ADB:Johann II. (Bischof von Würzburg)

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Artikel „Johann II. von Brunn“ von Franz Xaver von Wegele in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 445–450, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Johann_II._(Bischof_von_W%C3%BCrzburg)&oldid=- (Version vom 19. März 2024, 07:37 Uhr UTC)
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Johann II. von Brunn, Bischof von Würzburg (1411–1440). Nach dem Tode Bischof Johanns von Egloffstein beschloß das Domkapitel von der Wahl eines Eingeborenen abzusehen und einigte sich über die Erhebung eines seiner jüngeren Mitglieder, das dem elsässischen Geschlechte der Herren von Brunn angehörte. J. war als Bruderssohn des im J. 1399 verstorbenen Bischofs Lambrecht von Bamberg nach Franken gekommen und Mitglied der Domkapitel von Bamberg und Wirzburg, in ersterer Stadt auch Propst des Collegiatstiftes St. Stephan geworden. Von seinen Antecedentien weiß man, daß er seiner Zeit in Prag studirt hat, und aus einigen Anzeichen dürfte zu schließen sein, daß sein Wandel in seiner Jugend nicht immer der tadelloseste oder unanfechtbarste gewesen ist. Was das Wirzburger Kapitel bewogen, gerade ihn an diese Stelle zu setzen, ist schwer zu sagen; ob dasselbe, wie vermuthet worden, dabei von der Hoffnung ausging, mit der Wahl eines Nichtfranken sein Interesse sicherer zu fördern, oder, wie manche glauben, sich über keinen anderen Candidaten zu einigen vermochte, mag dahin gestellt bleiben; gewiß ist, daß es seine Stimmen keinem weniger Würdigen zuwenden konnte und daß des Neugewählten Regierung zu den unheilvollsten gehört, welche die Geschichte des Hochstiftes Würzburg kennt. Und was das Schlimmste an der Sache ist, nicht von außen her wird das Unheil in das Stift getragen, sondern im überwiegenden Grade schießt es von innen auf und die Kraft, die von Haus aus berufen war es zu beschwören, erweist sich als die primäre und wie unversiegliche Quelle desselben. Fast drei Jahrzehnte hindurch hat J. an der Spitze des Hochstiftes gestanden, man könnte ein ganzes Buch mit dem Wirrsal, das er um sich versammelt, füllen, das Ergebniß bleibt aber trotz alles Geräusches ein negatives, das Stift erscheint am Ende der Epoche Johanns in seiner Entwickelung um ein gutes zurückgeworfen und die Erfolge seines Vorgängers sind preisgegeben. Man kann daher, wo es gilt den Verlauf und wesentlichen Inhalt eines solchen Lebens aufzusuchen und darzustellen, trotz dem weiten äußeren Rahmen desselben, ohne etwas zu versäumen, sich verhältnißmäßig kurz fassen. An Ehrgeiz und hohem Streben ließ J. von Anfang an sicher nichts zu wünschen übrig. Ebenso wenig werden ihm Begabung und Geist abzusprechen sein; was ihn aber um die Früchte derselben brachte und auf falsche Bahnen führte, war der mangelnde feste sittliche Sinn, das fehlende sichere Pflichtgefühl, das Unvermögen, dem Wohle des Ganzen das eigene Gelüste unterzuordnen und in allen Lagen sich selbst zu beherrschen, um mit Erfolg über andere herrschen zu können. Das schreiendste Grundgebrechen seines politischen Charakters war die Unfähigkeit, die wirthschaftlichen und finanziellen Voraussetzungen einer staatlichen Ordnung anzuerkennen und sich der zwingenden Gewalt derselben zu beugen. Er war ein Verschwender in ungewöhnlicher Dimension. Diese seine ungebändigte Leidenschaft hat ihn von Anfang an in eine schiefe Lage versetzt und immer neue Verwickelungen geschaffen. Was sonst vom sittlichen Standpunkte aus ihm vorgeworfen wurde – er hieß nicht umsonst der „Frauenmann“ und gab in dieser Beziehung