Zum Inhalt springen

ADB:Lipsius, Justus

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Lipsius, Justus“ von Karl Felix Halm in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 741–745, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lipsius,_Justus&oldid=- (Version vom 14. November 2024, 22:54 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Lipsius, Martin
Band 18 (1883), S. 741–745 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Justus Lipsius in der Wikipedia
Justus Lipsius in Wikidata
GND-Nummer 11857342X
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|18|741|745|Lipsius, Justus|Karl Felix Halm|ADB:Lipsius, Justus}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=11857342X}}    

Lipsius: Justus L., eigentlich Joest Lips, ausgezeichneter Philolog und Kritiker, geb. am 18. October 1547 zu Oberysscha (Isca), einem Marktflecken zwischen Brüssel und Löwen, † am 24. April 1606. Da er aus einer angesehenen und begüterten Familie stammte, erhielt er eine standesgemäße Erziehung. Der erste Unterricht ward ihm in Brüssel und Ath zu Theil, worauf er im J. 1563 an das Jesuitengymnasium in Köln geschickt wurde, wo er durch seine Wißbegierde und ungewöhnliches Gedächtniß schon als Knabe ein solches Aufsehen erregte, daß ihn die Jesuiten an sich zu ketten suchten. Als jedoch sein Vater erfuhr, daß er in den Orden einzutreten Willens sei, rief er ihn 1565 zurück und ließ ihn die Universität in Löwen beziehen, wo er zur Vorbereitung auf einen künftigen Staatsdienst die Rechte studiren sollte, aber daneben mit Vorliebe humanistische Studien betrieb. Er weilte noch auf der Universität, als sein Vater plötzlich in Brüssel starb und auch seine Mutter ihm kurz darauf durch den Tod entrissen wurde. L. stand erst im 19. Lebensjahre, als er seine erste gelehrte Schrift „Variorum lectionum libri III“ veröffentlichte, die er dem berühmten Staatsmann Kardinal Granvelle widmete: Da sich dieser um diese Zeit vom politischen Schauplatz nach Rom zurückzog, folgte ihm L. 1567 in der Eigenschaft eines Sekretärs zur Ausfertigung der lateinischen Correspondenz des Kardinals. In dieser Stellung blieb ihm Muße genug, die alten Denkmale der ewigen Stadt gründlich zu studiren, in der Inschriftenkunde sich tüchtig zu üben, die handschriftlichen Schätze der Bibliotheken zu benützen und mit ausgezeichneten Gelehrten in näheren Verkehr zu treten. Nach einem zweijährigen Aufenthalte in Italien kehrte er nach Löwen zurück, wo er im Verkehr mit früheren Studiengenossen nicht immer, wie er später selbst bekannte, nach den strengen Regeln Cato’s gelebt, sondern ein ziemlich flottes Leben geführt hat. Des tollen Treibens endlich satt, beschloß er eine größere Reise zu unternehmen, deren Ziel Wien war, wohin der große Freund der Wissenschaften, Kaiser Maximilian II. viele bedeutende Gelehrte gezogen hatte. Möglich, daß der Aufenthalt in Wien, wo damals viel Toleranz herrschte, den jungen Gelehrten auch in religiöser Beziehung zu freieren Ansichten gebracht hat, als er von Jugend auf eingesogen hatte. Wenigstens nahm er bald darauf keinen Anstand, an einer lutherischen Universität als Lehrer aufzutreten. Als er nämlich auf der Rückreise in seine Heimath in einer Zeit, wo neue Kriegsstürme in seinem Vaterlande losgebrochen, begriffen war, erhielt er die traurige Nachricht von der Verwüstung seiner väterlichen Güter durch die spanische Soldateska. Dieser