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ADB:Karsten, Dietrich Ludwig Gustav

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Artikel „Karsten, Dietrich Ludwig Gustav“ von Wilhelm von Gümbel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 422–425, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Karsten,_Dietrich_Ludwig_Gustav&oldid=- (Version vom 20. Dezember 2024, 06:05 Uhr UTC)
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Band 15 (1882), S. 422–425 (Quelle).
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Karsten: Dietrich Ludwig Gustav K., berühmter Mineraloge, geb. am 5. April 1768 zu Bützow in Mecklenburg, † am 20. Mai 1810 in Berlin. Sohn des berühmten Mathematikprofessors Wenceslaus Johann Gustav Karsten. [423] K. erhielt, da er als 10jähriger Knabe mit seinem nach Halle berufenen Vater dahin übergesiedelt war, seine erste vorzügliche Bildung an dem Pädagogium daselbst und sollte dann nach dem Wunsche seines Vaters für seinen künftigen Beruf zwischen der Arzneiwissenschaft oder Buchdruckerkunst wählen. Doch den strebsamen jungen Mann zog es nach anderer, ihn besonders anregender Beschäftigung. Auf Rath des Ministers von Heinitz sollte es der junge K. in Freiberg mit dem Studium der Bergwerkswissenschaft versuchen. So begab sich K., erst 14 Jahre alt, 1782 auf die Bergakademie nach Freiberg, wo er in dem Hause des befreundeten Professors der Mathematik Lempe aufgenommen wurde. Hier fesselte ihn das Studium der Mineralogie unter Werner, mit dem er bald in nähere Beziehungen trat, wie er selbst sich ausdrückt, unwiderstehlich. Namentlich war es Werner’s klar und bestimmt durchgeführte Kennzeichenlehre, welche den jungen Mann ganz in Beschlag nahm und in einen gewissen Gegensatz zu der damals hauptsächlich von England ausgehenden, vorwaltend chemischen Betrachtung der Mineralien brachte. Vier Jahre verweilte K. in Freiberg und erwarb sich zugleich neben den mineralogischen auch vorzügliche Kenntnisse in allen Zweigen des Bergfachs. Nach Halle 1786 zurückgekehrt, erhielt er einen ehrenvollen Antrag von der spanischen Regierung zu einer bergmännischen Expedition nach Südamerika, den er aber der Kränklichkeit des Vaters wegen ausschlug, um in Halle sein Studien der Rechtswissenschaft fortzusetzen. Damals trat bereits K. zuerst als Schriftsteller auf, indem er 1787 die gekrönte Preisaufgabe: „Ueber die beste Classification des Thonschiefers, des Hornschiefers und der Wacke“ löste. Auch erwarb er sich damit in Halle den Doctorhut. Nach des Vaters Tode folgte er 1788 einer Aufforderung, die große Mineraliensammlung des Professors Leske in Marburg zu ordnen und zu beschreiben. Dieser Arbeit unterzog sich K. mit dem glänzendsten Erfolge; schon 1789 publicirte er die Frucht dieser Studien in dem zweibändigen Werke: „Des Herrn Leske Mineraliencabinet, systematisch geordnet“, welches als für die Mineralogie epochemachend bezeichnet werden darf, indem es K. in diesem Werke gelang, im Sinne Werner’s den Werth der äußeren Kennzeichen zur Bestimmung der Mineralien glänzend zur Geltung zu bringen und der Werner’schen Methode damals das Uebergewicht zu verschaffen. Auf Minister von Heinitz’ Veranlassung wurde K. 1789 nach Berlin als Assessor der Provinzialadministration berufen. Von da an durchlief K. in ungewöhnlich raschem Gange die verschiedenen Dienstesgrade des Bergfachs, ward schon 1792 zum Bergrath befördert, 1797 zum Oberbergrath und Mitglied der allgemeinen Bergwerkdirection, 1803 zum Geheimen Oberbergrath und endlich wenig Wochen vor seinem frühzeitigen im 43. Lebensjahre erfolgten Tode zum Staatsrath und Leiter des preußischen gesammten Bergwesens ernannt. Trotz der angestrengten Dienstgeschäfte wurde der unermüdliche Forscher doch nicht seinen wissenschaftlichen Forschungen untreu, in denen er nur eine Erholung von der anstrengenden amtlichen