ADB:Schweigger, Georg
Neudörffer’s „Nachrichten von Künstlern und Werkleuten“, und ein anderer Zeitgenosse, der Begründer der Nürnberger Malerakademie, Joachim v. Sandrart, nennt als die ältesten ihm bekannten Arbeiten des S. zwei in Amsterdam befindliche Reliefs mit Darstellungen der Geburt Johannes des Täufers, welche für 300 u. 400 fl. erworben worden seien. Er kennzeichnet S. als einen hochberühmten Mann und bemerkt, [334] daß er noch keine Steinbildhauerei von solcher Feinheit gesehen habe. Eine Reihe solcher Kehlheimer Steinreliefs mit Scenen aus dem Leben des Täufers besitzen die Ambraser Sammlung, das k. k. Münz- und Antikencabinet und die Schatzkammer der k. Burgcapelle in Wien. Dieselben sind z. Th. datirt (1645 und 1648) und mit dem Monogramm und dem Namen des Meisters versehen. Arneth hat dieselben in den unten angeführten Schriften ausführlich besprochen. Vermuthlich rühren auch die nach Dürer’schen Motiven ausgeführten, mit dessen Monogramm und den Jahreszahlen 1510 und 1511 versehenen kunstreichen Kehlheimer Steinreliefs im British Museum zu London (Geburt Johannes des Täufers) und im Museum zu Braunschweig (Predigt Johannes des Täufers) sowie ein Relief im bischöflichen Seminar zu Brügge von ihm her. – Auch seine Holzschnitzereien waren weithin berühmt, wie der Umstand beweist, daß er nach Köln, Prag, Polen u. s. w. in Holz geschnitzte Crucifixe zu liefern hatte. Ein von ihm geschnitztes, auf einer schlangenumwundenen Kugel stehendes Christkindchen bekrönt den Tucheraltar der Sebalduskirche, die alte Kanzel daselbst, für die er den geschnitzten Zierrath, den er für seine schwächste Leistung hielt, fertigte, ist 1859 abgetragen worden, worauf die einzelnen Theile verkauft und zur Herstellung von Möbeln verwendet wurden. – Sein decoratives Geschick bekundete er bei der Herstellung des plastischen Schmuckes für die bei Gelegenheit des Einzugs von Kaiser Leopold in Nürnberg im J. 1658 errichtete Ehrenpforte. Hierbei arbeitete er in Gemeinschaft mit dem vielseitigen und gewandten Modelleur Christoph Ritter (s. A. D. B. XXVIII, 672), der auch das kleine Modell zu dem ursprünglich für den Hauptmarkt in Nürnberg bestimmten, aber nicht zur Aufstellung gelangten, sondern bis 1797 in der Peunt untergebrachten und dann nach St. Petersburg verkauften Neptunsbrunnen oder Peuntbrunnen fertigte, dessen 11 überlebensgroße Figuren in den Jahren 1652–60 Georg S. modellirte und der Geschützzieher Wolfgang Herold in Bronce goß (s. unter Chr. Ritter). Bevor Ritter und S. an die Ausführung des Brunnens gingen, machten sie Studienreisen und sahen sich die Monumentalbrunnen an anderen Orten an, wobei sie es nicht an kritischen, nicht ganz verständlichen Bemerkungen fehlen ließen. So theilt Gulden mit, daß sie „alle Bilder auf den Brunnen zu Augsburg und Salzburg auf ihrer zuvor beschehenen Reise falsch befunden“ hätten. Derselben Quelle danken wir die Angabe, daß jener Brunnen ein Erinnerungsmal an den Friedensschluß von 1648 werden sollte und daß Karl Gustav von Schweden, der eine erkleckliche Summe für denselben spendete, bei seinem Besuche in Nürnberg den Wunsch geäußert habe, daß man eine Reiterstatue, wahrscheinlich von Gustav Adolf errichte, daß aber der Kaiser dies nicht geduldet habe. – In dem Jahre, als die Arbeiten für den Brunnen begannen, im J. 1652 führte S. in Bronce ein 7 Fuß langes und 516 Pfund schweres Crucifix in Bronce aus, das in die Kastorkirche zu Koblenz gekommen ist. Auch bei diesem Werke soll Ritter mitgewirkt haben. – Unter seinen Broncen finden sich verschiedene Bildnisse, wie jenes Kaiser Ferdinand III., für welches er im J. 1656 600 fl. empfing und die drei Porträtmedaillons von Melanchthon, Pirckheimer und Theophrastus Paracelsus in der Berliner Kunstkammer, von denen die beiden ersteren nach den bekannten Dürer’schen Stichen gefertigt sind. Das Braunschweiger Museum besitzt außer einer kleinen Bronce mit der in Hochrelief ausgeführten Darstellung von Cephalus und Procris zwei broncene Porträtmedaillons, deren eines nach Aldegreven’s Stich (B 184) Martin Luther, das andere nach Holbein Erasmus von Rotterdam darstellt. Die Büste einer Frau wird von Nagler in Münchener Privatbesitz erwähnt. Vortreffliche, gewöhnlich mit seinem Namen versehene Bronceepitaphien bewahrt der Johannisfriedhof in Nürnberg, darunter jenes des Georg Schwanhardt vom J. 1654 auf dem sowohl [335] der das Schriftenbild tragende Schwan, als auch der dasselbe bekrönende schlangendurchwühlte Todtenkopf durch die Feinheit des Gusses und die Zartheit der Ciselirung hervorragen (abgebildet in der „Gewerbehalle“ Jahrg. 1885, Taf. 41), sowie das große kartuschartige Epitaph des Wolf Jacob Nützel aus dem Jahre 1688 mit seinem kräftig geschwungenen Blattwerk. – Für seine Geschicklichkeit und Findigkeit im Technischen zeugt außer der gediegenen Ausführung seiner Werke die Angabe, daß er 1670 für Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg und 1688 für Kurfürst Johann Georg IV. von Sachsen Heerpauken aus Stahl gefertigt und es auch verstanden habe, Harnische aus einem ganz leichten und dabei doch schußfreien Material herzustellen. Er starb unverheirathet am 13. Juni 1690. Als Schüler werden Balthasar Stockamer und Jeremias Eißler genannt.
