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ADB:Megander, Kaspar

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Artikel „Megander, Kaspar“ von Bernhard Riggenbach in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 176–177, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Megander,_Kaspar&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 13:13 Uhr UTC)
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Megander: Kaspar M. (Großmann), Mitarbeiter Zwingli’s, geb. 1495, † am 18. August 1545. Der aus Zürich gebürtige M., welcher von 1515 an in Basel studirt hatte, war, als Zwingli 1519 nach Zürich kam, schon Kaplan am dortigen Spital und stellte sich sofort an die Seite des Reformators. Schon 1522 finden wir ihn als Mitunterzeichner der von Zwingli wegen der Priesterehe an den Bischof von Constanz gerichteten Bittschrift, 1524 trat er selbst in den Ehestand. Am 11. April 1525 erschien er mit Zwingli vor dem Rathe von Zürich, um auf Abstellung der Messe zu dringen, und am 6. November 1525 vertheidigte er gemeinsam mit Zwingli und Leo Jud die Thesen gegen die Widertäufer. Als Zwingli Ende 1527 zur Disputation nach Bern eingeladen wurde, bat er den Rath, M. mitnehmen zu dürfen. In Bern betheiligte sich nun zwar M. an den officiellen Verhandlungen nicht, dagegen hielt er gegen Ende des Gesprächs eine Predigt, welche einen außerordentlich günstigen Eindruck zurückgelassen zu haben scheint; denn schon im Februar 1528 erbaten sich die Berner ihn vom Zürcher Rathe. In Bern hat M. während 10 Jahren als Prediger und Professor eine sehr hervorragende Stellung eingenommen. Sein wissenschaftliches Uebergewicht verschaffte ihm einen großen Einfluß auf den Gang der bernischen Reformation. Und wenn es ihm auch keineswegs gelang, bei dem dortigen Rathe eine so prophetische Autorität auszuüben wie sein Vorbild Zwingli bei der Zürcher Obrigkeit, so war er doch vermöge seines Ansehens unter der Bürgerschaft und seines Anhangs unter der Landgeistlichkeit fortwährend ein Factor, mit welchem die Herren von Bern rechnen mußten. So wurde ihm bei der Einrichtung des theologischen Unterrichts nach Art der zürcherischen „Prophezei“ vollständig freie Hand gelassen, wiederholt wurde er mit ausgedehnten Vollmachten zu den Synoden der Waadt abgeordnet, auch war er der Vertreter Berns bei der Feststellung der ersten helvetischen Confession. Dagegen brachte ihn seine leidenschaftliche Vertheidigung der zürcherischen Politik und des zwinglischen Lehrtypus in fortwährenden, schließlich für seine Wirksamkeit in Bern verhängnißvollen Conflikt mit seinen Collegen und Vorgesetzten. Schon während der Kappeler Kriege hatte M. die gemäßigte Haltung Berns auf der Kanzel mit einer solchen revolutionären Heftigkeit getadelt, daß er für einige Zeit im Amte stille gestellt wurde. Indessen gelang es damals bei Anlaß der bekannten Berner Synode von 1532 der Fürsprache Capito’s den Span beizulegen. Diese Freundlichkeit des elsässischen Theologen vermochte aber durchaus nicht den äußerst consequenten Zwinglianer M. freundlicher zu stimmen für die von Straßburg aus immer wiederkehrenden Unionsbestrebungen. Vielmehr benutzte er seinen neugekräftigten [177] Einfluß dazu, das mächtige Bern zu beharrlicher Renitenz gegen die Butzer’sche Concordie zu veranlassen. Nicht nur brachte er in seinem Katechismus (von 1536) die zwinglische Sacramentslehre in ihrer unverfälschten Gestalt für Stadt und Landschaft