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ADB:Heinrich II. (Herzog von Braunschweig-Lüneburg-Wolfenbüttel)

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Artikel „Heinrich, Herzog von Braunschweig“ von Ferdinand Spehr in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 486–488, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heinrich_II._(Herzog_von_Braunschweig-L%C3%BCneburg-Wolfenb%C3%BCttel)&oldid=- (Version vom 16. Oktober 2024, 02:16 Uhr UTC)
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Heinrich, Herzog von Braunschweig, Stifter des mit Herzog Friedrich Ulrich am 16. August 1634 ausgestorbenen mittleren Hauses Braunschweig, geb. um 1355, gest. 1416, ist der vierte Sohn des Herzogs Magnus mit der Kette von Braunschweig. Nach dem am 25. Juli 1373 in dem Treffen bei Leveste erfolgten Tode des Vaters einigten sich dessen Söhne Friedrich, Bernhard und Heinrich dahin, daß sie das ihnen zustehende oder noch von ihnen zu erwerbende Besitzthum bis zum Tode gemeinschaftlich besitzen wollten. Als die beiden älteren Brüder jedoch zu einer Zeit, in welcher H. außer Landes war, sich mit den Töchtern des Kurfürsten Wenceslaus von Sachsen vermählt hatten, schlossen sie mit dem Schwiegervater einen Vertrag dahin ab, daß zunächst diesem die Regierung des Landes Lüneburg zustehen, solche jedoch nach seinem Tode auf Herzog Bernhard übergehen, Herzog Friedrich aber im Besitze des Fürstenthums Braunschweig-Wolfenbüttel verbleiben solle. Erzürnt darüber, daß man ihn bei dem Vertrage gänzlich unberücksichtigt gelassen, und doch nicht im Stande denselben umzustoßen, drang H., besonders von dem landsässigen Adel des Bisthums Hildesheim unterstützt, in die lüneburgischen Lande ein und kam plündernd bis vor die Thore der Stadt Lüneburg. Daß Kurfürst Wenceslaus sich beschwerend an Kaiser und Reich wendete, kümmerte zwar den Herzog H. wenig, aber er schlug doch die von den Städten und dem Landadel angebotene Vermittelung nicht aus. Am 1. Mai 1387 kam man in Lüneburg dahin überein, daß das Fürstenthum Lüneburg nach Wenceslaus Tode an Herzog Bernhard und wenn dieser nicht mehr am Leben, an H. übergehen und dann später die Regierung zwischen der sächsischen Linie und den Söhnen des Herzogs Magnus mit der Kette, bezw. deren Nachkommen alterniren solle. – Auch dieser Vertrag genügte H. nicht. Ihm war durch denselben die Aussicht auf die Regierung in ungewisse Ferne gerückt. Wiederum nahm er, abermals von hildesheimischen Stiftsrittern unterstützt, den Kampf gegen den Kurfürsten Wenceslaus und den Bruder Bernhard auf. Letzterer wurde während des Streites gefangen und nach dem Steinberg’schen Gute Bodenburg geführt, wo er längere Zeit in Haft blieb. Alle Bemühungen, eine alle Theile befriedigende Einigung herbeizuführen, waren vergeblich. H. wollte keinen seiner Ansprüche aufgeben. So entbrannte der Kampf bald wieder. Kurfürst Wenceslaus brach zur Belagerung von Celle auf, als er plötzlich erkrankte und zu Hannover starb. H., welcher sich der vereinten Macht seiner Gegner nicht gewachsen fühlte, suchte und fand Hülfe bei seinem Bruder Friedrich und bei der Stadt Braunschweig. Am Fronleichnamstage (28. Mai) 1388 erfochten die beiden Brüder bei Winsen an der Aller einen glänzenden Sieg über die sächsischen Herzöge und deren Verbündete, welcher der sächsischen Herrschaft über Lüneburg für immer ein Ende machte. Am 15. Juni 1388 verzichteten in dem zu Uelzen abgeschlossenen Vertrage die Söhne des Kurfürsten [487] Wenceslaus auf den Besitz des Fürstenthums Lüneburg und die drei Söhne des Herzogs Magnus mit der Kette verglichen sich dahin, daß das braunschweigische Land und einige zum lüneburgischen gehörende Schlösser dem Herzog Friedrich verbleiben, Bernhard und H. dagegen die Herrschaft Lüneburg gemeinschaftlich besitzen sollten. Wir übergehen die Zwistigkeiten, in welche Bernhard und H. mit den Städten und den Landsassen ihres Fürstenthums wegen der diesen in den sog. Satebriefen eingeräumten Gerechtsame geriethen und welche erst durch Vertrag vom J. 1399 beigelegt wurden. – Nach der Ermordung des Herzogs Friedrich bei Fritzlar (5. Juni 1400) nahmen Bernhard und H., da Friedrich söhnelos gestorben, auch die Huldigung im Fürstenthume Wolfenbüttel ein und ertheilten dem Lande den üblichen Huldebrief. Da Erzbischof Johann von Mainz