ein schlechtes Beispiel – ist gewiß nicht zu billigen, steht aber doch nur in zweiter Linie, ist in seiner Zeit und bei seinen Standesgenossen auch sonst nichts unerhörtes und nur einer der verschiedenen dunkeln Züge seiner Natur, die sich eben nirgends zu zügeln wußte. Johanns Wähler, das Domkapitel, hatten, von früheren Erfahrungen genöthigt, allerdings nicht unterlassen, von ihrem Standpunkte aus ihm durch eine wohl überlegte Wahlkapitulation von vornherein Fesseln anzulegen, die ihm die Hände binden und jedes willkürliche Gebahren von seiner Seite unmöglich machen sollte. Dieser [446] Kapitulation war aber kein besseres Schicksal als manchem anderen Versuche dieser Art beschieden. Sie stellte zwar gerade die Forderungen auf, die nothwendig waren, wenn eine normale Ordnung der Dinge und ein gesundes Verhältniß zwischen Bischof und Kapitel begründet werden sollte: sie setzte aber zugleich bei dem Fürsten, dem sie auferlegt wurde, eben die Eigenschaften voraus, die er am wenigsten besessen hat. J. hat offenbar in sein Amt eine hohe Schuldenlast mitgebracht und fand die ihm ordnungsmäßig zukommenden Einkünfte zu gering. So begann er mit Veräußerungen bedeutender Güter des Stifts und contrahirte auch im ersten Jahre seiner Erhebung unter den ungünstigsten Bedingungen bei dem Ritter Hans v. Hirschhorn ein hohes Anlehen, allerdings mit Zustimmung des Kapitels, verwendete das Kapital aber zu persönlichen Zwecken, statt, wie er vorgegeben, den verpfändeten Antheil des Stiftes an dem so wichtigen Kitzingen von dem Burggrafen einzulösen. Dieses Geschäft war der Anfang aller folgenden Uebel in dieser Richtung. Zum Zweck einer correcten Beurtheilung Johanns soll indeß gleich hier darauf hingewiesen werden, daß auch im Kapitel und im Lande nicht alles so beschaffen war, wie es das öffentliche Interesse erforderte, und daß, wenn J. hier nicht theilweise Unterstützung für seine Pläne gefunden hätte, manches von dem, was man ihm vorzuwerfen hat, hätte unterbleiben müssen. Für ihn selbst ist es bezeichnend, daß er früh, wie nach Vermehrung seiner Einkünfte, so nach einer Ausdehnung seiner fürstlichen Stellung trachtete. So suchte er schon im J. 1413 bei auftauchender Gelegenheit sich im Stift Fulda festzusetzen – und dabei folgte er einer in der Geschichte der Bischöfe von Wirzburg wiederholt vorkommenden Tendenz – sodann noch mehrere Jahre später (1422) machte er den allerdings vergeblichen Versuch, sich zugleich zum Bischof von Bamberg wählen zu lassen, eine Combination, die bekanntlich, wenn auch unter anderen Umständen, sich erst am Anfange des 17. Jahrhunderts erfüllt und dann mehrfach wiederholt hat. In Bestrebungen dieser Art lag, wie man sie auch beurtheilen möge, immerhin ein auf nicht Gemeines gerichteter Sinn; ein solcher tritt, in der ersten Zeit zumal, mehrfach bei J. zu Tage. König Sigmund hat offenbar eine Zeit lang geglaubt, in J. einen brauchbaren Helfer für seine Politik, wie seiner Zeit König Ruprecht in Johann von Egloffstein, zu finden. Er hat ihn (1415) förmlich zu seinem besoldeten Rathe ernannt; zur Zeit des Konstanzer Concils, das J. besuchte, sehen wir ihn im Interesse des Königs thätig. Aber dieses Verhältniß ist in Folge anderweitiger Verwickelungen, in die sich J. stürzte, doch nicht so fruchtbar geworden, als es anfangs angelegt erschien. Die förmliche Stellung Johanns zu Sigmund als Rath hat schon in den nächsten Jahren aufgehört, ohne daß gerade darum die näheren Beziehungen zwischen beiden in Stillstand gerathen wären. An dem Kriege gegen die Hussiten hat J., ganz im Sinne des Königs, eifrigen