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ADB:Hundt zu Lautterbach, Wiguleus

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Artikel „Hund, Wiguleus“ von Johann August Ritter von Eisenhart in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 13 (1881), S. 392–399, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hundt_zu_Lautterbach,_Wiguleus&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 09:50 Uhr UTC)
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Band 13 (1881), S. 392–399 (Quelle).
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Hund (auch Hunt, neuere Schreibweise Hundt): Wiguleus H. von Lauterbach zu Sulzenmos, Lenting und Steinach, Staatsmann und Geschichtschreiber, geb. am 26. Juli 1514 zu Kaltenberg, gest. am 28. Febr. 1588 zu München. – In den Adelsregistern sind mehrere unter sich nicht verwandte deutsche Familien verzeichnet, welche den Namen „Hund“ führen; so die Hund von Saulheim am Rhein, die fränkischen von Wenckheim zum Altenstein, die jülichschen von dem Busch, dann jene von Altenkrottgau in Schlesien und Andere. Die Ahnen des Wig. H. saßen, wie er selbst im 3. Theile des von ihm verfaßten Stammbuches berichtet, ursprünglich im Pinzgau, der Wiege manch’ süddeutschen Edelgeschlechtes, und bildeten muthmaßlich mit den salzburgischen Herren vom Thurm – de turri in Bisontio einen Stamm. Sie hatten Sudwerke in dem nahen Reichenhall und versahen als Pfleger oder Pröpste angesehene Gauämter. Bereits 1190 lebte Marquart der Hund auf seinem Ansitze Dorf (oder Dorfheim) unweit Saalfelden im Pinzgau, und Nachkommen desselben bewohnten [393] noch im Ausgange des 16. Jahrhunderts das ererbte Schloßgut. Hans H. III. von Dorfheim, Pfleger zu Lichtenberg und Propst in der Fusch – einem Querthale der Salzach – († 1480) vermählte sich in erster Ehe mit Martha, der Erbtochter Conrad Dachauers von Lauterbach und erwarb hiebei dieses unfern Dachau gelegene Gut. Von nun an tragen sämmtliche Familienglieder den Beinamen „von Lauterbach“. Hans H. III. ist der Stammvater des Wiguleus, welch letzterer nicht blos durch seine Verdienste sondern auch durch ausgedehnte Grunderwerbungen den Glanz der Familie mehrte; dessen zahlreiche Kinder und Enkel geriethen jedoch in Vermögensverfall; die Güter kamen großentheils in fremde Hände und die Linie erlosch mit dem Urenkel, Franz Ferdinand, welcher 1668 zu Dingolfing das Zeitliche segnete. Der noch heute in Baiern blühende Zweig leitet sich her von Englmair (Engelmar) H., Landrichter zu Dachau († 1520), dem jüngeren zweitehelichen Sohne des genannten Hans H. III. und Urgroßheim des Wigul. H. Ein Nachkomme des Ersteren, Johann Franz Maximilian Servatius H. zu Lauterbach, kurfürstlicher Kämmerer, Hofrath und gemeiner Landstände Rittersteurer (geb. am 19. October 1662, † am 14. Novr. 1705), erhielt von Kurfürst Max Emanuel am 3. Novbr. 1681 die Freiherrnwürde und von Kaiser Leopold I. laut baierischen Ausschreibungsbefehles vom 1. März 1703 das Diplom als Graf „von und zu Lauterbach“.

