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ADB:Johann IV. (1. Artikel)

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Artikel „Johann, Graf von Hoya“ von Heinrich Detmer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 246–250, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Johann_IV._(1._Artikel)&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 03:12 Uhr UTC)
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Johann, Graf von Hoya[WS 1], der spätere Bischof von Osnabrück und von Münster und Administrator von Paderborn, war am 18. April 1529 geboren. Sein Vater Johann hatte ehemals dem Könige Gustav I. von Schweden hervorragende Dienste im Kriege geleistet und war so hoch in der Gunst des Herrschers gestiegen, daß ihm dieser seine Schwester Margarethe zur Gemahlin gab und ihn als Statthalter nach Wiburg in Finnland sandte. Vier Jahre nach der Geburt Johanns – seines zweiten Sohnes – mußte der Vater, der die königliche Ungnade erfuhr, aus seiner Stellung weichen. Sein weiteres Leben verbrachte er theils in Reval, theils in Lübeck. Er nahm thätigen Antheil an dem nach Friedrichs I. von Dänemark Tode (1533) entbrannten heftigen Kampfe gegen den streng lutherisch gosinnten Christian III. und fiel im J. 1535 auf Fühnen in der Schlacht am Ochsenberge. Auch Margaretha, die Mutter des jungen J., starb am Ende des nächsten Jahres. Wir sind nur spärlich über die Erziehung des Knaben unterrichtet. In Danzig soll er den Grund zu seiner weiteren Bildung gelegt haben. Zu seinem königlichen Oheim ist er nie wieder in ein näheres Verhältniß getreten, so sehr er sich auch brieflich darum bemühte. Zwar hat er den schwedischen Boden noch wiederholt betreten; für eine chronistische Behauptung aber, er sei auch Bischof in Schweden gewesen, findet sich kein zuverlässiger Beleg. Die Nichtbeachtung seitens des Königs Gustav schloß ihn vielmehr von seinem Vaterlande aus. Er wandte sich zunächst nach Paris, wo er an den Hof kam und von König Heinrich II. begünstigt wurde. In der Zeit des französisch-deutschen Krieges setzte er seine Studien in Italien fort und erwarb sich bald den Ruf einer ausgezeichneten Gelehrsamkeit sowohl auf dem sprachlichen – man rühmte später allgemein seine genaue Kenntniß und Beherrschung von sieben Sprachen – als auch auf dem juristischen Gebiete. Oefter war er mit Kaiser Karl V. zusammengetroffen, hatte sich aber nicht entschließen können, in dessen unmittelbaren Dienst zu treten, bis er im J. 1553 doch die Stellung eines gräflichen Beisitzers und Präsidenten am Reichskammergericht annahm. Seine äußere Lebensstellung war nicht glänzend, seinen Anforderungen und Wünschen wenig entsprechend. Auf die Hoya’schen Lande hatte schon sein Vater verzichtet, und die durch einen Oheim ihm zugefallenen Besitzungen zu Stolzenau und Steierberg wurden ihm bestritten. Seine Erhebung zum Bischof von Osnabrück, die am 5. October 1553 einseitig durch das Capitel, ohne Mitwirkung der Ritterschaft und der Stadt erfolgte, gab ihm wenig Aussicht zu einem sorgenfreien Leben. Denn als Nachfolger des in seinem Wirken tief unglücklichen Bischofs Franz lastete nun die Verwaltung eines äußerlich und innerlich arg zerrütteten Landes auf seinen Schultern. J. hatte bei seiner Wahl versprechen müssen, die bedeutenden Geldzusagen, mit denen sein Vorgänger im April 1553 den Frieden mit den Braunschweigern erkauft hatte, für sich zu übernehmen, und er konnte nun, freilich auch nur theilweise, seinen Verpflichtungen nicht anders nachkommen, als indem [247] er sein gesammtes Eigenthum an liegenden Gütern verpfändete. Die Schulden des Stiftes blieben immerhin noch sehr bedeutend und wurden selbst durch den Ertrag aus