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ADB:Tychsen, Oluf Gerhard

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Artikel „Tychsen, Oluf Gerhard“ von Heinrich Klenz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 39 (1895), S. 38–51, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Tychsen,_Oluf_Gerhard&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 09:43 Uhr UTC)
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Tychsen: Oluf Gerhard T., Orientalist, geboren am 14. December 1734 (nicht 1735, wie Lübker-Schröder, Lexikon der Schlesw.-Holst.-Lauenburgischen und Eutinschen Schriftsteller von 1796–1828, Bd. II, 1830 fälschlich angeben) zu Tondern, † am 30. December 1815 zu Rostock. Tychsen’s Vater war aus Norwegen und zwar aus einer Stadt in Nidrosien gebürtig. Aus einem Schreiben Tychsen’s an den dänischen Geheimen Rath v. Hoegh-Guldberg vom 4. April 1787 erfahren wir über den Großvater väterlicherseits folgendes: Avus [39] paternus Ulph Tuka, a rusticis, quos Odels Bondar vocant, originem trahens, iam aetate profectus crudelitate viceregis classiarius factus, post varia praelia navalia cum Suecis feliciter commissa tandem vulneratus, ad oras Flenopolitanas expositus et auxilium a praesenti necessitate repetere dire coactus fuit. Arcessitis e patria uxore et filio et vendito patrimonio a Suecis irrumpentibus plus semel vastato, sedem in pago aliquo Alseni fixit, donec mortua uxore Tunderam ad filium, qui Jutam virginem duxerat, se conferret. Der Großvater machte auch, nach Tychsen’s Vindicatio vom Jahre 1787, den Successionskrieg in Spanien mit, und von ihm wollte T. als zarter Knabe in der spanischen Sprache unterrichtet worden sein, worin er später „zur lehrreichen Uebung“ die Refutacion vom Jahre 1786 geschrieben habe. (Im Widerspruch mit dem Vorigen bezeichnet T. in einem englischen Briefe an den Pagenhofmeister Raddatz vom 7. Juni 1767 die englische Sprache als „die Sprache seiner Voreltern“.) T. nennt in seiner (bis zum Jahre 1758 reichenden) handschriftlichen Lebenbeschreibung in lateinischer Sprache seinen Vater: Jaern Tukason, in dem oben angeführten Schreiben aber: Jern Tuka. „Mutati cognominis paterni“ – heißt es in dem letzteren weiter – „causam hanc habeo. Quoniam cum Graeco τυχη[WS 1] sono fere aequalis erat et Slesvicenses in more positum habebant, nominibus suis ‚sen‘ addere, hanc permutationem, quam puer, sapere ausus, doctam aeque ac ominosam reputabam, excogitavi, quae, posteaquam introducta fuerat, amplius remutari non potrat. Ex quo apparet me cum omnibus hoc cognomine insignitis nulla affinitate coniunctum esse.“ Danach wäre also T. mit keinem seines Namens verwandt gewesen, sondern hätte sich denselben in der Jugend ebensowol des gelehrten Klanges als der guten Vorbedeutung wegen, um ein „Glückssohn“ (von τύχη!) zu werden, selbst beigelegt. Und doch fand Hartmann ein gedrucktes Blatt, auf dem T. eine nicht näher bezeichnete und wahrscheinlich nie erschienene Schrift dem kgl. preußischen General-Referendar beim Gericht zu Kolberg, Oluf v. Tychsen, dem kgl. dänischen General-Kriegscommissar und Etatsrath im Königreich Norwegen, späteren Festungsgouverneur auf der Küste von Guinea, Christian v. Tychsen und dem kgl. dänischen Schiffscapitän Steno v. Tychsen, seinen „vielgeliebten Herren Vettern“, widmet. Aber mit ihnen verknüpften T. ebensowenig verwandtschaftliche Bande, wie sein Vater den Rang eines dänischen Hauptmanns bekleidete, wofür er ihn manchmal ausgab. Dieser hatte vielmehr das Schneiderhandwerk erlernt und war dann allerdings unter das dänische Militär getreten, hatte es aber nur bis zum Sergeanten gebracht. Der kärgliche Sold ließ ihn in dienstfreien Stunden wieder zur Nadel greifen, um sich mit seiner Familie zu ernähren. Die beiden ersten Knaben starben früh. Nach ihrem Tode wurde den Eltern ein dritter Knabe geschenkt, dem sie in der Taufe die vereinten Vornamen jener beiden beilegten: Oluf Gerhard.

