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ADB:Pfefferkorn, Georg Michael

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Artikel „Pfefferkorn, Georg Michael“ von Albert Schumann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 619–621, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pfefferkorn,_Georg_Michael&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 14:57 Uhr UTC)
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Pfefferkorn: Georg Michael P., evangelischer Theolog und Kirchenliederdichter, geb. 1646 im eisenach’schen Amte Kreuzburg, wo sein Vater Georg P. († 1677) seit 1622 Pfarrer war, erhielt seine Vorbildung in Kreuzburg und auf dem gothaischen Gymnasium, an dessen Spitze damals Andreas Reyher stand, und lag dann in Jena und Leipzig den theologischen Studien ob. 1666 Magister geworden, übernahm er nach Vollendung derselben eine Informatorstelle in Altenburg, lehrte seit 1668 an den beiden obersten Klassen des dortigen Gymnasiums und trat 1673 in die Dienste des neuen Landesherrn, Herzog Ernst des Frommen, indem er wohl zuerst in Altenburg und hierauf in Gotha die drei jüngsten Söhne desselben unterrichtete. 1676 erhielt er durch den folgenden Herzog Friedrich I. das Pfarramt in Friemar und zugleich die Besorgung der Adjuncturgeschäfte in der Diöcese Molschleben, da der bisherige Inhaber an Altersschwäche litt. 1682 berief ihn der genannte Fürst nach Gräfentonna, dem Hauptorte der am 4. October 1677 von dem Grafen Christian Ludwig von Waldeck käuflich erworbenen Herrschaft Tonna. Am 3. Ostertage jenes Jahres (18. April a. St.) in sein Amt eingeführt, trat er auch in das aus früherer Zeit hier noch bestehende Consistorium ein, verwendete aber seinen Einfluß zu Gunsten seiner Verwandten, so daß sich der Herzog 1695 veranlaßt sah, die wichtigsten Rechte dieser Behörde dem Oberconsistorium in Gotha zu übertragen. Wegen zunehmender Erblindung mußte er seit 1721 einen Candidaten der Theologie als Gehilfen anstellen, worauf dann seit 1729 sein Schwiegersohn David Bernegger in dem gleichen Amte folgte. Bei seinem Tode am 3. März 1732 hinterließ er eine Wittwe und vier Kinder, war also nicht kinderlos, wie Fischer (a. u. a. O. I, 359) aus einem seiner geistlichen Lieder schließen will. Seine erste Gattin, Sibylle Polmann, die er 1672 in Altenburg geheirathet hatte, verlor er schon nach Jahresfrist bei der Geburt eines Sohnes; etwa zehn Jahre nachher verehelichte er sich wieder mit Judith Gutbier, [620] die ihm zwei Töchter und zwei Söhne schenkte. Der ältere Sohn, gleich dem Vater Georg Michael geheißen, starb am 26. October 1733 als Pfarrer zu Stutzhaus im Thüringer Walde. – Schon in jungen Jahren begann P. mit schriftstellerischen Arbeiten hervorzutreten. Einer Sammlung von Gedichten: „Poetische und philosophische Fest- und Wochenlust“, die bereits 1666 erschien und ihm den Titel eines kaiserlichen gekrönten Poeten eintrug, ließ er noch folgen: „Anweisung zur Verskunst“ (1669); „Jesuitischer Guckucksruf, oder 15 Religionsfragen bei dem Abfall der schwedischen Königin Christina“ (1671); „Etlicher Lutheraner, wie auch widriger Religionsverwandten, als Papisten, Calvinisten, Türken und Heiden, gute Urtheile von Luthern, seiner Lehre und Schriften“ (1671; „am andern evangelisch-lutherischen Jubelfeste in etwas vermehrt herausgegeben“ 1717); „Leichenabdankungen“ (1672, 1677 und 1689); „Merkwürdige und Auserlesene Geschichte von der berümten Landgrafschaft Thüringen“ (1684; wiederholt 1685), die zwar eine unkritische Zusammenstellung ist, aber wegen ihres Reichthums an Anekdoten gern gelesen wurde und deren zweite Ausgabe Zedler und Rotermund irrig einem Namensvetter, dem Superintendenten Joh. Adolf P. in Kranichfeld († 1698), zugeschrieben haben; „Kurze Anweisung zu deutschen Leichenreden“ (1690 und 1705); „Pleißnische Ehrenkränze“ (1701), sowie noch mehrere kleinere Einzeldrucke. – Dauernder und bis auf unsere Zeit hat sich sein Name durch vier Kirchenlieder erhalten, von denen besonders das erste in zahlreiche Liedersammlungen