Antheil genommen, mehrmals ist er persönlich gegen sie mit zu Felde gezogen, freilich schien zugleich sein eigenes Stift von diesem furchtbaren Feinde bedroht. Auch am Hofe Sigmunds in Ofen begegnen wir J. einmal; er machte diese Reise im Interesse des Pfalzgrafen Otto bei Rhein und auch in eigenen Angelegenheiten. Es steht zu vermuthen, daß er, was letztere anlangt, den bereits mit ihm unzufrieden gewordenen König beschwichtigen und eines und das andere erlangen wollte. Die Lage der Dinge im Stifte, namentlich das Verhältniß zwischen J. und dem Kapitel, weiterhin der Stadt Würzburg, hatte sich seit c. 1420 ernstlich zu verdüstern angefangen; über mehrfache Unregelmäßigkeiten und Gewaltthätigkeiten glaubte das Kapitel sich gegen ihn beschweren zu dürfen und legte ihm daher eine neue schärfere Kapitulation auf; J. wußte aber dieser Beschränkung sich nachträglich zu entziehen und fuhr es in der alten willkürlichen Weise zu treiben fort. Seit dem Jahre 1427 trat das Kapitel schärfer gegen [447] ihn auf; die übrigen Stifte in der Hauptstadt, diese selbst und verschiedene Landstädte des Hochstiftes schlossen sich ihm an, die Capitale Würzburg kündigte dem Bischof geradezu den Gehorsam auf. So war der Krieg erklärt und J. griff zu den Waffen, entschlossen seine bestrittenen Ansprüche mit Gewalt zu behaupten. Zwischen die bereits gezogenen Schwerter traten nach Sitte der Zeit und da die Reichsgewalt nicht in der Lage war Friede zu schaffen, die Vermittelungsversuche benachbarter Fürsten, wie des Erzbischofs von Mainz und des Burggrafen Friedrich von Nürnberg. Es kam auch wirklich ein Vergleichsentwurf zu Stande, der aber an den Schwierigkeiten der Ausführung scheiterte. Auch König Sigmund erhebt (1431) den vermittelnden Arm, schon weil die Beilegung solcher innerer Zerwürfnisse von der allgemeinen Lage der Dinge dringend gefordert wurde und J., wie bereits erwähnt, es an Eifer seiner Mitwirkung an dem Kampfe gegen die Hussiten nicht fehlen ließ. Diese seine an sich ehrenwerthen kriegerischen Anstrengungen, die von Seiten seiner Gegner im Hochstifte, wie es scheint, nicht immer die billige Würdigung erfuhren, steigerten aber zugleich die innere Verwirrung und finanzielle Noth des Hochstifts, die von Seiten des Kapitels und dessen Anhängern J. und seinem Leichtsinn allein zur Schuld gegeben wurde. J. aber wies die ihm gemachten Vorwürfe mit Schärfe zurück, die Erbitterung auf beiden Seiten wuchs und kam immer wieder in Gewaltthätigkeiten und Feindseligkeiten zum Ausbruch. Die Stadt Würzburg ging mit dem Beispiele des entschlossensten Widerstandes voran. Wiederholt wurden Vergleiche geschlossen und wiederholt wurden sie gebrochen, doch schlossen sich das Kapitel mit der übrigen Geistlichkeit und der Hauptstadt nur noch enger an einander an und zogen auch noch andere Städte, wie Karlstadt und Ochsenfurt, in ihren Bund. Das öffentliche Urtheil stand bei dieser heillosen Verwirrung indeß nur wenig auf Seiten des Bischofs, auch von Seiten der Fürsten, die ihre Vermittelungsversuche unermüdlich erneuerten, nahm im Ernste keiner seine Partei. So brach sich denn auch in diesem Kreise immer deutlicher die Ueberzeugung die Bahn, daß diesem schmählichen Zustande durch kein anderes Mittel ein Ende zu machen sei, als daß J. von der Regierung des Stiftes entfernt werde, und dieser war in der That in der Art in die Enge getrieben, daß noch im September 1432 unter Mitwirkung des Erzbischofs Konrad von Mainz, des Markgrafen Friedrich von Brandenburg und des Pfalzgrafen Otto ein Vertrag zu Stande kam, kraft welchem J. unter gewissen Bedingungen