Schlag bestimmte ihn eine Professur der Geschichte in Jena zu übernehmen, die er im October 1572 antrat. Er war damals in der Vollkraft seines Schaffens, wie auch vier schwungvolle Reden beweisen, die zum Theil erst nach seinem Tode im Druck erschienen sind (s. u.). Warum er bereits im März 1574 aus dieser Stellung, wiewol er mit großem Beifall lehrte, geschieden ist, läßt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, zumal als er selbst über seine Wirksamkeit in Jena in späterer Zeit ganz schweigsam war; es hat aber große Wahrscheinlichkeit, daß er durch seine am 28. Juli 1573 gehaltene Rede „De concordia“, die gegen die Raufhändel der Studenten und Streitigkeiten der lutherischen Geistlichen gerichtet war, sich viele Feinde gemacht hat und so seine Stellung unhaltbar geworden [742] ist. Von Jena begab sich L. zunächst nach Köln, wo er 1574 eine kinderlose Wittwe, Anna van den Colster, die aus einer patrizischen Familie von Löwen stammte, heirathete und neun Monate verblieb, mit wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigt. Hier besorgte er den Druck seiner Bearbeitung des Tacitus, die in erster Ausgabe zu Antwerpen 1574 erschienen ist, und arbeitete seine „Antiquae Lectiones“ aus. Das Jahr darauf führte er seine Frau in seine Heimath und dachte schon daran, sich ganz dem Landleben zu widmen, zumal als er immer ein großer Freund der Blumen und Gärtnerei gewesen war; da aber das Leben auf dem Lande durch den neuen Ausbruch kriegerischer Unruhen unsicher wurde, begab er sich 1576 nach Löwen, wo er seine früheren juristischen Studien wieder aufnahm. sich den Doctorgrad der Rechte erwarb und auch Vorlesungen mit vielem Beifall hielt: unter seinen Zuhörern wird auch der später so berühmtgewordene Moritz von Nassau genannt. Doch auch hier war ihm keine lange Ruhe beschieden. Als am 31. Januar 1578 das Heer der Generalstaaten von Don Juan d’Austria bei Gembloux aufs Haupt geschlagen wurde, fiel auch Löwen wie andere Städte von Brabant bald in die Hände des siegreichen Feldherrn. Bei der Eroberung der Stadt blieb zwar des Lipsius’ Habe durch die Verwendung eines Rathes des Don Juan, M. A. Delrius, verschont; da man aber seit seinem Aufenthalt in Jena seinen Gesinnungen mißtraute, fand L. es für gerathen sich nach Antwerpen zu flüchten, von wo er sich nach Holland begab, wo er 1579 zum Professor der Geschichte in Leyden von den Generalstaaten ernannt wurde. Wie er selbst in dem bekannten Briefe an Jo. Woverius (Epist. miscell. Cent. III, 87), der eine nicht sehr aufrichtige Autobiographie enthält, sich äußert, so gedachte er nicht in Leyden zu verbleiben (Fluctu cum pluribus eiecti sumus in Bataviam terram: insedimus, sed mente, ut stationem eam haberemus, non portum), aber weil es noch lange dauerte, bis ruhigere Zustände in seiner Heimath eintraten, wirkte er als Lehrer an einer reformirten Universität zwölf Jahre; es war die glänzendste Zeit seines Lebens, in der sein Name einer der berühmtesten von Europa geworden ist. Wie er selbst andeutet, so mochte er als geborener Katholik sich längst in einem protestantischen Lande nicht mehr heimisch fühlen; einen Bruch führte sein bekanntes Werk „Politicorum libri VI“ herbei, das 1589 zu Leyden erschienen ist. Dagegen trat ein Maler zu Amsterdam, Theodor Coornhert, 1590 mit einer Flugschrift auf, in welcher er gegen L. den Vorwurf erhob, daß er in seinem Buche die Obrigkeit