T. besuchte bis zum Jahre 1745 die öffentliche Stadtschule, sodann die Lateinschule seines Heimathsortes; in der letzteren genoß er den Unterricht des im Griechischen und Hebräischen tüchtigen Rectors Joh. Friedr. Overbeck. Ostern 1752 kam er auf das Gymnasium (Christianeum Academicum) zu Altona, wo ihm der damalige Amtmann, spätere Geh. Conferenzrath v. Holstein, die erledigte Stelle eines Stipendiaten, nebst freiem Unterricht und Wohnung, verschafft hatte. Hier wurde er nicht nur in die Naturwissenschaften und classischen Alterthümer durch den Professor Geo. Chr. Maternus v. Cilano (geb. 1696 zu Preßburg, † 1773), den Verf. einer „ausführlichen Abhandlung der römischen Alterthümer“ (4 Bde., 1775–76, hrsg. von G. Ch. Adler), sondern auch in das Rabbinische, sowie mehrere andere morgenländische Sprachen durch den Professor Joh. Christoph Sticht (s. A. D. B. XXXVI, 170) eingeführt; T. selbst hob noch den Nutzen hervor, welcher ihm für die Kenntniß des Talmud und der neueren jüdischen [40] Litteratur aus dem Umgang mit dem Oberrabbiner Jonathan Eybeschütz († 1765) erwachsen sei. Nach Einigen verließ T. schon im J. 1755 Altona und bezog die Universität Jena, die er jedoch wegen der dort herrschenden freien Richtung in der Theologie gar bald mit der Universität Halle vertauscht habe; nach Hartmann wandte er sich gleich und zwar erst Ostern 1756 nach Halle. Er hörte hier Theologie bei Siegm. Jak. Baumgarten, Joh. Geo. Knapp, Joh. Salomo Semler, Joh. Friedr. Stiebritz; orientalische Litteratur bei Chr. Bened. Michaelis; Philosophie bei Geo. Friedr. Meier und Andr. Weber[WS 2]; Geschichte bei Wideburg und Joachim; Mathematik und Physik bei Eberhard und Lange. Sein Hauptlehrer war Baumgarten; derselbe übertrug T. und dem späteren mecklenburg-strelitzschen Consistorialrath Andr. Gottlieb Masch die Anfertigung der „Nachrichten von merkwürdigen Büchern“, die 1758 vollendet wurden. Michaelis war schon stumpf geworden, so daß Tychsen’s Neigung zu den orientalischen Sprachen in den Hörsälen gar keine Befriedigung fand. Schon am 10. Januar 1757 erhielt T. eine Stellung als Lehrer und bald auch als Aufseher der Schüler am Waisenhause zu Halle. Nicht lange danach lenkte er durch seine mit großer Gewandtheit auf rabbinisch gehaltenen Vorträge die Augen des Professors der Theologie, Dr. Joh. Heinr. Callenberg (geb. 1694 zu Molschleben im Gothaischen, † 1760) auf sich. Jener hatte im J. 1729 im Anschluß an A. H. Francke’s Stiftungen ein Institutum Judaicum gegründet, in welchem junge Theologen zu Judenmissionaren ausgebildet werden sollten, und sandte von Zeit zu Zeit gewöhnlich zwei genügend vorbereitete Mitglieder dieser Anstalt in die Welt hinaus, um theils durch belehrende Gespräche, theils durch Vertheilung von jüdisch-deutschen und orientalischen Schriften, die in einer mit dem Missionsseminar verbundenen Buchdruckerei hergestellt wurden, Proselyten zu machen. Auch T. wurde von ihm für die Judenmission gewonnen und bereiste zu diesem Zwecke in Gesellschaft des späteren Doberaner Präpositus Joh. Pet. Röper (des Großvaters des Rostocker Professors der Naturgeschichte Dr. Johs. Röper) Deutschland und Dänemark. Die erste Missionsreise dauerte vom 8. Mai 1759 bis zum 31. Januar 1760; sie ging von Halle über Hamburg und Altona, wo die Missionare von den Juden mißhandelt wurden, und Elmshorn im Holsteinischen bis nach Kopenhagen: 280 Meilen. Kein einziger Jude wurde bekehrt! Nicht günstiger fiel die zweite Reise aus, die vom 5. Mai 1760 bis zum 1. Sept. desselben Jahres dauerte und sich auf 206 Meilen belief; Hauptstationen waren diesmal Pyrmont und Dhaun am Rhein. Tychsen’s glänzende rabbinische Beredsamkeit vermochte wiederum keinen Juden zu bekehren. Dafür machte T. auf seiner zweiten Missionsreise die Bekanntschaft eines bei dem Herzog Friedrich dem Frommen von Mecklenburg-Schwerin viel vermögenden Theologen – mochte es nun der mecklenburgische Consistorialrath und Professor der Theologie, Dr. Chr. Albr. Döderlein in Bützow gewesen sein oder, wie Hartmann will, der Abt Steinmetz in Klosterbergen – und wußte demselben derart zu imponiren, daß dieser ihn dem Herzoge auf das wärmste empfahl. Kaum war T. von der Reise zurückgekehrt, als an ihn die Aufforderung erging, seinen Wohnsitz in Bützow zu nehmen und auf der dortigen neuen Friedrichs-Universität, die der mit der Stadt Rostock in Streit liegende Herzog soeben gegründet hatte, Vorlesungen über die hebräische Sprache zu halten. Mit Freuden sagte er, der erfolglosen Missionsthätigkeit überdrüssig, zu und verließ Halle am 22. September 1760.

Bevor T. seine Vorlesungen auf der kleinen herzoglichen Universität zu Bützow begann, erwarb er daselbst die Magisterwürde, die er noch nicht besaß, und zwar mittels einer Dissertation „De propugnanda in Judaeos fide“. Da er von dem geringen Honorar, das ihm seine anfangs nur spärlich besuchten Vorlesungen eintrugen, seinen Unterhalt nicht bestreiten konnte und ihm anderweitige [41] Einnahmequellen vorderhand nicht zuflossen, wurde ihm bald nach seinem Antritt vom Herzog ein Gehalt von 200 Reichsthalern ausgesetzt, das ihm aber der drückenden Zeitlage wegen nicht regelmäßig zukam. Viel werden ihm auch die folgenden Schriften nicht eingetragen haben. Seine erste Schrift weist auf seine früheren Versuche auf dem Gebiete der Judenmission zurück: es ist ein in englischer Sprache geführtes Gespräch zwischen einem gelehrten Juden und einem christlichen Bekehrer: „A dialogue between a learned Jew and a Christian to which is addet a choice of english proverbial, fayings and sentences with explications, published by Tychsen“ (1763). Sodann veröffentlichte er noch in demselben Jahre eine Disputation „De delectu [Werbung zum Kriegsdienst] veterum Ebraeorum“ und eine Grammatik des rabbinischen Dialektes mit Lesestücken und Wörterverzeichniß: „Dialecti rabbinicae elementa, cum eclogis ex optimis Ebraeorum scriptoribus et lexico rabbinico selecto, ad usus auditorum“, worin der Text statt mit rabbinischen Lettern, die in der Druckerei fehlten, mit hebräischen Buchstaben gegeben ist. Jene Untersuchung der Werbeverhältnisse bei den alten Hebräern dürfte T. angestellt haben, um Trost darin zu finden für die Gefahren, denen seine Person ausgesetzt war. Im J. 1762 machten nämlich preußische Werber in Mecklenburg Jagd auf „junge Leute“; vor ihnen versteckte sich unser Magister legens anfangs, so gut er konnte, dann aber floh er am 21. Februar über Hamburg nach Lübeck zum Herzog und weiter nach Tondern, von wo er zu Schiff nach England ging, das ihn bis zum Juni barg. Erst als die Luft wieder ganz rein war, kehrte er auf seinen Bützower Katheder zurück.

Der Unterricht, den T. als akademischer Lehrer in der hebräischen Sprache ertheilte, beschränkte sich auf die nothwendigsten Theile der Formenlehre nach der Danz’schen Methode, nach welcher er selbst den ersten Unterricht in dieser Sprache empfangen hatte. An solche in wenig Stunden vorgetragene Uebersichten schlossen sich bald Leseübungen an, die anfangs an der Hand einer Anthologie vorgenommen wurden. Aber auch als sie sich später auf die mosaischen und prophetischen Schriften bezogen, wurden hierbei nur die grammatischen Formen erklärt und höchstens noch die alten Uebersetzungen herangezogen und mit einander verglichen. Exegetische Vorlesungen über das Alte Testament hat T. nie gehalten.