Wiguleus H. von Sulzenmos, Lenting und Steinach, der Rechte Doctor, Geheim-Rath u. Hofraths-Präsident, Pfleger zu Dachau und Menzing, Propst zu Geisenhausen und erblicher kaiserl. Pfalzgraf hat im 3. Theile des Stammbuches der Beschreibung seines Geschlechtes einen kurzen Abriß seines Lebens angereiht, welcher selbstverständlich die Grundlage zu der hier folgenden Darstellung bietet. Wig. H., (der vierte dieses Namens), aus der Ehe des Wiguleus H. von Kaltenberg mit der Beamtenstochter Anna Glockner aus Landsberg als vierter Sohn hervorgegangen, studirte 1524 die Grammatica bei Johann Pinitianus in Augsburg und zog dann mit Dr. Johann Agricola, Professor der griechischen Sprache gegen Ingolstadt, „dort war dieser sein philosophischer Präceptor bei einem halben Jahr“, worauf er Jura zu studiren anfing. In den Fasten 1535 ging er mit Unterstützung Conrad Rehlinger’s des Aelteren und dessen Hausfrau, seiner Muhme – den Vater hatte er schon 1531 verloren – in Begleitung des Dr. Fabius de Marnia, nach Bononien (Bologna), wo er seine juristischen Studien bei den ersten Lehrern dieser berühmten Rechtsschule 1½ Jahre fortsetzte. Das Fieber trieb ihn indeß nach Hause; wiederum gegen Ingolstadt gekommen, erwarb er sich 1537 den Doctorgrad, und wurde – erst 23 Jahr alt – als ordinarius institutionum aufgenommen. Hund’s hervorragende Leistungen haben dazu beigetragen, daß die Ingolstädter Juristenfacultät damals ein Ansehen genoß, dessen sie sich früher nicht erfreut hatte, und das sie erst viel später wieder erlangte. Um jene Zeit wirkten neben H. und dem etwas jüngeren Wolfgang Hunger, der Romanist Georg Taffinger, der Canonist Nikolaus Everhard der Aeltere, dessen um die geistige Entwickelung der Hochschule vielverdienter Sohn gleichen Namens, dann Fabius Arcas de Marnia Romano, welcher 1547 einer Einladung nach Coimbra folgte, ferner der spätere Salzburger Kanzler Mathias Alber aus Brixen, der wegen seiner civilistischen Schriften geschätzte Florentiner Bartholomäus Romuleus, der Mailänder Mark-Anton Caynus und der scharfsinnige Viglius ab Ayta Zwichem, welcher in niederländischen Diensten zu hohen Ehrenposten hinaufstieg. In Folge solch’ günstiger Besetzungen wuchs auch die Zahl der Hörer, an deren Spitze seit 1537 der 9jährige Erbprinz Albrecht (später Herzog Albrecht V.) stand, welcher über 7 Jahre auf der Hochschule verblieb. Welches Ansehen H. genoß, und wie rasch er sich dieses erwarb, geht wol am deutlichsten daraus hervor, daß [394] ihn seine Amtsgenossen schon im 3. Jahre seiner Professur, am Lucastage 1539 zum rector magnificus erwählten. Seine Rectoratsthätigkeit war indeß von kurzer Dauer, weil er schon Anfangs Januar 1540 von Herzog Wilhelm zum Hofrath in München ernannt wurde, aber eine außergewöhnlich mühevolle. Im Herbst 1539 brach in Ingolstadt eine pestartige Seuche aus, welche auch unter den Angehörigen der Hochschule ihre Opfer forderte. Die Juristen-Facultät, welcher sich einige philosophische Docenten anschlossen, zog deshalb mit dem Rector nach Rain a. d. Donau, in dessen Rathhause nahezu ein volles Jahr Vorlesungen gehalten wurden. Der Auszug war schleunig bewerkstelligt worden; die Einrichtungen in dem bescheidenen Landstädtchen erwiesen sich als unzureichend, und die Ordnung der Dinge verursachte manch’ lästige Rectoratsgeschäfte, welche H. am 22. Januar 1540 in die Hände des Professors Viglius ab Ayta legte, da er (wie erwähnt) mittlerweile in den Hofrath berufen, und am 9. d. Mts. verpflichtet worden war. H. verblieb in seinem neuen Amte über acht Jahre und entfaltete auch hier jene Eigenschaften, welche ihm den Weg zu höheren Aemtern bahnten. Als das mit schweren Rückständen