Heinrich_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 12:30 Uhr UTC)
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Gleichen: Karl Heinrich von G., Diplomat, geboren 1733 zu Nemmersdorf in Franken, dazumal zum Markgrafenthum Baireuth gehörig, † am 5. April 1807 zu Regensburg. G. war der einzige Sohn des markgräflich baireuthschen Oberjägermeisters Ernst v. Gleichen und dessen Gemahlin Cordula Barbara geb. Domlin v. Kronenschild. Genaueres über Gleichen’s Kindheit und Erziehung ist nicht bekannt. Bezeugt ist nur, daß er um 1750 die Universität Leipzig besucht und als College eines (nachmaligen kursächsischen Gesandten in London) Grafen von Brühl Gellert’s Antheil gewonnen hat. Bald nachher trat G. als Kammerjunker in markgräflich brandenburgisch-baireuthsche Dienste. Als 20jähriger besuchte er mit dem ihm befreundeten Dichter v. Cronegk zum ersten Male Paris; dort knüpfte er manche Beziehungen, u. a. mit Madame de Graffigny, an, mit der er gelegentlich Briefe wechselte. Nach seiner Heimkehr begleitete er 1755 den Markgrafen und die Markgräfin nach Italien. Am 21. August 1755 ernannte der Markgraf G. zum Kammerherrn seiner Gemahlin, die bis an ihr Lebensende (1758) G. wohlgesinnt blieb; ihre Huld war keinem Unwürdigen zu theil geworden; ritterlich stand er für seine Herrin ein, als ein an Rang und Stand hoch über ihm stehender Würdenträger die Markgräfin unbedacht bespöttelte. Der Zwischenfall ereignete sich während seines zweiten italienischen Aufenthaltes. Die Markgräfin hatte G. 1756 nach Rom geschickt, um dem Papst für alle ihr seinerzeit erwiesenen Aufmerksamkeiten zu danken und weiterhin als ihr Vertrauensmann Gemälde und andere Kunstwerke auszuwählen. Die Courtoisie gebot G., auch dem damaligen französischen Botschafter in Rom, Choiseul, seine Aufwartung zu machen; der große Herr lud den Kammerjunker in seine Villa nach Frascati zu Tisch; im Gespräch äußerte sich Choiseul an offener Gasttafel über die Markgräfin verletzend; G. wies den Ausfall so scharf zurück, daß Choiseul die Serviette auf den Tisch warf und gereizt vom Stuhl auffuhr; G. wollte auf der Stelle anspannen lassen und nach Rom zurückfahren; nur durch die begütigenden Worten von Choiseul’s edler Gemahlin ließ sich G. bewegen, zu bleiben, unter der Bedingung, daß ihm der Botschafter versprach, nie wieder in seiner Gegenwart ein Wort über die Markgräfin zu sagen, das G. nicht anhören dürfte. Choiseul willfahrte als Grandseigneur; von Stund an zog er G. in den Kreis seiner nächsten und liebsten Vertrauten und bewahrte ihm, volle 30 Jahre lang, in allen Wechselfällen seiner Laufbahn Achtung und Antheilnahme. Im steten Verkehr mit dem Ehepaar Choiseul und dessen anregenden Hausfreunden, dem Abbé Barthélemy, La Condamine, dem Baillif v. Solar u. s. w. war es dem jungen Deutschen beschieden, in goldner Jugendzeit auf italienischem Boden alle Genüsse der erlesensten Pariser Geselligkeit auszukosten: l’année 1756 – so schrieb G. am Ende seiner Tage – a été la plus heureuse de ma vie, elle m’a comblé à l’âge de 20(?) ans de toutes les jouissances de l’Italie et de Paris.

1758 kehrte G. über Genf und Avignon nach Baireuth zurück. Choiseul, mittlerweile zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten berufen, vergaß G. so wenig, wie die anderen Stammgäste seines römischen Botschafts-Palastes. Auf seinen Fürspruch ernannte der Markgraf G. zum Gesandten in Paris. Ein so enger Wirkungskreis genügte auf die Dauer nicht einmal dem bescheidenen G. Wiederum war es Choiseul, der schon dreiviertel Jahre später Gleichen’s Uebertritt in dänische Dienste veranlaßte; der Premier vermochte sogar Ludwig XV. dazu, an den Markgrafen ein Dankschreiben zu richten für die Bereitwilligkeit, mit der er den mit einer Pension von 1000 Thalern in Gnaden verabschiedeten „Baron“ G. freigegeben habe: der Barontitel, mit dem G. fortan amtlich und außeramtlich angesprochen wurde, soll keinen andern [382] nachweisbaren Ursprung haben, als dieses Handschreiben Ludwig’s XV. an seinen Baireuther „Cousin“.