auffordere, gegen Ketzer ohne weiteres die Todesstrafe zu verhängen. L. antwortete mit einer neuen Schrift „De una religione adversus dialogistam liber“, worin er erklärte, daß er allerdings die Obrigkeit für berechtigt und verpflichtet erachtet, die religiöse Einheit in ihrem Lande zu erhalten, aber er sei der Ansicht, daß nicht alle Dissentierenden auf gleiche Weise zu bestrafen und nur selten mit der Todesstrafe einzuschreiten sei. In dieser Schrift ist nirgends von der katholischen Religion die Rede, sondern nur von der wünschenswerthen Erhaltung der religiösen Einheit im Staate; erst in der Ausgabe von 1598 fügte der Censor Cuyck den Satz bei, daß was L. in dem Buche von der Einen Religion geschrieben habe, nach dem Bekenntniß des Verfassers selbst und nach dem Verfolg der ganzen Erörterung von der römischen Religion als der einzig wahren zu verstehen sei. In dem oben erwähnten Briefe sagt L., daß ihn religio et fama gezwungen habe, die Stellung in Leyden zu verlassen, wiewol er dort homines benignos et beneficos gefunden habe. Er verließ 1590 plötzlich Leyden unter dem Vorwand, daß ihm ein ererbtes Uebel gebiete, die Bäder in Spaa zu gebrauchen und reiste zur See nach Hamburg, von wo er sich sogleich nach Mainz begab, um sich bei den Jesuiten wieder in den Schooß der katholischen Kirche aufnehmen zu lassen. [743] Die nächste Zeit verweilte er theils in Spaa, von wo aus er sich seine Entlassung am 2. Juni 1591 von den Curatoren der Universität erbat (s. Lips. epist. decades XVIII ed. Pontanus p. 10), theils in Lüttich. Als bekannt geworden war, daß L. seine Professur in Leyden niedergelegt habe, erhielt er aus allen katholischen Ländern die glänzendsten Anerbietungen zur Uebernahme eines Lehrstuhls, von Papst Clemens VIII., von König Heinrich IV. von Frankreich, Herzog Wilhelm V. von Baiern, dem Kurfürsten von Köln, der Republik Venedig, mehreren italienischen Fürsten, den Bischöfen von Würzburg (Julius), Salzburg und Breslau er zog es aber vor, in seinem Lande zu verbleiben, als ihm auf Empfehlung der Jesuiten eine Professur in Löwen angeboten wurde, die er im August 1592 antrat. Zu den vielen Ehren, die ihm bei seiner sehr erfolgreichen Thätigkeit in Löwen zu Theil wurden, gehört auch, daß ihn der König von Spanien zu seinem Historiographen ernannte. Sein Wunsch, Rom nochmals zu sehen. wohin er Ende 1599 aufbrechen wollte, ging nicht in Erfüllung, da in Italien eine heftige Epidemie ausgebrochen war. Was L. seit den neunziger Jahren geschrieben und gethan hat, trägt durchaus das Gepräge seiner tiefen katholischen Ueberzeugung. Die sprechendsten Denkmale dafür sind seine Schriften „De Diva Virgine Hallensi liber, quo beneficia eius et miracula fide atque ordine descripta“ (Antverpiae 1604) und „De Diva Virgine Sichemiensi sive Aspricolle liber, quo nova eius beneficia et admiranda describuntur“ (Antverpiae 1605). In diesen Schriften erzählt er ausführlich die wunderthätigen Heilungen, welche durch die Fürbitte der Madonna zu Hall und Montagu geschehen seien; in der ersteren Schrift theilt er auch die Inschrift mit, mit der er eine silberne Feder dem Gnadenbilde als Dank für verliehenen Schutz seiner litterarischen Arbeiten geweiht habe. Selbst dem Glauben an Hexen, der allerdings damals allgemein verbreitet, war der sonst so helle Kopf in seinen letzten Lebensjahren nicht verschlossen, s. Particularités sur la vie de J. L. S. 252 ff.

