ADB:Schwanthaler, Xaver

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Schwanthaler, Xaver“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 33 (1891), S. 191–193, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schwanthaler,_Xaver&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 12:01 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Schwanthaler, Franz
Band 33 (1891), S. 191–193 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Franz Xaver Schwanthaler in der Wikipedia
Franz Xaver Schwanthaler in Wikidata
GND-Nummer 119496356
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|33|191|193|Schwanthaler, Xaver|Hyacinth Holland|ADB:Schwanthaler, Xaver}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=119496356}}    

Schwanthaler: (Franz) Xaver S., Bildhauer, geb. am 16. Novbr. 1799 zu Ried, lernte bei seinem Vater Peter S., kam dann zu seinem Oheim Franz S. nach München und nach dessen Ableben in das frisch aufblühende Atelier seines alsbald berühmt gewordenen Neffen Ludwig S., wo er sein Talent bei der Ausführung der diesem gewordenen großartigen Aufträge in fleißiger Weise bethätigte. Ebenso bewährt als tüchtiger und unermüdlicher Techniker wie begabt mit einer unverwüstlich heiteren Laune stand er seinem jüngeren Meister als ausführende Hand, als Modelleur und Bildhauer in steter Treue bei, wie er auch nach der Mühe und Arbeit des Tages als fröhlicher Becherschwinger mit allzeit bereitwilligem [192] Humor auf die tapferen Intentionen der Humpenburg-Ritter einging und die allgemeine Freude niemals beeinträchtigte oder verdarb. Mit dem unschätzbaren Talent, jede, auch die leiseste Andeutung seines Neffen artistisch aufzufassen und verständnißinnigst zu gestalten, leistete er fast bei allen, aus dessen Atelier kommenden Arbeiten die treueste Beihülfe. Er that, was er konnte und wie er die Dinge sah, ohne auf tiefere und classische Formgebung größeres Gewicht zu legen; er dirigirte alle die Mitarbeitenden und hielt sie in Athem, Zucht und fliegender Thätigkeit. So hat er an den von Meister Ludwig S. errungenen Ehren seinerseits nicht geringen Antheil, ebenso aber auch an allen gegen Schwanthaler erhobenen Vorwürfen. Ludwig S. nannte ihn stets seine „rechte Hand“ und versagte ihm nie die Anerkennung, welche er ihm schuldig zu sein voll überzeugt war. König Ludwig wußte den Namen „Schwanthaler“ auch in dem Zurückgebliebenen zu schätzen. Merkwürdigerweise fand Xaver S. trotz der im Atelier seines Neffen verbrachten Wirksamkeit immer noch Zeit, zweiundzwanzig Jahre hindurch als Lehrer des Modellirens an der städtischen Feiertagsschule thätig zu sein und außerdem selbst eigene Werke zu schaffen. Dazu gehören außer vielen ornamentalen und figürlichen Arbeiten in den Räumlichkeiten der k. Residenz (Plafonds, Camin-Schmuck u. s. w.) und verschiedenen Statuetten (Jörg Ganghofer als Baumeister der Münchener Frauenkirche; König Ludwig, General Waldstein, Ludwig Schwanthaler) auch die colossalen Büsten der Kaiser Friedrich II., Karl V. und des Tondichters Mozart für die Walhalla. Ferner lieferte er eine colossale Christus-Statue für das Kloster Weingarten und als weiteres Erbe von seinem Neffen, die Ausführung der beiden Giebelfelder an den Propyläen: König Otto thronend inmitten der wieder beruhigten Hellas (14 Figuren, Ostseite); der Freiheitskampf Griechenlands, mit dem glücklichen Siegeserfolge (17 Figuren, Westseite); dazu kommen noch vier Flachreliefs an den beiden Pylonen, darstellend die Kämpfe der Griechen gegen die Türken. Indessen überraschte ihn vor Vollendung der zum zweiten Giebel bestimmten letzten Gruppe, schon am 24. September 1854 der Tod (vgl. Raczynski II, 507. Nagler 1846. XVI, 114. Nekrolog in Beilage 234 zur „Münchener Zeitung“ vom 2. October 1854 und im Kunstvereins-Bericht für 1854 S. 52. Wurzbach 1876. XXXII, 282 ff.). – Er hinterließ einen Sohn Rudolf Schwanthaler, geboren am 4. April 1842, welcher sich erst auf der Münchener Akademie unter Professor Max Widnmann zum Künstler bildete, dann bei Johann Halbig und später zu Dresden unter Ernst Rietschel hospitirte. Zurückgekehrt 1866 von einer italienischen Reise, übernahm er die Führung des von Fremden häufig besuchten Schwanthaler-Ateliers, wo die Erzeugnisse seines großen Vorfahren in sogen. Biskuit-Abgüssen (aber auch viele Arbeiten Thorwaldsen’s, wie die Reliefs „Tag“ und „Nacht“), immer bereitwillige Abnehmer und Käufer fanden. Auch in eigenen Arbeiten versuchte sich der letzte Träger dieses illustren Namens, entwarf Darstellungen zu Vergil’s Aeneide, auch einige biblischen und allegorischen Figuren (Korb mit Kindern, allerlei Mädchen- und Frauengestalten, ferner die treffliche Portraitbüste des Komponisten Max Kunz für dessen Denkmal am südlichen Friedhof und ebendaselbst das allegorische Monument für den berühmten Japan-Forscher v. Siebold). Weitere Pläne vereitelte sein früher, am 27. April 1879 erfolgter Tod. Aus seinem Nachlasse wurde die von Ludwig Schwanthaler gesammelte kleine Gallerie von Oelgemälden alter und neuerer Meister (darunter zwei interessante Jugendarbeiten von Moritz v. Schwind, welche Graf Schack erwarb) am 25. September 1879 durch Maillinger (Montmorillon) versteigert, ebenso das ganze Inventar der ehemaligen „Humpenburg“. Das frühere, berühmte Atelier wurde in zwei große Zinshäuser umgewandelt, an welchen jedoch die Büsten von Ludwig und Xaver S. eine Stelle [193] fanden. Gegenüber liegt das heute noch interessante und vielbesuchte „Schwanthaler-Museum“. (Einen kurzen Nekrolog auf den letzten Träger dieses ehedem vielgefeierten Namens erhält der Kunstvereins-Bericht für 1879, S. 69.)