Im August 1759 begab sich G. nach Kopenhagen; die dänische Hauptstadt, Hof und Frauenwelt, erschienen dem durch Rom und Paris Verwöhnten, wie er in beweglichen, wohlgedachten und zierlich stilisirten Plauderbriefen an die Herzogin von Choiseul und den Abbé Barthélemy klagte, als ein Exil. Den ihm von Moltke und Bernstorff zugetheilten Gesandtenposten in Madrid nahm G., dessen Herz an der französischen Hauptstadt hing, erst nach längerem Schwanken an. Drei Jahre mußte er in Spanien ausharren, bis ihm endlich 1763 die heißersehnte Stelle des dänischen Gesandten in Paris zufiel. Dort war, nach dem Hubertsburger Frieden, seine Hauptaufgabe, Dänemarks Geldforderungen an Frankreich flüssig zu machen, und nicht zum wenigsten seinen freundschaftlichen Beziehungen zu Choiseul war die Zahlung eines beträchtlichen Theiles dieser Rückstände, sechs Millionen Livres, zuzuschreiben.

1768 besuchte König Christian VII. mit seinem Minister Bernstorff und dem damaligen Leibarzt Struensee Paris. G. war es ein Leichtes, die heikelsten Fragen des Ceremoniells, dank dem Entgegenkommen Choiseul’s, zum Wohlgefallen seines Souveräns zu lösen. An äußeren Zeichen der Anerkennung fehlte es G. nicht; Christian VII. verlieh ihm den Danebrogorden. Desto mißfälliger war G. während dieses Fürstenbesuches dem Staatsminister Bernstorff geworden. Am 15. März 1770 wurde G. von Paris abberufen, am 13. Juli nach Neapel versetzt und damit unverkennbar ein paar Stufen tiefer in der diplomatischen Rangordnung gestellt worden. Gleichwol gefiel sich G. in Neapel in der Gesellschaft Galiani’s so gut, daß er eine Weile vorhatte, sich dort anzukaufen; allein schon 1771 ließ das dänische Ministerium den neapolitanischen Gesandtenposten völlig eingehen; eine ihm neuerdings angesonnene Versetzung nach Stuttgart schlug G. aus. In der Zwischenzeit war Choiseul gestürzt worden und alle weitreichenden Pläne und weitgediehenen Bemühungen dieses Premiers zu Gunsten Gleichen’s, der vermuthlich in französische Staatsdienste treten sollte, waren vereitelt worden. Bernstorff’s Nachfolger, Minister v. Osten, wollte G. ein Ruhegehalt von 1000 Thalern nur unter der Voraussetzung verwilligen, daß er diese Pension in Dänemark verzehre. Zum Glück hatte G., als einziger Erbe seines 1761 verstorbenen Vaters in guten Vermögensverhältnissen, nicht Noth, auf diese lästige, späterhin von dem jüngeren Bernstorff nicht mehr aufrechterhaltene Bedingung einzugehen. Er bereiste in den Jahren 1771–1779 Italien, die Schweiz, Holland, England, Frankreich. Ueberall weiß er die Besten und Bedeutendsten zu finden. In Chanteloup, dem fürstlichen Landsitz des vom Hof verbannten Choiseul, erscheint er als guter, alter Kamerad des Abbé Barthélemy, als treuester, stets willkommener Tischnachbar der Herzogin. In Paris verkehrt er im Salon von Madame Du Deffand und Madame Geoffrin als ihr besonderer Liebling. Er unterhält Beziehungen zu Buffon, Marmontel, Diderot, d’Alembert, Holbach. Er besucht Voltaire wiederholt in Ferney und begegnet bei dem argwöhnischen Rousseau keinem Mißtrauen. Als echter Weltbürger verständigt er sich mit Horace Walpole, dem er angelegentlich von Frau Du Deffand empfohlen worden war, auf englischem Boden so sicher, wie am Rhein mit Hemsterhuis und Jacobi. Ueber den Berühmtheiten der Litteratur vergißt er die Machthaber nicht. Außer Kaisern, Königen und ihren Ministern gilt seine Wißbegier in dem Jahrhundert der großen Abenteurer und Mystagogen den Schwarm- und Schwindelgeistern seiner Tage. Der Mann, der rastlos Europa kreuz und quer bereist, hegt einen unbezwinglichen Hang, hinter die Geheimnisse der [383] Geisterseherei und Magie zu kommen, à voyager dans les espaces imaginaires.

