ADB:Philipp II. (Markgraf von Baden-Baden)
Philibert im October 1569 in den Hugenottenkämpfen Frankreichs ein frühes Ende fand. Da seine ebenfalls schon todte Mutter, die Markgräfin Mechtild, eine bairische Prinzessin gewesen war, gelang es deren Bruder Herzog Albrecht V. und seiner Mutter, der Herzogin Jakobea, bei Kaiser Maximilian II. durchzusetzen, daß ihnen beiden und dem Grafen Karl von Hohenzollern die Vormundschaft über P. und seine drei ebenfalls noch unmündigen Schwestern übertragen wurde, und die Ansprüche des Markgrafen Karls II. von Baden-Durlach und seines Vetters, Markgraf Christophs von Rodenmachern, des Bruders Philiberts, auf die Vormundschaft unberücksichtigt blieben. Als das Hauptziel, das diese bairische Vormundschaft verfolgte, erwies sich alsbald die Rekatholisirung der unter Markgraf Philibert dem Protestantismus fast gänzlich gewonnenen Markgrafschaft Baden-Baden. Die spärlichen Reste des katholischen Glaubens im Lande selbst dienten dabei als Ausgangs- und Stützpunkte. Da sich hierbei jedoch bald der [760] Einspruch der beiden genannten protestantischen Markgrafen Karl und Christoph als äußerst lästig erwies, so bewirkte Herzog Albrecht beim Kaiser schon im August 1571 die Majorennitätserklärung des jungen P. Natürlich konnte von einer wirklichen Uebernahme der Regierung durch den erst zwölfjährigen Fürsten auch jetzt nicht die Rede sein. Nach einem kurzen Aufenthalt verließ er Baden und begab sich für längere Zeit nach Ingolstadt, wo der Propst Martin Eisengrün und die Jesuiten seine weitere Erziehung übernahmen. Der bairische Graf Otto Heinrich von Schwarzenberg führte die Regierung wie bisher im Namen der Vormundschaft, so jetzt in dem des Markgrafen weiter. Die Rekatholisirung, geleitet von dem bairischen Hofprediger und Jesuitenpater Georg Schorich, machte rasche Fortschritte. Die evangelischen Prädicanten mußten auwandern, die protestantischen Beamten katholischen weichen; vor allem wurden die markgräflichen Rathstellen von den Protestanten gesäubert. Der Widerstand im Volk war im ganzen unbedeutend; wo er größeren Umfang anzunehmen drohte, da genügten Gewaltmaßregeln, meistentheils auch nur Drohungen, um ihn rasch zu unterdrücken. Als Schorich Ende 1573 starb, konnte die Rekatholistrung wenigstens äußerlich für vollendet gelten. Aber freilich nur äußerlich; insgeheim zählte die evangelische Lehre noch manche Anhänger, und P. selbst blieb, als er endlich die Regierung thatsächlich antrat, noch genug zu thun übrig, um die neuen Einrichtungen zu befestigen und ihre Alleinherrschaft zu sichern. 1577 errichtete er nach baierischem Muster ein aus drei geistlichen und drei weltlichen Räthen zusammengesetztes, unter der Leitung des Grafen v. Schwarzenberg stehendes Consistorium, das ohne Beirath der viel zu gelinden Bischöfe von Straßburg und Speier Kirchenvisitationen anordnete, verdächtige Geistliche einsperrte oder abschaffte. Aber trotz aller Maßregeln gelang es doch nur ganz allmählich, die protestantisch gesinnten Elemente vollständig zu unterdrücken. Das beweisen deutlich Thatsachen wie die, daß noch nach 1581 der markgräfliche Hofprediger Dr. Franz Born von Madrigal durch eine päpstliche Bulle die Erlaubniß erhielt allen denen, die ihre Ketzerei abschwuren und zur Einheit der katholischen Kirche zurückkehrten, alle Pönitenzen zu erlassen. Die Jesuiten hatten in Markgraf P. einen ganz besonderen Gönner und Freund. Er unterstützte ihre Versuche, sich der Benedictinerabteien Schwarzach und St. Trudbert zu bemächtigen. Er reiste selbst nach Rom und erwirkte von Papst Gregor XIII. eine Bulle, durch welche die Umwandlung der Abtei Schwarzach, deren Abt Kaspar Brunner vor den Anfeindungen der Jesuiten hatte weichen müssen, in ein Jesuitenseminar befohlen wurde, konnte freilich dann doch nicht die Ausführung dieses Befehles gegen den vereinten Widerstand des Erzbischofs von Mainz, des Bischofs von Straßburg und des Reichskammergerichts durchsetzen. Seine kirchliche Gesinnung hielt ihn übrigens weder ab, seine landesherrlichen Rechte auch gegen Klöster mit Entschiedenheit geltend zu machen, wie