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ADB:Kalckreuth, Friedrich Adolf Graf von

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Artikel „Kalckreuth, Friedrich Adolf Graf von“ von Richard von Meerheimb in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 34–38, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kalckreuth,_Friedrich_Adolf_Graf_von&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 02:47 Uhr UTC)
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Kalkreuth:[1] Friedrich Adolf Graf von K., aus einer alten, ursprünglich schlesischen Familie stammend, wurde am 21. Febr. 1737 zu Sotterhausen bei Sangerhausen geboren. Der Vater welcher Major im Regiment des Herzogs von Weißenfels gewesen, hatte kurz vor seinem Tode bedeutende Güter in Schlesien geerbt, er starb schon 1740. Die Mutter, Sophie, war eine geborene von Bülow. K. wurde bei den Herrnhutern erzogen. Als er 10 Jahre alt war, berief ihn Friedrich der Große, der die Herrnhuter Erziehung nicht für zweckmäßig hielt, nach Berlin und übergab ihn einem Prediger der französischen Colonie. 1752 trat er in die Gardes du Corps ein, bei welchem Regiment sein älterer Bruder diente, nahm bei denselben in den beiden ersten Jahren des siebenjährigen Krieges Theil, und wurde 1758 Adjutant des Prinzen Heinrich, dessen Gunst und Freundschaft der gewandte und schöne, ganz französisch gebildete junge Mann bald zu gewinnen wußte. In dieser Stellung blieb er während der folgenden Kriegsjahre, seine Thätigkeit war, wie bei den Adjutanten des Königs, die eines heutigen Generalstabs-Offiziers. K. zeichnete sich dabei, wie durch seine Tapferkeit in Gefechten aus, und soll in der Schlacht bei Freiberg am 29. Sept. 1762 (in der er sehr leicht verwundet wurde), dem Prinzen das Leben gerettet haben. was Bülow, Bouillé und des Feldmarschalls Memoiren nicht erwähnen. Nach der Schlacht wurde er zum Major ernannt. Prinz Heinrich schickte den Brief, in welchem er dem König den Sieg bei Freiberg meldete, durch K., und sagt im Briefe nur: „mon aide de camp, qui Vous présentera ma lettre, a eté chargé d’aider à conduire l’attaque par le Spittelwald; si, en cette considération, Vous vouliez avoir la bonté de l’avancer, j’aurais de très-humbles grâces à Vous rendre“. Damals war der Prinz K. sehr geneigt, er war immer gütig bis zur Schwäche gegen seine Umgebung, und hätte gewiß Kalkreuth’s Verdienst nicht herabgesetzt, wenn es so groß gewesen, wie dieser selbst angiebt. Friedrich II. erwähnt in der Histoire de la guerre de sept ans K. mit keinem Worte. Nach dem Hubertusburger Frieden folgte K. dem Prinzen nach Rheinsberg, wo er durch seine gesellschaftlichen Talente, seinen Witz und wol auch durch seine Frivolität sich auszeichnete. Die ihn betreffenden Artikel in Wagener’s wie in Brockhaus’ Conversationslexikon sind entschieden von einer Freundes- und Verwandtenhand geschrieben, ihnen muß sowohl im Einzelnen als in der Charakteristik des ganzen Mannes entgegengetreten werden. 1766 wurde er auf Antrag des Prinzen zum Regiment Platen in Ostpreußen versetzt. K. war die Veranlassung zur Trennung des Prinzen Heinrich von dessen schöner, liebenswürdiger und achtungswerther Gemahlin, gebornen Prinzessin von Hessen gewesen, welche der Prinz selbst gewählt hatte, da der König nur seine Vermählung überhaupt gewollt, und der Prinz hatte auch Jahre lang in glücklicher Ehe gelebt. 35 Jahre blieb der Prinz dann getrennt von seiner Gattin, in Berlin in demselben Palais wohnend und hat nie wieder ein Wort mit ihr gewechselt. In seinen Paroles sagt K. über sein Verhältniß zur Prinzessin: „Les plaisans qui ont cru à la fable que j’étais l’amant de la princesse, que je l’avais pris exactement au mot; ce qui était bon pour rire.