Nach so viel leiblicher und geistiger Unrast verspürte G. das Bedürfniß, mindestens zeitweilig einen Stammsitz zu haben; 1779 siedelte sich G. in Regensburg an. Dort traf er nicht nur die Reichstagsgesandten und Herren vom diplomatischen Corps, umgängliche Leute, die der gastfreie Plauderkünstler gern zu behaglichen, allwöchentlich regelmäßig wiederkehrenden Symposien in seine Junggesellenwirthschaft lud. Dort besuchte er bisweilen auch das Schauspiel. Kaiser Joseph, der sich 1781 auf der Durchreise gleichfalls in die teutsche Comödie zu Diderot’s „Hausvater“ begab, „schien ganz angenehm überrascht zu sein, als er den Baron G., dessen Bekanntschaft er in Wien und Paris gemacht hatte, unter der Menge der Umstehenden erblickte und bezeugte ihm seine Bewunderung, wie er nach so vielen gemachten Reisen sich an den Aufenthalt in Regensburg habe gewöhnen können. Dieser versetzte, wie er die hiesige Luft seiner Gesundheit zuträglich finde, worauf der Graf Falkenstein ihm“ – mit wahrhaft kaiserlichem Humor – „erwiderte, wie er nicht begreifen könne, daß eine durch die Politik in beständiger Erregung erhaltene Luft der Gesundheit zuträglich sein möge“. Keinesfalls hinderte die völlige Windstille der Regensburger Reichstagsverhandlungen G., seinen Liebhabereien nachzugehen, den von ihm selbst s. g. recherches hyperscientifiques, kabbalistischen und theosophischen Spielereien, sich hinzugeben. Ging es auf die Dauer in Regensburg gar zu patriarchalisch her, dann regte sich in G. mit der alten Reiselust der Wunsch, alte Freunde heimzusuchen, neue Dinge und Menschen kennen zu lernen. Und der angenehme Gesellschafter wurde überall wohl aufgenommen, wo er sich zeigte, am Wiener Kaiserhof und im Kreise Necker’s, im Schloß Ferney und auf dem Landsitz des Großherzogs von Toscana.

Die Anfänge der französischen Revolution sah G. frohgemuth, optimistisch an. Der wachsende Ernst der Zeiten trieb den Vielerfahrenen nicht in das Lager der Gegner der ungeheuren Bewegung. Mehr und mehr zog sich der Alternde jedoch auf die Rolle des beschaulichen, unbefangenen Zuschauers zurück. Milde und freigebig, leutselig und barmherzig, begriff G. schlechterdings nicht, daß sein Haushofmeister, aus Furcht, Unterschleife entdeckt zu sehen, Hand an sich legte. Die Erschütterung über diesen Selbstmord beschleunigte Gleichen’s Ende. Letztwillig setzte er den Armen von Regensburg ohne Unterschied der Confession ein ansehnliches Vermächtniß aus. Seine Leute bedachte er reichlich. Selbst für seine Hunde sorgte er testamentarisch vor.

Ein litterarisches Denkmal von Freundeshand wurde G. wenige Jahre nach seinem Heimgange zu theil: Mémoires de M. le Baron de Gleichen Ministre de Danemark à differentes cours depuis 1760–1771 publiées par A. W. Sulzbach à l’imprimerie de J. E. Seidel 1813. Notices biographiques mit spärlichen Proben aus Gleichen’s hsr. Nachlaß. 34 Jahre hernach erschienen in Leipzig (Druck von J. B. Hirschfeld, 1847): „Denkwürdigkeiten des Barons Carl Heinrich von Gleichen. Eine Reihe aus seiner Feder geflossener Aufsätze über Personen und Verhältnisse aus der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts“. Litterarisch Gleichen’s größte Leistung, ein Quellenwerk für die Kenntniß der Menschen und Zustände seiner Zeit.