einer für drei Jahre lang beschlossenen Accise vom Brot, Bier etc. bei Weitem nicht gedeckt. Während seiner ganzen Regierungszeit ist J. aus der Geldnoth nicht herausgekommen, und wiederholt gab es darüber unliebsame Auftritte mit dem Capitel und den Ständen, die ihm, und zwar mit Recht, zu großen persönlichen Aufwand, übertriebenen Hang zum Luxus vorwarfen. In der That waren die Summen, die er z. B. zur Verschönerung seines Lieblingsaufenthaltes Fürstenau verausgabte, in Anbetracht der zerrütteten finanziellen Lage seines Landes nicht zu billigen. Die Vereinigung des Bisthums Münster mit dem zu Osnabrück (J. wurde am 28. October 1566 in Münster zum Bischof gewählt und im Juli des nächsten Jahres vom Papste bestätigt) und die nach Remberts von Paderborn erfolgtem Tode 1568 noch hinzukommende Administration des dortigen Bisthums führte keine Veränderung zum Besseren herbei. Kostspielige Reisen an das Kammergericht oder sonst im kaiserlichen Auftrage kamen hinzu. Weiter waren nicht selten Durchzüge fremder Heerhaufen abzuwenden, was stets am erfolgreichsten durch größere Geldsummen geschah. Der bischöfliche Haushalt war und blieb in Unordnung, wie gesagt, theilweise mit eigenem Verschulden Johanns, und darin zumeist liegt der Grund, daß der Bischof trotz seines guten Willens und seines nicht zu verkennenden energischen Auftretens bei seiner Thätigkeit für das innere Wohl des ihm unterstellten Landes manchen Mißerfolg und manche arge Enttäuschungen erfuhr. Besonders im Osnabrückischen lagen während seiner Regierungszeit die Dinge sehr traurig. Durch kriegerische Schaaren waren Ländereien und Städte verwüstet und ausgesogen. Theuerungen und in ihrem Gefolge pestartige Krankheiten blieben nicht aus; aber das Schlimmste war, daß es überall an einer geregelten Rechtsordnung fehlte, die Bürgschaft für die Wiederkehr geordneter Verhältnisse hätte geben können. Fast in der Weise des Mittelalters herrschte bei Vielen noch die leidige Gewohnheit des Faustrechtes, der unbeschränkten Selbsthülfe vor, und um die Gerichte, die freilich auch mangelhaft besetzt und ungenügend verwaltet wurden, und um ein ruhiges Rechtsverfahren kümmerte man sich meistens nicht. Die Hillebrand’sche Fehde 1555, noch mehr die Grothaus’sche bald darauf sind traurige Belege dafür, und in kleinerem Maßstabe spielten sich an vielen Orten ganz ähnliche Scenen ab. Die Bemühungen Johanns, der eine gründliche juristische Durchbildung besaß, den schreienden Mißständen abzuhelfen, sind unbedingt anerkennenswerth. Sein Wirken nach dieser Richtung hin ist für die spätere Zeit nicht ohne Anregung geblieben und hat einen bleibenden Werth behalten. Nur in vereinzelten Fällen war es bisher seiner Autorität gelungen, die unruhigen Geister von Gewaltthätigkeiten zurückzuhalten und sie auf den Weg einer Ausgleichung vor Gericht zu führen. Aber er erkannte bald, daß ohne durchgreifende Reorganisation das Vertrauen in die Behörden nicht wachsen, der Zustand im Innern sich nicht bessern werde. Seine erste bedeutsame That nach dieser Seite hin war die Herstellung einer strengen Dienstordnung für die Drosten, Amtsdiener und Vögte im Osnabrückischen (Februar 1556). Sie verfolgte hauptsächlich den Zweck, Ruhe und Sicherheit im Lande zu halten, wo diese gestört waren, nachdrücklich und gerecht einschreiten zu können. Das Tagen der Amtsgerichte wurde zeitlich geregelt, die Competenzen der einzelnen Beamten wurden genau bestimmt, die Finanzen geordnet; über alle Erkenntnisse sollte ein Protokoll zuverlässige Rechenschaft ablegen. Den Wirren der Zeit entsprechend waren alle diese Einrichtungen mit einem fast kriegerischen Anstrich versehen. Wenn der Drost z. B. seinen Bezirk bereiste, so