ADB:Leopold III. (Herzog von Österreich, Steiermark, Kärnten und Krain)
Albrechts II. und der Johanna Gräfin von Pfirt im J. 1351 geboren. Da er ebenso wie seine Brüder Friedrich und Albrecht beim Tode seines Vaters (20. Juli 1358) noch minderjährig war, so führte zunächst Albrechts II. ältester Sohn Rudolf IV. allein die Regierung der österreichischen Länder. Rudolf strebte überhaupt statt des bisherigen gemeinschaftlichen Besitzes aller Glieder des herzoglichen Hauses die Alleinherrschaft des Aeltesten zur Anerkennung zu bringen. Erst im November 1364, als Albrecht III. mit 14 Jahren das Alter der Volljährigkeit erreicht hatte und L. sich diesem näherte (Friedrich war 1362 gestorben), schloß Rudolf mit ihnen einen Familienvertrag, wornach alle ihre Länder und Herrschaften ungetheilt lassen und gemeinsam besitzen, aber doch dem Aeltesten wesentliche Vorrechte eingeräumt werden sollten. Diesem Abkommen entsprechend nahm bei Rudolfs IV. frühem Tode [393] am 27. Juli 1365 Albrecht III. die oberste Regierung in die Hand, während dem Thätigkeitsdrange Leopolds später dadurch Rechnung getragen ward, daß ihm, wie herkömmlich dem Zweitältesten des Hauses, vom Jahre 1368 an gewöhnlich die Verwaltung der Vorlande und auch die des neu erworbenen Tirol anvertraut wurde. L. stand zunächst zu Albrecht in einem ähnlichen Verhältniß wie einst Leopold I. zu seinem Bruder Friedrich. Kampflustig wie er war, führte meistens er die Kriege, in die Oesterreich damals verwickelt wurde, 1368 den Kampf in Tirol gegen die unvermuthet in das Land eingedrungenen Baiern, 1369 einen solchen mit dem Grafen von Mömpelgard, 1376 mit Venedig, gegen welches die Herzoge mit Franz von Carrara, dem Herrn von Padua, für die Abtretung von Feltre und Belluno mit Val Sugana ein Bündniß geschlossen hatten. Dessenungeachtet ward L. nach und nach mit seiner Stellung unzufrieden. Ehrgeizig und prachtliebend und daher wol oft in Geldverlegenheit fühlte er sich durch die Unterordnung unter seinen Bruder gehemmt und strebte diesem in Beziehung auf Rechte und Einkünfte gleichgestellt zu werden, wenn nicht, wie das in anderen Fürstenhäusern damals Regel war, eine förmliche Ländertheilung durchzusetzen. Da Albrecht solchen Forderungen durch Hinweisung auf das Herkommen in Oesterreich entgegentrat, so drohte im J. 1372 sogar ein Krieg zwischen beiden Brüdern auszubrechen. Albrecht gab endlich wenigstens theilweise nach und schloß am 25. Juli 1373 mit L. einen Vertrag, wornach dieser während der nächsten zwei Jahre die Aemter in Tirol, den Vorlanden und Krain besetzen und die Einkünfte aus allen österreichischen Ländern unter beide Herzoge gleich getheilt werden sollten. Zwei Jahre später erhielt L. auch die Verwaltung von Kärnthen und 1376 ausgedehntere Befugnisse in Beziehung auf die auswärtige Politik. Gerade über diese mochten sich die beiden Brüder, die ihrem Charakter nach so unähnlich waren, am schwersten verständigen. Namentlich dem 1378 ausbrechenden großen Schisma gegenüber nahmen beide eine ganz entgegengesetzte Stellung ein, indem Albrecht den römischen, L. den französischen Papst anerkannte. Dies führte endlich am 25. September 1379 zu einer vollständigen und dauernden Theilung der österreichischen Länder. Hierbei erhielt Albrecht nur noch Oesterreich ob und unter der Enns, L. alle übrigen Länder, also die Steiermark, Kärnthen, Krain, Tirol, die Vorlande und Feltre und Belluno. Während nun der ruhmliebende Albrecht seinen Ländern den Frieden bewahrte. war der ritterliche und tapfere L., dessen Streben nur auf Kampf und Erwerbung neuer Gebiete gerichtet war, in häufige Kriege verwickelt. Doch endeten seine Unternehmungen trotz anfänglicher Erfolge schließlich fast durchaus unglücklich, weil er wie sein ihm ähnlicher Urenkel Maximilian I. zu viel nebeneinander begann und wegen zu früher Erschöpfung der Mittel keinen Plan bis zu Ende durchführen konnte. Oberitalien und das südwestliche Deutschland bildeten hauptsächlich den Schauplatz der Thätigkeit Leopolds. Ein Bündniß, das er am 5. April 1381 mit den durch eine große Coalition bedrängten Venetianern schloß, verschaffte ihm eine bedeutende Ausdehnung seiner italienischen Besitzungen, indem ihm die Republik für das Versprechen der Hülfeleistung gegen Franz von Carrara die Stadt Treviso mit ihrem Gebiete und die Grafschaft Ceneda abtrat. L. entsetzte auch das belaqerte Treviso und wurde dort als Herr anerkannt. Aber er unterstützte nun Venedig nicht weiter, indem er durch ein energisches Vorgehen gegen den Carrara dessen Bundesgenossen und besonderen Gönner, den König Ludwig von Ungarn, zu beleidigen fürchtete, mit dessen Tochter Hedwig, welche damals zur Erbin von Ungarn bestimmt war, sein ältester Sohn Wilhelm