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ADB:Menius, Justus

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Artikel „Menius, Justus“ von Julius August Wagenmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 354–356, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Menius,_Justus&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 01:55 Uhr UTC)
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Menius: Justus M. (Jost Menig), lutherischer Theolog des Reformationszeitalters, geb. am 13. Decbr. 1499 zu Fulda, † am 11. Aug. 1558 zu Leipzig. – Von ehrlichen, aber unbemittelten Eltern geboren, erhielt er seinen ersten Unterricht, wie man vermuthet, auf der Klosterschule zu Fulda, begab sich 1514 auf die Universität Erfurt, wo er sich dem von Konrad Mutian und Eoban Hessus geleiteten Humanistenbund anschloß; auch mit Crotus Rubianus und J. Camerarius war er näher befreundet. Nachdem er 1515 Baccal., [355] 1516 Magister geworden, ging er 1519 nach Wittenberg, wo er Luther und Melanchthon hörte und durch sie von dem trostlosen Skepticismus, dem er bisher gehuldigt, abgezogen und für die evangelische Reformation gewonnen wurde. Nach einem kurzen Aufenthalt in Fulda und einer 1521–22 unternommenen Reise nach Italien erhielt er eine Anstellung als Diaconus in Mühlberg bei Gotha, wo er sich verheirathete und sein erstes theologisches Werk, eine Erklärung der Apostelgeschichte, schrieb. Um die Zeit des Bauernaufruhrs verließ er seine Stelle wieder und zog nach Erfurt, 1524, wo er vom Rath als Pfarrer zu St. Thomä angestellt wurde. Hier entfaltete er eine rege Thätigkeit als Prediger und Schriftsteller, im Einklange mit dem Freunde Luther’s Johann Lange, aber auch im heftigen Kampf mit dem Erfurter Franciscaner Konrad Kling und andern Anhängern der alten Kirche. Als die Opposition sich steigerte, sah er sich schließlich genöthigt, Erfurt zu verlassen und nach Gotha zu gehen, wo sein Freund Friedrich Mykonius sich seiner annahm. Er gab hier Unterricht, schrieb seine „Oeconomia christiana, d. i. von christlicher Haushaltung“, die der Herzogin Sibylle von Sachsen dedicirt, von Luther mit einer Vorrede versehen und in der Folge mehrfach neu herausgegeben wurde (zuletzt Nürnberg 1855). Kurfürst Johann von Sachsen zog ihn 1527 auf Empfehlung der Wittenberger Reformatoren zum Geschäft der Kirchenvisitation in Thüringen (neben Melanchthon, Mykonius, v. Planitz) bei, und ernannte ihn 1529 zum Pfarrer und Superintendenten in Eisenach. Er ordnete hier mit Besonnenheit und Milde das Kirchen- und Schulwesen und wirkte 18 Jahre lang in Frieden und Segen. Besonders war er bemüht, die in Thüringen weit verbreiteten anabaptistischen Regungen auszurotten und schrieb zu diesem Zweck seine von Luther beifällig aufgenommene und bevorwortete Schrift: „Der Wiedertäufer Lehre und Geheimniß aus der h. Schrift widerlegt“, 1530, förderte das Schulwesen der Stadt und des Bezirks, gab eine verkürzte Redaction des Lutherischen Katechismus heraus, die sich in Thüringen theilweise bis ins 18. Jahrhundert im kirchlichen Gebrauch erhielt, schrieb Commentare zu biblischen Büchern, aber auch (anonym) eine satirische Schrift gegen seinen früheren Freund und Lehrer Crotus, der 1531 zur päpstlichen Kirche zurückgetreten war. Auch an auswärtigen Reformationshandlungen nahm er Theil: so 1529 am Marburger Gespräch, 1536 an der sog. Wittenberger Concordia, 1537 am Convent zu Schmalkalden (wo er jedoch nicht bis zum Ende blieb, weshalb die Artikel von Mykonius in seinem Namen unterschrieben sind), 1540 an den Religionsgesprächen zu Hagenau und Worms. Gegen Philipps Doppelehe schrieb er einen sehr entschieden ablehnenden Tractat, der aber auf kurfürstlichen Befehl nicht gedruckt werden durfte. Als nach dem Tode Herzogs Georg von Sachsen dessen Bruder Heinrich 1539 die Einführung der Reformation im albertinischen Sachsen in Angriff nahm, erhielt M. den Auftrag, das seit den Zeiten des Bauernkrieges in großer Verwirrung befindliche Kirchen- und Schulwesen in der Stadt Mühlhausen zu ordnen, was ihm denn auch in den Jahren 1542–44 gelang. Im J. 1546 verlor M. durch den Tod des Fr. Mykonius seinen treuesten Freund, erhielt aber auch ebendamit eine große Erweiterung seines Wirkungskreises, indem der