Nach dreijähriger Docentenwirksamkeit wurde T., wol mehr durch Döderlein’s Fürsprache als durch eigenes Verdienst, am 14. November 1763 zum ordentlichen Professor der orientalischen Sprachen mit einem Gehalt von 300 Reichsthalern befördert und am 14. April 1764 in das Professorenconcilium der Bützower Universität aufgenommen. Am 2. August des folgenden Jahres verband sich der Herr Professor mit dem fast zehn Jahre älteren Fräulein Magdalena Sophia v. Tornow, die aus einem altadeligen Geschlechte stammte und sich seiner während einer Krankheit angenommen hatte. Sie schenkte ihm am 20. August 1766 einen Sohn, bei dessen Taufe der gerade das Rectorat bekleidende Vater die Decane der vier Facultäten zu Gevatter bat, der aber schon am 21. December 1767 starb. Die Mutter erreichte, ohne weiteren Kindern das Leben zu geben, ein hohes Alter; sie starb am 15. März 1806. Ohne diese Ehe, die ihm ein Capital von einigen tausend Thalern zubrachte, würde T. nie zu der Berühmtheit gelangt sein, zu welcher er sich von jetzt an allmählich zu erheben begann; denn sein Gehalt warf nicht so viel ab, daß er davon die Kosten seiner orientalischen Sammlungen und ausgebreiteten Correspondenz, des Grundpfeilers seines späteren Weltrufes, hätte bestreiten können. Die Mitgift setzte ihn in den Stand, sich mit der Zeit eine ansehnliche Bücher- (etwa 10 000 Bände) und eine Münzensammlung zu erwerben. Sein Professorengehalt wurde 1767 auf 500 Rthlr. erhöht, dazu kamen seit 1770 für seine [42] Mühewaltungen als Bibliothekar 150 Rthlr., seit 1802 bezog er bis an seinen Tod ein Gesammtgehalt von 750 Rthlr.

Mit verstärktem Eifer legte sich T. als Professor auf die Schriftstellerei. Im J. 1765 gab er heraus: „Disputatio historico-philologico-critica de pentateucho ebraeo-samaritano, ab ebraeo eoque masorethico descripto exemplari“ und „Catalecta arabica ad usum scholarum suarum edidit atque de mediis adsolidam ebraicae linguae cognitionem perveniendi praefatus est T.“, worin der arabische Text aus Thomas’ von Kempen Büchern von der Nachfolge Christi übersetzt war. Im folgenden Jahre übersetzte er Jehudah Lebh’s (= Levin Hirsch Levi, Rabbiners zu Strelitz) Abhandlung „Die Auferstehung der Todten aus dem Gesetz Moses bewiesen“ aus der rabbinischen Handschrift ins Deutsche und begleitete sie mit einer Vorrede. Einen glücklichen Wurf that T. aber erst mit den „Bützowischen Nebenstunden, verschiedenen zur morgenländischen Gelehrsamkeit gehörigen Sachen gewidmet“. Sie erschienen in 6 Theilen: 1. u. 2. im J. 1766, 3. u. 4. im J. 1768 und 5. u. 6. Thl. im J. 1769. Den wichtigsten Inhalt dieses Werkes bilden Varianten aus Raschi’s handschriftlichem Bibelcommentare vom Jahre 1211, von welchem T. bereits eine Beschreibung in den Gelehrten Beiträgen zu den Mecklenburg-Schwerinschen Nachrichten (1763, Stück 45 u. 46) gegeben hatte; ein Verzeichniß der ersten hebräischen Bibeldrucke; die Erklärung einiger altarabischer Münzen; endlich eine Geschichte der Juden in Mecklenburg. Auch die in zwei Abtheilungen erschienene Schrift über die hebräischen Abkürzungen „Abbreviaturarum hebraicarum supplementum“ (I et II, 1768, 69) ist nicht ohne Verdienst und läßt uns besonders Tychsen’s Geschicklichkeit im Stechen von Kupfertafeln bewundern. T. war in verschiedenen Künsten zu Hause. Er schrieb nicht nur eine deutliche und schöne Handschrift, sondern vermochte selbst die verschlungensten asiatischen Schriftzüge treu und zierlich abzuzeichnen. Im J. 1767 hatte er unter der Anleitung des Petschierstechers Aaron zu Bützow die ersten Versuche gemacht, Schriftzüge in Kupfer abzubilden, und war in demselben Jahre auch vom Hofmaler Findorf zu Ludwigslust im Kupferstechen unterwiesen worden. Der Hofmaler Matthieu zu Schwerin gab ihm Unterricht im Radiren. Auch die Dichtkunst pflegte T., wenigstens in jüngeren Jahren. So findet man z. B. im 1. Stück des Jahrgangs 1765 der Gelehrten Beiträge u. s. w. aus Tychsen’s Feder ein Reimgedicht, welches „Der Geist und die Stärke der Davidischen Oden“ überschrieben ist und aus 13 Strophen zu je 10 Zeilen besteht. Hierbei sei eines Aufsatzes Tychsen’s im 32. Stücke desselben Jahrgangs gedacht; er handelt „über den Ursprung der Zigeuner“, deren Vorfahren T. alles Ernstes für „verlarvte Juden“ ausgibt.

In diese Zeit fällt der Beginn von Tychsen’s Freundschaft mit dem herzoglichen Mundschenken Karl Christian Cornelius zu Ludwigslust. Dieser bekleidete zwar nicht – wie es aus seiner Erwähnung durch U. Hölscher in den Jahrbüchern des Vereins für Mecklenb. Geschichte u. Alterthumskunde, Jahrg. LI, 1886 den Anschein gewinnen dürfte – eine Hofcharge, sondern nur die Stelle eines Hofofficianten, was aus seiner im J. 1788 erfolgten Ernennung zum Hof-Kellermeister, sowie aus dem nebenher von ihm versehenen Amte eines Postmeisters deutlich hervorgeht; er war aber nichtsdestoweniger ein beim Herzog Friedrich dem Frommen und noch bei dessen Nachfolger viel vermögender Mann. Für eine den Durchschnitt seines Standes überragende Bildung spricht schon der Umstand, daß seiner Aufsicht die herzogliche Bibliothek zu Ludwigslust unterstellt war. Die zwischen ihm und T. während der Jahre 1770–1792 gewechseltm Briefe befinden sich im Original auf der Rostocker Universitätsbibliothek; einige von ihnen sind im Freimüthigen Abendblatt, Jahrgang 1823 veröffentlicht worden. – Cornelius befestigte seinen Freund in der Gunst des Herzogs Friedrich [43] des Frommen. Der Fürst begann, in Nachahmung Kaisers Leopold, am 30. September 1769 bei seinem Professor der orientalischen Sprachen Unterricht im Hebräischen zu nehmen und machte hierin, trotzdem er beinahe 52 Jahre alt war, – nach Tychsen’s Zeugniß in der bei der Beisetzung des Herzogs gehaltenen Rede, 1785, S. 11 – ganz überraschende Fortschritte. Das war zugleich eine indirecte Aufforderung an die Studenten der herzoglichen Universität, sich die ihnen gebotene Gelegenheit einer gründlichen Ausbildung in der hebräischen Sprache nicht entgehen zu lassen. So kam es, daß Tychsen’s Vorlesungen bald die besuchtesten in Bützow wurden – mit 20–30 Zuhörern; keiner seiner Collegen konnte sich eines annähernd so starken Besuches rühmen.