Bern zu officieller Geltung, sondern er eiferte in Colloquien und auf der Kanzel mit dem ihm eigenen Ungestüm gegen jegliche Concession an das Lutherthum und war weit zürcherischer als die Zürcher selbst. Da jedoch mittlerweile einige Freunde der Straßburger in Bern zu Ansehen gekommen waren und auch politische Erwägungen für die Concordie sprachen, so wurde zunächst im Mai 1537 den Parteien ihr ärgerliches Gezänke verwiesen und im Herbst desselben Jahres dem Unionisten Butzer Gelegenheit gegeben, seine Sache vor einer Synode zu Bern selbst zu führen. Butzer’s gewandte Darstellung erhielt denn auch in der That trotz Megander’s energischer Opposition den Sieg. Butzer durfte es sogar wagen, ohne sich mit M. ins Einvernehmen gesetzt zu haben, dessen Katechismus im Sinne der Concordie umzuarbeiten, und der Rath ertheilte am 6. November 1537 dieser neuen Gestalt des Megander’schen Lehrbuches die hoheitliche Approbation. Daß M., durch eine solche Rücksichtslosigkeit aufs Tiefste verletzt, sich weigerte, diesen Katechismus anzuerkennen und es vorzog aus dem bernischen Kirchendienst entlassen zu werden, ist begreiflich. Er kehrte noch Ende 1537 nach Zürich zurück, wo man ihm, auch in Anbetracht seiner Armuth, seine frühere Pfründe nie entzogen hatte und wohin sich seine Familie schon mehrere Jahre vorher aus der Unbehaglichkeit und Unsicherheit von Megander’s Stellung in Bern zurückgezogen hatte. Uebrigens scheint Megander’s treue Anhänglichkeit an Zwingli in Zürich fortwährend in hohem Grade anerkannt worden zu sein. Nach Zwingli’s Tode war er neben Bullinger in Vorschlag gewesen für die erledigte erste Pfarrstelle. Und als 1532 die Gegner der Reformation ihr Haupt erhoben und eine Wiedereinführung der Messe glaubten anregen zu dürfen, da trug ein energisches und schwungvolles Schreiben Megander’s an den Zürcher Rath wesentlich zur Ueberwindung solcher Reactionsgelüste bei. Als darum M. nach Zürich zurückkehrte, war bald ein Umschwung hinsichtlich der Concordie bemerkbar. Unter dem Einfluß des zum Archidiakonus und Chorherrn am Großmünster beförderten M. hütete Zürich das Erbe seines Zwingli wieder mit mehr Consequenz. Ueberdies erlebte es M. noch, daß auch Bern sich von den lutheranisirenden Einflüssen emancipirte und seinen Katechismus in der ursprünglichen Gestalt wieder zu Ehren zog. Der genaue Titel dieses bis in die neueste Zeit gebrauchten und mit Recht geschätzten Lehrbuches lautet: „Eyn kurtze aber christenliche Ußlegung für die jugend der gebotten gottes, des waaren christenlichen gloubens und Vatter Unsers mit eyner kurtzen erlüterung der Sacramenten, wie die zu Bären in Statt und Land gehalten. Durch Caspar Großman in fragswyß gestellt“ (Basel, Lux Schouber 1536). Außerdem besitzen wir von M. als reife Früchte seiner theologischen Lehrthätigkeit kurze lateinische Commentare zu den Briefen an die Galater (Zürich, Froschauer 1533), an die Epheser (Basel, Henric Petri 1534) und zu den Pastoralbriefen (Basel 1535). Auch hat er sich in namhafter Weise bei der Herausgabe von Zwingli’s Werken betheiligt.

Vgl. Wirz, Helvet. Kirchengesch.; Leu, Helvet. Lexikon IX; Zwingli’s Werke ed. Schuler und Schultheß VIII; Egli, Aktensammlung zur Gesch. der Zürcher Ref.; Mezger, Gesch. der deutschen Bibelübers. in der Schweiz; Hundeshagen, Conflikte; Weidling, Die Berner Kirchenreform; Stürler, Urkunden der Berner Kirchenreform; Berner Beiträge zur Gesch. der schweiz. Reformationskirchen.