auf die weltliche Regierung des Hochstifts verzichtete, die in die Hände eines Coadjutors oder Stiftspflegers, der eventuell nach Johanns Tode Bischof werden sollte, gelegt wurde. Nach einigem Sträuben fügte sich J. zunächst in diese Abmachung, die sich der Billigung König Sigmunds erfreute, aber nicht ohne daß auch das Concil zu Basel mit seine Autorität zu Gunsten derselben in die Wagschale legte. Graf Johann von Wertheim, Domdechant zu Köln, war der erste, dem jenes Amt anvertraut wurde, in welchem ihm, als er noch vor Ablauf des genannten Jahres starb, sein Bruder, der Domherr Albrecht, mit Genehmigung des Kaisers Sigmund und des Basler Concils nachfolgte. J. hatte sich zunächst in die ihm vorbehaltene Burg Zabelstein zurückgezogen, aber die unthätige und ruhmlose Rolle, zu der er sich verurtheilt sah, widerstand seiner Natur, er versuchte bald genug die ihm gesetzten Schranken zu durchbrechen und es gelang ihm zuletzt (December 1434) wirklich es dahin zu bringen, daß er wieder einen Antheil an der Regierung des Stiftes eingeräumt erhielt. Zugleich wurde ein Ausschuß aus den geistlichen und weltlichen Ständen des Hochstifts bestellt, der die Regierung controliren sollte und welchem gewisse constitutionelle Rechte eingeräumt wurden; damit verband man eine Reihe von Maßregeln, deren Bestimmung war, Ordnung in die zerrütteten Rechts- und wirthschaftlichen Verhältnisse des Hochstifts zu bringen. Dieser, nach Lage der Dinge höchst zeitgemäße sogenannte „Neuvertrag“ ist aber [448] nicht perfekt geworden, vornehmlich aus dem Grunde, weil J. sich mit dem Hintergedanken trug, sich wieder in den Besitz der ungeteilten Regierungsgewalt zu setzen. Bei diesem Bestreben kam ihm vor Allem das Eine zu gute, daß er im Domkapitel selbst eine, wenn auch kleine Partei für sich zu gewinnen wußte. Und ohne Zögern ging er dann ans Werk zur Ausführung seines Planes, über welchem der kaum wieder hergestellte Friede im Stifte aufs Neue in die Brüche ging und eine noch größere Verwirrung herbeigeführt wurde. Der Stiftspfleger trat dem Beginne des Bischofs entschlossen entgegen, ohne verhindern zu können, daß das Stift sich wiederum von Gewaltthaten und blutigen Fehden erfüllte. Die Stadt Würzburg stand nach wie vor mit voller, schlagbereiter Energie auf Seite des Pflegers, offenbar weil sie das Interesse der Ordnung und eine größere Achtung ihrer Freiheiten auf diese Seite zog. Die Reichsgewalt in den Händen des nun gealterten und von Sorgen aller Art in Anspruch genommenen Kaisers Sigmund tritt in diesen Händeln auffallend zurück, um so mehr jedoch die Autorität des Basler Concils, an das beide streitenden Parteien appellirten, in den Vordergrund. Mehrere Commissionen des Concils erschienen jetzt zum Zwecke der Untersuchung und Beilegung des Streites im Hochstift – darunter einmal auch kein geringerer als Nikolaus von Cusa –, und nicht minder gingen Abgesandte des Bischofs einerseits und des Domkapitels und des Pflegers andererseits, und auch dieser selbst nach Basel, um beim Concile unmittelbar ihre Sache zu führen. Das ganze Sündenregister Johanns ist bei dieser Gelegenheit vor jenem Tribunale vorgetragen und sein öffentliches wie sein Privatleben – das freilich der Blößen genug bot – der strengsten Beleuchtung und Kritik unterzogen worden. Und ebenso rief die fränkische Ritterschaft die Dazwischenkunft des Concils an. Die zweite Commission des Concils, die im April 1437 erschien, war auch nahe daran, einen Ausgleich zu Stande zu bringen, der entschieden zu Gunsten des Bischofs lautete, aber ihr Bemühen scheiterte an der Weigerung