Um die Bützower Universität erwarb sich T. ein großes Verdienst durch die Begründung einer akademischen Bibliothek, wozu eine von ihm in Schwerin zufällig entdeckte, über 100 Jahre alte mäßige Büchersammlung des Herzogs den ersten Anlaß gab. T. wurde der Bibliothek am 19. Januar 1770 vorgesetzt; die Statuten derselben datiren vom 2. November 1772. Da zu ihrer Vergrößerung außer den aus Immatriculationen und Promotionen eingehenden geringen Mitteln ein jährlicher Betrag von nur 80 Thlrn. ausgesetzt war, so bedurfte es der rührigsten Fürsorge Tychsen’s, um die Bibliothek schließlich auf die Höhe von 14 134 Bänden und 198 Handschriften zu bringen. Auch zu einem sogen. naturhistorischen Museum, das aus naturwissenschaftlichen Lehrmitteln, Münzen u. s. w. bestand, legte T. im J. 1775 den Grund. Als Anerkennung für diese Bemühungen wurde ihm im Sommer desselben Jahres der Titel eines herzoglichen Hofrathes zu theil. Die dankbare Bützower Universität aber wählte ihn fünfmal zu ihrem Rector. Nicht wenig durch solche Ehrenbezeigungen in seinem Selbstbewußtsein gehoben, strebte T., welcher sowol durch seine Vorlesungen als auch durch seine Schriften der Theologie wesentlich genützt zu haben glaubte, nach einer Adjunctenstelle in der theologischen Facultät und nach einem Sitze im herzoglichen Consistorium; jedoch, so oft er auch darum nachsuchte, vergebens: die Bützower Professoren der Theologie ließen in ihren Kreis so leicht keinen eintreten, von dem sie nicht im voraus fest überzeugt waren, daß er in allen Punkten mit ihnen übereinstimme. T. ging aber mit Vorliebe seinen eigenen Weg.

In drei Schriften wandte sich T. gegen das Unternehmen des Oxforder Theologen Benjamin Kennicott, der dem hebräischen (Consonanten-)Texte des Alten Testamentes durch Vergleichung von 16 samaritanischen und etwa 600 hebräischen Handschriften, sowie 55 Bibeldrucken aufhelfen wollte. Tychsen’s erste Schrift, welche noch eher erschien, als Kennicott den Druck seines Werkes (Vetus Testamentum bebraicum cum variis lectionibus edidit, II tomi, Oxonii 1776 et 80, in fol.) begonnen hatte, führt den Titel: „Tentamen de variis codicum hebraicorum Veteris Testamenti manuscriptorum generibus, a Judaeis et non Judaeis descriptis, eorum in classes distributione, et antiquitatis et bonitatis characteribus“ (1772, mit einer von Tychsen’s Hand gestochenen Kupfertafel). Zwei Jahre darauf folgte ein „Befreites Tentamen von den Einwürfen der Herren Mag. Paul Jak. Bruns, Dr. Joh. Aug. Dathe (Professors in Leipzig), Hofrath Joh. Dav. Michaelis (Professors in Göttingen) u. A. (Schnurrer und des Lemgoer Recensenten, d. i. des Professors Hassencamp in Rinteln), wobei zugleich eine genaue Beschreibung der seltenen Mantuanischen (hebräischen) Bibelausgabe (vom Jahre 1742) geliefert worden ist“ (1774). Abermals zwei Jahre später erschien ein „Erster (einziger) Anhang zu seinem Befreiten Tentamen, worin eines Ungenannten (des Professors Hassencamp) so betitelte Schrift ,Der entdeckte wahre Ursprung der alten Bibelübersetzung‘ u. s. w. (1775) geprüft und ihr Ungrund gezeigt wird“ (1776). T. sprach der Arbeit Kennicott’s von vornherein [44] jeden Werth ab, indem er auf die Fehlerhaftigkeit der Handschriften hinwies gegenüber dem masorethischen Texte, der, von einigen Druckfehlern abgesehen, fehlerfrei sei. Dadurch machte T. selbst den langjährigen Mitarbeiter Kennicott’s, den späteren Helmstedter Professor Bruns, stutzig, der im J. 1781 zugab, daß nicht immer mit der erforderlichen Kritik zu Werke gegangen sei, wenn er auch unter den gesammelten Lesarten noch „einige wahre Verbesserungen“ des masorethischen Textes gelten lassen wollte. – Dazwischen fällt die Uebersetzung einer von T. am 1. Juni 1775 zur Vermählung des Prinzen (nachmaligen Großherzogs) Friedrich Franz mit der Prinzessin Louise von Sachsen-Gotha-Roda gehaltenen lateinischen Festrede: „Von der göttlichen Vorsicht, die sich bei den Vermählungen der Fürsten und Großen besonders kenntlich zeiget“. – Im J. 1779 veröffentlichte T. eine Schrift u. d. T.: „Die Unechtheit der jüdischen Münzen mit hebräischen und samaritanischen Buchstaben bewiesen“. Hierin suchte er darzuthun, daß nicht nur die Münzen mit hebräischer Quadratschrift, sondern auch die von Simon dem Makkabäer und dessen unmittelbaren Nachfolgern abgeleiteten, also die hasmonäischen, sämmtlich unecht seien. Als darauf der noch jetzt im Ansehen eines hervorragenden Numismatikers stehende Spanier Don Francisco Peres Bayer (geb. 1711 zu Castellon de la plana, Jesuit, langjähriger Prinzenerzieher am Hofe Karl’s III., dann Archidiakonus zu Valencia, † am 26. Januar 1794 als kgl. Kammerherr und Oberbibliothekar zu Madrid) Tychsen’s Behauptungen gründlich zu widerlegen wagte, ließ sich dieser zu einer äußerst verletzenden Erwiderung verleiten: „Refutacion de los argumentos que el Sr. D. Franc. Perez Bayer ha alegado nuevamente en favor de las monedas Samaritanas“ (1786), die von den Feinden Bayer’s über ganz Spanien verbreitet wurde. Der so Gekränkte mochte anfangs nicht an die Autorschaft Tychsen’s, mit dem er bisher in freundschaftlichem Briefwechsel gestanden hatte, glauben, bis ihm T. in einer neuen Schrift: „Vindicatio Refutationis hispane scriptae ab anonymi Hispani obiectionibus“ (1787, auch ins Spanische übersetzt von Thomas Fermin de Arteta) jeden Zweifel darüber benahm. Erst später lenkte T. ein. In seiner Schrift: „De numis hebraicis diatribe, qua simul ad nuperas Ill. Francisci Perezii Bayerii obiectiones respondetur“ (1791. Editio II castigatior, curante Th. Ferm. de Arteta, Madridi 1792) erkennt er die Echtheit einiger der besprochenen Münzen an, schreibt sie aber nicht dem Fürsten Simon und dessen Nachfolgern, sondern dem Pseudo-Messias Barcochba zu, wobei er seine früheren Ansichten, soweit sie sich noch mit dieser neuen Ansicht vereinigen lassen, in einem zusammenhängenden Vortrage über die jüdischen Münzen überhaupt gegen Bayer zu vertheidigen sucht. – In die Zeit des Bützower Aufenthaltes Tychsen’s fallen noch folgende Schriften: „Von christlich-arabischen Münzen“ (1785, ins Spanische übersetzt); „Von den Beisetzungs-Feierlichkeiten der Juden“ (enthalten in der Einladungsschrift zur Anhörung der das höchstselige Absterben des durchlauchtigsten Herzogs Friedrich feiernden Reden, 1785); „Beurtheilung der Jahrzahlen in den hebräisch-biblischen Handschriften“ (1786); „Des Don Ignacio de Asso y del Rio Abhandlung ‚von den Heuschrecken und ihren Vertilgungsmitteln‘ aus dem Spanischen übersetzt und mit einem Anhange von den biblischen Heuschrecken begleitet“ (1787); „Interpretatio inscriptionis cuficae in marmorea templi patriarchalis S. Petri cathedra, qua S. Petrus apostolus Antiocheae sedisse traditur“ (1787, mit einer von Tychsen’s Hand gestochenen Kupfertafel. 1788 erschien eine berichtigte und vermehrte Ausgabe); „Nachtrag zu Wilh. Abraham Teller’s Beiträgen zur neuesten jüdischen Geschichte über die Streitfrage, ob der Ausdruck ‚nicht bei der jüdischen Religion bleiben‘ nach jüdischem Sprachgebrauch heiße: ,die christliche Religion annehmen‘“ (1788). T. hält beides für nicht gleichbedeutend; er behauptet, daß es Juden [45] gebe, die, obwol sie sich hätten taufen lassen, dennoch Juden geblieben seien. Ueber diese „Absurdität“ des großen Kenners des Judenthums ereiferte sich nicht wenig die Berlinische Monatsschrift Bd. XIV (1789) S. 499.

