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ADB:Vogler, Max

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Artikel „Vogler, Max“ von Ludwig Julius Fränkel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 177–178, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Vogler,_Max&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 03:07 Uhr UTC)
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Vogler: Max V., Belletrist, wurde am 13. Juni 1854 zu Lunzenau im Königreich Sachsen geboren. Er studirte zu Berlin, Jena und Zürich[1] Philologie, Geschichte, Philosophie und Naturwissenschaften und erwarb sich, wie seine Erzählungen später bewiesen, eine vielseitige Bildung. Nach Zürich scheint er in den letzten Universitätssemestern gegangen zu sein, als sich schon politische und verwandte Gesinnungen freierer Richtung bei ihm durchgerungen hatten. Er fand hier in Ludwig Ettmüller (s. d.) einen Fachmann, der, wenn auch dem alten Betriebe der Germanistik anhangend, doch das Gemüth mitsprechen ließ und vor allem die große Poesie in den Litteraturdenkmälern unserer Vorzeit aufzeigen wollte; außerdem war er entschiedener Liberaler. V. muß sich nach beiden Seiten hin bei ihm angeheimelt gefühlt haben, und so hat er denn die 1876 unter Ettmüller’s Augen entstandene und wol von ihm angeregte Dissertation, mit der er im Frühling 1877 zu Freiburg i. Br. promovirte (gleichzeitig in Paderborn unverändert als Buch ausgegeben) ihm als „seinem verehrten Lehrer“ gewidmet. Dieses Büchlein, theilweise ein Gegenbeweis wider den Ettmüller so oft gemachten Vorwurf unphilologischer Arbeitsweise, bot die Ausbeute ernstlicher Umschau auf einem vernachlässigten Seitenfelde dar, und es ist wol den – unten genannten – beiden ungünstigen Recensionen zuzuschreiben, daß von „Sjurðar kvædi. Die faröischen Lieder von Sigurd. Zum erstenmal mit Einleitungen, Anmerkungen und ausführlichem Glossar herausgegeben“ nur der erste Gesang, „Regin smiður“ erschien, „Brynhild“ und „Högni“ aber, die „in nicht ferner Zeit folgen“ sollten, ausblieben. Wenigstens waren aber in diesem ersten Bändchen die resumirenden und anregenden „Einleitungen“ enthalten: „Dichtung und Gesang auf den Faröer“, „Handschriften und Ausgaben färöischer Gedichte“, „Ursprung und Alter färöischer Gedichte“, „Das Verhältniß der Sjurðar kvædi zu der Gestaltung in nordischen und deutschen Schriftwerken, insbesondere in der Edda und im Nibelungenlied“, „Abweichungen des färöischen Dialekts vom Gemein-Altnordischen“, „Rhythmus und Form der färöischen Gedichte“, „Poetischer Werth der Sjurðar kvædi“. Hier spendet er aus liebevoller Vertiefung heraus allerhand Mittheilungen über dem Nichtspecialisten schwer erreichbare Dinge, allerdings ohne daß es ihm gelang, die engeren Fachleute zu fesseln oder von dem wenigen Neuen zu überzeugen.

