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ADB:Lambach, Johann

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Artikel „Lambach, Johann“ von August Döring in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 531–533, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lambach,_Johann&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 00:15 Uhr UTC)
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Lambach: Johann L., Gründer und erster Rector des Gymnasiums in Dortmund, wichtig für die Geschichte des Humanismus und des humanistischen Schulwesens, sowie des Ramismus in Deutschland, ferner für die Entwickelung der Reformation in Dortmund. Geboren wahrscheinlich 1512 als Sohn des Rathsböttchers L. zu Dortmund, besuchte er bis gegen 1527 oder 1528 die Reinoldi-Pfarrschule seiner Vaterstadt. Um diese Zeit kam er auf das Gymnasium zu Münster in Westfalen. Dort finden wir schon 1485 den Gymnasiarchen Johann Kerckmeister als Verfasser des ältesten Humanistendramas in Deutschland, der lateinischen Komödie Codrus, die zugleich das älteste in Westfalen gedruckte Buch ist. Um 1500 wurde die Schule durch Rudolf v. Langen reformirt und der Humanist Timan Camener als Rector eingesetzt, dem um 1530 Johann Aelius der Jüngere folgte. Ueber die damalige Organisation dieser Humanistenschule ist nichts bekannt. Beim Ueberhandnehmen der wiedertäuferischen Bewegung gegen Ende 1533 wurde vermuthlich die Schule geschlossen und L. begab sich nach Emmerich, dessen Humanistenschule damals unter Matthias Bredenbach ihre höchste Blüthe hatte, während deren sie eine Frequenz von 2000 Schülern erreicht haben soll. 1536 bezog er als Leiter der Studien einiger jungen Adligen die Universität Löwen, wo er drei Jahre blieb. Dieser Universität incorporirt war das Collegium Buslidianum, gestiftet 1519 durch Hieronymus Buslidius, wegen des Betriebs des Lateinischen, Griechischen und Hebräischen als collegium trilingue bezeichnet. Von Löwen begab sich L. 1539 nach Paris und wurde hier Schüler des Petrus Ramus, der, geboren 1515, hier seit 1536 zusammen mit dem Rhetoriker Omer Talon (Audomarus Talaeus) am College du Mans seine antiaristotelische Dialektik vortrug. L. ist einer der ersten deutschen Ramisten. Eine Zeit lang hielt sich L., immer noch begleitet von seinen adligen Zöglingen, noch auf der Universität Orleans auf, besuchte dann die berühmtesten französischen Städte, verweilte einige Zeit bei Johann Sturm in Straßburg, der dort 1538 sein berühmtes Gymnasium eröffnet hatte, nahm nach einer Nachricht noch Aufenthalt zu Speier, dem damaligen Sitze des Reichskammergerichts, und widmete sich endlich kurze Zeit in Köln unter dem reformatorisch gesinnten Juristen Johann Oldendorp juristischen Studien. 1542 kehrte er nach seiner Vaterstadt zurück und bewarb sich um die gerade erledigte Pfründe der Ostenpforten-Kapelle, um mit den Einkünften sich noch einige Zeit auf Universitäten aufzuhalten. Er erhielt die Pfründe am 22. Februar 1543, doch nur unter der Bedingung, daß er ein Archigymnasium gründe. Zugleich wurde ihm bewilligt, während des Sommers noch einmal nach Straßburg zu reisen, um mit Johann [532] Sturm Rath zu nehmen. Vom 5. Mai dieses Jahres ab hielt sich Melanchthon mehrere Monate in Köln behufs Organisation des Kirchen- und Schulwesens im Kurfürstenthum auf; es ist jedoch bezeichnend, daß sich keine Spur eines Verkehrs Lambachs mit ihm findet. Anscheinend war ihm die Einrichtung des höheren Schulwesens, wie sie von Wittenberg aus, namentlich unter fast völliger Ausschließung des Griechischen, betrieben wurde, zu eng und dürftig. Die Eröffnung der Schule