Zum Inhalt springen

ADB:Pelt, Anton Friedrich Ludwig

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Pelt, Anton Friedrich Ludwig“ von Carsten Erich Carstens in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 338–340, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pelt,_Anton_Friedrich_Ludwig&oldid=- (Version vom 5. Dezember 2024, 13:11 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Pellican, Konrad
Band 25 (1887), S. 338–340 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Anton Friedrich Ludwig Pelt in der Wikipedia
Anton Friedrich Ludwig Pelt in Wikidata
GND-Nummer 116076372
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|25|338|340|Pelt, Anton Friedrich Ludwig|Carsten Erich Carstens|ADB:Pelt, Anton Friedrich Ludwig}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116076372}}    

Pelt: Anton Friedrich Ludwig P., gelehrter Theolog. Er war geboren am 28. Juni 1799 in Regensburg, wo sein Vater damals als königl. dänischer Legationssecretär sich aufhielt. Dieser, in Kopenhagen 1764 geboren, war erst Professor der Nationalökonomie an der königl. Akademie in Soroe auf Seeland, dann in die diplomatische Carriere eingetreten und zuletzt Mitglied des königl. Fischerei- und Handelsinstituts in Altona, wo er am 3. November 1805 starb, auch als Schriftsteller in seinem Fach bekannt. Von seiner dänisch geschriebenen „Systematisk Handelslaere“ erschien 1806 die 2. Auflage. Der Sohn besuchte die Schulen in Regensburg, Bückeburg und Altona und studierte dann Theologie auf den Universitäten in Jena und Kiel. Am erstern Orte zogen ihn zunächst die philosophischen Vorlesungen von Fries und Reinhold an, sowie die von Oken. In Kiel setzte er das Studium der Philosophie fort unter dem älteren Reinhold und Erich v. Berger und war zugleich Mitglied des philologischen Seminars unter Wachsmuth, ward aber schließlich durch Twesten und Claus Harms ganz für die Theologie gewonnen. 1822 bestand er mit rühmlicher Auszeichnung das theologische Amtsexamen in Glückstadt und lebte dann noch, seine Studien eifrigst fortsetzend, eine zeitlang als Candidat in Altona, bis er 1826 nach Berlin zog und, nachdem er dort das Licentiatenexamen bestanden, sich als Privatdocent bei der theologischen Facultät habilitirte. Hier fand er durch Schleiermacher, Neander und zugleich durch Hegel viel Anregung. Auf Antrag der Regierung ging er 1828 nach Greifswald und ward bald nachher hier zum prof. extraord. ernannt. In Verbindung mit Dr. Rheinwald gab er damals „Homiliarium patristicum“ (1829) heraus und gleichzeitig die deutsche Uebersetzung: „Homiliensammlung aus den ersten 6 Jahrhunderten der christlichen Kirche“ Vol. I fasc. 1 und 2. Zugleich erschien auch von ihm ein lateinischer Commentar zu den Thessalonicherbriefen: „Epistolas ad Thess. perpetuo illustr. commentar. et copiosiore expositionum e patribus eccl. collectar. instruxit delectu“, durch Fleiß und Genauigkeit noch immer werthvoll. In seinen theologischen Mitarbeiten IV, 2 hat er noch die Aechtheit des 2. Thessalonicherbriefes gegen Kern’s Angriffe in der Tüb. theol. Zeitschrift vertheidigt. 1830 ward er Dr. theol. und 1834 gab er eine Predigtsammlung unter dem Titel: „Horn des Heils“ heraus. Nachdem Twesten 1835 als Nachfolger Schleiermachers nach Berlin berufen war, folgte P. dem Ruf an die Universität Kiel, als dessen Nachfolger daselbst. Während seiner akademischen Wirksamkeit hier nahm er zunächst an der damals die Welt bewegenden theologischen Fehde über das Leben Jesu von Strauß theil, durch die Schrift: „Der Kampf aus dem Glauben und die religiösen Parteien unserer Zeit“ 1837. Nach seinem humanen Sinn wollte er auch hier vermittelnd auftreten. Zwar war er, wie das so in dieser Zeit überhaupt nicht ungewöhnlich war, stark durch die Hegelsche Philosophie angefaßt der speculativen Richtung zugethan, aber sein frommes Gemüth verlor nie den Schwerpunkt des Glaubens und des unmittelbar religiösen Lebens. Auf der einen Seite diese Philosophie, auf der andern Schleiermachers und Neanders Theologie trieben ihn dahin, die alte Orthodoxie und den religiösen Rationalismus zu überschreiten, sie zu einer höheren Einheit in der vermittelnden [339] Theologie, gleich Ullmann, Dorner u. A. zu verbinden. In diesem Geiste gründete er mit seinen Collegen in der Facultät: Francke, Köster, Mau die Zeitschrift Theologische Mitarbeiten, die von 1838–1841 erschien und namentlich tüchtige Arbeiten des Herausgebers enthielt. Wir nennen u. A. seine Abhandlung: von der Tradition als Princip der protestantischen Dogmatik, wozu später III, 1, kam: Die H. Schrift im Mittelpunkt