Das Vorwort zu der Promotionsschrift ist bereits wieder aus der Heimath vom Februar 1877 datirt. Er scheint schon damals der Wissenschaft endgültig Valet gesagt zu haben. 1877–79 redigirte er die illustrirte pädagogische Zeitschrift „Der Studienfreund“, ebenfalls seit 1877 das „Jahrbuch für Zöglinge deutscher Gymnasien“ (13 Jahrgänge bis 1889), das „Jahrbuch für deutsche Mädchen u.s.w.“ (ebenso), die sämmtlich bei Sigismund und Volkening in Leipzig, wo V. auch 1879–80 und öfters vorübergehend sich aufhielt, verlegt und weit verbreitet wurden. Von seinem Geburtsorte aus, wo er sich dauernd niedergelassen hatte, wirkte er als unabhängiger Schriftsteller an vielen Zeitschriften und Tagesblättern mit, niemals ohne seine freimüthige Denkweise zu verleugnen – V. war ausgesprochener Demokrat – weder in allgemeinen Fragen, wie als Redacteur der Crimmitzschauer „Stadt- und Landzeitung“, noch 1886 als Herausgeber des „Allgemeinen litterarischen Wochenberichts“ (Lpz.). Nur in dem lieblichen Muldenthale fühlte sich der von Haus aus nicht übergesunde wohl und hier ist er auch, in Lunzenau selbst, am 7. October 1889[2] gestorben. In dieser beschaulichen Zurückgezogenheit hat er ferner veröffentlicht den Roman „In den Gewittern der Zeit“ (1879), „Der Herr Kommerzienrath. Eine moderne [178] Geschichte“ (1883), „Der Hirtenheini“ (1885), „Im Dorf der Schmied. Eine Geschichte aus dem Elsaß“ (1887), „Die Verwahrlosung des modernen Charakters. Ein Straf- und Mahnwort an die Zeitgenossen“ (1880, 2. Aufl. 1884), antimaterialistisch und für „ethische Cultur“, „Geschichte der deutschen Literatur von Lessing bis auf die Gegenwart“ (1889), „Ferdinand Lassalle. Sein Leben und Wirken“ (1889, in der Geiser-Liebknecht’schen „Volksbibliothek d. allgem. Wissens“). Aufsehen erregte „Der Herr Kommerzienrath“, in dem sich, zumal angesichts der äußerst realistisch abgespiegelten thatsächlichen Vorgänge, ein sächsischer Großfabrikant (Vogel) getroffen fühlte: die angestrengte Klage führte zur bis heute nicht aufgehobenen Confiscation; in Alfred Lenzhold staken viele Züge des Verfassers, der in ‚Sonnenau‘ seinen Geburtsort nebst dortigen Zuständen meinte und in Naturschilderung und Lebensanschauung schönsten Idealismus bekundete. „Im Dorf der Schmied“ ist eine nette Dorfgeschichte aus dem eben gewonnenen Reichslande mit einfacher Verwicklung und deutschpatriotischer Tendenz (vgl. Blätter f. lit. Unterh. 1887, S. 440). Die letztere bewahrte sich V. übrigens bis zuletzt, obzwar er politisch mehr und mehr ins Lager der Socialdemokratie überging. Sein Erzählungsstil ist sehr flüssig, bisweilen von abgeklärten Ergüssen einer reichen Phantasie und Schilderungsgabe durchzogen; ein edles, für alles Hohe schwärmendes Gemüth zeigen auch gelegentliche Aeußerungen in lyrischer Form.

Eine Anzahl der angeführten Schriften Vogler’s ist nur nach dem letzten auf seinen Angaben beruhenden Verzeichniß in Kürschner’s Litteraturkalender XI (1889), 510a angeführt, ohne daß sie alle eingesehen werden konnten; z. B. enthält Heinsius(-Bolhövener’s) „Allg. Bücher-Lex.“ nicht sämmtliche dieser Titel. Letzteres (XVIII 2, 775) gibt nicht nur die geänderte Verlagsfirma, sondern wie Brümmer, Lex. d. dtsch. Dicht. u. Pros. d. 19. Jhdt. II, 607a für „Der Herr Kommerzienrath“ 1886 an, der Buchtitel und Kürschner a. a. O. 1883, in welchem Jahre es Kürschner VI (1884) 274a zufolge auch erschien; diese Differenz ist deshalb merkwürdig, weil der beregte Proceß (vgl. Frankenstein im „Magaz. f. Lit.“ 1894, S. 374) erst nach 1886 entstand. Die, übrigens keine „vita“ enthaltende, Dissertation Vogler’s tadelt scharf Symons Germ. XXII, 440 ff., noch viel härter Müllenhoff, Anzgr. f. dtsch. Altert. IV, 113–125; vgl. Lundell Paul’s Grundr. d. germ. Phil. II 1, 735.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 177. Z. 4 v. o. l.: Er studirte zuerst in Zürich, dann in Jena und Berlin. [Bd. 45, S. 675]
  2. S. 177. Z. 3 v. u. l.: 8. October 1889. [Bd. 45, S. 675]