das sein Verhalten gegen Frauenalb und Reichenbach bewies, noch auch in seinen Verordnungen hin und wieder auf rein kirchliches Gebiet überzugreifen, wie das z. B. geschah, als er den Pfarrern seines Landes den Befehl ertheilte, fürderhin nur noch nach dem, auf seine Anordnung gedruckten Katechismus den Unterricht in der Religion zu ertheilen und die Ausführung dieses Befehls durch seine weltlichen Beamten überwachen ließ. In Bezug auf seine übrige Regierung verdient vor allem seine gesetzgeberische Thätigkeit Beachtung. Er hat nicht nur nach würtembergischem Muster ein seine eigenen wie seiner Vorgänger Verordnungen in fünf Haupttheilen umfassendes Landrecht ausarbeiten lassen, das 1588 vollendet, jedoch nicht durch den Druck publicirt worden ist, sondern er hat auch während seiner ganzen Regierung durch eine Menge von Erlassen, die sich auf fast alle Gebiete des öffentlichen Lebens erstreckten, von sich aus in die verwirrten Zustände des [761] Landes Ordnung zu bringen gesucht. Handwerkerordnungen folgen im bunten Wechsel auf umsassende Vorschriften, wie man der Pest begegnen solle, auf polizeiliche Maßregeln gegen das Umsichgreifen des Bettler- und Landstreicherunwesens, auf Forstedicte u. s. w. Als 1586 zur Stärkung der katholischen Kirche in der Stadt Baden bei dem Stifte daselbst ein Seminar errichtet worden war, in welchem junge Leute aus der Markgrafschaft studiren sollten, erging an die einzelnen Amtleute ein markgräflicher Befehl, aus jedem Amte einen tauglichen Jungen sich zu verschaffen, der dann in studio auferzogen und was Essen und Trinken belangt, keinen Mangel haben solle. 1583 führte P. den gregorianischen Kalender in seinem Lande ein, während in der protestantischen Markgrafschaft Baden-Durlach der julianische auch noch fürderhin beibehalten wurde. P. war ausgezeichnet durch eine rege Vorliebe für Kunst und Wissenschaft. In Baden ließ er das Schloß, das einst Markgraf Christoph I. gebaut hatte, durch ein neues prächtigeres ersetzen. Die Musik liebte er sehr und suchte erprobte Musiker an seinen Hof zu ziehen. In seinem Nachlasse fand sich eine ganze Sammlung der verschiedenartigsten Musikinstrumente. 1585 schickte er zusammen mit Markgraf Ernst Friedrich von Baden-Durlach einen Gesandten nach Venedig, der mit Unterstützung des Dogen in den Klöstern und Archiven Veronas nachforschen und nachforschen lassen sollte, wann und wie lange die badischen Fürsten die Markgrafschaft Verona besessen hätten, was während ihrer Regierung Denkwürdiges vorgefallen und anderes mehr. Schon 1584 hatte er mit Rücksicht darauf, daß schon längst die Markgrafschaft Hachberg mit der Markgrafschaft Baden verbunden war, sich zu dem Titel eines Markgrafen von Baden, auch den eines Markgrafen von Hochberg[WS 1] beigelegt, nachdem er dazu die Einwilligung der beiden Markgrafen Ernst Friedrich und Jakob III. von Baden-Durlach erlangt hatte, denn die Markgrafschaft Hachberg befand sich seit der Spaltung des Hauses Baden in zwei Linien im Besitze der Durlachischen Linie. P. starb am 11. Juni 1588 in der Blüthe seiner Jahre. Durch eine verschwenderische Hofhaltung, kostspielige Bauten, ausgedehnte Reisen nach Italien, nach den Niederlanden u. s. w., durch seine Betheiligung am Kölner Bisthumstreit hatte er allmählich eine ungeheuere Schuldenlast auf sein Land gehäuft, die mit der Regierung auf seinen Vetter und Nachfolger Markgraf Eduard Fortunat von Rodenmachern (P. war unvermählt gestorben) überging, der sich freilich der ihm daraus entstehenden Aufgabe nicht gewachsen zeigte und seine Unfähigkeit bald mit dem Verluste seines Landes büßen mußte.
Philipp II., Markgraf von Baden-Baden, war am 19. Februar 1559 geboren. Er war erst wenig über 10 Jahre alt, als sein Vater- Vierordt, Geschichte der evangelischen Kirche in dem Großherzogthum Baden I. u. II. – Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins XXIV. u. XXX. – Archivalisches Material außer im Generallandesarchiv in Karlsruhe hauptsächlich auch im Bairischen Reichsarchiv in München, Abtheilung Baden A.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ so in der Vorlage