Als Herzog Friedrich Franz, welcher seinem kinderlosen Oheim Friedrich dem Frommen am 24. April 1785 in der Regierung von Mecklenburg-Schwerin gefolgt war, in Ausführung des am 13. Mai 1788 vollzogenen „grundgesetzlichen neuen Erbvertrags“ die Bützower Universität zu Ostern 1789 nach Rostock zurückverlegte und mit der hier noch bestehenden räthlichen wieder zu einer lebensfähigen Landesuniversität unter dem Compatronate der Stadt Rostock verband, da siedelte auch T. aus dem Binnenlande nach der alten Seestadt mit über. Dieser Wechsel des Wohnsitzes erfüllte ihn mit neuen Hoffnungen für die Verbreitung seines Namens als einer Autorität in Sachen orientalischer Alterthümer; der ihm von auswärtigen Gelehrten gespendete Ehrentitel eines „Bützower Oedipus“ hatte ihn nur noch ruhmesdurstiger gemacht. Seine Vorlesungen dehnte er jetzt auch auf andere morgenländische Sprachen als die hebräische aus, z. B. auf das Arabische und Syrische, sodann auf mohammedanische Münzkunde, arabische Paläographie u. s. w., und hatte verhältnißmäßig viele Zuhörer, nicht bloß unter den Theologen, sondern auch aus den übrigen Facultäten. Verstand er es doch, sich mit einem Nimbus von Gelehrsamkeit zu umgeben, durch den sich die akademische Jugend von jeher hat blenden lassen. In der Werthschätzung seiner Person, wie er sie bei der vorgesetzten Behörde annehmen zu dürfen glaubte, mußte er jedoch eine bittere Enttäuschung erfahren. Man bestellte nämlich nicht ihn, die Zierde der Bützower Universität, sondern einen neu berufenen Professor der Theologie, den bisherigen Helmstedter Professor und Generalsuperintendenten Dr. theol. et phil. Joh. Kaspar Velthusen zum ersten Rector der restaurirten Landesuniversität. Dazu kam noch, daß Velthusen die von ihm als Rector im Professorenconcilium eingenommene erste Stelle auch nach Ablauf seines Rectorats nicht aufgeben wollte. T. war es aber keineswegs genehm, auch noch hinter dem Professor Velthusen zu rangiren, und da er keinen Schutz bei der Regierung fand, trat er Ostern 1790 aus dem Professorenconcilium (unbeschadet seiner akademischen Stellung) aus, ohne je wieder einzutreten, obwol Velthusen schon 11/2 Jahre darauf nach Stade abging. Hierdurch erklärt es sich, daß T. in Rostock nie die Würde eines Rectors bekleidet hat, der stets aus der Mitte des Conciliums heraus gewählt wird. – Dagegen wußte man sich Tychsen’s sehr wohl zu erinnern, als es galt, die Bibliothek und das naturhistorische Museum neu einzurichten. T. wurde sofort hiermit beauftragt und entledigte sich der nicht leichten Arbeit mit der größten Umsicht und in möglichst kurzer Zeit. Zu den von ihm in Bützow gesammelten Bänden u. s. w. kam einmal die bisherige Rostocker akademische Bibliothek von 4699 Bänden und 94 Handschriften, sodann durch Schenkungen und Ankäufe weitere 9316 Bände und 192 Handschriften hinzu, so daß sich die neue Bibliothek im ganzen auf über 28 000 Bände und gegen 500 Handschriften belief. Im J. 1790 gab T. auch eine „Geschichte der öffentlichen Universitäts-Bibliothek und des Museums zu Rostock“ heraus, die nur in wenigen Exemplaren erschien, aber in Burchard und Koppe’s „Rostock’schen Monatsschrift“, Bd. I, 1791, wieder abgedruckt wurde. Dazu erschien im J. 1793 eine „Erste Fortsetzung, welche die freiwilligen Geschenke enthält“. Trotz der zeitraubenden Ordnung der Bibliothek hatte T. währenddem noch folgende Schriften veröffentlicht: „Explicatio cuficae inscriptionis, quae in columna lapidea musei societatis antiquariorum Londinensis conspicitur; adiecta est marmoris Messanensis interpretatio, cum tab. aen.“ (1789); „Appendix ad inscriptionis cuficae, Venetiis in marmorea templi patriarchalis S. Petri cathedra conspicuae, interpretationem“ (1790); „Assertio epistularis de peregrina numorum Hasmonaeorum [46] origine, cum tab. aen.“ (von Tychsen’s Hand gestochen, 1790). Später erschienen: „Elementale arabicum, sistens linguae arabicae elementa, catalecta maximam partem anecdota et glossarium arabico-latinum“ (1792. Mit einem von T. verfaßten arabischen Gespräch. – Auf Tychsen’s Veranlassung waren für die Rostocker akademische Buchdruckerei arabische Lettern von der Breitkopf’schen Schriftgießerei besorgt); „Elementale syriacum, sistens grammaticam, chrestomathiam et glossarium; subiunctis IX tabulis aere expressis“ (1793. Auf Tychsen’s Vorschlag waren für die Rostocker akademische Buchdruckerei auch syrische Lettern angeschafft); „Introductio in rem numariam Mohammedanorum; subiunctis VI tabulis aere expressis“ (1794); hierzu gehört: „Introductionis etc. Additamentum I (unic.), subiunctis II tab. aen.“ (1796. In beiden Werken sind die Kupfertafeln von Tychsen’s Hand gestochen); „Opuscula IV, antiquitates orientales illustrantia, cum III tab. aen.“ (1794. Enthält folgende, vordem einzeln erschienene Schriften: „Assertio etc.“ [1790]; „Interpretatio inscr. cuf., ed. II.“ [1788]; „Appendix etc.“ [1790]; „Explicatio cuf. inscr.“ [1789]); „Physiologus syrus, s. historia animalium XXXII in S. S. memoratorum, syriace, e codice bibliothecae Vaticanae nunc primum edidit, vertit et illustravit“ (1795); „Takieddin Al-Makrizii historia monetae arabicae, e codice Escorialensi cum variis duorum codicum Leidensium lectionibus et excerptis anecdotis nunc primum edita, versa et illustrata“ (1797); „Takieddin Al-Makrizii tractatus de legalibus Arabum ponderibus et mensuris; ex codice academiae Lugduno-Batavae, additis excerptis e scriptoribus arabicis necnon variantibus lectionibus ad editam Makrizii historiam monetae arabicae spectantibus, edidit“ (1800); „De cuneatis inscriptionibus Persepolitanis lucubratio, cum II aere expr. tab.“ (von Tychsen’s Hand gestochen, 1798). In dieser zuletzt genannten Schrift zeigte T. an der Hand der beiden von Niebuhr (vgl. Deutsches Museum 1788, März) mitgetheilten altpersischen Keilinschriften, daß die Keilschrift von links nach rechts laufe (worauf übrigens schon Pietro della Valle im J. 1621 hingewiesen hatte), daß sie einen Worttheiler habe, daß sie eine Buchstabenschrift und mit dem Griechischen verwandt sei. Zwar brachte er infolge eines Mißgriffes keine richtige Deutung der beiden Inschriften zu Stande, indem er sie für „Loblieder auf den Stifter der Arsaciden“ nahm und demnach den Parthern zuschrieb, was ihn auf das Zend hinwies; aber Tychsen’s Spuren – nur nicht bis zu den Parthern – folgend, drang dann der Hannoveraner Georg Friedrich Grotefend nach richtiger Deutung von 11 Buchstaben in den Inhalt einer Keilschrift ein und legte als junger Gymnasiallehrer zu Göttingen am 14. September 1802 der dortigen Societät der Wissenschaften die erste gelungene Uebersetzung eines Keilschrifttextes, und zwar einer altpersischen Achämenideninschrift, vor. Hierauf bezieht sich Tychsen’s „Beurtheilung der Grotefend’schen und Lichtenstein’schen Entzifferungsversuche der persepolitanischen Keilschriften“ (1802).

