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ADB:Schott, Heinrich August

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Artikel „Schott, Heinrich August“ von Gustav Frank in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 398–399, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schott,_Heinrich_August&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 05:17 Uhr UTC)
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Schott: Heinrich August S. ist geboren am 5. December 1780 zu Leipzig, wo sein Vater, August Friedrich S., Professor der Rechtsalterthümer, später der Pandekten war. Mütterlicherseits entstammte er einer theologischen Familie. Der Leipziger Superintendent und Professor Johann Friedrich Bahrdt war sein Großvater, Karl Friedrich Bahrdt (s. A. D. B. I, 772) sein (ihm sehr ungleicher) Oheim. Durch häuslichen Unterricht und auf der Nikolaischule vorgebildet, studirte er seit 1796 zwei Jahre lang Philologie und Philosophie, wandte sich aber dann mehr und mehr der Theologie zu. Im J. 1799 erwarb er sich das Magisterium Lipsiense und 1801 die venia literas humaniores docendi. Wie bei J. A. Ernesti (s. A. D. B. VI, 235) und andern Leipziger Theologen, so bildete auch bei S. die Philologie die Vorschule zum theologischen Lehramt. Er wurde 1803 Baccalaureus der Theologie, eine Würde, die ihn zur Mitübernahme der Abend-, späterhin der Frühpredigten in der Paulinerkirche verpflichtete, erhielt 1805 eine außerordentliche Professur in der philosophischen, 1808 in der theologischen Facultät. Nachdem er 1809 in Leipzig die theologische Doctorwürde erworben hatte, trat er 1810 die ihm verliehene vierte theologische Professur in Wittenberg an. Weil man ihn in Leipzig, wie er zu hoffen berechtigt war, nicht hatte ascendiren lassen, folgte er schon 1812 einem Rufe, den er als göttlichen erkannte, nach Jena, wo er, wie in Wittenberg, neutestamentlich-exegetische, dogmatische und homiletische Vorlesungen hielt und ein, auswärts mehrfach nachgeahmtes, homiletisches Seminar einrichtete. Seine theologische Richtung, angedeutet in der Milde seiner, von der Idee des Himmelreiches getragenen „Epitome Theologiae christianae dogmaticae“ (1811. 2. A. 1822), ausgeführt in seinen „Briefen über Religion und christlichen Offenbarungsglauben, Worte des Friedens an streitende Partheien“ (1826), war eine mittlere zwischen Rationalismus und Supranaturalismus, vernunftmäßiger Glaube an die göttliche Offenbarung in Christo, welche der Ausdruck der höchsten Vernunft ist. Er hat also supernaturalistisch den Offenbarungscharakter des Christenthums fest gehalten, andererseits wohlwollend darauf hingewiesen, wie auch die rationalistischen Theologen die allwaltende, immer lebendige göttliche Vorsehung bekennen, die den ehrwürdigen Stifter des Christenthums mit eigenthümlichen Kräften des Geistes ausgerüstet, die Umstände, unter denen er in die Welt trat, und seine früheren Verhältnisse so geordnet habe, daß die freie Entwickelung jener in ihn [399] gelegten Kräfte den herrlichsten Aufschwung nahm. Dieser Standpunkt, gleichweit entfernt vom anmaßenden Dünkel der extremen, alles Positive verwerfenden Rationalisten, wie vom blinden Eifer für das Hergebrachte der extremen Supernaturalisten, erlaubte ihm, gegen Hengstenberg für die theologische Lehrfreiheit, als nicht gefesselt an den Buchstaben eines Glaubensedictes, einzutreten. Niemand werde dereinst Rechenschaft abzulegen haben, ob er mehr für die Darmstädter oder Berliner Kirchenzeitung sich interessirt habe, wohl aber davon, ob unsere Meinung ehrlich, unser Glaube mehr als Phrasenglaube und unsere Theologie keine politisch-christliche gewesen. Und weil er den Herrn in einer ehrwürdigen Gestalt in seinem Herzen trug, konnte auch ein David Strauß, von dessen „Leben Jesu“ er noch Kunde erhielt, ihn nicht aus dem Gleichgewicht bringen. Freundeshände winkten ihm von beiden Seiten. Reinhard (s. A. D. B. XXVIII, 32) hat ihm seine Freude bezeugt, daß er sich für die Lehre unserer Kirche in allen ihren Hauptpunkten so stark und freimüthig erklärt, und auch in seinen Predigten sie unverstümmelt vortrage, andere Supernaturalisten haben ihn als den vom Herrn erkorenen Pfeiler zur Aufrichtung des biblisch-christlichen Glaubens gefeiert. Andrerseits hat das kritische Organ des Rationalismus seiner vernunftmäßigen Auffassung des Christenthums Beifall gezollt, und sein Obermeister Röhr ihm als Gesinnungsverwandten seine „Grund- und Glaubenssätze“ in der zweiten Auflage gewidmet. Da nun zu dieser versöhnenden, die verschiedenen Meinungen ruhig abwägenden Richtung seine wissenschaftlichen Leistungen auf dem Gebiet der neutestamentlichen Exegese traten, documentirt durch sein „Novum Testamentum graece, nova versione illustratum“ (3. A. 1825. Zum 4. Male edirt von Baumgarten-Crusius 1839), seine „Opuscula exegetica, critica, dogmatica“ (2 Th. 1817 f.), seine „Isagoge historico-critica in libros Novi Foederis sacros“ (1830), endlich durch seinen Commentar zu den Epistolae Pauli ad Thessalonic. et Galatas (1834); ferner sein Ruhm als geistlicher Redner, nicht gefühlig und poetisch, sondern, nach Reinhard’s Vorbild, logisch klar, im edlen Sinne populär (Predigtsammlungen von ihm erschienen 1815, 1818, 1822 und 30; auch gab er mit H. W. Rehkopf eine „Zeitschrift für Prediger, zur Belebung der Religiosität durch das Predigtamt“ 1811–13 heraus), ein disertus, amplus et elegans in templo orator, und als Gesetzgeber für die geistliche Beredsamkeit („Kurzer Entwurf einer Theorie der Beredsamkeit“, 1807. „Die Theorie der Beredsamkeit“, 3 Thle. 1815–28. 2. A. 1828, 33, 46): so kann es nicht Wunder nehmen, daß die Mehrzahl deutscher Universitäten ihn in ihre Mitte wünschte. Er ist seinem Jena treu geblieben. Unbehilflich im Leben, war er der Redlichsten Einer, bescheiden, liebenswürdig, bibelfest und wahrhaft gläubig. Eben noch hatte er etwas berichtigt in seiner Dogmatik im Abschnitt von den letzten Dingen, als leise und unerwartet der Todesengel zu ihm trat (29. December 1835).

Biographieen und Charakteristiken von H. C. A. Eichstädt. Jena 1836. – Goldhorn, Journal für Prediger 1836. B. 88, N. 1. – A. G. Hoffmann, Zeitschr. für hist. Theol. VI, 2, 260. – J. T. L. Danz, Leipzig 1836. – G. Frank, Gesch. d. prot. Theol. III, 406. – L. Pelt, Herzog’s R.-E. 2. A. XIII, 675.