ADB:Stolle, Konrad

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Artikel „Stolle, Konrad“ von Franz Xaver von Wegele in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 36 (1893), S. 409–410, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stolle,_Konrad&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 01:22 Uhr UTC)
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Stolle: Konrad St., Geschichtschreiber, geboren im J. 1430 in dem unter dem Ettersberg, nordöstlich von Weimar gelegenen Dorfe Zimmern. Hier hat er nach seiner eigenen Angabe bei dem Küster (Kerchenaere) des Ortes den ersten Schulunterricht erhalten und weiterhin die Schulen an der Severikirche zu Erfurt und zu Langensalza besucht. Den Aufenthalt in seinem Geburtsorte mit Erfurt zu vertauschen, wurde er, bezw. seine Eltern durch die Greuel des bekannten thüringischen Bruderkrieges gezwungen. Was seine Uebersiedelung nach [410] Langensalza veranlaßt und wie lange er sich hier aufgehalten hat, berichtet er uns nicht. Erst nach 1458 hören wir wieder von ihm. In dieser Zeit hat er nämlich eine Reise nach Italien angetreten und hier eine gute Anzahl Jahre – in Rom und Florenz – verweilt. Was ihn dahin geführt und so lange festgehalten, läßt sich mit Sicherheit kaum vermuthen. Zum geistlichen Berufe bestimmt, war es in erster Linie wahrscheinlich seine theologische Ausbildung, die dazu den Anstoß gegeben hat. Aber auch Anregungen anderer Art, deren Spuren man in seinem Geschichtsbuche entdecken kann, hat er ohne Zweifel daselbst empfangen. Nach dem Jahre 1462 begegnen wir ihm wieder in Deutschland, bezw. in Erfurt, wo er, inzwischen Priester geworden, im J. 1464 als Vicar an der Severikirche erscheint, eine immerhin bescheidene Stellung, in welcher er jedoch bis zu seinem Tode ausgeharrt hat. Italien scheint aber das Land seiner Sehnsucht geblieben zu sein. Im J. 1477 hat er sich, mitten im strengen Winter, noch einmal aufgemacht, um die Wanderung über die Alpen anzutreten; einen speciellen Grund für die Wiederholung dieser Reise gibt er jedoch nicht an. Am letzten December 1485 ist er laut seinem noch erhaltenen Grabstein gestorben und hat er in der Severikirche seine letzte Ruhestätte gefunden.

Sein Geschichtsbuch, dem er das Gedächtniß seines Namens verdankt, ist im J. 1854 u. d. T. „Thüringisch-Erfurtische Chronik“, wenn auch nicht vollständig, von L. F. Hesse veröffentlicht worden. Wir haben indeß in demselben nicht an ein nach einem überlegten Plane gearbeitetes Geschichtswerk zu denken und ebensowenig kann oder will es als die reife Frucht einer systematischen Forschung betrachtet werden. Die Chronik oder, wie er sie auch bezeichnend nennt, sein „Memorial“, schließt sich bis zum Jahre 1440 fast vollständig an J. Rothe’s bekannte thüringische Chronik an, und erst von da an wird sie selbständig. Ueberwiegende Berücksichtigung finden thüringische und erfurtische Vorgänge, ohne daß darum auch weiter abliegende Ereignisse ausgeschlossen werden, über deren Verlauf dem aufmerksamen Verfasser gerade zufällig nähere Nachrichten zugekommen sind. Indeß darf man sein Werk darum nicht unterschätzen, es zählt ohne Zweifel zu den werthvollen zeitgeschichtlichen Aufzeichnungen des 15. Jahrhunderts.

Vgl. L. F. Hesse in Haupt’s Zeitschrift für d. Alterthum VIIl, 302 ff., eben demselben verdanken wir die Herausgabe der Chronik selbst im 32. Bde. der ged. Zeitschrift. – Ferner: L. Michelsen im 1. Bde. der Zeitschrift für thüringische Geschichte. – K. Herrmann, Biblotheca Erfurtiana p. 81–82. – O. Lorenz, Deutschlands Geschichtsquellen, 3. Aufl., II, 108.