Der Ruf von Tychsen’s Gelehrsamkeit hatte sich immer weiter verbreitet; kaum gab es noch ein Land in Europa, wo man seinen Namen nicht kannte. Man erzählte sich, daß einst ein aus Asien an ihn abgesandter Brief, der an Stelle des Bestimmungsortes nur die Angabe „Europa“ enthalten habe, richtig in seine Hände gelangt sei. Im J. 1801 galt er dem Lord Nelson, welcher vom 24. Mai bis zum 8. Juni mit der englischen Flotte auf der Warnemünder Rhede lag, für die wichtigste Persönlichkeit in ganz Mecklenburg. Ihn allein würdigte der berühmte Admiral seiner Aufmerksamkeit und ließ ihm am 4. Juni ein Exemplar der auf den Sieg bei Abukir geprägten Denkmünze nebst einem eigenhändigen Begleitschreiben durch 3 Marineofficiere überreichen. Das letztere lautet: „Lord Nelson Duke of Brente begs that Professor Dixon (sic!) of the [47] University of Rostock will do hom the honor of accepting a Medal struck in commemoration of the Battle of the Nil. St. George May 27th 1801. Bay of Rostock“. Nelson betrat das Mecklenburger Land nicht, sondern blieb auf seinem Schiffe, auf welchem er den Besuch des Herzogs Karl II. von Mecklenburg-Strelitz, des Generals v. Pressentin und zweier Deputirter des Rathes der Stadt Rostock empfing. – Auch die Franzosen nahmen im J. 1807 auf Tychsen’s berühmten Namen Rücksicht und befreiten sein Haus von der allgemeinen Einquartirung. – Für die schwedischen Staatsangehörigen ertheilte Ausbildung und Unterstützung erhielt T. im J. 1812 vom Könige Karl XIII. das Ritterkreuz des Nordstern-Ordens. – T. war Mitglied der kgl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Upsala (seit 1791), der gelehrten Gesellschaft der Volsker zu Velletri (1792), der kgl. Akademie der Inschriften, schönen Wissenschaften, Geschichte und Alterthümer zu Stockholm (1793); Ehrenmitglied der kgl. Akademie zu Padua (1796), der kgl. Societät der Wissenschaften zu Kopenhagen (1798), der kgl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin (1803); correspondirendes und Ehrenmitglied der kgl. Akademie der Wissenschaften zu München (1813). Die Ernennung zum auswärtigen correspondirenden Ehrenmitgliede der historisch-philologischen Classe der Universität zu Kasan (mit einem jährlichen Gehalt von 200 Rubeln) traf T. nicht mehr am Leben. Zu mehreren der von obigen Gesellschaften herausgegebenen Publicationen lieferte T. gelehrte Beiträge, z. B. zu den Nova acta regiae societatis scientiarum Upsaliensis in den Jahren 1792 und 1815, zu „Kongl. Svenska Witterhets-Historie- och Antiquitets Academiens Handlingar, Stockholm“ im J. 1808, zu den Acta societatis danicae im J. 1803 u. s. w.