Johanns, denselben in ganzem Umfang anzunehmen. Damit war die Intervention des Concils in diesen Händeln überhaupt zu Ende; dagegen versuchte der Markgraf Friedrich nebst dem Deutschmeister aufs Neue seine Vermittelung und diese führte dieses Mal zum Ziele. Das allgemeine Verlangen, dem lange dauernden Streit ein Ziel zu setzen und die naturgemäß an die Stelle der früheren Erhitzung getretene Abspannung der Geister hat wesentlich zu diesem Ergebniß mitgewirkt. Man muß indeß zugeben, die Partei, die an der leidigen Verwickelung die größere Schuld getragen, nämlich der Bischof, hat in der Hauptsache den Prozeß gewonnen: er wurde in den vollen Besitz seiner Gewalt wiederhergestellt und man begreift es, daß dieser Wendung gegenüber der Verdacht laut wurde, die Vermittler hätten nicht umsonst einen für J. so günstigen Spruch gethan. Der Stiftspfleger mußte seine Würde mit geringer Entschädigung niederlegen, die Stadt Würzburg dem Bischof aufs Neue huldigen, überhaupt Alles in den status quo antea zurückkehren. Eine Amnestie von Seiten des Bischofs für Alles in der Zwischenzeit gegen ihn Geschehene war im Grunde die einzige Gegenleistung, welche ihm auferlegt wurde. Mit dem Domkapitel lebte J. von jetzt an in der That im Frieden, aber gleichwol kehrte mit jenem Ausgleich die Ruhe keineswegs in das Stift zurück. Die nächste Störung derselben ging von J. dadurch aus, daß er verschiedene Recriminationen und Entschädigungsansprüche gegen den abgetretenen Stiftspfleger erhob. Und als für diesen seine so mächtigen Geschlechtsverwandten eintraten, entspann sich ein Handel, der das Leben des Bischofs selbst gelegentlich in Gefahr brachte und erst das Jahr darauf gütlich beigelegt wurde. Daran schlossen sich eine Anzahl von Fehden und Waffengängen, die J. im Interesse des Stifts, wie er es verstand, nach verschiedenen Seiten hin unternahm und bei welchen er es an der nöthigen Thatkraft nicht [449] ermangeln ließ. Auch die Angelegenheiten des Reichs verfolgte er mit Aufmerksamkeit, er betheiligte sich nach dem Tode Kaiser Sigmunds an den Verhandlungen, die der Wahl König Albrechts II. vorausgingen und es wurde ihm von seinen Gegnern im Stifte sogar nachgesagt, daß er der Erhebung des Markgrafen Friedrich von Brandenburg auf den deutschen Thron entgegengearbeitet habe. Die schwächste Seite seiner Stellung bot auch jetzt nach wie vor die finanzielle Lage des Hochstifts und die fortdauernde leichtsinnige Behandlung derselben von Seiten des Bischofs. In dieser Beziehung war, wie kaum anders zu erwarten stand, durch seine Wiederherstellung nichts gebessert worden, und in diesem Umstande durften die schwersten Bedenken gegen die Vorbehaltlosigkeit, mit welcher dieselben geschehen, gesucht werden. Selbst das erste beträchtliche Anlehen, das er gleich im Anfange seiner Regierung bei dem Ritter Hans v. Hirschhorn contrahirt hatte, war bis zu diesem Augenblick ungetilgt und die hohen Zinsen unbezahlt geblieben. Der Gläubiger hatte den säumigen Schuldner wiederholt ungestüm genug, aber stets vergeblich an die endliche Rückzahlung gemahnt; jetzt, nach der Wiedereinsetzung Johanns in seine volle Gewalt, verlor derselbe aber seine Geduld und kündigte ihm (1431) darum die Fehde an. In der That machten der Ritter Hans und sein Bruder mit der Drohung Ernst, bemächtigten sich im December desselben Jahres der Person des Bischofs und gaben ihn nicht eher wieder los, als bis das Domkapitel und die Stiftsritterschaft für die baldige Erstattung von Kapital und Zinsen sichere Bürgschaft leisteten. Ein Fall wie dieser konnte zu allem Anderen hier nicht verfehlen, die