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ADB:Rabenhaupt von Suche, Karl Freiherr

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Artikel „Rabenhaupt von Suche, Karl Freiherr“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 27 (1888), S. 85–87, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rabenhaupt_von_Suche,_Karl_Freiherr&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 12:39 Uhr UTC)
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Rabenhaupt: Karl Freiherr R. v. Suche oder Sucha, am 6. Jan. 1602 in Böhmen geboren, in der Lehre der Hussiten erzogen und ein eifriger Bekenner des evangelischen Glaubens, verließ um der Religion willen im Jahre 1620 sein Vaterland und diente zuerst unter dem Markgrafen von Jägerndorf in der Lausitz, wo er im Herbst dieses Jahres an der Vertheidigung von Bautzen gegen Kurfürst Johann Georg von Sachsen theilnahm, welchem die Stadt, nachdem Oberst Lagerspee sie seit dem 13. September wacker behauptet hatte, sich am 3. October ergeben mußte. Nach mancherlei Kreuz- und Querzügen kam er in die Niederlande, bildete sich unter den oranischen Fürsten in der Kriegskunst weiter und studirte mit Eifer die militärischen Wissenschaften; zu arm, um Bücher zu kaufen, lieh er dieselben. 1626 zeichnete er sich unter Graf Ernst Kasimir bei der Belagerung von Grol aus und ward zum Lieutenant befördert. Bei der Belagerung von Rheinberg lernte Fürst Radziwill ihn kennen und wollte ihn mit nach Polen nehmen; R. entschied sich aber für den Dienst des Landgrafen Wilhelm von Hessen-Cassel, welcher ihm gleichfalls Anerbietungen gemacht hatte, und erscheint hier zuerst Ende 1633 als Oberstlieutenant und Commandeur des früher von Schaarkopf’schen Reiterregiments. Sein erstes Auftreten in dem neuen und größeren Wirkungskreise war vom Glücke nicht begünstigt. Als Commandant der Stadt Rheine in Westfalen war er mit einem Theile der Besatzung ausgezogen, um einige andere Städte zurückzuerobern, hatte Vreden und Bocholt genommen und war mit der Belagerung von Ottenstein beschäftigt, als er die Nachricht erhielt, daß seine in Rheine zurückgelassenen Untergebenen in der Nacht zum 15./25. Januar 1634 von den Kaiserlichen überfallen und daß der Ort von den Letzteren eingenommen sei. Sein Plan, denselben wieder zu nehmen, scheiterte, weil derselbe dem Feinde verrathen ward. R. erhielt nun den Oberbefehl in Steinfurt; er wird hier als Oberst bezeichnet. Im folgenden Jahre stand er in Hessen im Felde. Dann verlautet nichts von ihm bis zum Jahre 1644, wo wir ihn mit den hessischen Truppen am Niederrhein, den Kaiserlichen gegenüber, finden. Aber wiederum war er nicht glücklich. Mit 500 Reitern, 300 Dragonern und 400 Musketieren hatte er im April das Hauptquartier des Herzogs von Lothringen zu Merode unweit Eschweiler überfallen, hatte vier Regimenter in die Flucht geschlagen, mehrere hundert Lothringer theils niedergehauen, theils gefangen genommen und das ganze Lager erbeutet, verweilte dann aber unnöthigerweise auf der Walstatt, ließ im übermüthigen Siegestaumel, trotz der Warnung eines gefangenen Obersten, Victoria schießen, wurde auf dem Wege nach Neuß vom Grafen Christian von Nassau-Siegen mit den wieder gesammelten Lothringern und dem Regiment Mandelsloh ereilt und nach einem heftigen Gefechte, in welchem auf jeder Seite 500 Reiter getödtet wurden, geschlagen und selbst gefangen genommen. Er muß jedoch bald wieder befreit sein, denn im nämlichen Jahre nahm er die Stadt Xanten ein, welche seine jetzige Kriegsherrin, die Landgräfin Amalie, als dieselbe sich kurz nachher durch Vermittelung der Generalstaaten mit dem