ADB:Piscator, Johann
Marbach’s, da er in den Verdacht gekommen, zwinglische Lehre in der Stadt einzuführen, verabschiedet. In Heidelberg wirkte er hierauf von 1574–1577, da ihn die lutherische Reaction Ludwigs VI. vertrieb, als Lehrer der Physik. Bei dem bisherigen pfälzischen Großhofmeister, dem Grafen Ludwig von Sayn und Wittgenstein, zu dem sein Freund Olevian gezogen, suchte er eine Zufluchtsstätte. Durch dessen Empfehlung an den Grafen Johann zu Dillenburg wurde er von diesem als Lehrer seiner Söhne und anderer junger Herren an der Hofschule daselbst angenommen. Von da folgte P. einem Rufe nach Neustadt an der Haardt, von wo er an das durch Adolph von Neuenaar zu Mörs errichtete Gymnasium als Conrector vocirt wurde. Als aber 1583 die Pest und der kölnische Krieg die Anstalt auflösten, fand P., nachdem er einige Zeit in der Pfalz in vergeblicher Hoffnung einer [181] Anstellung zugebracht, einen neuen Wirkungskreis an der durch genannten Grafen Johann 1584 neugegründeten Hohen Landesschule zu Herborn als Professor der Theologie. In solcher Eigenschaft war er bis an sein Ende thätig und zog zweimal mit dieser Schule in Pestzeiten nach Siegen und von da wieder zurück nach Herborn. Mehrere Male hat er auch das Rectorat an derselben geführt. Sein Hauptfach war die Exegese, in welcher er für seine Zeit auch Großes geleistet hat; wie seine immer noch schätzbaren Commentarii zu sämmtlichen Büchern der heiligen Schrift Alten und Neuen Testaments bezeugen. Außer denselben hat er sich auch in weiteren Kreisen bekannt gemacht durch sein Bibelwerk, eine populär gehaltene Auslegung der heiligen Schrift, welche er zugleich nochmals aus dem Urtexte übersetzte. Zu dieser Arbeit wurde er durch seinen Landesherrn bestimmt. Die erste Ausgabe erschien zu Herborn 1602 und 1603 in drei Quartbänden, die zweite 1604 und 1605. Im Kanton Bern, am Niederrhein und anderwärts war diese Uebersetzung lange Zeit im kirchlichen Gebrauche. Wegen seiner Uebersetzung der Stelle Matth[WS 1]. 8, 12 – „ich sage euch: Wann diesem Geschlechte ein Zeichen wird gegeben werden, so strafe mich Gott“, nannten die Lutheraner seiner Zeit diese Bibel spottweise die Strafmichgott-Bibel. Auch fochten sie diese heftig an. Noch mehr Aufsehen erregte die subjective Lehre des P., daß nur der leidende Gehorsam Christi, nicht auch der thätige, den Gläubigen zugerechnet würde. Manche reformirte Theologen tolerirten sie zwar, andere aber, besonders die französischen, griffen sie heftig an und verwarfen sie auf der Synode zu Gap als Irrlehre. P. war ein sehr fruchtbarer Schriftsteller, der nicht bloß verschiedene theologische Disciplinen bearbeitet, sondern auch mehrere Schriften philosophischen Inhalts geschrieben hat. In der Philosophie war er ein entschiedener Anhänger des Franzosen Ramus. Ein Verzeichniß seiner sehr zahlreichen Werke findet sich in der unten angeführten Zeitschrift.
Piscator: Johannes P., Magister, reformirter Theologe, ausgezeichneter Exeget und Bibelübersetzer, geb. am 27. Mai 1546 zu Straßburg im Elsaß, † am 28. Juli 1625 zu Herborn. Auf der Schule seiner Vaterstadt empfing er seine Vorbildung. Karl Mieg, einer seiner Lehrer, latinisirte seinen Namen Fischer in Piscator. Gern wäre er nach Wittenberg gegangen, aber wegen des daselbst herrschenden Zwinglianismus besuchte er die Universität Tübingen. Nach Beendigung seiner akademischen Studien wurde er zum Professor in Straßburg berufen, aber bald durch die Bemühungen- Bayle, Diction. – Oratio funebr. in obit. Piscatoris a G. Pasore. Herb. 1625. – Christliche Leichpredigt von J. J. Hermann. Herb. 1625. – Illgen’s Zeitschrift für hist. Theol. f. 1841. 4. Heft. – Herzog, Realencycl. – E. Uhse, Leben der berühmten Kirchenlehrer. – Rose, A new general biogr. dictionary. Vol. XI. – Cuno, Johann der Aeltere von Nassau-Dillenburg. Halle 1869[WS 2]. – Baumgarten, Nachr. v. merkw. Büchern, 5. Bd. – Cuno, Blätter der Erinnerung an Dr. Casp. Olevianus, S. 114.