ADB:Johannes Steinwert von Soest

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Artikel „Soest, Johann Steinwert v.“ von Rudolf Jung in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 540–541, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Johannes_Steinwert_von_Soest&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 19:47 Uhr UTC)
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Soest: Johann Steinwert v. S. (so nannte er sich später, wohl auf das väterliche Handwerk anspielend; früher und auch urkundlich nannte er sich schlechthin Johann v. S), wurde etwa 1448 als Sohn des Steinmetzen Rotcher Grumelkut zu Unna geboren, kam nach dem Tode des Vaters nach Soest und verlebte dort seine Jugend, bis der glanzvolle Herzog Johann I. von Cleve auf die schöne Stimme des Knaben aufmerksam wurde und ihn in seinem Hofgesinde zum Sänger ausbilden ließ. Gegen den Willen seines Herrn verließ er dessen Hof, um in Brügge zu zwei Gesangesmeistern aus England in die Lehre zu gehen, und versah dann in Hardenbergh und Maestricht als Caplan und Succentor kirchliche Aemter. 1469 trat er eine Reise nach Rom an, um in der päpstlichen Capelle die Gesangeskunst zu üben, aber schon in Köln veranlaßte ihn Landgraf Hermann von Hessen, der spätere Erzbischof von Köln, an den Hof seines Bruders Ludwig nach Kassel zu ziehen. Zwei Jahre praßte er hier in Saus und Braus und kam 1472 nach manchen Irrfahrten an den Hof des musikliebenden Pfalzgrafen Friedrich nach Heidelberg. Hier wendete er sich nebenbei dem Studium der Arzneikunde zu, hielt Vorlesungen an der Universität und besuchte auch zu Studienzwecken die Hochschule Pavia, doch blieb er seiner Kunst treu, denn unter Pfalzgraf Philipp erlangte er die Stellung eines Sängermeisters. Nachdem er sich 1494 zum zweiten Male verheirathet hatte, verließ er im nächsten Jahre infolge eines ihm angethanen Schimpfes den Heidelberger Hof, begab sich nach Worms und erhielt dort die Stelle des Stadtarztes. 1499 ging er als solcher nach Oppenheim, nahm aber schon 1500 das ihm angebotene Amt des Stadtarztes von Frankfurt a. M. an. Hier starb er am 2. Mai 1506. – Nicht als Meister des Gesanges und der Heilkunde, sondern als Dichter hat er Anspruch auf einen Platz in der A. D. B.; freilich nicht als ein Dichter, der durch geniale Werke auf die Bildung seiner Zeit eingewirkt, ihr neue Bahnen gewiesen, unbekannte Gebiete erschlossen hätte, denn anscheinend sind seine Werke weder handschriftlich verbreitet noch durch den Druck Gemeingut des Volkes geworden. Der Frankfurter Historiker J. C. v. Fichard (s. d.) besaß eine Handschrift des Dichters und druckte daraus das „Spruchgedicht zu lob und eer der statt Frankfortt. Anno 1501“, sowie die nur fragmentarisch erhaltene, gereimte Lebensbeschreibung des Dichters in seinem „Frankfurtischen Archiv für ältere deutsche Litteratur und Geschichte“, Band I (1811), S. 75 ff. ab. Diese Handschrift, welche außerdem noch eine gereimte Erklärung des Textes der Evangelien auf die meisten Sonn- und Feiertage des Jahres aus 1503 enthielt, wird jetzt vermißt. Eine Heidelberger Handschrift enthält von Johann v. S. dessen aus 25000 Versen bestehenden Roman „Die Kinder von Limburg“, eine Uebersetzung des mittelniederländischen Originals des Hein van Aken; ob er auch der Bearbeiter weiterer niederländischer Originale, des Reinolt von Montelban, Malegys und Ogier gewesen, erscheint zweifelhaft. Weitere Werke Johann’s sind der „Beichtspiegel“ (1483), ein Gedicht über die unbefleckte Empfängniß der Jungfrau Maria, ein Gedicht „wie man wol eine statt regyren soll“, eine nicht erhaltene Abhandlung über die musica subalterna. Seine dichterische Befähigung ist eine auch für jene Zeit recht mäßige; rühmenswerth ist nur die gewandte Behandlung der Sprache in den kurzen Reimpaaren zu vier Hebungen, beachtenswerth seine überall hervortretende Neigung, den Stoff didaktisch zu verwerthen. Die Beschreibung seines abenteuerlichen Lebens an den verschiedenen Fürstenhöfen ist für die Culturgeschichte der Zeit von ganz hervorragendem Interesse.

[541] Vgl. die treffliche Abhandlung von Friedrich Pfaff: Johann v. Soest, Sänger, Dichter und Arzt 1448–1506 in der Allgem. Konservativen Monatsschrift für das christliche Deutschland, herausgeg. von v. Oertzen und Müller, 1887, S. 147 ff., 247 ff., woselbst nähere Litteraturangaben. –– C. Neuling Johann v. Soest, Stadtarzt in Frankfurt a. M., im Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, dritte Folge, Band II (1889), S. 184 ff.