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ADB:Wiggers, Gustav Friedrich

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Artikel „Wiggers, Gustav (Adam) Friedrich“ von Heinrich Klenz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 463–465, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wiggers,_Gustav_Friedrich&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 16:25 Uhr UTC)
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Wiggers: Gustav (Adam) Friedrich W., Theolog, geboren am 25. October 1777 zu Biestow, † am 4. Mai 1860 zu Rostock. Die Familie Wiggers stammt aus Waren in Mecklenburg, wo um die Mitte des vorigen Jahrhunderts Johann W. Cantor und Kirchenökonomus war. Bei seinem Tode (1757) war sein Sohn Otto Ernst Christian 19 Jahre alt und lag dem Studium der Theologie ob, nach dessen Beendigung er 1759 zunächst des Vaters Aemter erhielt; später wurde er Pastor zu Vietlübbe bei Plau und 1775 zu Biestow bei Rostock, wo er sich mit einem Fräulein Julie v. Oldenburg aus Glave verheirathete. Der älteste Sohn Beider war Gustav Friedrich W. Derselbe besuchte seit 1792 die Domschule zu Güstrow und studirte seit Ostern 1795 Theologie (Christ. Dav. Ant. Martini, Wern. Karl Ludw. Ziegler), Philosophie, classische und orientalische Philologie (Ol. Gerh. Tychsen) in Rostock, war auch Mitglied des dortigen pädagogisch-theologischen Seminars, das unter Martini’s Leitung stand. Von Michaelis 1798 ab hörte er noch ein Jahr lang in Göttingen theologische und philologische Vorlesungen, erstere vornehmlich bei dem Kirchenhistoriker Gottlieb Jakob Planck, letztere bei Christ. Gottlob Heyne, an dessen Seminarübungen er sich eifrig betheiligte und dessen Wohlwollen er sich durch eine im Seminar geschickt vertheidigte Abhandlung „de eo quod intersit inter philosophiam Platonicam et philosophiam Kantianam, si principia spectamus“ erwarb. Im J. 1799 ließ er auch eine Uebersetzung und Erklärung des Propheten Joel im Druck erscheinen. Hierauf war er bis Ostern 1802 als „Hofmeister“, d. i. Hauslehrer, bei einem Baron v. Klot-Trautvetter auf Hohendorf in der Nähe von Stralsund in Diensten. Währenddessen bereitete er sich auf das Examen rigorosum theologicum pro praesentando (um als Pfarrer aufgestellt werden zu können) vor, das er am 14. Juli 1801 vor der Prüfungscommission in Greifswald bestand. In seine Heimath zurückgekehrt, erhielt er am 13. October 1802 auch die Licentia concionandi in den Mecklenburg-Schwerinschen Landen. Am 28. Februar 1803 erlangte er auf Grund einer „Dissertatio, sistens examen argumentorum Platonis pro immortalitate animi humani“ die philosophische Doctorwürde in Rostock und habilitirte sich dort als Privatdocent. Er hielt hauptsächlich philosophische Vorlesungen, las aber auch über griechische Schriftsteller und Litteraturgeschichte, gab eine Einleitung in die schönen Wissenschaften und unterrichtete in den orientalischen Sprachen und im Französischen. Aus dieser Zeit stammen die beiden Schriften: „Commentatio in Platonis Euthyphrona“ (1804) und „Sokrates als Mensch, als Bürger und als Philosoph oder Versuch einer Charakteristik des Sokrates“ (1807; 2. Aufl. 1811; ins Englische übersetzt London 1840).