Durch seine zahlreichen Schriften, die eine große Leichtigkeit des Schaffens verrathen, hat sich L. den unbestrittenen Ruhm eines der größten Gelehrten seiner Zeit erworben. Sie lassen sich in drei Hauptklassen eintheilen: 1) in philologisch-kritische, 2) antiquarische, 3) Schriften zur Philosophie und Theologie. Der ersten Classe gehören an seine mit Anmerkungen ausgestatteten Ausgaben des Tacitus (zuerst 1574. 8°), Vellejus Paterculus (Lugd. B. 1591), des Valerius Maximus (in der neuen Auflage der Ausgabe von Pighius 1594), von „Plinii Panegyricus“ (1600, 4°) und der „Opera Seneca philosophi“ (1605. Fol.), die „Animadversiones in Senecae tragoedias“ (Lugd. B. 1588, 8°), die „Notae ad Suetonii libros tres priores“ (Francof. 1588), die Abhandlung „De recta pronuntiatione latinae linguae“ (1586. 4°) und seine vermischten kritischen Schriften, gesammelt unter dem Titel: „Opera omnia, quae ad criticam proprie spectant“ (Antv. 1585. 4°), welcher umfangreiche Band folgende früher einzeln erschienene Schriften enthält: „Antiquarum lectionum libri V“, „Epistolicarum quaestionum libri V“, „Electorum libri II“, „Variarum lectionum libri III“, „Satyra Menippaea“, eine geistreiche Satire gegen Kritiker, die ihm viele Feinde gemacht hat. Das größte Verdienst hat sich L. für die Kritik und Erklärung des Tacitus erworben, das um so höher anzuschlagen ist, als er hier fast ganz ohne Vorgänger gearbeitet hat; nur Beatus Rhenanus hatte als Kritiker Bedeutendes geleistet. Der so bündige, von allen Abschweifungen sich fern haltende Commentar des L. ist ein Meisterstück, überhaupt der beste Commentar, der bis dahin von einem römischen Schriftsteller erschienen war; als Kritiker bewährte sich L. im Tacitus ebenso besonnen als scharfsinnig, so daß die Mehrzahl seiner Vermuthungen in alle späteren Texte Eingang gefunden hat. Auch in der Kritik und sachlichen Erklärung der übrigen oben genannten Schriftsteller [744] und anderer römischer Prosaiker hat L. bedeutendes geleistet, nicht so glücklich war er in den Dichtern, wie im Plautus, Propertius, dem Tragiker Seneca u. a. Seine antiquarischen Schriften sind ebenfalls sehr umfangreich: „Saturnalium Sermonum libri II s. de gladiatoribus“ (1582. 4°), „De Amphitheatro liber“ (1584. 4°), „Leges regiae et decemvirales“ (1584), „De cruce libri III“ (1593. 4°), „De militia Romana libri V“ (1585. 4°), „De bibliothecis syntagma“ (1585. 8°), „Poliorceticon libri IV“ (1596. 4°), „Admiranda s. de magnitudine Romana“ (1598. 4°), „De Vesta et Vestalibus syntagma“ (1603. 4°). In diesen Werken hat sich L. besonders um die Aufhellung mancher Punkte der militärischen und scenischen Alterthümer viele Verdienste erworben. Von seinen philosophischen Schriften sind am bekanntesten die oft aufgelegten und übersetzten, aber in ihrem Werthe doch wol überschätzten „Libri II de constantia“, deren erste Ausgabe zu Antwerpen 1584 erschienen ist. Die „Politicorum libri VI“ (zuerst Lugd.. B. 1589. 4°) und die Schutzschrift „De una religione“ sind schon oben erwähnt. Verdienstlicher, wenn auch nicht frei von Einseitigkeit sind seine Schriften über die stoische Philosophie („Manuductio ad Stoicam philosophiam“ und „Physiologiae Stoicae libri III“ 1604. 4°), zu der er sich besonders hingezogen fühlte, zumal als die Grundsätze der Stoa zu Parallelen mit den Lehren des Christenthums reichliche Gelegenheit boten. Eine bedeutende Stelle in der schriftstellerischen Thätigkeit des L. nehmen auch seine Briefe ein, von denen er selbst ein volles Tausend in zehn Centurien herausgegeben hat. Es sind nur diejenigen, die er für gut fand, zu seinem Ruhme zu veröffentlichen; wichtiger für seine Lebensgeschichte und ganze Charakteristik sind zwei kleine Sammlungen: „Epistolarum praetermissarum decades VI“ (die sehr seltene Sammlung ist als Anhang zu „Lipsii ad Suetonii tres posteriores libros commentarii“ zu Offenbach 1610. 