“ Bouillé, der Biograph des Prinzen, sagt über die Veranlassung der Trennung: „Ce prince, si digne d’être aimé parce qu’il savait aimer, ne tarda pas à être dupe de sa confiance. [35] Son Premier favori, le comte de K … (Preuß der diese Verhältnisse bespricht, schreibt den Namen aus), non content de chercher à altérer la gloire militaire du prince Henri, en se l’attriduant, quoique sa conduite à la guerre n’ait rien eu, ni alors, ni depuis, d’assez éclatant pour justifier une telle pretention, vint encore mettre, par ses intrigues, le trouble dans l’intérieur de sa cour; et en trompant à la fois le prince et la princessse, il forma entr’eux le nuage qui troubla pour jamais leur union. Cédant aux premières impressions, fortifiées par des apparences artificieusement, préparées, le prince Henri éloigna de lui une épouse qui méritait au moins son indulgence; et quoiqu’il se vit forcé de désavouer dans son coeur des soupçons qui ont tété démentis par toute la suite de la conduite de la princesse, à qui depuis il ne refusa pas son estime, cette séparation fut éternelle, par un effet de cette opiniâtreté qui lui était, commune avec tous les princes de sa, maison.“ K. wurde nach Königsberg versetzt und ihm verboten nach Berlin zu kommen. Nach dem Tode Friedrich des Großen erhob ihn der Nachfolger am 15. Oct. 1786 in den Grafenstand, zog ihn in seine Nähe und zeichnete ihn, wol zum Theil aus Opposition gegen den großen König, vielfach aus. Kalkreuth’s Leistungen im baierischen Erbfolgekriege werden nirgends erwähnt. In dem Feldzuge[WS 1] gegen Holland 1787 führte er als Generalmajor eine selbständige Abtheilung, eroberte die kleine Festung Nieuverfluys, die schwach vertheidigt wurde, mit allerdings geringer Truppenzahl. Seine Frische, Thätigkeit und Kühnheit in diesem Feldzuge wird allgemein gerühmt. Am Ende der Campagne wurde er Generallieutenant. Durchaus französisch gesinnt, ein Kind der encyclopädischen Richtung des 18. Jahrhunderts, tadelte er die Coalition mit Oesterreich, den Versuch einer monarchischen Restauration in Frankreich und den Krieg von 1792–1795 aufs bitterste; in den Kriegsjahren verfolgte er die Operationen der österreichischen wie der preußischen Feldherren mit oft witziger immer rein negativer Kritik. Beim Einmarsch in die Champagne (1792) führte er einen Theil der Hauptarmee, erreichte glücklich bei Stenay die Verbindung mit Clairfait, leitete die Waffenstillstands-Verhandlungen mit Kellermann bei Azenne und verschaffte dadurch der Arrieregarde und dem Train Gelegenheit zu einem unbelästigten Rückzug. In seinen Souvenirs sagt K. nicht eben bescheiden: „Tous les pêchés de ma vie, s’ils étaient grands, sont effacés par la belle action d’avoir sauvé de la destruction totale, cette belle armée uniquement par l’enchantement de mes paroles. Jamais Prussiens n’ont tant soufferts, nous ne marchions pas avec des soldats, mais avec des mourants.“ Dies bezieht sich wahrscheinlich auf die Verhandlungen über die Räumung von Verdun seitens der Preußen. Die „Geschichte der Kriege in Europa seit 1792“ sagt darüber: „Es gelang der Gewandtheit des Grafen K. die an sich nothwendige Räumung von Verdun so geltend zu machen, daß Dillon sich dagegen verpflichtete, die Preußische Armee auf dem Marsche nach Longwy nicht zu beunruhigen.“ Im März 1793 übertrug ihm der König die Belagerung von Mainz, das am 22. Juli capitulirte. K. erhielt den schwarzen Adlerorden und das Commando eines Corps in der Pfalz. In den Gefechten bei Neukirch am 13. August, bei Rohrbach am 17. August und vereinigt mit Knobelsdorf, bei Hornbach war er siegreich und warf am 29. Septbr. die Franzosen über die Saar. Die Erstürmung der Lauterlinie mißglückte, da Wurmser, auf dessen Mitwirkung gerechnet war, ausblieb; der Versuch Kalkreuth’s Bitsch zu nehmen, mußte aufgegeben werden, ebenso die Belagerung von Landau. 