ohnedem gründlich erschütterte Stellung Johanns völlig unhaltbar zu machen. Vergebens und zu spät sann er, bereits an Siechthum leidend, auf Mittel, dem drohenden Unheil zu steuern; seine Getreuen wußten ihm keinen anderen Ausweg aus der verzweifelten Lage anzurathen, als die Annahme eines Coadjutors oder Stiftpflegers. Also das Mittel, das einst seine Widersacher ihm entgegengestellt hatten, schlugen ihm jetzt seine nächsten Anhänger vor und er wies es nicht mehr zurück. Die bezügliche Wahl fiel auf Sigmund, einen Sohn des Kurfürsten von Sachsen, Friedrich des Streitbaren, und am 2. Januar 1440 wurde derselbe auf Johanns Lebenszeit zum Pfleger des Hochstifts Würzburg erwählt. Als dieses geschah, war J. aber nahe daran, seine Laufbahn abzuschließen. Schon acht Tage darauf, am 9. Januar 1441, erlag er seinem Siechthum und befreite ihn so der Tod von allen weiteren Verwickelungen, die um so weniger ausgeblieben wären, als der erwählte Stiftspfleger für seine Aufgabe keineswegs die wünschenswerthen Eigenschaften mitbrachte. Ueber die Lage, in welcher J. das Hochstift zurückließ, werden wir uns nach allem Gesagten kurz fassen dürfen. Sie ergibt sich mit hinlänglicher Deutlichkeit aus der Geschichte seines Lebens und seiner Regierung, wie aus den Schwierigkeiten, welche er als bedenkliche Erbschaft seinen Nachfolgern hinterließ. Schon die Wahl des Mannes, den man ihm an die Seite zu setzen für gut befunden hatte, beweist die Rathlosigkeit, in welcher sich das Kapitel den trostlosen Zuständen im Hochstifte gegenüber befand. Es kann uns so nicht verwundern, daß der Nachruf, den J. hinterließ, der möglichst ungünstige war. Hat doch schon zu seinen Lebzeiten die populäre Meinung ihre verdammende Kritik, wie z. B. in dem bruchstückweise erhaltenen Gedichte des Meistersängers Simon, an ihm geübt. Die Darstellung, die L. Fries in seiner Chronik der Bischöfe von Wirzburg ihm angedeihen läßt, ist ein später und lauter Widerhall derselben und geht mit ihm unerbittlich, vielleicht zu rücksichtslos und einseitig ins Gericht. Einen Theil, wenn auch nur den kleineren der ihm zugeschriebenen Schuld wird man, wie schon angedeutet, immerhin der allgemeinen Lage der Dinge im Hochstifte und darüber hinaus zuschreiben müssen. Es bleibt auch so noch genug übrig, um J. zu verwerfen. Zu den schwersten Vorwürfen, die man mit Recht [450] gegen ihn und sein leichtsinniges System erhoben hat, gehört die Thatsache, daß er die Hochschule, die sein Amtsvorgänger in rühmlicher Anstrengung seiner Kräfte gegründet, schon in den ersten Jahren ihres Bestehens verfallen ließ, wie er überhaupt von allen idealen Anwandelungen und Bestrebungen sich leider jederzeit frei erhalten hat. In demselben Grade hat er die kirchlichen Angelegenheiten seines Sprengels vernachlässigt und weiß die unbefangene Geschichte auch in dieser Richtung nur einen großen Stillstand oder Rückschritt zu verzeichnen. In der großen Frage des Tages, d. h. des päpstlichen Schisma und des Concils, hat er zuletzt, wie er auch nicht anders konnte, sich der sogen. kurfürstlichen Neutralität angeschlossen.

L. Fries, Chronik der Bischöfe von Wirzburg, bei Ludewig, Geschichtsschreiber von dem Bisthum Wirzburg. Frankfurt 1713. Ussermann, Episcopatus Wirzburg. Regesta Bavarica, Bd. 11. Aschbach, Kaiser Sigmund. Nürnberger Chroniken, 1. Bd. Deutsche Reichstagsakten, 7. Bd. Monumenta Zollerana, Bd. VI. Aschbach, Geschichte der Grafen von Wertheim. R. v. Liliencron in den Sitzungsberichten der Münchener Akademie der Wissenschaften, Jahrgang 1870, S. 373–393. Akten des Kreisarchives zu Würzburg.