den gegründeten Verdacht auf sich gezogen hatte, daß er der Ermordung des Herzogs Friedrich nicht fern stehe, so fielen die Brüder in die mainzischen Länder ein und verheerten das Eichsfeld. Erst im J. 1405 erfolgte der Abschluß eines Landfriedens zwischen den braunschweigischen Herzögen und dem mainzer Erzbischofe. Während dieser Fehde entspann sich eine weitere mit dem Grafen Bernhard zur Lippe, in welcher H. am Elisabethstage (19. November) 1404 mit vielen Vasallen bei Hameln in Gefangenschaft gerieth und nach dem festen Bergschlosse Falkenburg geführt und dort in unritterlicher Haft gehalten wurde, aus welcher er erst am 22. Junius 1405 nach geleisteter Urfehde und gegen Gelobung eines Lösegeldes von 100 000 rheinischen Gulden entlassen wurde. Als H. den vierten Theil der Summe gezahlt, ließ er sich durch Papst Gregor XII. von dem geschworenen Eide entbinden, bewirkte, daß Graf Bernhard zur Lippe mit dem Kirchenbanne belegt und am 15. December 1405 vom Kaiser Ruprecht in des Kaisers und des Reichs Acht und Oberacht erklärt und die Vollziehung derselben ihm übertragen wurde. Im Verein mit seinem Bundesgenossen erstieg H. das Schloß Polle, besetzte die Stadt Horn und legte das Schloß Falkenburg nieder. Graf Bernhard aber wehrte sich mannhaft und es wurde im J. 1409 ein Vergleich geschlossen, nach welchem Herzog H. die Aufhebung der Acht zu erwirken versprach, Graf Bernhard dagegen auf den noch rückständigen Theil des Lösegeldes und auf die Erbfolge in der Grafschaft Eberstein verzichtete. – Bis zu diesem Jahre hatten die Brüder Bernhard und H. gemeinschaftlich regiert; am Tage Maria Magdalenä 1409 aber theilten sie das Land. Bernhard als der ältere theilte, H. als der jüngere wählte und zwar das Land Lüneburg; das Land Braunschweig und Hannover, die Herrschaft Eberstein und das Land zwischen Deister und Leine überließ er seinem Bruder. Die Städte Braunschweig und Lüneburg und das Land Oberwald (das Fürstenthum Göttingen) blieben den Brüdern gemeinschaftlich. Um den aus den wiederholten Theilungen sich ergebenden Uebelständen in etwas entgegenzuwirken, vertrugen sich die Brüder im J. 1414 zu Celle, dergestalt, daß sämmtliche Reichslehen nur von dem Aeltesten empfangen werden durften und daß ohne des Mitbelehnten Einwilligung keine Verpfändungen vorgenommen werden sollten. Ein Jahr später erweiterten sie den Vertrag dahin, daß fortan beide Fürstenthümer untheilbar seien und in jedem die Regierung nach dem Rechte der Erstgeburt vererbt werden solle. – Nach dem Tode des Grafen Gerhard von Schleswig, dessen Gemahlin Elisabeth Herzogs Heinrich von Braunschweig Schwester war, wollte sich die Königin Margarethe von Dänemark der Vormundschaft über die minorennen Kinder desselben bemächtigen, allein die Brüder Bernhard und H. eilten in Verbindung mit dem Grafen Adolf von Schaumburg und der holsteinischen Ritterschaft der verwittweten Gräfin zu Hülfe, nahmen den Dänen Flensburg ab und bewirkten, daß Margarethe von Dänemark sich aller ferneren Gewaltthätigkeiten gegen Schleswig enthielt. – Im [488] J. 1416 begab sich Herzog H. zur Kirchenversammlung nach Costnitz (Constanz). Bald nach der Rückkehr vom Concil erkrankte er zu Uelzen an einer pestartigen Krankheit, an welcher er am 2. (14.) October 1416 starb. Er liegt im Dome zu Braunschweig begraben. Zu Vormündern seiner unmündigen Kinder hatte er die Ritterschaft des Fürstenthums Lüneburg und den Rath der Stadt Lüneburg eingesetzt. Mit fester Hand hat er streng über Aufrechterhaltung des Landfriedens gehalten und unnachsichtlich die demselben zuwiderhandelnden Wegelagerer bestraft. Bei seinen Zeitgenossen führte er den Beinamen: König von der Haide (rex de erica). H. war zweimal vermählt; aus der ersten Ehe mit Sophia, Tochter des Herzogs Wratislav von Pommern, welche am 28. Juni 1406 starb, waren ihm zwei Kinder geboren, ein Sohn Wilhelm, geb. 1400, und eine Tochter Katharina, später verheirathet an Kurfürst Friedrich den Streitbaren von Sachsen. Die zweite Gemahlin war Margarethe, die Tochter des Landgrafen Hermann von Hessen, welche den Gatten um viele Jahre überlebte; sie starb 1471. Im J. 1411 hatte sie ihrem Gemahl einen Sohn geboren, der später unter dem Namen Heinrich der Friedfertige bekannt geworden ist.

Havemann, Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg, Thl. I.