fand am 25. August 1543 statt, die Lectionen begannen am 29. September. Ueber die Einrichtung dieser Schule, die in entschiedenem Gegensatze gegen die von Wittenberg aus gegründeten Schulen, sowie auch in wesentlicher Abweichung von dem Sturmschen Schultypus, dagegen in hervortretender Uebereinstimmung mit den Schulen zu Düsseldorf, Wesel, Essen, Münster, wie dieselben um die Mitte des 16. Jahrhunderts erscheinen, organisirt war, muß ich auf meine unten anzuführende Schrift verweisen. Hier nur so viel, daß die eigentlichen Schulklassen, deren Schüler discipuli classium heißen, Septima bis Tertia umfaßten, während die Secunda oder das auditorium publicum, deren Schüler auditores publici genannt wurden, eine höhere Stufe von unterschiedenem Charakter bildet. Eine Prima fehlt, als solche gilt die Universität. Das Griechische beginnt in Quinta, das Hebräische in Tertia, von Quarta ab beginnt Dialektik und Rhetorik, die (wenigstens in Secunda nach ausdrücklichem Zeugniß) nach Ramus betrieben wird, außerdem andere philosophische und theologische Fächer und Rechtslehre. Im Anschluß an das Gymnasium wurde bald, spätestens 1546, auch eine Buchdruckerei errichtet. Die Anstalt erlangte rasch eine bedeutende Blüthe und hatte starken Zufluß von Schülern, selbst aus außerdeutschen Ländern. Von 1544–1546 war Hermann Hamelmann, von 1551–1557 Friedrich Beurhaus Schüler. Vgl. die Biographien Beider. Letzterer wurde hier zuerst für den Ramismus gewonnen. 1556 begann in Dortmund der Prediger Johann Hedfeld (s. Bd. XI S. 306) in reformatorischem Sinne zu wirken. L. war sein Gegner und sah sich nach einer Frohnleichnamspredigt desselben, nachdem er in einem Volksauflauf mißhandelt worden war, genöthigt, auf einige Zeit die Stadt zu meiden. Er hielt sich in Köln auf; im September 1557 finden wir ihn wieder in Dortmund. Als 1562 der Rath die Communion unter beiderlei Gestalt facultativ einführte, war L. unter den ersten, die dieselbe empfingen und seitdem erscheint er als Förderer der allmählich eingeführten Reformation in Dortmund, die erst 1578 völlig abgeschlossen war. Die Blüthe der Schule dauerte nach wie vor. In den Jahren 1576 und 1577 hatte allein die Quarta 117 Schüler. Aufführungen lateinischer Dramen durch die Schüler, namentlich der von dem Dortmunder Geistlichen und Freunde Lambach’s, Jakob Schöpper, verfaßten, finden sich, wie schon 1544, so auch nachher häufig. 1563 bis 1566 war L. Mitglied des Raths der sehr aristokratisch regierten freien Reichsstadt, 1567 und 1568 war er Richter. Er war zweimal verheirathet und hinterließ zwei Söhne und zwei Töchter. Am 25. Juni 1582 starb er an der Pest. Schriften von L. haben sich nicht erhalten. 1548 erschien von ihm in Dortmund „Methodus recte legendi Hebraica“. Auf dem Titel dieser Schrift, wie auch sonst, nannte er sich Johannes Scaevastes. Dieser Name kommt auch in der Form Sceuastes vor und ist offenbar eine unglückliche Gräcisirung des ebenfalls öfters vorkommenden zweiten Familiennamens Bueker oder Böker (= Böttcher). Er erscheint also unter den Namen Lambach, Lambachius, Bueker, Böker, Sceuastes und Scävastes. Außer jenem Schriftchen soll er 1552 ein Schulprogramm herausgegeben haben. In den Jahren 1557–1561 gab er vier Bände lateinischer Predigten von Jakob Schöpper mit Dedicationsepisteln heraus.

[533] Eine Biographie Lambach’s in Rolle, Memoriae Tremonienses, Tremoniae 1727. A. Döring, Johann Lambach und das Gymnasium zu Dortmund von 1543–1582. Berlin 1875, Calvary & Co. Im Wesentlichen nach letzterer Schrift ist gearbeitet: G. Kinkel, Theaterspiele in Dortmund, in Pick’s Monatschrift VII, S. 301–324.