1794 soll K. zu Möllendorf’s Sieg bei Kaiserslautern beigetragen haben, siegte am 28. mit Blücher bei Kirrweiler, nahm Zweibrücken und drang bis Saarlouis. Den Vorwurf der Oesterreicher, den Verlust von Trier dadurch verursacht zu haben, daß er sie [36] nicht rechtzeitig unterstützt habe, wies er öffentlich zurück, die österreichische Besatzung hatte Trier voreilig verlassen. Mit Hohenlohe siegte er am 20. Septbr. bei Kaiserslautern. Der Abschluß des Friedens zu Basel entsprach seiner politischen Gesinnung durchaus, er war allerdings, wie spätere Forschungen nachgewiesen, bei der damaligen Politik Oesterreichs für Preußen eine Nothwendigkeit. K. wurde 1795 commandirender General in Pommern, 1796 General der Cavallerie, später Inspecteur derselben und 1806 im Frühjahr Gouverneur von Danzig und Thorn. Im Sommer 1806 erhielt K. den Oberbefehl über das, für den Fall eines Krieges mit Schweden (der erklärt aber nicht ausgeführt wurde) in Vorpommern und der Uckermark zusammengezogene Corps. Bei Ausbruch des Krieges gegen Frankreich 1806 erhielt er kein selbständiges Commando, nur die 2. Reservedivision der Hauptarmee, und fand sich gegen die jüngeren Generale Hohenlohe und Rüchel zurückgesetzt. Höpfner in seiner Geschichte des unglücklichen Feldzugs sagt: „Bei dem Charakter des Grafen K. wurde dadurch ein tiefer Ingrimm in ihm hervorgerufen, der erst gestillt wurde, als alle die, welche wissentlich oder unwissentlich zu dieser Verletzung beigetragen, einem schweren Geschick erlegen waren. Nur so erklärt sich einigermaßen das Verhalten des Generals im nachfolgenden Kriege, wenn gleich damit keine Rechtfertigung ausgesprochen sein soll.“ K. kritisirte alle getroffenen Maßregeln mit Schärfe und Gereiztheit, verbreitete das Gerücht der Unsicherheit und des Mißtrauens schon vor der Niederlage in der Armee. Obwol der Herzog von Braunschweig und Möllendorf schwer verwundet waren, obwol ihm der König, bei der ungünstigen Wendung der Schlacht den Befehl zuschickte, „die Armee zurückzuführen“, betrachtete er sich nur als Führer der Reservedivisionen und soll schadenfroh der wachsenden Verwirrung zugesehen haben. Clausewitz sagt in seinem Manuscript von 1806: „Die preußische Reserve unter K. war nur ¼ Meile vom Schlachtfelde. Die Lage Davoust’s war also höchst gefährlich, bis jetzt hatten drei preußische Divisionen gegen 3 französische gefochten, von beiden Seiten je 27 000 Mann, und die Franzosen hatten nach und nach ein Uebergewicht gewonnen. Hätte um diese Zeit – etwa 10 Uhr Morgens, K. Befehl bekommen, sich auf den rechten Flügel zu werfen, so hätte es mit einem Wunder zugehen müssen, wenn Davoust nicht aufgerollt und um den größten Theil seines Corps gekommen wäre, ehe er die Brücke bei Kösen erreichen konnte. Aber kam Bernadotte nicht im Rücken der Preußen an, so kam auch K. nicht im Rücken der Franzosen an. Er marschirte von seinem Bivouac bei Ranstädt so spät ab, daß als er bei Auerstädt ankam, die 3 preußischen Divisionen schon in so aufgelöstem Zustande waren, daß der König nicht mehr glaubte, mit der Reserve die Schlacht herstellen zu können.“ K. blieb also im Bivouac stehen, während ¼ Meile von ihm 3 preußische Divisionen von 3 feindlichen zurückgedrängt wurden, und traf als er Befehl erhalten, zu spät ein. Statt selbständig einzugreifen, zog er mit seinen Truppen in guter Ordnung vom Schlachtfelde ab, hatte aber bald darauf –, als Soult’s Cavallerie unter Klein sich zeigte, und er die Nachricht von der Capitulation von Erfurt erhielt, bei der Ermüdung seiner Truppen geglaubt, ebenfalls capituliren zu müssen, obgleich seine Cavallerie der Klein’s überlegen war. Nur der lebhafte Widerspruch Blüchers und des Prinzen August vermochte ihn, seinen Rückzug fortzusetzen, er ging über Nordhausen durch den Harz nach Magdeburg. Um einen Conflict mit Hohenlohe zu vermeiden, dem das Commando aller bei Magdeburg zu sammelnden Truppen übergeben war, schickte ihn der König Ende October nach der Provinz Preußen, wo er den Befehl über ein dort stehendes Corps von 20 000 Mann übernahm. Später errichtete er ein kleines Freicorps. Als die Franzosen sich Danzig näherten, ging er dorthin, um als Gouverneur die Vertheidigung vorzubereiten und zu leiten. Den Geist der [37] Truppen, wie den der Bürgerschaft, bei welcher er beliebt war, wußte er zu beleben, betrieb die Instandsetzung und Armirung der Werke energisch und sachgemäß und vertheidigte Danzig gegen große Ueberlegenheit mit unzureichenden Kräften 76 Tage lang, darunter 55 Tage gegen offene Laufgräben. Der Capitulation am 26. Mai wurden dieselben Bedingungen zu Grunde gelegt, die er früher der Festung Mainz bewilligt hatte; die Franzosen hatten das höchste Interesse bald in den Besitz der Festung Danzig zu kommen und über die Belagerungsarmee anderweitig disponiren zu können. K. capitulirte, weil es ihm an Pulver zu fehlen drohte, und die kleine Garnison der großen Festung der Erschöpfung nahe war. Wenn er auch Danzig vielleicht noch 5–6 Tage hätte halten können, so war doch die Vertheidigung eine ruhmvolle, der König ernannte ihn zum Generalfeldmarschall, Kaiser Alexander verlieh ihm den Andreasorden. Nach der Schlacht bei Friedland wurde K. beauftragt den Waffenstillstand (25. Juni) abzuschließen, er unterschrieb den ihm von Berthier vorgelegten Tractat trotz seiner harten Bedingungen, obwol die Lage der Armee noch keineswegs so ungünstig war. Bei den Verhandlungen über den Frieden zu Tilsit ließ er sich von Berthier dupiren, den ihm beigegebenen Grafen Goltz wußte er in den Hintergrund zu drängen, dem Könige empfahl er „Vertrauen, nur Vertrauen gegen Napoleon, damit werde man am weitesten kommen.“ Berthier hatte ihm geschrieben: „Sa Majesté s’est d’abord refusé à aucune modification (der Friedensbedingungen), mais en se rappelant que je traitais avec Votre Excellence, elle m’a dit, qu’elle voulait lui donner témoignage de son estime particulier et de son haute considération … – Da war der eitle Mann verloren und willigte in Alles ein. Die von ihm am 12. Juli abgeschlossene Convention über die Ausführung des Friedens ist noch ungünstiger als der Friede selbst, sie hob einzelne Bestimmungen desselben geradezu auf, und Hardenberg sagt in seinen von Ranke herausgegebenen Denkwürdigkeiten: „Durch sie wurde all’ das Unglück begründet, das nach dem Frieden Preußen so lange bedrückte, wodurch Napoleon seinen Zweck erreichte, den Staat noch lange mit seinem Heere besetzt zu halten, seine Pläne in Spanien auszuführen, seine Truppen auf fremde Kosten zu unterhalten, und ungeheure Geldsummen mitten im Frieden zu erpressen.“ Hardenberg theilt einen für die gereizte Stimmung jener Tage charakteristischen Brief eines hochstehenden Mannes mit, der ihm schreibt: „Qu’est-ce-que la perte de tant de provinces en comparaison des maux incalculables, que va faire peser sur nous la convention signée depuis par le comte de Kalkreuth. Il n’y a pas de milieu, c’est l’extrême folie ou une scéleratesse insigne qui a guidé le maréchal, et, il ne peut avoir le choix que des petites maisons ou du gibet.“ Wenn auch dies Urtheil zu hart ist, so trifft K., der die Convention ohne Goltz abschloß, die Schuld des Leichtsinnes und der Eitelkeit. Die Artikel der Convention sind höchst unbestimmt, ließen der Willkür freiesten Spielraum und erwähnten nicht einmal den so wichtigen Gegenstand der Contributionen. K. wurde nach dem Frieden zum Gouverneur von Königsberg ernannt, erhielt 1809 das Gouvernement in Berlin, wurde 1810 zur Vermählung Napoleons, als ihm persona grata nach Paris gesandt und dort mit Auszeichnung behandelt. Er gehörte bis zu dem Freiheitskriege zu der Partei, die eine Wiedergeburt des Staates und eine Befreiung von Napoleons Druck für unmöglich hielt, ein latenter Gegner von Stein, Hardenberg, Gneisenau ist er immer geblieben, er sagte im Frühjahr 1813 von sich: „Je n’étais pas du parti français; je ne suis aujourd’hui pas du parti russe; je suis du pauvre parti prussien, et j’ai malheureusement peu de collégues.