kämpfende Reichskammergericht im J. 1548 eine durchgreifende Umbildung sowie Vermehrung der Richter erfuhr, wurde H. von Karl V., dem der Reichstag das Recht zur Präsentation der ersten 10 neuen Beisitzer eingeräumt hatte, wegen des bairischen Kreises zum Assessor am Kammergerichte berufen, und der Bischof von Speier eröffnete als kaiserlicher Commissär am 1. October 1548 den Gerichtshof. Nach Umfluß eines Jahres wurde Dr. Sigmund Seld, Hund’s „sonders alter Vertrauter Schulgeselle und Freund“ aus den Tagen der Augsburger Knabenzeit, zum kaiserlichen Vicekanzler befördert und H. statt dessen zum kurfürstlich sächsischen Beisitzer am Kammergerichte verordnet. Allein „der Speyrisch Lufft wollte ihn allda nit gedulden“; als nun das Kanzleramt in Landshut erledigt wurde, bestellte ihn Herzog Albrecht 1551 dort zum Kanzler, im folgenden Jahre zum geheimen Rath und Hofraths-Präsidenten in München; daneben hatte er wegen schwerer Erkrankung Dr. Stockhammer’s „seiner fürstlichen Gnaden geheimen Sachen und Geschäften abzuwarten“. 1555 erhielt er nach Ableben Stockhammer’s das Amt eines Universitäts-Curators, das Pflegamt Dachau, später auch jenes von Menzing; das Domcapitel Augsburg verlieh ihm die Abtei Geisenhausen und kaiserliche Decrete von 1555, 1556 und 1579 ernannten ihn zum erblichen comes palatinus caesareus. Mit der Beförderung zum Regierungskanzler in Landshut beginnt für H. gewissermaßen eine neue Aera. Von nun an gab es wol selten eine wichtigere Hof- und Staats-Angelegenheit, bei der nicht H. – getragen von dem vollen Vertrauen seines Fürsten und Herrn – mit seinem Rathe gehört wurde, oder in die er nicht persönlich eingriff; manche Sendung wurde von ihm vollzogen, manche Streitigkeit beigelegt, manch folgenreiche Abrede getroffen. So gewann er auf die Regierungsgeschäfte einen erheblichen Einfluß, wenn auch der bescheidene Mann in seiner Selbstbiographie hievon keinerlei Meldung thut. Der Einfluß war aber um so bedeutsamer, als die Geschäfte damals eine besondere Tragweite hatten. Jene kriegerischen Zeiten voll Erregung auf kirchlichem Gebiete, in denen auch der kleinste Reichsstand Partei zu nehmen genöthigt war, stellten an einen Staat von der Bedeutung Baierns Aufgaben und Anforderungen, wie sie in gewöhnlichen Zeitläuften nicht heranzutreten pflegen. Nachstehende Thatsachen werden ein flüchtiges Bild von Hund’s staatsmännischer Wirksamkeit während jenes Zeitraumes liefern. Sein politisches Auftreten beginnt mit dem Jahre 1547. Kaiser Karl V. strebte nach Erneuerung des schwäbischen Bundes und lud deshalb mehrere Reichsstände, darunter auch Baiern, nach Ulm ein; im März fand die erste Besprechung statt, im Juni eine zweite, an beiden übrigens erfolglosen [395] Zusammentritten nahm H. als bairischer Gesandter Theil. – Unmittelbar darauf (im August 1547) fand er sich mit Herzog Albrecht behufs Besorgung der bairischen Reichtagsangelegenheiten auf dem Reichstage in Augsburg ein, den Karl V. am 1. Septbr. persönlich eröffnete; – nun folgt die Periode, während welcher H. am Reichskammergerichte in Speier beschäftigt war (1548–51). Kaum in die Heimath zurückgekehrt, mußte er nach eigener Angabe (Stammbuch III) „in fürstlichen Angelegenheiten immer verreisen“, und begleitete 1552 Seine fürstlichen Gnaden (Albrecht V.) im Fürstenkriege zum Linzertage (Stammbuch I, S. 99), der am 18. April stattfand und den bekannten Passauer Vertrag einleitete; – im nächsten Jahre ist er zu Heidelberg und tritt Namens Baierns dem zur Friedenserhaltung und Bundeshülfe am 29. März 1553 von mehreren Reichsfürsten gestifteten Heidelberger Bunde oder Fürstenvereine bei, nachdem er vorher zu Graz an dem Vergleiche