In französischer Prosa, die er in der vornehmsten Gesellschaft von Paris und Versailles so sicher zu sprechen und so geschmeidig zu schreiben gelernt hatte, wie sein berühmterer deutscher Zeitgenosse, Baron Melchior Grimm, charakterisiert G. durchaus aus eigener Anschauung merkwürdige Persönlichkeiten, mit denen er zusammengetroffen war: den König Karl III. von Spanien und den Herzog von Choiseul; Madame Geoffrin und sein Herzblatt, die Herzogin v. Choiseul; Kaiser [384] Joseph und Leopold II.; Kaunitz und Necker; die männlichen und weiblichen Charakterköpfe der ihm langvertrauten Familie Mirabeau; Glücksritter und Thaumaturgen, große und kleine Propheten, Cagliostro und Saint-Germain, Lavater und Saint-Martin. In der Form hält er sich meist an die in seinen Tagen vielbeliebten Portraits, in der Sache am liebsten an Selbsterlebtes; feingewählte anekdotische Züge, manche belangreiche, neue Aufschlüsse verleihen seinen scharfen und eleganten Aufnahmen den Werth geschichtlicher Urkunden. Mit und in seinen Bildnissen offenbart der Maler zugleich absichtslos seine eigene Natur, eine seltene, glückliche Mischung von Wahrhaftigkeit und Wohlwollen. G. lügt und lästert niemals. Zuverlässig und arglos, verdiente und gewann er von den Knaben- bis zu seinen Greisentagen niemals getäuschtes Vertrauen. Den jungen Leipziger Studenten hält Gellert als Freund hoch. Die helläugige Markgräfin von Baireuth macht ihn zum Mitwisser seltsamer Recepte zu schwindelhaften Geisterbeschwörungen, die Jahrzehnte hernach zum Unheil Friedrich Wilhelm’s II. ausschlugen. Die Herzogin von Choiseul betrachtet und behandelt ihn als Lebensfreund. Kaunitz begrüßte ihn mit den Worten: „Ich freue mich, die Bekanntschaft eines Mannes zu machen, von dem mir so viele Menschen nur Gutes und Niemand Böses gesagt hat“, ein Lobspruch, der G. im Stillen zur Selbsterkenntniß führt: Je suis donc plus heureux que sage. Selbst im Urtheil des schonungslosen Horace Walpole kommt G. nicht ganz schlecht weg; er rühmt G. ein rechtschaffenes Herz und leidlichen, gesunden Menschenverstand nach; aber, so fährt der überlegene Menschenkenner fort, euer trauriger Baron verliert sich in Definitionen von Dingen, die ihrer nicht bedürfen, und im Eifer, den Sachen auf den Grund zu gehen, ertränkt er sich in einem Löffel Wasser. Das Witzwort rührt an den wundesten Punkt im Wesen Gleichen’s; es nimmt überdies das bündigste und bissigste Urtheil vorweg über Gleichen’s 1791 und 1792 in deutscher Sprache veröffentlichte Schriften: „Metaphysische Kezereien oder Versuche über die verborgensten Gegenstände der Weltweisheit und ihre Grundursachen“ (2 Bändchen) und das selbständig 1792 erschienene ergänzende Heft: „Schöpfung durch Zahlen und Worte. Etwas über Magie, Cabala und geheime Gesellschaften von dem Herrn Verfasser der Metaphysischen Kezereien.“ Kaum irgendwo kommen diese von der deutschen Zeitkritik als aegri somnia abgefertigten Essais über dilettantische Anläufe hinaus. Den mangelhaften deutschen Stil der metaphysischen Kezereien erklärt und entschuldigt G. selbst mit dem Bekenntniß, daß er nie in seiner Muttersprache (er meint augenscheinlich: für die Oeffentlichkeit) geschrieben habe. Biographisch Bedeutsames findet sich indessen auch in diesen Heften: so zumal in der „Schöpfung durch Zahlen und Worte“ seine eindringliche Warnung vor Ausartungen der Maurerey und der Rosenkreuzerei. „Die einzige Verbrüderung die vielleicht zweckmäßig arbeitet und die ich deswegen noch empfehlen kann, ist die“ – von G. auch sonst, „Denkwürdigkeiten“, Artikel Alchymie erwähnte – „Loge der vereinigten Freunde (les Amis réunis) zu Paris. Sie bewahret und sammlet die vollständigste Geschichte der Maurerey, hält ein getreues Register aller Thorheiten, Erdichtungen und Charlatanerien, die dahin einschlagen, und in ihren Archiven findet man Alles, was Geld, Mühe und die ausgebreitetsten Verbindungen zu Ehren der Wahrheit haben entdecken können. Die Resultate dieser Entdeckungen sind ein Paar 100 falsche Grade, die Lebensläufe von ein paar Duzend Betrügern und die Gewißheit, daß alle bekannten Systeme noch nichts gefunden haben.“ Das klingt wehmüthig, wie Abschied von langgehegten Selbsttäuschungen, wie die Grabschrift allzu theuer bezahlter, betrogener Hoffnungen. Eine Reihe von weiteren 1797 in deutscher Sprache [385] veröffentlichten Versuchen Gleichen’s: „Gedanken über verschiedene Gegenstände der Politik und freien Künste“ war mir bisher nicht erreichbar.