Kurfürsten von Brandenburg einigte, zurückgab. Bessere Erfolge hatte er im Jahre 1645, wo er von Neuß aus mit Glück den kleinen Krieg führte. Nach einem siegreichen Treffen an der Erft, zwischen Blatzheim und Bergershausen, brandschatzte er die [86] Umgegend von Köln und Bonn, streifte südlich in das Oberstift, nahm das Städtchen Meckenheim nebst dem festen Hause Wachendorf, unweit Remagen, und setzte sich in Euskirchen fest. 1646 vertrieb er den kaiserlichen Oberst Sparr von der bei Köln belegenen Feste Hammersbach, brachte ihm auf dem Wege nach Zonz eine Niederlage bei und belagerte im Herbst letztere Stadt, ward aber, als die Besatzung schon wegen der Uebergabe unterhandelte, durch das Nahen des kaiserlichen General Melander von Holzapfel zum Abzuge genöthigt. Als auf Grund eines zwischen der Krone Schweden und der Landgräfin Amalie getroffenen Abkommens, 1647 Königsmark zur Eroberung des Landes zwischen Weser, Ems und Lippe auszog, war R. mit zwei Brigaden Fußvolk zu 800 Mann und mit 500 Reitern ihm beigegeben. Sie nahmen am 21. Mai nach heftigem Widerstande die münstersche Feste Vechta durch Vertrag, eroberten Warendorf, besetzten, um den Bischof von Osnabrück zur Neutralität zu zwingen, Fürstenau, machten sich zu Herren von Wiedenbrück und waren im Herbst dabei, Paderborn zu belagern, als die Aenderung in der allgemeinen Kriegslage sie nach Ostfriesland rief, wo Lamboi den hessischen Besitzstand gefährdete. Hier war es, wo R. am 8. November die Jemgumer Hauptschanze nahm und am nämlichen Tage dem hessischen Oberstlieutenant Weiler, welcher dieselbe ohne Noth vor einigen Monaten dem Feinde übergeben hatte, trotz des von seinem Obersten, dem Herzog Friedrich von Würtemberg, eingelegten Fürwortes, laut Kriegsrechtspruch den Kopf abschlagen ließ. In den letzten Wochen des Jahres erschien er dann in Hessen, um auch hier den letzten Rest der Kaiserlichen austreiben zu helfen. Er trug dazu das Seine bei, ohne besondere Thaten zu verrichten. Es nahte der letzte Feldzug des großen deutschen, des dreißigjährigen Krieges. Die Landgräfin Amalie bedurfte dazu eines erfahrenen Feldherrn, welcher ihre Truppen befehligen könnte. Unter Andern hatte R. sich große Hoffnung gemacht, mit dem Oberbefehle betraut zu werden. Schon einmal war er in dieser Erwartung getäuscht worden, damals nämlich, als zu Anfang des Jahres 1647 Mortaigne das Commando erhalten hatte. „Er sei tollkühn und halsstarrig“, hatte es damals geheißen, „und allzu geneigt, den sengenden und plündernden Soldaten nachzugeben.“

Als jetzt Geyso ihm vorgezogen und er zum zweiten Male übergangen wurde, zog er sich als Generalwachtmeister und als reicher Mann nach den Niederlanden zurück, wo er bedeutenden Grundbesitz erworben hatte; er wird Erbherr von Lichtenberg und Fremenich und Herr von Grumbach genannt. Es heißt, er habe dort eine Reihe von Jahren den Wissenschaften und dem Gottesdienste gelebt. Als Bernhard von Galen, der Bischof von Münster, sich mit Frankreich verbündet hatte und im Verein mit den Kölnern im Jahre 1672 die Niederlande mit Krieg überzog, war R. ein alter Mann geworden. Dennoch zögerte er keinen Augenblick dem an ihn ergangenen Ruf zur Uebernahme des Befehls über die Truppen der Stadt und der Provinz Groningen Folge zu leisten. Es war eine schwierige Aufgabe, welche er damit auf sich nahm, denn seine Auftraggeber waren zwar reich, aber ihr Heerwesen lag im Argen und nur 2000 Mann regulärer Truppen – 24 Fahnen Fußvolk, 4 Standarten Reiter, 3 Fahnen Dragoner – standen zu seiner Verfügung und voreilig hatte man die alte und die neue Schanze, welche den Angreifern den Zugang zur Stadt hätten erschweren können, vor Rabenhaupt’s Ankunft aufgegeben. Es gelang ihm nicht das Versehen gut zu machen, dafür fand er aber in der Opferfreudigkeit und der Hingebung der Bevölkerung eine wirksame Hülfe. 