Auch Tychsen’s Landesfürst stand an Ehrenbezeigungen nicht zurück. Im März des Jahres 1803 verlieh er T., der seit 28 Jahren den Titel eines Hofrathes besaß, den höheren Titel eines Kanzleirathes, welcher damals noch nicht, wie heutzutage, Vorstehern von Schreibstuben gegeben wurde, aber doch, weil ihn auch junge adelige Gerichtsassessoren führten, ein Jahr darauf von einem Collegen Tychsen’s, dem Civilrechtslehrer Adolf Dietrich Weber, ausgeschlagen wurde.

Am 14. November 1813 war es T. vergönnt, die Feier seiner fünfzigjährigen Wirksamkeit als ordentlicher Professor zu begehen. Die Landesuniversität zu Rostock sprach ihrem Senior, welcher T. seit 1796 war, ihre Glückwünsche in einer von dem Professor der Beredsamkeit Dr. Immanuel Gottlieb Huschke verfaßten lateinischen Festschrift aus. Die theologische und die juristische Facultät erkannten dem Jubilar die Würden eines Doctors honoris causa zu: jene wegen seiner Vorlesungen und Schriften auf dem Gebiete der theologischen Hülfswissenschaften, diese wegen seiner Schriften über jüdisches Recht. (Zu den letzteren Schriften gehören: „Erachten über die Feierlichkeiten eines gerichtlichen Judeneides in des Frhrn. v. Nettelbladt „Archiv f. d. Rechtsgelahrtheit in den herzogl. mecklenburgischen Landen“, Bd. I [1803]; „Die Erbfolge eines Ehemannes in den Nachlaß seiner ohne Kinder und Testament verstorbenen Ehefrau, nach jüdischen Gesetzen beurtheilt“ [1804. Wieder abgedruckt in Mathis’ allg. jurist. Monatsschrift f. d. preuß. Staaten, Bd. II, 1806, Heft 5. T. spricht das Erbe den natürlichen Erben der Frau zu]; „Gutachten nach jüdischen Gesetzen über die Frage: ’Kann ein vor einem christlichen Gericht von einem jüdischen Ehepaar nach christlichen Gesetzen errichtetes wechselseitiges Testament vorherige bündigst stipulirte Erbverträge desselben vernichten?‘“ [1806. Die Frage wird verneint]; „Ueber die Erweiterung der staatsbürgerlichen Rechte der Juden, ein Gutachten“ [1812. Das Wichtigste aus demselben ist abgedruckt von Hartmann in der Biographie Tychsen’s I, 227–264.]) T. soll mit den beiden auf Atlas gedruckten Ehrendiplomen noch nicht zufrieden gewesen sein: die medicinische [48] Facultät blieb „zu ihrer eigenen Schande“ mit einer gleichen Ehrenbezeigung aus, obgleich er doch den „Physiologus syrus“ herausgegeben und über die biblischen Heuschrecken geschrieben habe. Dagegen dürften die ihm vom Landesfürsten zu theil gewordenen Auszeichnungen auch seine hochgehendsten Erwartungen übertroffen haben. Derselbe verlieh ihm nicht nur den Charakter eines Vicekanzlers der Landesuniversität (Kanzler war der Herzog selbst) mit allen Vorzügen eines solchen, sondern ließ auch eine Denkmünze prägen und zwar für den Jubilar aus Gold im Werthe von 15 Ducaten, für die übrigen Professoren aber aus Silber im Werthe von 2 Thalern. Auf der Vorderseite dieser von Abraham Aaron zu Schwerin entworfenen Medaille ist zu lesen: Fridericus Franciscus Dux Megapolitanus Olao Gerhardo Tychsen de universitatibus litterariis Butzoviensi et Rostochiensi per dimidium saeculum optime merito, während die Kehrseite in einer Wüste einen mit Früchten behangenen Palmbaum und darunter Bibel, Talmud und Koran in den betreffenden Schriftzügen zeigt, dazu die Inschrift: Fructus tulit uberrimos und das Datum des Jubeltages. In dem eigenhändigen Glückwunschschreiben des Herzogs heißt es: „Den durch die ganze litterarische Welt ausgebreiteten Ruhm Ihrer mannigfaltigen Gelehrsamkeit, an welchem auch die Akademie und gewissermaßen das ganze Vaterland Theil genommen haben, kann Ich zwar nicht erhöhen; aber Ich glaube es Ihnen und Mir Selbst schuldig zu sein, Ihnen einen öffentlichen Beweis Meiner Achtung und Meiner Dankbarkeit zu geben.“ Der Erbprinz Friedrich Ludwig gratulirte dem Jubelgreise persönlich und war von seinem Sohne, dem Prinzen (späteren Großherzog) Paul Friedrich begleitet. Nach diesem Ehrentage trat T. nicht etwa in den Ruhestand, sondern wirkte noch über zwei Jahre lang in gewohnter Weise fort, bis er im Alter von 81 Jahren entschlief.