Ein Bildniß Gleichen’s zeigt ihn im Hofkleid, ordensgeschmückt, den Dreispitz unter dem Arm, den Spazierstock mit goldenem Knauf in der Rechten, auf freiem, mit halbzerstörten, monumentalen Bauwerken bedeckten Platze sinnend Halt machen. In Regensburg wurde G. in den Anlagen der Allee vor dem St. Emmeramer Thor ein mit einer Sphinx gekröntes Monument gesetzt.

Meusel, Das gelehrte Deutschland, II, 5. Ausg., Lemgo 1796, gibt als Geburtsdatum Gleichen’s den 27. November 1734 an. Die Angabe unseres Textes beruht auf den oben angeführten Notices biographiques in den Mémoires de M. le Baron Charles Henri de Gleichen publiées par A. W. [nach einer gütigen Mittheilung des fürstl. Thurn- und Taxis’schen Archivrathes Dr. Rübsam in Regensburg unterliegt es keinem Zweifel, daß A. W. = Graf Alexander v. Westerholt († 1827)]. Graf Westerholt bemerkt im Avant-propos: c’est au reste mon ami Mr. le Chevalier de Bray, ministre de S. M. le Roi de Bavière à Petersbourg, qui a engagé M. le Baron de Gleichen à entreprendre la redaction de ces mémoires. Westerholt’s Publication gibt kaum einen Vorschmack dieser Memoiren; sie umfaßt mit den Notices biographiques Alles in Allem nur 52 Seiten. Allein auch die 1847 in Leipzig erschienenen, 234 S. starken Denkwürdigkeiten des Barons Karl Heinrich v. Gleichen – bis zur Stunde die Hauptquelle für die Kenntniß von Gleichen’s Leben und Schriften – geben nur eine Auswahl aus seinen eigenen Memoiren und den an ihn gerichteten Briefen der Markgräfin von Baireuth, der Herzogin von Choiseul, der Marquise du Deffand u. s. w. Wohin Gleichen’s litterarischer Nachlaß seitdem gerathen ist, war trotz mancher Umfragen und Nachforschungen bisher nicht zu erfahren; hoffentlich gelingt es noch, weitere Spuren aufzufinden und auf Grund umfassenderer Kenntniß Gleichen’s Art und Schicksal in einem selbständigen Zeit- und Charakterbild zu würdigen. Die Souvenirs de Charles Henri Baron de Gleichen précedés d’une notice par M. Paul Grimblot (Paris, Léon Techener fils 1868) beschränken sich darauf, Gleichen’s in den „Denkwürdigkeiten“ mitgetheilte französische Urschriften unverändert zu wiederholen und die biographischen Texte des ungenannten Herausgebers der Denkwürdigkeiten aus dem Deutschen in das Französische zu übertragen. Grimblot’s Behauptung S. XLVII, daß ein Fragment der Souvenirs 1810 im Pariser Mercure étranger veröffentlicht wurde, vermochte ich nicht nachzuprüfen. – Biographische Einzelheiten in den Briefen von Madame du Deffand, in den Oeuvres complètes von Voltaire und Diderot (vgl. die Registerbände). Dazu kleine Nachträge bei Gaston Maugras: Le duc et la duchesse de Choiseul und La disgrace du duc et de la duchesse de Choiseul. Paris 1902. – Zur Begegnung Gleichen’s mit Kaiser Joseph in Regensburg vgl. Nicolai, Beschreibung einer Reise durch Deutschland und die Schweiz im J. 1781 (die Anekdote wird wiederholt von P. Wild, über Schauspiele und Schaustellungen in Regensburg. 1901. S. 68 ff.). – Nachricht von der Vertheilung des Baron v. Gleichen’schen Legates für die Armen zu Regensburg (o. J.). – Freundliche Nachweise von Professor Richard Fester (Erlangen), Archivrath Dr. Rübsam (Regensburg), Graf Hugo v. Walderdorff auf Schloß Hauzenstein, Bibliothekar D. Georg Wolff (München).