Zum Inhalt springen

ADB:Riedel, Karl

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Riedel, Karl“ von Carl Krebs in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 359–360, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Riedel,_Karl&oldid=- (Version vom 7. Dezember 2024, 06:39 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Riecke, Karl Viktor
Nächster>>>
Riediger, Adam
Band 53 (1907), S. 359–360 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Carl Riedel in der Wikipedia
Carl Riedel in Wikidata
GND-Nummer 116534060
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|53|359|360|Riedel, Karl|Carl Krebs|ADB:Riedel, Karl}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116534060}}    

Riedel: Karl R., Chordirigent und Componist, ist am 6. October 1827 in Kronenberg bei Elberfeld geboren, wo sein Vater Apothekenbesitzer war. Die Musik, zu der R. früh Begabung zeigte, trieb er anfangs nur als Liebhaberei, da er nach dem Besuch der Provinzial-Gewerbeschule in Hagen und der Realschule in Remscheid für einen praktischen Beruf, nämlich den eines Seidenfärbers, bestimmt war. Als Seidenfärbergeselle ging er auch auf die Wanderschaft, kam ins Ausland, und hier wurde auf einmal der Musikdrang so mächtig ihm, daß er nach Hause zurückkehrte und zuerst unter Karl Wilhelm, der später als Componist der „Wacht am Rhein“ zu nicht ganz verdienten musikalischen Ehren kam, damals aber in Crefeld durch Musikunterricht sich bescheiden durchs Leben brachte, ernstlich musikalische Studien betrieb. 1849 trat R. in das Leipziger Conservatorium ein, wo hauptsächlich Moscheles, Hauptmann, Becker und Plaidy seine Lehrer wurden. Drei Jahre lang arbeitete er hier fleißig, gab nach seinem Abgang vom Conservatorium anfangs Clavierstunden, das lebhafte Interesse an alter Vocalmusik aber, das er von jeher gehabt hatte, leitete ihn auf den Weg, auf dem er seine Erfolge finden sollte: nachdem er 1854 in einer Leipziger Privatgesellschaft das „Stabat mater“ von Astorga, Palästrina’s „Improperien“ und anderes mit Glück einstudirt und aufgeführt hatte, gründete er in demselben Jahre noch einen Gesangverein, der im November 1855 zuerst vor die Oeffentlichkeit trat und als „Riedel’scher Verein“ bald einen großen Ruf gewann. 1859 waren seine Kräfte so gewachsen, daß er Bach’s H-moll-Messe bewältigen konnte; Beethoven’s „Missa solemnis“, Kiel’s „Christus“, das „Requiem“ von Berlioz, die „Graner Messe“ und die „Heilige Elisabeth“ von Liszt folgten und mit ihnen die hauptsächlichsten kirchlichen und weltlichen Chorwerke älterer und neuerer Zeit, darunter auch die B-moll-Messe von Albert Becker. R., der ganz in der Sorge für seinen Verein aufging, der Cassenwart, Bibliothekar, Impresario, alles in einer Person war, fand für seine Thätigkeit von allen Seiten die größte Anerkennung, die sich auch äußerlich zeigte: er wurde zum Musikdirector, zum Professor und 1883 bei Gelegenheit der Lutherfeier, von der Universität Leipzig zum Ehrendoctor ernannt. Er starb am 3. Juni 1888 in Leipzig.

Die eigenen Compositionen Riedel’s beschränken sich auf wenig hervorstechende Lieder und Männerchorlieder. Dagegen hat er eine Anzahl sehr geschickter Bearbeitungen älterer Vocalmusik herausgegeben: 4 Hefte altdeutsche Lieder für gemischten Chor (Leipzig 1870); Altböhmische Gesänge für gemischten Chor (ebenda 1870); 12 ausgewählte Melodieen … von Wolfg. Frank, mit hinzugefügter Pianoforte- oder Orgelbegleitung (ebenda 1870); Vier altdeutsche Weihnachtslieder für vierstimmigen Chor gesetzt von Michael Praetorius (ebenda 1870); Neun auserwählte preußische Festlieder von Joh. Eccard (ebenda 1874); 17 ausgewählte Choräle von Johann Eccard (ebenda). Auch veranstaltete er eine Neuausgabe von Heinrich Schützens „Sieben Worten Christi am Kreuz“ und stellte aus Stücken von desselben Meisters vier [360] Passionen eine einzige Passion zusammen, ein Verfahren, das durchaus zu mißbilligen ist, da außer dem gewaltsamen Eingriff in das Gefüge der einzelnen Werke R. auch eine Instrumentalbegleitung zu den Recitativen gesetzt hat, während bei Schütz die Mitwirkung irgendwelcher Instrumente ausgeschlossen bleibt. Durch die Riedel’sche Bearbeitung werden also ganz falsche Vorstellungen von der Art und dem Geist der Schützischen Passionen übermittelt.