verlobt war. Er schloß daher unter Vermittelung des ungarischen Königs mit Carrara für die Dauer des Krieges gegen die Venetianer einen Waffenstillstand und wurde so dem Worte, das er diesen gegeben hatte, untreu. L. erntete bald [394] die Früchte seiner Wortbrüchigkeit. Kaum hatte Carrara durch den Frieden mit Venedig (8. August 1381) freie Hand erhalten, so begann er die Feindseligkeiten gegen Treviso, um diese Stadt in seine Hände zu bringen. L. schickte zur Unterstützung derselben wiederholt ein Heer über die Alpen und begab sich im Sommer 1383 selbst nach Italien. Aber Carrara zog sich vor größeren Schaaren jedesmal in seine festen Plätze zurück, um dann, wenn die österreichischen Truppen nach einiger Zeit aus Mangel an Sold abgezogen waren, neuerdings hervorzubrechen. L. blieb daher endlich nichts übrig, als mit Carrara am 28. Januar 1384 Frieden zu schließen und Treviso mit seinem Gebiete trotz der Anhänglichkeit der Bürger an seine Herrschaft gegen 117 000 Ducaten demselben abzutreten. Zwei Jahre später verpfändete er, von Geldnoth gedrängt, demselben gegen 60 000 Ducaten sogar Feltre und Belluno, so daß alle österreichischen Besitzungen in Italien wieder verloren waren. Die einzige dauernde Erwerbung. welche L. im Süden machte, war Triest, das sich zur Zeit der größten Bedrängniß Venedigs von demselben losgerissen und 1382 freiwillig der Herrschaft Leopolds unterworfen hatte, weil dieser im Rufe stand, daß er seine Unterthanen gut behandle und in ihren Rechten nicht beeinträchtige. Was den Herzog L. nöthigte, sich in Italien um jeden Preis Ruhe zu verschaffen, war die drohende Lage im südwestlichen Deutschland. Auch hier richtete L. sein Streben auf die Vergrößerung seiner schwäbischen Besitzungen, besonders aber auf die Herstellung einer unmittelbaren Verbindung derselben mit Tirol durch die Erwerbung der dazwischen liegenden Gebiete jenseits des Arlberg. Seine Bemühungen blieben zunächst nicht ohne Erfolg. Endlich aber trat seinen Vergrößerungstendenzen der schwäbische Städtebund entgegen, welcher damals zu einer gewaltigen Macht im Reiche herangewachsen war, besonders als sich ihm auch die rheinischen und fränkischen Reichsstädte angeschlossen hatten. Der Städtebund suchte nun auch noch eine Allianz mit den schweizerischen Eidgenossen zu Stande zu bringen, zu welchen das Verhältniß Leopolds ebenfalls ein gespanntes war. Zwar nicht alle Glieder der Eidgenossenschaft, aber doch die zu derselben gehörenden Städte Bern, Zürich, Luzern und Zug schlossen in der That am 21. Februar 1385 mit den schwäbischen und rheinischen Städten ein Bündniß, welches deutlich genug gegen L. von Oesterreich gerichtet war. Auf die Unterstützung der Reichsstädte bauend begannen die Eidgenossen, voran die Luzerner und Züricher, ohne Kriegserklärung die Feindseligkeiten durch Ueberfälle benachbarter österreichischer Festen. Die Reichsstädte suchten zwar jetzt einen Krieg zu vermeiden und vermittelten einen fünfmonatlichen Waffenstillstand, während dessen sie einen Frieden zu Stande zu bringen suchten. Allein die Eidgenossen waren unnachgiebig und wollten nicht einmal die befreundeten Reichsstädte als Schiedsrichter anerkennen. So brach Ende Juni 1386 der Krieg zwischen Oesterreich und den Eidgenossen wieder aus. An der Spitze eines zahlreichen Heeres, das zu einem großen Theile aus Rittern bestand, wollte L. von Bruck über Zofingen und Sursee nach Luzern vordringen. Allein am 9. Juli stieß er bei Sempach unvermuthet auf 1500 Mann aus Luzern und den Urkantonen, die ihn hinter einem Verhau erwarteten und sah sich genöthigt, auf einem für die schwere Reiterei sehr ungünstigen Terrain die Schlacht anzunehmen. Anfangs waren die Oesterreicher, deren Reiter von ihren Pferden abgesessen waren und zu Fuß kämpften, im Vortheil. Bald aber ermüdeten bei der furchtbaren Julihitze die Ritter in ihren schweren eisernen Rüstungen, manche erstickten oder wurden ohnmächtig. Sobald einmal eine Lücke sich bildete, drangen die Schweizer ein und schlugen alle zu Boden. Wie die meisten der Ritter verlor auch der tapfere L. unter den Streichen der Schweizer sein Leben. Von seiner Gemahlin Viridis, der Tochter des Bernabó Visconti von Mailand, hinterließ er drei Töchter und vier Söhne, Wilhelm, Leopold IV., [395] Ernst und Friedrich, von welchen der älteste sechzehn, der jüngste erst vier Jahre alt war.
Leopold III., Herzog von Oesterreich, Steiermark und Kärnthen, wurde als der vierte Sohn- Fr. Kurz, Oesterreich unter Albrecht III. Fürst Lichnowsky, Geschichte des Hauses Habsburg, 4. Bd. (besonders Birk’s Regesten im Anhange). J. Egger, Geschichte H. Leopolds III. von Oesterreich. Innsbruck 1869 (Separatabdruck aus dem Jahresberichte der k. k. Oberrealschule).