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ADB:Planck, Carl Christian

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Artikel „Planck, Karl Christian“ von Carl von Prantl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 26 (1888), S. 228–231, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Planck,_Carl_Christian&oldid=- (Version vom 20. November 2024, 05:45 Uhr UTC)
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Planck: Karl Christian P., geb. am 17. Januar 1819 in Stuttgart, † am 7. Juni 1880 in der württembergischen Irrenanstalt Winnenthal, Sohn eines Hofkammerrevisors, kam 1824 zu seinem Großvater nach Großbottwar bei Marbach, wo er den Elementarunterricht erhielt und auch die Lateinschule besuchte; letzteres setzte er in Blaubeuren fort, wohin sein Vater (1830) als Cameralverwalter versetzt worden war. Im J. 1832 trat er in das geistliche Seminar zu Schönthal im Jaxtkreise ein, wo sich bereits seine Neigung zu einem abgeschlossenen in sich gekehrten Dasein kund gab; von 1836 an studirte er an der Universität Tübingen Theologie und Philosophie, in welch letzterer er besonders durch Reiff von dem damals herrschenden Systeme Hegel’s abgelenkt wurde. Nachdem er 1840 mit einer Abhandlung „Charakteristik der Völker der neueren Zeit“ promovirt hatte, trat er im Mai 1841 eine Reise an, welche ihn über Heidelberg, Bonn und Göttingen nach Berlin führte, wo er bei Vatke hörte und Marheineke kennen lernte; in Dresden beschäftigte er sich mit Kunststudien, und hierauf in die Heimath zurückgekehrt, wurde er (Mai 1842) Diaconatsverweser in Blaubeuren, übernahm dann (Herbst 1843) die Stelle eines Repetenten in Maulbronn, von wo er im August 1844 als Repetent an das Tübinger Stift kam. Einen mächtigen Einfluß übte auf ihn das berühmte Haupt der Tübinger Schule, Ferd. Christ. Baur (s. A. D. B. II, S. 172 ff.) aus, dessen Schrift „De Ebjonitarum origine“ auch die Veranlassung zu einer von P. bereits 1839 bearbeiteten Preisaufgabe über „die Einheit des historischen und des idealen Christus“ gewesen war, woran sich (1840 f.) Aufsätze Planck’s in den Hallischen Jahrbüchern und in den Berliner Jahrbüchern f. wiss. Kritik, insbesondere aber seit 1843 zahlreiche Beiträge zu Zeller’s theologischen Jahrbüchern anreihten, deren kritischer Richtung er sich lebhaft hingab. Auch hielt er seit 1846 philosophische Vorträge im Stifte, bis er sich im März 1848 als Privatdocent an der Universität habilitirte, wo er bis 1852 außer den üblichen Vorlesungen über sog. theoretische und praktische Philosophie auch über Religionsphilosophie und über Kunstmythologie las; seine äußere Lage war dadurch erträglich, daß er im September 1848 als Schwegler’s Nachfolger Stiftsbibliothekar geworden war. In jene Jahre nun fiel die Ausarbeitung seines Hauptwerkes „Die Weltalter, 1. Thl. System des reinen Realismus“ (1850); 2. Thl. „Das Reich des Idealismus oder zur Philosophie der Geschichte“ [229] (1851). Nach seiner ganzen scharf ausgeprägten Eigenthümlichkeit beabsichtigte er dabei nichts geringeres, als eine beglückende Weltverbesserung; zerfallen mit der Zeitströmung der Philosophie, zerfallen auch, – um seine eigenen Worte zu gebrauchen – mit der abgelebten Theologie und der absterbenden Kirche, sowie zerfallen mit der mechanischen Naturerklärung und der materialistischen Gesinnung der Menschen glaubte er in der Tiefe seines Gemüthes eine Wahrheit erfaßt zu haben, durch welche eine durchgreifende Umgestaltung des religiösen Bewußtseins, desgleichen des Staates und der Gesellschaft begründet werden sollte. Die Philosophie, meinte er, müsse realistisch werden und vom Boden der Natur und Wirklichkeit aus das gesammte geistige Leben nicht bloß begreifen, sondern auch praktisch gestalten, so daß sich eine universelle geistige und bürgerliche Wiedergeburt des gesunkenen und veräußerlichten Völkerlebens ergebe. So entwickelt er einen höchst eigenartigen phantasievollen Monismus, welcher in einen praktischen Idealismus