mußte er von Gewappneten umgeben und gegen etwaige Vergewaltigung gerüstet sein. In den Schutzbestimmungen, die [248] hier getroffen werden, liegt sehr deutlich ausgedrückt, wie schlecht es um die persönliche Sicherheit im Lande stand. Und doch hätten an und für sich betrachtet diese Einrichtungen wohlthätig wirken können; aber sie waren doch nur einseitig auf die Bewahrung des Landfriedens gerichtet und berührten den eigentlichen Rechtsgang nicht. Die sonstigen Gerichte ließen sehr Vieles zu wünschen übrig; Neben dem durch und durch willkürlichen weltlichen Gerichte stand ein nicht minder corrumpirtes geistliches. Die Machtbefugniß der fürstlichen Räthe kam hinzu, die meist nur gütlich verhandelten – im Auftrage des Fürsten – und nur in seltenen Fällen, wenn ihre Thätigkeit da keinen Erfolg hatte, die Parteien an die Gerichte verwiesen. Völlig unklar war auch die Stellung der Landräthe. Kurz, wohin man sieht, überall Unsicherheit, überall Schwanken. Es ist J., der von Schulden gedrückt, oft genug zu thun hatte, nur eine Beschimpfung seines Namens und seiner Stellung zu vermeiden, auch nicht gelungen, in dem in seiner Person vereinigten Gebiete der drei Bisthümer ein einheitliches Rechtsverfahren herzustellen. Erfolg hatte er für seine Bestrebungen nur im Stifte Münster, für welches er unter Zustimmung des Domcapitels und der Landstände 1570 das Hofgericht als höchste juristische Behörde errichtete und zugleich auch eine verbesserte Landgerichtsordnung ins Leben rief. Den Sprüchen des Hofgerichts hatten sich sämmtliche Unterthanen ohne Ausnahme zu unterwerfen, so weit nicht besondere Privilegien durch den Bischof verliehen oder bestätigt wurden. Die Appellationen, bisher massenhaft gegen die Urtheile der niederen Gerichte an den Fürsten selbst gebracht, gingen von nun ab an das Hofgericht zur letzten Entscheidung. Bis ins Kleinste hinein war Alles geregelt. Genauer auf Einzelnheiten einzugehen, ist hier nicht der Ort. Doch sei erwähnt, daß J. auch hier dem Grundsatz Rechnung trug, die Erfahrungen der jedesmaligen Rechtsgänge auch für die Zukunft nutzbar zu machen. Ueber den Verlauf und den Ausgang der Verhandlungen sollten bis ins Detail hinein Protokolle geführt werden. Damit die vereinbarten Bestimmungen um so mehr für kommende Zeiten den Charakter als Grundgesetze erhielten, suchte der Bischof für seine Ordnungen die kaiserliche Bestätigung nach, die denn auch am 9. October für das Hofgericht, am 8. November 1570 für das Landgericht durch Maximilian II. erfolgte. Am 2. Juni 1572 eröffnete J. in Horstmar selbst die erste Sitzung des Hofgerichtes, das nach kurzer Uebersiedelung nach Rheine seit September 1573 dauernd in Münster tagte. Der Versuch des Bischofs, gleiche Ordnungen auch für Osnabrück durchzusetzen, scheiterte an dem Widerstande des dortigen Domcapitels und der Landstände. – Wie schwer es übrigens sein mußte, überall durchgreifend auf das Gerichtswesen einzuwirken, geht auch aus den vielen Grenzhändeln hervor, die sich in langer Kette auch durch die Regierungszeit Johanns hindurchziehen, ohne überall eine definitive Ausgleichung zu erhalten. Günstig war freilich, daß der Bischof als Landesherr von Osnabrück und Münster in den zwischen diesen beiden Gebieten obwaltenden Streitigkeiten seinen Einfluß zur friedlichen Vergleichung geltend machen konnte. Verhältnißmäßig spät begann J. den kirchlichen Zuständen eingehendes Interesse zuzuwenden. Solange er Bischof von Osnabrück allein war, griff er in die geistlichen Wirren selten, und dann auch nur, wie z. B. 1554 bei der Iburger Abtswahl, oder 1566 in der Angelegenheit mit dem Prediger Voß in Osnabrück unentschieden und schwankend ein. Es wurde anders, als