Thätigkeit suchte und fand. Schon seit seiner Berufung nach Berlin mit dem Vortrage über Mineralogie an dem Bergwerks-Eleven-Institut beauftragt, wußte er durch geistreiche und anziehende Darstellung Männer aus allen Kreisen in seine Vorlesungen zu ziehen, die so zahlreich besucht waren, daß K. dieselben Vorträge in einem Winter zwei- und dreimal wiederholen mußte. Hierzu fehlte ihm aber ein zweckmäßiger Leitfaden, welchen er 1791 in Form einer „tabellarischen Uebersicht der mineralogischen einfachen Fossilien“ verfaßte und veröffentlichte. Dieser Leitfaden war noch ganz im Sinne der Werner’schen Lehre angelegt, umfassend genug, um auch die Geognosie in ihren Hauptumrissen aufzunehmen. K. versuchte aber darin über Werner hinaus, dem er in Ansehen der Ur-, Uebergangs- und Basaltgebirge noch folgte, in den sog. Flötzformationen eine bessere, naturgemäßere Grundlage zu gewinnen. [424] Indem er dabei alle ihm bekannten Schichten auch fremder Länder berücksichtigte, lieferte er damit eine eigentliche Grundlage für eine allgemeine und vergleichende Geognosie. Diese Eintheilung der Flötzbildungen, welche sich hauptsächlich auf die Schichtenfolge in Thüringen stützte und später nach den Untersuchungen A. v. Humboldts und Freieslebens bezüglich der alpinen Gesteinsbildungen etwas abgeändert wurde, muß als höchst wichtig bezeichnet werden, weil sie namentlich für die Zutheilung alpiner Schichten fast bis in die Mitte unseres Jahrhunderts als maßgebend angenommen wurde. K. führt in der neuen Auflage seiner tabellarischen Uebersicht, welche 1800 unter dem Titel „Mineralogische Tabellen“ und in weiterer Aufl. 1808 erschien, folgendes System durch: 1) Urgebirge, 2) Uebergangsgebirge, 3) Thonschiefer von Camsdorf, 4) Todtliegendes, 5) Alpenkalk oder Zechstein, 6) Steinsalz und Gyps, 7) Jurakalk mit der Rauhwacke, 8) bunter Sandstein, 9) jüngerer Gyps, 10) Muschelkalk, 11) Kreide, 12) Quadersandstein mit Steinkohle. Auch in der eigentlichen Mineralogie war K. in der zweiten Auflage seiner Tabelle der durch Hauy ins Leben gerufenen krystallographischen Betrachtung näher getreten; seine Kränklichkeit hinderte ihn, sie ganz zu erfassen. Diese Schrift diente jedoch 1817 Breithaupt zur Grundlage seiner neuen Publication. Besonders fördernd wirkte K. auf den Fortgang der mineralogischen Wissenschaft durch die Anlage einer umfassenden Sammlung, in welcher er in der uneigennützigsten Weise seine auf zahlreichen Reisen gemachten Erfunde, sowie alles Neue und Wichtige auf dem Gebiete der Mineralogie zu vereinigen wußte. Auch durch sein persönliches Wohlwollen unterstützte er die Bestrebungen seiner Freunde und half jüngeren strebsamen Männern mit Rath und That. Mit Wilhelm und Alexander v. Humboldt, L. v. Buch, Blumenbach, Gilbert, Gehlen war er eng befreundet und hatte mit den berühmtesten Gelehrten seiner Zeit lebhaften brieflichen Verkehr. Zahlreiche Ehrenbezeugungen aus wissenschaftlichen Kreisen bekunden das hohe Ansehen, in welchem K. stand. Sechszehn gelehrte Gesellschaften nahmen ihn unter ihre Mitglieder auf. Schon 1803 wurde er von der Berliner Akademie der Wissenschaften zum außerordentlichen, 1808 zum ordentlichen Mitgliede gewählt und seit 1795 gehörte er auch der Gesellschaft naturforschender Freunde in Berlin, in deren Schriften zahlreiche kleiner Abhandlungen Karsten’s zur Veröffentlichung gelangten, an. Außer den schon genannten Publicationen veröffentlichte K. noch folgende Schriften: La Peirouse, „Abhandlung über die Eisenbergwerke und Eisenhütten in der Grafschaft Foix“, 1789 (Uebersetzung); „Ueber Werner’s Verbesserungen in der Mineralogie“, 1794; „Mineralogische Charakteristik der Fossilien“ (Klaproth’s Beiträge z. chem. Kennt. d. Miner., 6. Bd., 1808–1815); „Beobachtungen auf dem Basaltberge bei Amöneburg“ (Köhler’s bergm. J. I, 318, 1788); „Ueber das Vogelsgebirge“ (ebend. II, 