ausläuft. Er faßt die Natur als eine Unendlichkeit, in welcher die Entwickelung eines innerlich immanenten Principes als centrale Zweckthätigkeit einen Proceß der Individualisirung von den Weltkörpern an bis zu der den Schlußstein bildenden Menschheit hervorrufe. Das Entwickelungsgesetz sei, daß alle Besonderung aus einer ursprünglichen undifferenzirten Concentrirung entspringe, auf welche eine selbständige innerliche Concentrirung folge, indem von Stufe zu Stufe ein individuelles Theilstreben in seinen Einheitsformen sich schließlich zu einem geistig universellen über alles Theilleben erhabenen Bewußtsein gestalte. So gelangt er von einem geistreichen Spiele mit den Begriffen Schwere, Wärme, Licht, Chemismus, Electricität, wobei wir an die trübsten Zeiten der Naturphilosophie erinnert werden, zur Entstehung der Organismen und dann zur Anthropologie und Psychologie, worauf die Erörterung der ausschließlich ethisch gefaßten Religion, dann die praktischen Geistesformen in Recht und Staat, zuletzt aber die theoretischen in Kunst und Wissenschaft folgen. Die den zweiten Theil bildende Philosophie der Geschichte betrifft nur die Entwickelung der religiösen Ideen und enthält weitgreifende Combinationen, welche auf geistreichen, aber unsicheren Voraussetzungen beruhen. Der Schluß deutet auf die Versöhnung des Gegensatzes zwischen naturloser religiöser Jenseitigkeit und materieller Verweltlichung hin, indem eine vollendete Einigung des geistig sittlichen Centrums mit den menschlich natürlichen Aufgaben die Ueberwindung der jetzigen Culturformen mit sich bringen werde. Da dieses Werk Planck’s durch eine schwer verständliche Darstellungsform abstoßend wirkte und auch der Inhalt wegen der Eigenart der grundsätzlich mitspielenden Phantasie und in Folge mannigfacher sichtlicher Mißgriffe wenig Anziehungskraft haben konnte, so ist es erklärlich, daß das Ganze keine Beachtung, geschweige denn Anerkennung, ja nicht einmal eine nennenswerthe Bekämpfung fand, was dem Verfasser bei seinem hochgradigen Selbstbewußtsein bleibenden Schmerz bereitete. Wenn er einmal sagt, er habe gethan, was Keiner vor ihm vermocht, so ist dies im gewissen Sinne richtig, aber einen peinlichen Eindruck macht es, wenn er in den Vorreden späterer Schriften sich öfters als den Stein bezeichnet, welcher von den Bauleuten verworfen zum Ecksteine geworden, oder sogar einmal (1871) sich den nationalen Messias des deutschen Volkes nennt. Mit rührender Zähigkeit wiederholte er in einer Anzahl von Einzelndarstellungen seine Ansichten, häufig im gleichen Wortlaute, immer aber mit dem gleichen Erfolge. So gab er bereits 1852 in seinem „Katechismus des Rechts oder Grundzüge einer Neubildung der Gesellschaft und des Staates“ eine ausführliche Entwickelung eines schon in dem Hauptwerke behandelten Gegenstandes; indem er, ähnlich wie weiland Augustinus, meinte, das bestehende Recht diene im Gegensatze gegen das natürliche Grundeigenthumsrecht [230] aller nur zum Schutze einer ungehemmten Erwerbsfreiheit und fördere hiermit die entfesselten materiellen Neigungen der Einzelnen, zeigte er allerdings, daß ihm Rechtsphilosophie überhaupt fernliege; aber behufs der von ihm erstrebten Wiedergeburt glaubte er eine Panacee in der Forderung entdeckt zu haben, daß jede Arbeit nicht blos als Erwerb, sondern als ein Beruf gelte, welchen der Einzelne in der Gesammtheit mit deren Hilfe zu deren Zwecken übernehme, und zwar solle dies durch concentrische Kreise von Berufsgenossenschaften verwirklicht werden, welche von den Gemeinden beginnend sich schließlich zu einer alle Nationen umfassenden allgemeinen Menschheitsgesellschaft erweitern. – Da er keine Aussicht hatte, eine Professur der Philosophie zu erhalten, stellte er seine Vorlesungen ein und gab sich zwei Jahre hindurch dem Studium der Philologie hin; bald nach bestandener Staatsprüfung wurde er im December 1854 am Gymnasium zu Ulm angestellt, worin er allerdings keine innere Befriedigung fand, bis ihm (1859) an der