“ 1812 wurde er Gouverneur von Breslau, leitete hochbejahrt 1813 die Neuorganisation in Schlesien und kehrte nach dem Pariser Frieden als Gouverneur nach Berlin zurück, wo er am 10. Juni 1818 nach 67jähriger Dienstzeit [38] starb. Von den hinterlassenen Memoiren des Verfassers hat der Sohn, Graf Friedrich von K., einen Theil in Bran’s Minerva, Jahrgang 1839. 40 unter dem Titel „Erinnerungen des General-Feldmarschalls von Kalkreuth aus dem französischen Manuscripte seiner Dictées“ veröffentlicht, die aber hier nur bis zur Schlacht bei Hochkirch reichen. Die bedeutende Wirksamkeit des Feldmarschalls in den Rheinfeldzügen, 1806 und 1807 berühren diese Veröffentlichungen nicht. Der Herausgeber hat einige Aufsätze „Zur geschichtlichen Critik“ vorausgeschickt, die eine Vertheidigung seines Vaters gegen die Darstellung in Gentz „Beitrag zur geheimen Geschichte des Jahres 1806“ und die „Denkwürdigkeiten des Grafen Haugwitz“ betreffen. In den Dictées spricht sich der Witz, die geistige Schärfe des Feldmarschalls aus, aber auch tiefe Verbitterung und Ungerechtigkeit gegen Friedrich den Großen. Als historische Quelle, namentlich zur Beurtheilung des großen Königs und seiner Feldherrn sind diese Dictées nur mit Vorsicht zu verwenden, im Wesentlichen sind es des causeries d’un vieillard voll piquanter meist aus anderen Quellen bekannter Anecdoten, oft brechen die Gereiztheit und das verletzte Selbstgefühl des Mannes durch, der lebenslang und nach seinem Tode überschätzt worden ist. Seine Beurtheilung des Königs, besonders des ihm verhaßten Winterfeld, Moritz von Dessau wie der Veranlassung des siebenjährigen Krieges gleicht der von Gaudy, Retzow, Behrenhorst, Henckel und Schmettau – alle dem Kreise des Prinzen Heinrich, dessen Adjutanten sie meist gewesen, angehörig – erst seit den letzten Jahrzehnten beginnt – namentlich seit Carlyle – eine unbefangene, parteilose Beurtheilung nicht nur des großen Fürsten und Feldherrn, auch des Menschen sich Bahn zu brechen. Ueber Prinz Heinrich selbst urtheilt K. freilich ungünstiger als die andern Schriftsteller aus dessen Kreise, weil er ihm Schuld an seiner angeblichen Zurücksetzung seit seiner Entfernung von Rheinsberg (1766) bis zum Regierungsantritt Friedrich Wilhelms II. giebt. In einem Briefe an H. von Bülow, 1806 (der freilich nicht abgesandt worden), schreibt er sich den Sieg bei Freiberg zu, theilt einen Brief des Prinzen Heinrich (wohl apokryph) an Friedrich II. mit, in dem es heißt: „Je dois les succès de cette journée au capitaine de Kalkreuth“, und wendet auf sich das Wort an: „Plus fatiqué qu’avide d’honneurs“, was bei dem ehrgeizigen Charakter des Mannes fast komisch wirkt. Der Sohn des Grafen theilt in Bran’s Minerva folgende charakteristische Stelle eines Briefes desselben mit. „Bei der Abgeschmacktheit der Welt die nur Flittergold schätzt, war es von jeher mein Vorsatz nach meinem Tode vergessen zu sein. Vielleicht ist es Stolz, nicht im Gedächtniß so alberner Menschen leben zu wollen. Die künftigen Geschichtschreiber werden Lüge und läppisches Zeug schreiben, wie meist alle bisherigen gethan, und die Nachwelt, wenn sie im Sinken fortfährt, verdient nichts Besseres. Was die dumme Nachwelt von mir denken wird, ist mir so lang als breit. Ich belächle das Urtheil der Zeitgenossen, und sollte mich um die Zukunft kümmern!“ Die „Paroles“ von K. sind gedruckt, aber nicht im Buchhandel erschienen. K. war in erster Ehe mit Charlotte Freiin von Morrien, aus einer jetzt ausgestorbenen westphälischen Familie vermählt, sie war Hofdame der Prinzessin Heinrich von Preußen gewesen; die zweite Gemahlin war Charlotte Henriette Freiin von Rohd, Tochter des Ministers und Oberburggrafen von Ostpreußen, von Rohd, der in der Provinz reich begütert war. Von der männlichen Descendenz aus der ersten Ehe des Feldmarschalls lebt nur der frühere Diretor der Malerakademie in Weimar, Graf Stanislaus.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. Kalkreuth, Friedrich Adolf Graf v. XV 34, Z. 8 v. o. Die Familie schreibt sich Kalckreuth. [Bd. 56, S. 397]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Feldznge