Schweigger: Georg S., Bildhauer in Nürnberg, geboren daselbst am 6. April 1613, Sohn und Schüler des Emanuel S., der auf einem aus dem Jahre 1633 herrührenden Stammbuchblatte mit der allegorischen Darstellung des Glaubens als Bildhauer in Nürnberg bezeichnet ist, und von dem die Sammlung des Baron Haller von Hallerstein ein anderes aus dem Jahre 1607 stammendes getuschtes Blatt mit der Darstellung von Personen, welche zusehen, wie ein Vogel nach einer gemalten Traube pickt (Zeuxis und Parrhasios?) und der Inschrift: „Plus penser que Dire Emanuel Schweigger F. p. bona Amicitia 1607“ besaß. Wie aus den Aufzeichnungen eines jetzt lebenden Sprößlings dieser seit 1382 nachweisbaren Familie S. hervorgeht, ist Emanuel S. am 9. October 1583 zu Grötzingen geboren. Von seiner Thätigkeit in Nürnberg erfahren wir nur, daß er im J. 1622 im kleinen Rathhaussaale die ornamentalen Zwickelfüllungen und die herabhängenden Zapfen der von dem 1619 verstorbenen Kunstschreiner Hans Wilhelm Behaim entworfenen und ausgeführten Decke schuf. In der diesbezüglichen Rechnung wird er als Bildhauer bezeichnet. Seinen Sohn Georg finden wir 20jährig auf einem von diesem gezeichneten Stammbuchblatte als Bildhauergesellen genannt. Dasselbe weist die allegorische Darstellung der Bildhauerkunst und die Inschrift auf: „Dieses mach ich Jorg Schweigger, Bildhauergesell in Nürnberg zum freuntellichen Angedengken, geschehen den 12. Sept. 1633“. – Seinen Ruhm als Bildhauer begründete er durch seine ebenso geschickt componirten als zierlich und fein ausgeführten, oft sehr figurenreichen Miniaturreliefs aus Kehlheimer Stein. „Machte bei seinen jüngern Jahren ganze Historien von kleinen Figuren, halb rund in Stein, die an Ausländische in sehr hohem Werth verkaufft worden“, berichtet sein Zeitgenosse Andreas Gulden, der Fortsetzer von- Andreas Gulden, Fortsetzung von Neudörffer’s Nachrichten von Künstlern und Werkleuten um 1660, herausgegeben von Dr. G. W. K. Lochner 1875. – Joachim v. Sandrart, Teutsche Akademie 1675. – Joh. Gabr. Doppelmayr, Historische Nachrichten von den Nürnberg. Mathematicis und Künstlern u. s. w. 1730. – Joseph Arneth, Ueber die Bedeutung des aus G S zusammengesetzten Monogrammes auf Kunstwerken in der k. k. Ambraser Sammlung. Ein Beitrag über die Werke des Nürnberger Bildhauers Georg Schweigger. (Aus dem Novemberhefte des Jahrgangs 1853 der Sitzungsberichte der philos.-histor. Classe der kais. Akademie d. Wissenschaften XI. Bd. S. 641 ff.) besonders abgedruckt. – Joseph Arneth, Monumente des k. k. Münz- und Antiken-Cabinets. III, Taf. VIII. – Nagler, Neues Allgemeines Künstlerlexikon 1845. – Nagler, Monogrammisten III. 1863. – J. E. W(essely), Georg Schweiger, in der Zeitschrift für Kunst- und Antiquitäten-Sammler. 1. October 1884. – Gewerbehalle 1885. – W. Bode, Geschichte der deutschen Plastik 1887. – Friedrich Valentin Schweigger, Schriftliche Aufzeichnungen 1888. Manuscript im Städtischen Archiv zu Nürnberg. – Ernst Mummenhoff, Das Rathhaus in Nürnberg 1891.