8° erschienen) und „Epistolarum quae in centuriis non extant decades XVIII ed. J. J. Pontanus (Harderwijk 1621. 8°), ferner der nicht weniger als 805 Nummern umfassende Briefwechsel, den P. Burman in den zwei ersten Bänden seiner Sylloge Epistolarum bekannt gemacht hat. Die erste Centurie, die L. selbst herausgab (zu Antwerpen 1586. 8°, und in demselben Jahre als „Editio emendatior“ bezeichnet in Duodez) enthielt auch ein Dutzend Briefe von anderen an L., die in der zweiten Auflage von 1590 durch eigene ersetzt sind, sie enthielt aber auch mehrere Briefe (Nr. 10, 69, 76), die sich auf Verhältnisse von Jena beziehen, die L. für gut fand, nebst ein paar anderen, in späteren Ausgaben zu unterdrücken. Der geschraubte und unnatürliche Stil, den sich L. in Nachahmung des Tacitus und Seneca in seinen späteren Jahren angewöhnt hat, tritt besonders in den Briefen zu Tage. Diese mit witzelnden Antithesen, frostigen Wortspielen, orakelhaft dunklen Sätzen, unerhörten Ellipsen, sprachwidrigen neuen Wortbildungen überladene Schreibart wurde von Nachahmern, Lipsianer genannt, noch überboten, hat aber seinen schriftstellerischen Ruhm nicht erhöht. Daß jedoch Lipsius in früheren Jahren, in der Zeit, wo er seinen Commentar zu Tacitus schrieb und noch an Cicero als Vorbild sich hielt, besser zu schreiben verstand, beweisen außer andern Schriften besonders vier zu Jena gehaltene Reden, die in der kleinen Sammlung „J. Lipsii Orationes VIII Jenae potissimum habitae“ ein Jahr nach seinem Tode zuerst in Darmstadt erschienen sind. Von diesen vier Reden, die in stilistischer Beziehung das beste sind, was L. je geschrieben hat, wurde keine in seine Schriften aufgenommen, weil er in ihnen sich noch als einen warmen Verehrer der lutherischen Lehre kundgegeben hatte. Bei seinen Lebzeiten sind nur zwei im Druck erschienen, die eine jedoch, die Oratio de Concordia gegen seinen Willen, die als Trutzschrift gegen L. durch Vermittelung des Melchior Goldast 1600 zu Zürich in 4° herausgegeben wurde. Durch diese Veröffentlichung [745] sehr unangenehm berührt, leugnete L. die Autorschaft in einem Schreiben an den Senat in Frankfurt (s. „Epist. cent. ad Germ. et Gallos“ num. 68) mit aller Entschiedenheit ab, aber mit Gründen, die auf seine Wahrheitsliebe ein schlechtes Licht werfen. Daß alle Reden der Darmstädter Sammlung keinen anderen Verfasser als L. haben, glaubt der Unterzeichnete in seiner Abhandlung „Ueber die Aechtheit der dem J. L. zuschriebenen Reden“ bewiesen zu haben, s. Sitzungsber. der philol. u. hist. Classe d. k. bair. Akademie 1882, Band I. S. 1 ff. Eine Gesammtausgabe der Werke des L. erschien in sehr schöner Ausstattung zu Antwerpen 1637 in 4 Bänden, Fol., sodann zu Wesel 1675 in 4 enggedruckten Bänden, 8°. Beide sind unvollständig, weil in ihnen die Reden und wichtigsten Briefe nicht enthalten sind.

Autobiographie in einem Brief an J. Woverius in Epist. cent. III. Misc. n. 87, womit zu vergleichen die zweite Rede in den Orationes VIII, mit der L. seine Vorlesungen in Jena eröffnet hat. Auberti Miraei Vita, wieder abgedruckt mit anderen Apologien in dem Sammelwerke Lipsii sapientiae et litterarum antistitis fama postuma, ed. II, Antv. 1613. 4°. Proteus ex antro Neptuni protractus a Thoma Sagittario, Francof. 1614. 8°, die wichtigste Schrift für die Jenaer Zeit. Aut. Teissier, Eloges des hommes savans etc. A Leyde 1715. vol. 4, p. 525–544. P. Burman in der Praefatio der Sylloge Epistolarum, Bd. I, eine Philippica, die ein Gegenstück zur Panegyrik des Miraeus bildet. J. Mich. Heinsii de Justo Lipsio professore Jenensi prolusio, Weimar 1773. 4°. Fr. Baron de Reiffenberg, De J. L. vita et scriptis Commentarius, Bruxelles 1823, 248 pag. 4°, eine unkritische Compilation ohne eigenes Urtheil. J. J. Thonissen in Höfer’s Nouv. Biogr. gén. tome 31. A. Räß, Die Convertiten seit der Reformation, III, 159 ff. L. Galesloot, Particularités sur la vie de Juste Lipse, Bruges 1877, 8°.