646); „Beschreibung einer neuen Art Feldspath“ (das. II, 809); „Ueber Weißgiltigerz, Fahlerz, rothen Schörl“ (das. 170 I, 375); „Ueber des Grafen Dundonald Behandlung der Steinkohlen“ (das. 515); „Ueber die alte und neue Bergwerksverfassung in Frankreich“ (das. 1791–1794); „Ueber Smaragdkrystalle“ (das. 1792 I, 285); „Ueber d. Steinkohlenbergbau in Schlesien“ (das. 382); „Ueber Lillalit und Lepidolit“ (das. 1792 II, 80); „Bemerk. über die Lehmann’sche Theorie“ (N. bergm. Journ., 1795 I, 63); „Ueber d. Einfluß der Chemie auf die Mineralogie“ (Crell’s chem. Ann., 1788, III.); „Ueber d. natürl. Vitriol-, das Haar- etc. Salz“ (Höpfner’s Mag. f. Nat., 1790, IV.); „Aeußere Beschreibung des Melanits und des Augits“ (Götting. J. f. Nat. 1797); „Oryctogn. Anmerk. über d. Apatit, Prasem und Wolfram“ (Schrift. d. Ges. naturf. Fr. in Berlin), 1789, IX, 355); „Oryctogn. Versuch zur näheren Bearbeitung d. Naturges. des Uraniums“ (das. 1792, X, 170); „Bemerk. über d. Serpentingebirge [425] in N. Schlesien“ (das. 348); „Oryctogn. Beitrag z. Geschichte des Zinns“ (das. 390); „Beschreib. des Lilaliths“ (das. 1793, XI, 59); „Beschreib. d. Lipoliths von Rotza in Mähren“ (das. 71); „Geogn. Beobacht. in Schlesien“ (N. Schrift. d. Ges. nat. Fr., 1795, I.); „Ueber d. Harzer Buttermilcherz“ (das.); „Entwicklung 2 specul. Fragen, die Fossilien betr.“ (das.); „Mineral. Beschreib. v. Benestedt, Beidersee und Morl“ (das.); „Rede zur 25. Jahresfeier d. Ges. naturf. Fr.“ (das. 1799, II.); „Phys.-mineral. Beschreib. d. Gold- und Silberbergwerks zu Nagyag in Siebenbürgen“ (das.); „Geogr.-histor. Nachtrag zu d. Beschreib. v. Fossilien aus dem Sendomirschen“ (das.); „Mineral. Beschaffenheit der Steinkohlenflötze am Dickeberg, Buchholz und Schafberg“ (das.); „Mineralogische Bemerkungen über arseniksaures Kupfer“ (das. 1801. III.); „Ueberfluß an Braunkohle in der Neumark“ (das. 1803. IV.); „Ueber Steinkohlenflötze bei Hultschin in Oberschlesien“ (das.); „Ueber oktaëdrisches Olivenerz“ (das.); „Ueber den Weißstein“ (das.); „Ueber das in der Neumark aufgefundene Erdpech“ (das.); „Charakteristik der Silbergattung Hornerz“ (S. Ges. Nat. F. z. Berlin Magaz. 1807. I. 156); „Untersuchung des mürben Zoisits am Radelgraben“ (das. 1808. II. 187); „Untersuchungen der Sphene aus dem Felberthale im Pinzgau“ (das. 188); „Untersuchung des Eisenpecherzes von der Christbescheerung bei Freiberg“ (das. 191); „Mineralogisch-chemische Untersuchung des Eläoliths“ (das. 1809. III. 43); „Ueber den Marmor von Priborn“ (das. 79); „Ueber die seltene Versteinerung Cornu Copiae in Sicilien“ (das. 95); „Eine neue Fossiliengattung aus dem Norden (Lythrodes)“ (das. 1810. IV. 78); „Ueber die Agusterde (Agustit) Gehlen’s“ (N. Journ. f. 1803. I. 281); „Untersuchung eines neuen Bleierzes“ (das. 1804. III. 60); „Untersuchung des Ichthyophthalm“ (das. 1805. V. 35); „Aeußere Kennzeichen des Antophyllits“ (Gehlen’s Journ. f. Ch. u. Ph. 1806. II. 496); „Ueber den St. Andreasberger Pharmakolith“ (das. 1807. III. 540); „Untersuchung des Wernerits, Kannelsteins und Zirkons“[WS 1] (das. IV. 183–386); „Traubenerz, eine eigenthümliche Gattung von Bleierz“ (das. IV. 394); „Ueber die Breccia verde d’Egitto der Italiener“ (das. IV. 400); „Untersuchung des erdigen Talks und Nadelerzes aus Sibirien“ (das. 1808. V. 222 u. 227); „Profil des Alpengebirges zwischen Wien und Triest und von Triest bis Salzburg“ (Gilb. Ann. 1805. XX. 193. 256); „Ueber filtres inaltérables“ (das. 1805. XXI. 483); „Ueber das Alter der Metalle“ (das. 1806. XXIII. 33). K. zu Ehren hatte Hausmann ein Mineral Karstenit genannt, das aber bereits Hauy als Chaux sulfatée anhydre beschrieben und Klaproth mit dem Namen Anhydrit belegt hatte.

Poggendorff, Biogr. I, 1226. Abh. d. Berl. Akad. 1814–15. 7. Karsten’s Arch. XXVI, 205.


Anmerkungen (Wikisource)

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