Kurfürst Johann Friedrich neben der Eisenacher Inspection auch die Gothaer an M. übertrug und diesem Gotha zum Wohnsitz anwies. Hier arbeitete er zwölf Jahre lang mit gleichem Eifer und Erfolg, aber unter viel schwierigeren Verhältnissen als bisher, als gleich nach Mykonius’ und Luther’s Tod zuerst der schmalkaldische Krieg, die Mühlberger Schlacht und die Besetzung Gothas durch kaiserliche Truppen auch für ihn und seine Gothaer Gemeinde schwere Bedrängnisse herbeiführten, und als dann bald darauf mit dem Augsburger und Leipziger Interim die Lehrstreitigkeiten im Schooße der lutherischen Kirche begannen. [356] Von Mühlhausen, wohin er sich 1547 mit seiner Familie geflüchtet hatte, war er bald wieder nach Gotha zurückgekehrt und hier, trotz seiner wiederholten Erklärungen gegen das Interim, äußerlich unangefochten geblieben. Dagegen bekam er einen animosen Streit über den Taufexorcismus mit einem Diakonus Merula in Gotha 1552 und mußte 1552 über den Osiandrischen Streit nicht blos wiederholte Gutachten abgeben (das erste mit Schnepf und Strigel, das andere für sich allein), sondern auch 1553 zur Beilegung dieses Streites eine mühevolle aber vergebliche Reise nach Königsberg unternehmen. Schwerere Kämpfe noch, in denen nicht blos der Ruf seiner eigenen Rechtgläubigkeit gefährdet, sondern auch sein äußeres Lebensglück untergraben wurde, begannen für M. seit 1554, nachdem er den alten, eigensinnigen und unduldsamen Gnesiolutheraner Nikolaus von Amsdorf zum Collegen erhalten hatte. Zwar suchte M. den Frieden mit ihm zu erhalten, hielt mit ihm zusammen in Bekämpfung des Interims und des Osiandrismus, trat die Superintendentur über den Eisenacher Landestheil an ihn ab und wirkte mit bei einer thüringischen Kirchenvisitation. Amsdorf aber betrachtete M. mit Argwohn wegen seines Zusammenhangs mit den Wittenbergern und verlangte von ihm insbesondere eine ausdrückliche Verdammung der Lehre Georg Major’s (s. d.) von der Nothwendigkeit guter Werke zur Seligkeit. M. lehnte dies ab, da er Major’s Schriften gar nicht gelesen, seiner Lehre niemals zugestimmt habe, legte seine Stelle als Visitator nieder und übergab den übrigen Visitatoren zu seiner Rechtfertigung eine Reihe von 110 Sätzen, denen Amsdorf sofort eine noch längere Reihe von Gegenthesen gegenüberstellte. M. wurde beim Hofe verdächtigt und erhielt von Herzog Johann Friedrich dem Mittleren, der sich damals ganz und gar von den Gnesiolutheranern leiten ließ, eine Verwarnung. Um der ihm drohenden Verhaftung zu entgehen, entwich M. 1555 nach Halle, wurde vom Herzog seines Predigtamtes enthoben und auf den 5. Aug. 1556 zu einem Colloquium nach Eisenach vorgeladen. Nach längeren ziemlich erregten Verhandlungen erklärte sich M. zur Unterschrift der von Victorin Strigel ihm vorgelegten 7 Propositionen bereit, verweigerte jedoch den ihm von Amsdorf abverlangten Widerruf, da er niemals anders gelehrt habe. Aufs Neue für seine persönliche Sicherheit besorgt, legte er sein Amt in Gotha freiwillig nieder und ging nach Langensalza, von da nach Leipzig, wo er auch auf Melanchthon’s Empfehlung als Prediger an der Thomaskirche angestellt wurde (1557). Nachdem er mit seinen Gegnern, besonders mit Flacius und Amsdorf, noch einige heftige Streitschriften gewechselt, wurde er nach einem kurzen erbaulichen Krankenlager durch einen sanften Tod allem Streit und Leid entrückt den 11. August 1558. Melanchthon ehrte sein Andenken durch einen Trostbrief an seine Hinterbliebenen und durch eine werthvolle biographische Skizze, die er einer aus seinem Nachlaß herausgegebenen Predigtsammlung vorausschickte. Er hinterließ, wie es scheint, aus zwei Ehen mehrere Söhne, von denen einer, Eusebius, Lehrer der Philosophie in Wittenberg wurde und mit Melanchthon’s Enkeltochter Anna Sabinus sich verheirathete. Die zahlreichen Schriften des M., von denen die wichtigsten oben erwähnt wurden, sowie die Quellen für seine Lebensgeschichte sind vollständig verzeichnet in der ausführlichen Monographie von G. L. Schmidt, Justus Menius, der Reformator Thüringens, Gotha 1867, 2 Bde., womit zu vergleichen der Artikel von O. Schmidt in der theol. Real-Enc. 2. A. Bd. IX, S. 545 ff. und die übrige Litteratur zur Geschichte der Reformation und des protestantischen Lehrbegriffs.