der Ueberlieferung und Verhältniß der Tradition zu den symbolischen Büchern etc. etc. Die Bedeutung der Tradition auch für die evangelische Kirche glaubte er nicht genug erkannt, er wollte, indem er darauf hinwies, den geschichtlichen Gemeinsinn in der Theologie beleben und dieselbe als einen großen Gemeinerwerb und Gemeingut betrachtet wissen. Als von dem Archidiakouus, nachherigen Hauptpastor an St. Nicolai in Kiel, Wolf, als Repräsentant des Rationalismus der offene Kampf mit seinem Collegen, dem von P. besonders hochgeschätzten Dr. Cl. Harms begann, gab P. seine vier Vorlesungen: „Protestantismus, Supranaturalismus, Rationalismus und speculative Theologie“ 1840 heraus. Die speculative Theologie war der Grund und Boden, auf den er sich stellte. – Für die theologische Wissenschaft ist besonders von Bedeutung seine Bearbeitung der theol. Encyclopädie. Dieselbe, Harms dedicirt, erschien 1841 „Theologische Encyclopädie als System im Zusammenhang mit der Geschichte der theologischen Wissenschaften und ihren einzelnen Zweigen.“ Dieses Werk zeugt von großem Fleiß und umfassenden Studien, tiefer Bildung, geistvoller Conception und lehrreicher Ausführung. Er hält an der Dreitheilung der theologischen Wissenschaft, als historischer, systematischer und practischer fest. Die historische ist ihm a) biblische Theologie, b) kirchenhistorische, c) kirchenstatistische, als Resultat der geschichtlichen Entwickelung in der Gegenwart. Die systematische a) Fundamentallehre, allgemeine theol. Principienlehre (Apologetik und Symbolik), b) die thetische christliche Glaubens- und Sittenlehre, c) Philosophie des Christenthums, die speculative Form des dogmatischen Inhalts. Die praktische Theologie a) Ekklesiastik, Kirchenorganisationslehre, b) Lehre vom Kirchenregiment, c) Lehre vom Kirchendienst; außer Homiletik und Katechetik, kirchliche Pädeutik. Hagenbach sagt von diesem Buch: Reiches, aber vollständig gesichtetes und geistig gelichtetes Material, Streben nach systematischer Ineinsbildung des Mannigfaltigen, geschärfter Sinn auch für die künstlerische Seite des theologischen Berufs, warme Begeisterung für das Christenthum, gesundes und billiges Urtheil sind anerkannte Vorzüge dieses Buches. P. urtheilte über die Hagenbach’sche Encyclopädie (S. 69): Fürwahr ein ächtes Studentenbuch. Wie schade, daß der Mangel an System, organischer Verarbeitung und philosophischem Geist noch immer den Wunsch nach etwas Neuem rege hält. Diesem hat er hiermit entsprechen wollen. – In den Studien und Kritiken 1848 erschien von ihm: Die christliche Ethik in der lutherischen Kirche vor Calixt. Als akademischer Docent machte er sich besonders verdient durch die Leitung des von Twesten gegründeten, von ihm fortgeführten und erweiterten exegetischen Seminars. Als Mensch war er allgemein hochgeachtet durch Bescheidenheit, Redlichkeit, Selblosigkeit und Treue in der Freundschaft. Als Jüngling und Student in Jena 1819 hatte er sich von dem studentischen Treiben und den burschenschaftlichen Extravaganzen mehr ferngehalten, aber doch war in ihm ein lebendiger patriotischer Sinn angeregt, den er bis an sein Ende bewahrt hat. Daher nahm er in Kiel an der schleswig-holsteinischen Erhebung auch den regsten Antheil. 1850 veröffentlichte er seine Schrift: „Die schleswig’schen Prediger im Verhältniß zu der in Schleswigholstein eingesetzten Verwaltungsbehörde. Ein theologisches Gutachten.“ Anfangs 1848 war er von der dänischen Regierung noch mit dem Ritterorden des Danebrog [340] decorirt worden, am 4. Juni 1852 bei der Wiederherstellung des dänischen Regimentes ward er von derselben, seines politischen Verhaltens wegen, mit neun andern Kieler Professoren seines Amtes entlassen. Doch blieb er nicht lange ohne Amt, denn schon unterm 3. August desselben Jahres erhielt er die Berufung zu dem Pfarramt in Kemnitz bei Greifswald, welches eine Patronatspfarre der Universität ist. 1857 ward ihm hier zugleich die Superintendentur übertragen. Er hat sich bald in seine neue Lebensstellung hineingelebt und durch treue Hingebung an die ihm anvertraute Gemeinde, sich die dauernde Liebe und Hochachtung derselben erworben. Er starb hier am 22. Januar 1861. Seine schriftstellerische Thätigkeit konnte er auch hier noch fortsetzen. Er war fleißiger Mitarbeiter an Reuters Repertorium und lieferte mehrere Artikel zur ersten Auflage der Herzog’schen Realencyclopädie.

Vgl. Lübker-Schröder, Schriftstellerlex. Nr. 1502 und Nachtrag S. 748. – Alberti, Nr. 1591 Bd. II. S. 143 – Conversationslexicon der Gegenwart 1840, Bd. IV S. 78. – Dorner in Herzogs Realencyclopädie 2. Aufl. Bd. XI S. 50.