übergegangen ist: „Was frag’ ich nach der Welt | Und allen ihren Schätzen“ (8 Strophen); „Ach, wie betrübt sind fromme Seelen | Allhierin dieser Jammerwelt“ (7 Strophen); „Mein Gemüth, wie so betrübt, | Was ist’s, das dich traurig macht“ (5 Strophen) und: „Ich will durch mein ganzes Leben | Stets mit dem zufrieden sein“ (7 Strophen). Endlich hat P. auch das bekannte Lied: „Wer weiß, wie nahe mir mein Ende“ als sein Eigenthum in Anspruch genommen, und es ist deshalb im vorigen Jahrhundert ein heftiger Streit geführt worden, von dem hier nur in möglichster Kürze gehandelt werden kann. – Nachdem das Lied zuerst anonym im Rudolstädter Gesangbuch von 1688 erschienen war, wiederholten es andere Liedersammlungen anfangs ohne Namen, bald darauf aber (Saalfelder Gesangbuch von 1698) mit demjenigen der Gräfin Aemilie Juliane von Schwarzburg-Rudolstadt (s. A. D. B. I, 127); 1710 schreibt es das Zwickauer Gesangbuch dem Geheimenrath und Kanzler Veit Ludwig von Seckendorf zu; 1714 wird zum ersten Male Pfefferkorn’s Name genannt und zwar infolge eines von diesem an den Hymnologen Joh. Avenarius in Schmalkalden gerichteten und in dessen „Liederkatechismus“ (1714) veröffentlichten Schreibens, in welchem er die in dem „Schwartzburgischen Denkmahl einer Christ-Gräflichen Lammes-Freundin“ (1707) inzwischen geäußerte Behauptung, daß Aemilie Juliane die Verfasserin sei, bestritt und erklärte, daß er das Lied nach dem plötzlichen, auf der Jagd erfolgten Tode des Herzogs Johann Georg von Sachsen-Eisenach und auf Anregung des genannten v. Seckendorf im October 1686 gedichtet habe. Dieses Schreiben beantwortete noch im gleichen Jahre der Vorbericht zu „Der Freundin des Lammes Geistlicher Brautschatz“, indem er die Ansprüche der Gräfin nachdrücklich und mit einleuchtenden Gründen vertheidigte. Da bei der Fortsetzung des Streites von keiner Seite neues Material beigebracht wurde, so kann hier dessen weiterer Verlauf übergangen und einfach auf die unten verzeichneten Quellen verwiesen werden. Daß aber nicht P., sondern die Gräfin das Lied verfaßt hat, ergiebt sich zweifellos aus deren eigenhändiger, in der Geraer Kirchenbibliothek verwahrten und von zuverlässiger Hand beglaubigten Niederschrift mit dem Datum: „Neuhaus d. 17. Sept. 1686“, nach welchem also das Lied zu der Zeit, da es P. gedichtet haben [621] wollte, bereits vorhanden war. Wenn es noch eines ferneren Beweises für das gute Recht der Gräfin bedürfte, so könnte auch an denjenigen Pasig’s (s. unten) erinnert werden, der auch aus inneren Gründen, d. h. aus dem ganzen Ton und dem sprachlichen Ausdrucke des Liedes, überzeugend dargelegt hat, daß letzteres keinem anderen Verfasser als der Gräfin zugehören kann.

Wetzel, Histor. Lebens-Beschreibung II, 293–307. – Zedler’s Universal-Lexikon. 27. Bd. Sp. 1322. – Jöcher u. Rotermund zu Jöcher. – (J. G. Brückner,) Kirchen- und Schulenstaat im Herzogth. Gotha. II. Thl. 2. Stück. Gotha 1758. S. 43; III. Thl. 4. Stück. (1761.) S. 80–82. – Hirsching, Histor.-litterar. Handbuch. 7. Bd. 2. Abthl. S. 116. – Ersch u. Gruber’s Encyklopädie. (Von H. A. Eberhard.) – Goedeke, Grundriß II, 526. – A. Beck, Ernst der Fromme. 2. Thl. Weimar 1865. S. 52. – C. Kehr, Der christl. Religionsunterricht in der Volksschule. 2. Aufl. 2. Bd. Gotha 1870. S. 359. – Koch, Geschichte d. Kirchenlieds. 4. Bd. S. 63 bis 65 u. 567. – Fischer, Kirchenlieder-Lexikon. 2. Hälfte. S. 462b-463a u. unter den einzelnen Liedanfängen. – Vgl. auch J. G. A. Galletti, Geschichte d. Herrschaft Tonna. Tonna 1777. S. 65 u. Geschichte u. Beschreibung d. Herzogth. Gotha. 4. Thl. Gotha 1781. S. 118. – Chr. H. Lorenz, Geschichte d. Gymnasiums zu Altenburg. Altenb. 1789. S. 278. – Ueber das Lied: „Wer weiß, wie nahe mir mein Ende“ s. J. L. Pasig, Der Gräfin Aemilie Juliane von Schwarzburg-Rudolstadt geistl. Lieder. (A. u. T.: Geistliche Sängerinnen d. Christl. Kirche deutscher Nation, hrsg. v. Wilh. Schircks. 1. Heft.) Halle 1856. S. XXIII-XXXI – R. Lauxmann bei Koch a. a. O. 8. Bd. S. 637–646. – Fischer a. a. O. II, 365b bis 369b.