zwischen König Ferdinand und Herzog Christoph von Würtemberg durch Entwurf eines Vergleichsinstrumentes mitgewirkt hatte. – Im nämlichen Jahre begab er sich nach Ladenburg, um der Zusammenkunft anzuwohnen, welche die Heidelberger Verbündeten daselbst vom 16. bis 24. Juli abhielten; und im Sommer 1555 reiste er auf Befehl Herzogs Albrecht nach Wien um mit Petrus Canisius wegen dessen Rückkehr nach Baiern wie wegen Errichtung eines Jesuitencollegiums in Ingolstadt zu verhandeln; die Sendung war von Erfolg begleitet, Canisius traf im Herbst über Prag wieder in Ingolstadt ein, und wurde sofort zur Ausführung des Planes geschritten. H. trat hierbei als Regierungsbevollmächtigter auf, vermöge seines thätigen Eingreifens konnte das Collegium schon im Juli 1556 eröffnet werden und zogen am 7. dieses Monats 18 Patres in Ingolstadt ein. – In demselben Jahre wurde auf der Grundlage und nach dem Vorbilde des Heidelberger Bundes von Ferdinand, süddeutschen Fürsten und Städten die Errichtung eines neuen Schutzbundes angebahnt, und zu Landsberg am Lech (April 1557) ausgeführt; unter den Räthen, deren sich Albrecht bei diesen Geschäften bediente, befand sich auch H. – Ebenso wurde er in die gegen Ende 1557 zu München ins Leben gerufene kirchenrechtliche Commission von 6 Mitgliedern ernannt, in welcher er die gemäßigte und versöhnliche Richtung vertrat. – Um dieselbe Zeit unterhandelte er nebst zwei weiteren Bevollmächtigten mit dem Erzbischof von Salzburg und dessen Suffragan-Bischöfen wegen Reichung des von den bairischen Ständen dringend geforderten Laienkelches: die Verhandlungen währten längere Zeit, führten indeß wegen ablehnender Haltung des Erzbischofs und der Bischöfe zu keinem Resultate. – Eine vorwiegend juristische Aufgabe hatte der gelehrte Staatsmann im J. 1560 zu lösen, er schloß am 9. Novbr. d. J. zu Neuburg a/D. ein Uebereinkommen, wodurch die beim Vollzuge des Augsburger Erbvergleiches vom 12. August 1559 zwischen Herzog Albrecht und Pfalzgrafen Wolfgang von Neuburg entstandenen Irrungen beigelegt wurden. – Am 20. Octbr. 1562 zog H. im Gefolge des Herzogs Albrecht zur Königswahl (24. Novbr.) und Krönung (30. Novbr.) Maximilians II. in Frankfurt ein, und befand sich unter den Edeln, welche am 30. desselben Monats den Pfalzgrafen Wolfgang daselbst im feierlichen Ritte einholten. Hund’s politische Thätigkeit schließt im Wesentlichen mit dem Regensburger Reichstage, auf welchem der geschäftskundige Mann Maximilian II., der im Juli 1564 den Kaiserthron bestiegen hatte, mehrfache Dienste erwies, und wurde jener am 19. Mai 1568 mit einer goldenen Gnadenkette im Werthe von 100 Kronen beschenkt. – Trotz solch’ mannigfacher, umfassender Berufsgeschäfte und häufig wiederkehrender Dienstreisen fand der nie „feyernde“ Staatsmann, – ein seltenes Vorbild weiser Ausnützung der Zeit – Muße zu wissenschaftlichen Arbeiten. Außer dem handschriftlichen Nachlasse sind zwei Werke von ungewöhnlicher Ausdehnung [396] das Ergebniß vieljähriger Forschungen, langwieriger Correspondenzen und gründlicher Besuche der Archive, in denen der eifrige Sammler so manche Stunde seines Lebens verbrachte. Das erste große Werk ist die Geschichte des Fürstenthums Salzburg, dessen voller Titel lautet: „Metropolis Salisburgensis tomus primus, continens: primordia Christianae religionis per Bajariam et loca quaedam vicina, catalogum videlicet et ordinariam successionem Archi-Episcoporum Salisburgensium et co-episcoporum Frisigensium, Ratisponensium, Pataviensium et Brixiensium, – tomus secundus (et tertius) continens: fundamentiones et erectiones monasteriorum et ecclesiarum collegiatarum etc. per Bajariam ac loca quaedam vicina etc.