J. im J. 1567 die päpstliche Bestätigung auch für das Bisthum Münster erhalten hatte. Jetzt nahm er erst die ihm bisher noch fehlenden geistlichen Weihen und leistete in aller Form den ihm vom Papste auferlegten Eid. Er wirkte von nun an ganz im Sinne der Grundsätze, die auf dem Tridentiner Concil Ausdruck erhalten hatten. Kaum war er dann auch noch in Paderborn erwählt, so schritt er daselbst energisch gegen die um sich greifende Reformation [249] ein. Das Volk stand dort unter dem Einfluß des feurigen Predigers Martin Hoitband, der mit seinem Eifern für das Augsburger Bekenntniß und gegen den Mariencultus etc. großen Anhang gewann. Für den katholischen Glauben war die Sache um so gefährlicher, als die Evangelischen an dem Landgrafen von Hessen einen mächtigen Rückhalt und Beistand fanden. Aber J. ließ sich nicht einschüchtern. Er eilte im August 1568 nach Abdinghof und als Hoitband der an ihn dorthin ergangenen Vorladung nicht Folge leistete, befahl er ihm, das Bisthum zu verlassen und wußte seinem Befehl erfolgreich Nachdruck zu geben. Dieses kräftige Durchgreifen des Bischofs bewirkte zumeist, daß ihm Papst Pius V., der zunächst geschwankt hatte, die Verwaltung dreier Bisthümer in eine Hand zu legen, nun auch die Administration des Paderborner Sprengels, wenn auch nur auf Widerruf., ertheilte. Unentwegt schritt J. fortan auf der einmal betretenen Bahn fort. Am 11. Febr. 1569 hielt er in Neuhausen eine große Versammlung ab, die viel zur Befestigung der katholischen Einrichtungen im Paderborn’schen beitrug. Es wurde vereinbart, daß keine ketzerischen Neuerungen eingeführt, daß sie, wo sie noch beständen, definitiv beseitigt werden sollten. Dem Bischof wird das unbestreitbare Recht zur Bestrafung und zur Begnadigung der bisherigen Schädiger der katholischen Kirche und ihrer Institutionen noch einmal ausdrücklich beigelegt. Um einen genauen Einblick in den Zustand der Diöcese zu erhalten, ordnete J. im Januar 1570 eine allgemeine Visitation nach der Lehrweise und der Lehrbefähigung sämmtlicher Geistlichen an und befahl, daß ihm das Ergebniß derselben treulichst mitgetheilt werde. Denselben Befehl hatte er auch für das Bisthum Münster erlassen und im Osnabrückischen gleichfalls im Januar 1570 allen Pastoren und Curaten geboten, sich bei hoher Strafe zu den jährlich zwei Mal, im Frühling und im Herbste zu haltenden Diöcesan-Synoden einzufinden. Das alles waren Mittel, mit denen er dem überhand nehmenden Verfall der geistlichen Disciplin und des religiösen Lebens Einhalt thun wollte. Denn das weltliche Treiben der Geistlichkeit hatte an vielen Orten eine Ausdehnung erreicht, die strenges Einschreiten mit allen Mitteln erforderte. Zudem lag der Katholicismus nach wie vor überall mit dem Protestantisms im Kampfe, der beim Adel, in den Städten und auf dem Lande wachsenden Anklang fand. Auch Lutherthum und Calvinismus standen sich feindlich gegenüber und alles war dazu angethan, das religiöse Gemüth des Volkes nur mehr und mehr zu verwirren. Ueberall nahm die Sittenverderbniß zu; der Concubinat der Geistlichen erreichte trotz eines scharfen päpstlichen Breve vom Juni 1566 eine abschreckende, offen vor aller Welt zur Schau getragene Allgemeinheit. Mit der Bildung der Geistlichkeit lag es im Argen; die Schulen waren im höchsten Grade ungenügend. J. versuchte unermüdlich, bessere Zustände anzubahnen. Er ließ in Osnabrück im März 1571 den „größtentheils rohen und ungelehrten Pastoren, denen es an einer kurz und bestimmt redigirten Methode der christlichen Unterweisung mangele, anbefehlen, sich nach dem Tridentiner Concil und dem von diesem vorgeschriebenen Katechismus zu richten“, der auf des Bischofs Veranstaltung 1572 in Köln