Oberclasse der Unterricht in philosophischer Propädeutik und deutscher Litteraturgeschichte übertragen wurde, in welchen Fächern er sehr anregend wirkte. Neben zahlreichen Beiträgen zu verschiedenen Zeitschriften vertrat er seine naturphilosophischen Ansichten durch „Grundzüge der genetischen Naturwissenschaft“ (1862) und „Grundlinien einer Wissenschaft der Natur“ (1864), woran sich noch ein späteres Programm „Grundzüge der organischen Naturansicht“ (1869) anreihte. Die Ereignisse des J. 1866 erschütterten die Tiefe seines Gemüthes, und es drängte ihn, seine Ueberzeugung durch öffentliche, heftig gegen Bismarck gerichtete Vorträge (gedruckt 1866) kund zu geben, womit auch die Schrift „Süddeutschland und der deutsche Nationalstaat“ (1868) zusammenhing. Auf einem völlig anderen Gebiete bewegte sich „Jean Paul’s Dichtung im Lichte unserer nationalen Entwickelung“ (1867), worin er die Abstufungen der Grundeigenthümlichkeit des Romantikers darzustellen versuchte. Die Versetzung von Ulm hinweg an das Seminar zu Blaubeuren (1869) brachte ihm theilweise Befriedigung, wenn es ihn auch schmerzte, daß das später erledigte Ephorat der Anstalt einem Jüngeren übertragen wurde. Auch fand er hier genügende Muße zur Veröffentlichung einer Reihe von Schriften. Zunächst wiederholte er in „Gesetz und Ziel der modernen Kunstentwickelung im Vergleiche mit der antiken“ (1870) aus dem früheren Hauptwerke seine phantasievollen Erörterungen über das Wesen der Kunst; hierauf folgte „Seele und Geist oder Ursprung, Wesen und Thätigkeitsform der psychischen und geistigen Organisation“ (1871), worin er seine alten naturphilosophischen und anthropologischen Ansichten wieder aufnahm und in fühlbar mystischer Färbung ins Breiteste ausführte. Eine leidenschaftliche Polemik führte er in „Wahrheit und Flachheit des Darwinismus, ein Denkstein zur Geschichte heutiger deutscher Wissenschaft“ (1872) lediglich darum, weil die Entwickelungslehre der Naturwissenschaft eine anderartige ist, als die seinige. Die letztere abermals zu wiederholen nahm er Veranlassung in seinem „Grundriß der Logik als kritische Einleitung zur Wissenschaftslehre“ (1873), welcher in verstärkter Dosis wieder auflebte als „Logisches Causalgesetz und natürliche Zweckthätigkeit, zur Kritik aller kantischen und nachkantischen Begriffsverkehrung“ (1877). Dazwischen erschien eine deutsche Uebersetzung des Platonischen Parmenides (1874) und ein Leitfaden „Anthropologie und Psychologie“ (1874). Zur Säcularfeier der Tübinger Universität schrieb er „Ziel und Entwickelungsgesetz der alten Philosophie“ (1877). Auch setzte er seine lebhafte Betheiligung an einer Menge von Zeitschriften bis 1879 fort. Sehr schmerzlich empfand er es, als (1877) die durch Reiff’s Rücktritt erledigte Professur ihm nicht übertragen wurde, und tief verstimmt über den steten Mangel an Anerkennung arbeitete er ein Manuscript „Testament eines Deutschen“ aus (nach seinem Tode herausgegeben von [231] K. Köstlin, 1881), in welchem er im Wesentlichen unter veränderter Reihenfolge all dasjenige noch einmal zusammenfaßte, was er früher geschrieben hatte. Die Schlußworte seiner Vorrede aber deuten bereits auf psychische Veränderungen hin. Die Stelle eines Ephorus am Seminare zu Maulbronn, welche ihm im August 1879 übertragen wurde, bekleidete er nur sehr kurze Zeit, denn als er von einer Ferienreise, welche ihn bis Neapel führte, zurückgekehrt war, befiel ihn im Spätherbste ein Nervenleiden, welches ihn nöthigte, um Enthebung zu bitten. Er begab sich nach Stuttgart, von wo er aber bald, da tiefe Schwermuth und fixe Ideen über ihn hereinbrachen, nach Winnenthal gebracht werden mußte, wo ihn der Tod erlöste. Begraben wurde er in Stuttgart.

Zur Erinnerung an K. Chr. Planck (1880). K. Köstlin in der Allg. Zeitung, Beilage v. 21. Oct. 1880. – Die Schrift von Ad. Gubitz „K. Chr. Planck, Halbes und ganzes Recht“ (1885), enthält nur Wiederabdrücke einzelner Stellen und mehrerer in Zeitschriften erschienenen Aufsätze Planck’s.