“ Das um 1580 vollendete Buch, wozu inhaltlich der Widmungsworte an den erlauchten Herzog Wilhelm von Baiern die ältesten und gewichtigsten Documente der Kaiser, Fürsten und Stifte mit Hinweglassung aller fabelhaften Einstreuungen benützt sind, wurde 1582 bei Sartorius in Ingolstadt verlegt; es fand solchen Beifall, daß es schon nach Umfluß von zwei Jahren vergriffen war und ist jetzt sehr selten geworden. Der Verfasser hat das Buch äußerlich in 3 Theile geschieden. Im ersten wird die Entstehung, Ausbreitung und Befestigung des Christenthums in Baiern und den Nachbargauen erzählt, woran sich ein Verzeichniß oder richtiger eine pragmatisch-geschichtliche Aufzählung aller Erzbischöfe von Salzburg, dann der Bischöfe von Freising, Regensburg, Passau und Brixen anreiht. Der 2. und 3. Theil berichtet über die Gründung und Errichtung von 122 Klöstern und Collegiatstiften (auch der Hochschule zu Ingolstadt) in Baiern und den Grenzländern mit Ausschluß der Dominikaner- und Franciskaner-Klöster. Die Darstellung ist bis 1580 geführt, Christ. Gewold (s. d.) hat das Werk bis 1620 fortgesetzt, theilweise berichtigt, vermehrt und namentlich durch Beigabe weiterer Urkunden fast um das Dreifache vergrößert. Von dieser im März 1620 veranstalteten Ausgabe ließ die Seidl’sche Verlagsbuchhandlung zu Regensburg 1719 eine neue Auflage drucken. Gelegentlich der Sammlung des Stoffes zur Metropolis entdeckte H. (nach seiner Angabe in derselben) 1575 auf dem wettergrauen Herzogsschlosse Prunn an der Altmühl unter verschiedenen Documenten eine kostbare Pergamenthandschrift aus der Zeit vom 13. ins 14. Jahrhundert, welche in Leder gebunden und mit hübschen Initialen geschmückt auf 168 Blättern in Quart der Nibelungen Noth und die Klage enthält. Dieses sehr werthvolle Manuscript kam in die herzogliche Büchersammlung und gehört nun zum Münchener Handschriftenschatz (woselbst es als Prunner Codex, Cod. germ. mon. 31.) aufbewahrt wird. Das zweite Werk ist das „Bayrisch Stammbuch“. Aus der Vorrede „an die löblich Ritterschafft in Baiern“ erfahren wir, daß der Verfasser „sich dieses weitläuffigen und mühsamen Wercks erst in seinem schwachen Alter, da er sich großer und wichtiger Geschäfft und Händl nimmer vermügt, und doch des Feyerns ungewohnt war, zu einer ehrlichen Kurzweil und dem geliebten Vatterlandt zu Ehren unterfangen habe“, und daß sich die Arbeit, welche „aus mehr Ursachen nit gar so unnütz und vergebens zu achten, allein mit dem alten Thurnieradel, so man den hohen Adel nennet“, beschäftigt, „denn die Namen des andern Adels zu beschreiben, wäre Weitläuffigkeit halber gar nicht zu bekommen, ja unmöglich gewesen, damit sol aber derselb mit nichten verkleinert sein“. Bei Auswahl der zu beschreibenden Geschlechter hielt sich H. zunächst an den alten Turnierreim des Johann Holannd v. Eckhenfelden v. J. 1392, welcher die bairischen Turnirer in kurzen Versen besingt. H. erhielt die Dichtung von Wolf Dietrich v. Maxlrein, und hat sie nach der Vorrede abgedruckt. In dem ersten Bande des dreitheiligen Werkes spricht der Verfasser „von den abgestorbenen Fürsten, Pfalz-, March-, Landt- und Burggraven, Graven und Freyherrn, auch andern alten adelichen Thurniergeschlechtern des löblichen Fürstenthumbs in Bayern“ – 128 an der Zahl; – [397] im zweiten „von den alten adelichen Geschlechtern, so die Thurnier besuchet und unter dieselben gerechnet werden, noch der Zeit im Leben.