9–10 000 bewaffnete Bürger und eine Menge in die Stadt geflüchteter Bauern halfen bei der Vertheidigung. Dazu waren die Wälle mit 200 Geschützen besetzt, worunter sich mehrere 48pfünder befanden; Herzog Bernhard von Holstein-Ploen befehligte das Fußvolk, Stolzenburg, ebenfalls ein Deutscher, die Reiterei. Und zum Glück waren es nicht eben Kerntruppen, [87] welche, von Münster und von Köln gesandt, unter Führung von Galen und Wilhelm von Fürstenberg in einer Stärke von 22 000 Mann am 20. Juli jenes Jahres vor der Stadt Groningen erschienen. Ende des Monats begann die Beschießung: glühende Kugeln und Stinktöpfe flogen über die Wälle; in vierzehn Tagen warfen die Belagerer 5000 Bomben in die Stadt, welche bedeutende Verwüstungen anrichteten; das Feuer ihrer Geschütze war aber dem städtischen nicht gewachsen und dazu machten die Belagerten kräftige Ausfälle. Statt daß den Angreifern eine französisch-englische Flotte Beistand geleistet hätte, vereitelte de Ruyter den Landungsversuch derselben, wogegen R. mehrfach Sendungen der Generalstaaten an Truppen, Geld und Vorräthen erhielt. Das zähe Aushalten und der energische Widerstand der Besatzung machten die Kraft der Bedränger Groningens erlahmen, das Feuer wurde schwächer, dann verstummte es ganz, und am 28. August fanden die Belagerten die Laufgräben vom Feinde verlassen. Als die Bischöflichen abgezogen waren, bemühte sich R. ihnen ihre Eroberungen wieder zu nehmen. Eine der wichtigsten darunter war die Feste Koevorden (spr. Kuhwerden); die im Sommer erfolgte Einnahme derselben war der bedeutendste Gewinn des Feldzuges für sie gewesen. R. wußte, daß die Besatzung sorglos war und überhaupt wenig taugte; er war von den Verhältnissen in der Stadt genau unterrichtet und auf diese Kenntniß baute er seinen Plan. Am 27. December mit 968 Mann – Soldaten, Adeligen, Bürgern und Studenten – von Groningen aufgebrochen, erschien er am 30. December mit Tagesgrauen vor der Stadt; ein dichter Nebel erleichterte ihm das Ueberschreiten der beeiseten Gräben und Wälle; den innern Graben wollte man mit Hülfe von Binsenbrücken überschreiten; wo diese nicht reichten, mußte geschwommen werden; im Innern der Stadt entspann sich der Kampf, aber bald streckte die überraschte Besatzung das Gewehr. Zum Dank wurde R. zum Drost von Drenthe und zum Gouverneur von Koevorden ernannt. Dann aber verabsäumte er Ommerschanz zu nehmen, was nicht schwer gewesen wäre und seinen Ruhm erheblich vermehrt haben würde. Im nächsten Jahre versuchte Galen, ihm seine Eroberungen wieder zu nehmen: er dämmte die Vechte ab und gedachte Koevorden in den aufgestauten Gewässern zu ersäufen, aber am 1. October verursachte der Sturmwind einen Dammbruch und die Stadt war gerettet; 1674 fiel R. in das Bentheimische ein und bedrohte das Münsterland; er nahm Nordhorn am 1. und nach ziemlich heftigem Kampfe am 7. April Neuenhaus, mußte sich dann aber vor den anrückenden bischöflichen Truppen unter Nagel nach Koevorden zurückziehen, als zu Köln am 27. April mit Münster, am 11. Mai mit Köln Friede geschlossen wurde. Als Gouverneur von Koevorden starb er am 12. August 1675.

A. J. van der Aa, Biographisch Woordenboek der Nederlanden, 16. deel, Harlem 1874. – Ch. v. Rommel, Geschichte von Hessen, 8. Band, Cassel 1843. – G. B. Depping, Geschichte des Krieges der Münsterer und Cölner im Bündnisse mit Frankreich gegen Holland in den Jahren 1672, 1673 und 1674, Münster 1840.