Drei und ein halbes Jahr hatte W. mit Erfolg an der Rostocker Universität Vorlesungen gehalten, als sich ihm durch Erledigung einer räthlichen Professur der Theologie Aussicht auf feste Anstellung bot. Doch das Rathscollegium der Stadt pflegte sich mit der Neubesetzung ihrer Professuren nicht zu beeilen. Erst [464] am 8. August 1808 erhielt W. die zweite der beiden vom Rath zu besetzenden theologischen Professuren, mit welcher ein jährliches Gehalt von 300 Thalern verbunden war. Bald sollte er eine einträglichere Stellung erhalten. Ostern 1809 starb der erste herzogliche Theologie-Professor, Wiggers’ früherer Lehrer Ziegler, und ein Jahr darauf auch der zweite, Joh. Christ. Wilh. Dahl, unter dessen Leitung zugleich das pädagogisch-theologische Seminar stand. Nunmehr wurde W. vom Herzog am 12. Juni 1810 zum Professor und Inspector des Seminars ernannt. Vorher mußte er aber die theologische Doctorwürde erwerben. Zu diesem Zwecke schrieb W. zwei Dissertationen, zuerst „de Libanii usu ad historiam ecclesiasticam saeculi quarti illustrandam“, die er aber zurücknahm, um mit der zweiten, „de Juliano Apostata religionis Christianae et Christianorum persecutore“, am 8. Mai 1810 den Grad zu erlangen. (Eine deutsche Bearbeitung erschien 1837 in der Zeitschrift für historische Theologie.) Von dieser Dissertation gab der Alterthumskenner Aubin Louis Millin in dem Magasin encyclopédique (October 1810, S. 399) einen ausführlichen Auszug mit der Versicherung, jene Arbeit sei „une preuve du bon esprit, qui anime les universités d’Allemagne“. Im J. 1813 wurde W. auch zum Consistorialrath ernannt und zum herzoglichen Provisor beim Kloster zum heiligen Kreuz sowie bei der Kirchenökonomie bestellt. Seine Hauptthätigkeit blieb jedoch seinem theologischen Lehramte gewidmet, besonders der Kirchen- und Dogmengeschichte. Außer seinen Vorlesungen war er auch ferner auf diesem Gebiete mit vielem Erfolge schriftstellerisch thätig. Im J. 1817 gab er die Festrede: „Wie feiert eine protestantische Universität würdig das Andenken der Reformation?“ in Druck. Dann folgte sein Hauptwerk: „Versuch einer pragmatischen Darstellung des Augustinismus und Pelagianismus nach der geschichtlichen Entwicklung“, zunächst 1821 der 1. Band, der die Zeit vom Anfang der pelagianischen Streitigkeiten bis zur dritten ökumenischen Synode umfaßt und 1840 von Ralph Emerson, Professor der Kirchengeschichte am theologischen Seminar zu Andover in Massachusetts, ins Englische übersetzt wurde. Der 2. Band, welcher 1833 erschien, schildert den Semipelagianismus in seinem Kampfe gegen den Augustinismus und reicht bis zur zweiten Synode von Orange. In der Zeit zwischen dem Erscheinen dieser beiden Bände gab W. in seiner Eigenschaft als Rector der Universität (vom 1. Juli 1824 bis ebendahin 1825) drei Programme „de Johanne Cassiano Massiliensi, qui Semipelagianismi auctor vulgo perhibetur“ heraus, sowie 1830: „Das Augsburgische Glaubensbekenntniß in deutscher Sprache, nach der 1. Ausgabe Melanchthon’s … mit einigen Anmerkungen begleitet“. Am 1. Juli 1837 wiederum zum Rector erwählt, bekleidete er diese Würde drei Jahre hintereinander und schrieb drei Programme „de Gregorio Magno eiusque placitis anthropologicis“ (1838–1840). Seine letzte größere Arbeit, „Schicksale der Augustinischen Anthropologie von der Verdammung des Semipelagianismus auf den Synoden zu Orange und Valence 529 bis zur Reaction des Mönches Gottschalk für den Augustinismus“, veröffentlichte er in fünf Abtheilungen in der Zeitschrift für historische Theologie, 1854–1859. Außerdem finden sich Aufsätze von ihm in Wachler’s theologischen Annalen, in der Halleschen Allgemeinen Litteratur-Zeitung, in der Ersch-Gruberschen Encyklopädie und in dem Brockhaus’schen Conversations-Lexikon (neue Folge 1822 bis 1826). Bei der Reorganisation des pädagogisch-theologischen Seminars der Rostocker Universität, das Ostern 1841 in zwei Abtheilungen geschieden und nach denselben das „homiletisch-katechetische Seminar“ benannt wurde, erhielt W. die Leitung der katechetischen Abtheilung. Aus Anlaß seines 50jährigen Professoren-Jubiläums wurde ihm im August 1858 der Titel eines Oberconsistorialrathes verliehen; doch vermochte ihn diese Ehrenbezeigung nicht zu trösten über das Schicksal, welches seine Söhne Julius und Moritz betroffen hatte (siehe den [465] Artikel „Moritz Wiggers“!). Er starb am 4. Mai 1860, nachdem er seit 1823 Senior der theologischen Facultät, seit 1845 des gesammten Professoren-Concils gewesen war.

Dr. Gustav Friedrich Wiggers. Ein Denkmal. (Leipzig 1861.) – Vgl. auch das Brockhaus’sche Conversations-Lexikon, neue Folge, Bd. II, Abth. 2, (1826) S. 569 f.