“ Der erste Band trat 1585 in Folio in Ingolstadt, später 1589 zu München, der zweite 1586 gleichfalls in Folio zu Ingolstadt ans Licht. Der dritte und größte Theil (welcher nur eine Fortsetzung des zweiten ist) und 514 adeliche Geschlechter beschreibt, findet sich handschriftlich in mehreren Bibliotheken; die früher wiederholt bestandene Absicht, denselben durch den Druck zu veröffentlichen, hat erst Archivdirector Freiherr v. Freyberg ausgeführt, indem er im 2. und 3. Hefte des dritten Bandes der historischen Schriften und Urkunden (Stuttgart und Tübingen 1830) den erwähnten Theil des Stammbuches nach der Abschrift des bairischen Archivars Libius mit dessen Zusätzen (aber auch mit dessen Schreibverstößen bei Eigennamen) veröffentlichte. Einzelnen nun selten gewordenen Exemplaren des Stammbuches sind auf 12 Blättern 178 Wappen bairischer Familien beigegeben. Der Verfasser berichtet in seiner treuherzigen Weise, daß er „guten Willen und Lust gehabt, etwas tapferes und gemeinnütziges als seiner Profession gemäß, zu schreiben,“ sohin eine wissenschaftliche, geschichtlich treue Genealogie zu liefern, weßhalb er sich auf gemeine Sag’ und bloße Anzeig wenig verließ und die Arbeiten seiner Vorgänger – des Mathäus Marschalk v. Piperpach, des Lazius und Rixner, „davon nicht jedermann viel halten will“ nur mit Vorsicht aufnahm; dagegen forschte er allenthalben nach Originaldocumenten, die ihm bereitwillig vorgelegt wurden und deren er etliche tausend einsah; trotzdem sind ängstliche Familienrücksichten der Erfüllung jener Absicht bisweilen in den Weg getreten, denn der Verfasser bekennt freimüthig, daß „nachdem das Werk der löblichen Ritterschafft zu Bayern zu Ehren fürgenommen, seien hierin allein soliche Dinge, was derselben zu Lob und Ehr’ dienstlich angezogen, das widerwertig aber eintweders gar umbgangen oder mit solcher Bescheidenheit angeregt, daß sich dessen der Billigkeit nach niemand zu beschwären.“ Ungeachtet dieser allzu ängstlichen und behutsamen Behandlung des Stoffes hat das Werk, dem kein zweites ebenbürtig an die Seite getreten, nicht bloß großen Werth für die bairischen Edelgeschlechter, deren es 696 von ihrem geschichtlichen Ursprunge bis gegen das Ende des 16. Jahrhunderts in alphabetischer Ordnung beschreibt, sondern es ist auch eine unvergleichliche Fundgrube für süddeutsche Sittenzustände gegen Ende des Mittelalters und während der Renaissance-Epoche. So erregt es beispielsweise Staunen, welche ungezählte Schaar bairischer Junker unter allen nur denkbaren Fahnen focht; namentlich waren es Maximilian I. und Karl V., denen sie gerne „in ehrlichen Zügen“ folgten, und dabei „manch’ Stück Geld oder kostbares Geschmeide“ oft aber auch schlimmes Siechthum nach Hause brachten. Das Stammbuch schließt mit einem „kurzen Auszug etlicher bairischer historischer Observationen“, nach heutiger Sprechweise mit einem kleinen Staatswörterbuche, welches über die häufigsten hier einschlägigen Ausdrücke bündigen Aufschluß giebt. Gandershofer führt in seinen Nachträgen zu Kobolt’s bairischem Gelehrten-Lexikon ein weiteres Druckwerk von H. an, welches unter dem Titel „Fürstlich-pfälzische und bairische Genealogie nebst andern zur pfälzischen Geschichte gehörigen Sachen“ 1632 zu Augsburg in Folio erschienen sei, und nun zu den bibliographischen Seltenheiten gehöre. Da jedoch dieses Werk und die von Theophil Sincerus in seiner Notitia hist. crit. libr. vet. rarorum angegebene geographische und politische Beschreibung von Bayern und Genealogie der Herzoge in Bayern“ (s. a. et l.) weder in andern Lebensbeschreibungen Hund’s aufgezählt sind, noch in der Münchener Universitäts- oder Staats-Bibliothek stehen, (welch’ letzterer Hund’s litterarischer Nachlaß einverleibt wurde), so dürften jene Angaben auf ein aus 347 Bl. bestehendes Hund’sches Manuscript zu beziehen sein, welches sich mit der Bezeichnung „chur- und fürstliche pfälzische und bayerische [398] Genealogia“ in der Münchner