gedruckt erschien. Alle anderen Katechismen und ketzerischen Bücher waren verboten. Wer von den Predigern Widerstand versuchte, oder den geforderten Eid nicht leistete, sollte Präbenden und Beneficien verlieren. Man hat die Regierungszeit Johanns von Hoya wol die Zeit der kirchlichen Reaction im katholischen Sinne, den Bischof selbst wol den Restitutor der katholischen Glaubens genannt. Fassen wir sein kirchliches Wirken in seinen letzten Lebensjahren zusammen, wie es sich in seinem entschieden festen Auftreten documentirt, so ist nicht zu verkennen, daß J. die Wiederherstellung der durch das Tridentiner Concil reformirten katholischen Kirche beabsichtigte, und daß er sein Ziel durch entsprechend starke Mittel zu erreichen versucht. Blicken wir aber auf das Ergebniß [250] seines Verfahrens, so müssen wir gestehen, daß es hinter den Wünschen des Bischofs weit zurückblieb, und daß es im Großen und Ganzen keine Veränderung in den arg zerrütteten Verhältnissen herbeigeführt hat. Vielleicht würde J., hätte er in ungebrochener Kraft sein Wirken fortsetzen können, die Frucht seiner Bemühungen in Etwas geerntet haben; denn noch einmal, es fehlte ihm nicht an Energie, die an dem rechten Punkte einsetzt und, das Ziel im Auge, fest und stätig weiter schafft. Daß er über das Wollen und über die Versuche nicht hinauskam, dafür liegt ein großer Theil der Schuld in den wirren Zeitumständen, die J. so schnell nicht ändern und bessern konnte, zum großen Theile aber auch an ihm selbst. Für alle seine kirchlichen Absichten ist es verderblich gewesen, daß er, der Bischof, während voller dreizehn Jahre, in denen er den Osnabrücker Sprengel verwaltete, wo die religiöse Zerfahrenheit am schlimmsten war, sich um die kirchlichen Verhältnisse nicht ernstlich gekümmert hat und die Dinge gehen ließ, wie sie wollten. Gerade das plötzliche Hervortreten mit radicalen Mitteln erregte zwar Schrecken, aber auch Erbitterung. Der geforderte Eid wurde von wenigen ehrenhaften Predigern verweigert, von vielen gewissenlosen Geistlichen aber geleistet und dann, weil die Gemeinde, die gerne an vielen Errungenschaften der Reformation hing, sie dazu zwang, umgangen. Hatte J. vor Allem auch das Ansehen der Geistlichen heben wollen, so war ihm das nicht gelungen. „Der geistliche Stand wurde durch das schreckliche Spiel mit dem Eide, den die Besten nicht leisten konnten, und den die Uebrigen bald vergaßen, tief herabgesetzt.“ Johanns Gesundheitszustand war immer schwankend gewesen. Er litt an epileptischen Anfällen und das Leiden steigerte sich mit der Zeit wol auch in Folge des nicht genügend geregelten und mäßigen Lebens. Die Arbeitslast der Regierungsgeschäfte für die drei vereinigten Bisthümer drückte ihn schwer, so daß er schon früh die Wahl eines Coadjutors in Aussicht nahm. Für das Stift Münster fiel die Wahl des Capitels im December 1571 auf Johann Wilhelm, Herzog von Cleve, sicher gegen Wunsch des Bischofs, denn der Erwählte, ein kränklicher Knabe von 10 Jahren, konnte keine Erleichterung der Last herbeiführen und gehörte zudem einer Familie an, die dem Protestantismus zugeneigt war. In Paderborn und Osnabrück ist es zur Bestellung eines Coadjutors nicht gekommen. Im letzteren Stifte erklärte sich in den langen Unterhandlungen das Domcapitel wiederholt entschieden dagegen. – Am 5. April 1573 ist J. in Ahaus gestorben, im besten Mannesalter. Seine Leiche wurde nach Münster übergeführt und im dortigen Dome beigesetzt.

Kock, Series episcoporum Monast.; Bessen, Gesch. v. Paderborn; Erhard, Gesch. Münsters; Stüve, Gesch. des Hochstifts Osnabrück.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Über diese Person existiert im selben Band ein weiterer Artikel.