Handschriftensammlung (cod. germ. 2323) befindet. Eine hervorragende Stelle unter dem handschriftlichen Nachlasse behauptet indeß die sog. „Hundische Landtafel v. J. 1560“. Diese Landtafeln sind amtlich gefertigte Matrikeln der baierischen adeligen Güter, welche nach älterem baierischem Staatsrechte den adeligen Eigenthümern das Recht der Standschaft, d. h. Sitz und Stimme auf der Ritterbank des Landtages verliehen. Inhaltlich des Titelblattes erwähnter Landtafel hat H. an der Spitze einer besonders eingesetzten Commission auf Befehl Herzogs Albrecht das Werk „anno 1560 für Hand genommen und darin die Schlösser, Hofmarken, Edelmannsitze und Sedlhöfe sammt derselben Inhaber benennet“. Die mit Sorgfalt ausgeführte Arbeit verräth den gediegenen Kenner der heimischen Orts- und Adelskunde und wurde in der Kanzleiwelt allenthalben als ein mit besonderer Autorität ausgerüstetes Normalwerk angesehen, welches die Grundlage für alle späteren Bearbeitungen der Landtafel bildete. Die Hundische Landtafel ist aber außerdem mit mancherlei werthvollen Zuthaten versehen, welche sich in den vorhergehenden (die ältesten stammen aus der Mitte des 15. Jahrhunderts) nicht finden; so sind in einer besonderen Spalte die früheren Gutsbesitzer, namentlich jene von 1508–1520, sowie die herzoglichen Beamten jeden Gerichtes (Pfleger, Kastner, Mauthner, Ungeltrer etc.) aufgeführt, und haben wichtige Besitzstandänderungen, Erhebungen von Gütern zu Sitz und Sedl, Erwerbungen von Hofmarksrechten, Jurisdictionsverleihungen und ähnliches in derselben besondere Erwähnung gefunden. Sind zwar mit verändertem Staatsrechte die Landtafeln längst außer Gebrauch getreten, so erfreuen sich dieselben doch auch heute noch einer Bedeutung, weil sie vermöge ihres Inhaltes für die Verfassungsgeschichte, die historische Statistik und Genealogie Baierns eine ergiebige Quelle bieten. – Wie aus Hund’s Selbstbiographie zu ersehen, war er dreimal verheirathet; das Erstemal (1544) mit Anna Kempterin, weiland Dr. Schwab’s, fürstlichen Raths nachgelassener Wittib; mit ihrer Hülfe erkaufte er 1546 Schloß und Hofmark Sulzenmos und baute es großentheils neu auf; sie starb am St. Michels-Abend 1553 und H. nahm bereits am 23. Januar 1554 seine andre liebe Haußfrauen Anastasia, Wilhem von Frauenbergers Tochter, mit ihr „eroberte er eilff Kinder, am zweilfften ist sie ein Flügs oder Brands den 3. März 1569 ganz christlich und selig verstorben“. Im folgenden Jahre schritt der nun 65jährige Mann zur dritten Ehe mit Ursula, Zimprechts von Pintzenau zu Kemnat jüngsten Tochter, „einer betagten ehrlichen Jungfrau so mir und meinen Kindern viel nützet als etwa eine junge.“ Um Laurenzi 1571 erkaufte er Schloß und Hofmark Lenting bei Ingolstadt, „ein abgeschleiffts baufelligs Gut“, dann 1584 die Hofmark Steinach, nachdem er bereits bei seiner Berufung nach München im J. 1552 das Haus Nr. 61 an der vorderen Schwabinger-Gasse nebst Stallung und Garten, und kurz darauf die Rosenbusch’schen Besitzungen bei Sulzenmos um eine namhafte Summe erworben hatte und noch kurz vor seinem Tode brachte er das adelige Gut Finding (Oberfinnig, BA. Landsberg am Lech) an sich. So verband er mit seinen glänzenden Eigenschaften als Staatsmann und Schriftsteller auch die eines tüchtigen Hauswirthes, der mit Geschick und Umsicht seine liegende Habe rasch mehrte. Hund’s Charakter war bieder und verlässig; von der Natur mit munterem Sinne bedacht, wußte er in allen Lagen des Lebens Gleichmuth zu bewahren. Einen Beleg hiefür liefern unter Anderem die launigen Knittelverse, welche er in das Exemplar des Iwein schrieb, den er las, als er sich 1541 bei einer Grenzbesichtigung den Fuß gebrochen hatte.

„Als man zehlt nach Christi gepurt
Der mindern Zall fünfhundert
Darzu ain und viertzig Jar
wurden aufgetragen gar
[399] Die grenitz und ander streytt
Die sich hielten lange zeitt
Zwischen Aschaw u. Kuofstein
bayden herrschaften allein.
Der Vertragsleut ich ainer wos,
mit nam Doctor Wigelas
Hund zu kaltenberg beiwont.
Mein roß mir da schier vbl lont,
Am giaid mit mir zu boden fiel
Das ain bayn gar noch erspiel, (spaltete, brach)
alter Weiber glück da was,
Das ich in dreyen Tagen genas;
Im bett ich zu Aschaw saß
Und Herrn Ibeyn durchaus las.“

H. war hochgeschätzt von seinem Fürsten, hochgeachtet von seinen Freunden und Amtsgenossen. Zu jenen zählte u. A. der gelehrte Kammerpräsident Hans Jakob Fugger, zu letzteren Professor Rotmar, welcher in seinen Annalen der Ingolstädter Akademie von ihm rühmt, er sei der scharfsinnigste unter den Rechtskundigen und unter den Rechtskundigen der erfahrenste gewesen. H. gehörte zu den Glücklichen, welche schon zu Lebzeiten volle Anerkennung ihrer Leistungen fanden, und denen die Nachwelt stets eine dankbare Erinnerung bewahrt hat; es beruht daher wol nur auf einem Uebersehen, daß der um den bairischen Staat und die bairische Geschichte so vielverdiente Mann keinen Platz in der bairischen Ruhmeshalle gefunden hat. Hund’s ältester Sohn Albrecht (geb. am 25. Febr. 1555) diente in seiner Jugend dritthalb Jahre als Kammerjunge am Hofe des Herzogs von Lothringen zu Nancy und kehrte im Herbst 1578 mit guten Empfehlungen auf väterliches Verlangen in die Heimath zurück; dort wurde er zuerst in Landshut angestellt, dann als Regimentsrath in Straubing. In Straubing scheint er Seitens des Collegiums kein freundliches Entgegenkommen gefunden zu haben; denn er beschwert sich beim Herzog, daß er weder zur Sitzung zugelassen werde, noch in die gebührliche Pflicht genommen sei, welche Beschwerden der Herzog mit Decret vom 12. April 1589 abstellte. Im September 1594 wurde er dortselbst aus Gründen, welche die Acten nicht entnehmen lassen, in ein Duell mit dem Regimentsrathe Dr. Albrecht Everhard, aus angesehener Familie, verwickelt, tödtlich verwundet und starb nach wenigen Tagen an den erhaltenen Verletzungen ohne Hinterlassung männlicher Erben. Der zweite Sohn des H., nach seinem Vater benannt (Wiguleus V.) war gleichfalls Regimentsrath zu Straubing und starb dort. Mit dessen Urenkel erlosch (wie oben angeführt) die Linie des berühmten Hofrathspräsidenten und Genealogen.

Histor. Schriften und Urkunden von Freih. v. Freyberg Bd. III. S. 182 (Hund’s Selbstbiographie). Rotmarus, Annales Ingolst. academiae P. I. Oberbayer. Archiv Bd. V. 245. Bd. VII. 45. – J. Tob. Köhler, Nachr. vom Leben und den Schriften des Herrn W. Hund (1750). – Finauer, Biblioth. z. Gebr. d. bayer. Geschichte I, 195. – Stumpf, Bayerns polit. Geschichte in Ztschr. f. Bayern, Jahrg. 1817, Bd. II. S. 120. 137. 265 u. ff. – Münchner Gel. Anz. Bd. 26, S. 136–142. – Familien-Notizen.