T. war weltberühmt geworden, ohne daß irgend eine epochemachende Entdeckung von ihm ausgegangen wäre. Ein unermüdlicher Sammeleifer in allen zur orientalischen Litteratur nur irgendwie in Beziehung stehenden Dingen, eine gewisse Schlagfertigkeit in der Lösung bisher nicht entschiedener oder neu auftauchender Fragen auf jenem Gebiete und eine einzig dastehende Schreibseligkeit, welche gleich mit bogenlangen Auszügen, Erläuterungen und Uebersetzungen aufwartete, wodurch der Anfragende in Erstaunen gesetzt und immer neue angelockt wurden: das waren die Voraussetzungen zu seinem sich fast über die ganze litterarische Welt erstreckenden brieflichen Verkehr. Bald war des Rathholens bei ihm kein Ende; aus allen Landen wandte man sich an ihn wie an ein Orakel. Besonders häufig wurden ihm von vornehmen Personen Münzen und Inschriften zur Entzifferung übersandt. Die Rostocker Universitätsbibliothek besitzt allein über 2000 Briefe, die T. mit christlichen, und 1000, die er mit jüdischen Gelehrten gewechselt hat. Zu den Correspondenten gehörten der Vicekönig von Sicilien (Francesco v. Aquino, Fürst von Caramanica), der Cardinal Stefano Borgia zu Rom, der Fürst Gabrielle Lancilotto Castello von Torremuzza, der Erzbischof Alphons Airoldi von Heraclea, der Professor des sicilianischen Staatsrechtes Rosario Gregorio zu Palermo, der Abt J. B. de Rossi zu Parma, der Professor Simone Assemani zu Padua, der Professor Thomas Fermin de Arteta zu Madrid, Silvestre de Sacy zu Paris, der schwedische Legationsprediger Goelander zu Madrid, der Professor Gustav Knoes zu Upsala (beide letztere Schüler Tychsen’s) u. s. w. Mit den deutschen Orientalisten stand T. nur in einem schwachen Verkehr (ausgenommen etwa seinen Jugendfreund Propst G. Ch. Adler zu Altona. seinen Schüler Professor Ch. M. Frähn zu Kasan, den Geh. Legationsrath v. Diez zu Constantinopel); ja mit mehreren unter ihnen (z. B. mit dem Professor Joh. Dav. Michaelis zu Göttingen) sowie mit den holländischen Orientalisten hat er nie eine Zeile gewechselt. Dagegen übertraf T. fast alle berühmten [49] Vorgänger durch die mannigfaltigsten Verbindungen mit gelehrten und ungelehrten Juden des In- und Auslandes, die während seiner Schülerzeit in Altona ihren Anfang genommen hatten und bis an seinen Tod fortdauerten. In noch höherem Maaße als die hebräische Sprache, wie sie im Alten Testamente vorliegt, deren grammatische Feinheiten ihm stets gegenwärtig waren, die aber in lexikographischer Hinsicht nicht die geringste Bereicherung durch ihn erfuhr, waren eben das Neuhebräische oder Rabbinische, worin der Talmud geschrieben ist, und das Jüdisch-Deutsche oder die jüdische Volkssprache nebst allen Fragen des jüdischen Rechts Tychsen’s Hauptfächer, in denen ihm kein christlicher Gelehrter gleichkam, die ihm selbst die Bewunderung jüdischer Gelehrten eintrugen. Bereits im J. 1759 hatte ihn die Synagoge zu Kirchhain (Hessen) in einem rabbinischen Diplom als jüdischen Magister und Rabbi feierlich begrüßt. Paul Flemming’s Verse (Poetische Wälder III, 5, V. 39 ff.) müssen daher unwillkürlich an T. erinnern:

Sein ausgelehrter Mund, der redet, was er will,
Vermischt Athen mit Rom, Französisch ist sein Spiel,
Toskanisch seine Luft. Der Jüde steht bethöret,
Spricht: „Landsmann, fahre fort!“, wenn er ihn reden höret.

Wenigstens das Letzte trifft thatsächlich zu; seine von der Schule aus guten Kenntnisse in den beiden classischen Sprachen soll T. aber später etwas vernachlässigt haben, und für das Französische wäre das Englische, für das Toskanische das Spanische einzusetzen. Uebrigens machten, nach Hartmann, alle von T. in ausländischen Sprachen geschriebenen Arbeiten den Eindruck schülerhafter Stilübungen, in denen deutsche Gedanken in fremde Worte eingezwängt erscheinen. „T. waren Schärfe der Beurtheilungskraft und Freiheit des Geistes versagt“ – so äußert sich derselbe Gewährsmann, der sein langjähriger College und Freund war –; „von Gefühl und Phantasie hatte die Mutter Natur ihm keine großen Gaben gereicht, und was er davon hatte, wurde durch die trockene litterarische Beschäftigung erstickt.“ Tychsen’s Mangel an Geist geht schon daraus hervor, daß er vielen jüdischen Hirngespinsten inbetreff des Textes des Alten Testamentes anhing, ja sie noch überbot. So nahm er für die Punctation ein hohes Alter in Anspruch (in J. G. Eichhorn’s Repertorium f. bibl. und morgenländische Litteratur, Theil 3, S. 153: die Hebräer hätten bereits vor der Niederschreibung des mosaischen Gesetzes die Vocalpunkte gehabt, und das Alter der hebräischen Accente sei dem Ursprunge der geschriebenen Gesetze wenigstens gleich), leitete die (mit samaritanischen Buchstaben, aber in hebräischer Sprache geschriebene) samaritanische Abschrift des Pentateuchs aus einem punctirten masorethischen Texte ab und ließ die griechischen Uebersetzungen des Alten Testaments aus Handschriften des hebräischen Textes, die mit griechischen Buchstaben geschrieben wären, hervorgegangen sein. – Als Entzifferer phönikischer und punischer Denkmäler wird T. noch von Hartmann der Vorrang vor allen früheren und gleichzeitigen Gelehrten zugestanden; dem ist aber später von Ulrich Friedr. Kopp in überzeugender Weise widersprochen worden. Im Syrischen und Arabischen waren ihm, nach Hartmann, der nur die kufische Schriftart und die mohammedischen Münzen ausnimmt und gewiß nicht zu wenig sagte, viele deutsche und ausländische Gelehrte überlegen; im Türkischen und Persischen erhob er sich aber kaum über die Anfangsgründe. Nach allem Vorausgesagten dürfte Th. Benfey’s Urtheil (Geschichte der Sprachwissenschaft in Deutschland 1869, S. 259): „T. war ein Mann von den umfassendsten Kenntnissen auf dem Gebiete der gesammten semitischen Philologie und einem bedeutenden kritischen und combinatorischen Talente“ in mehr als einer Hinsicht zu hoch gegriffen sein, während [50] Andere (z. B. M. N. Bouillet, Dictionnaire universel d’histoire et de géographie, nouv. éd., Paris, Hachette, 1893, p. 1948: „T. a rendu de grands services à la littérature orientale en interprétant des inscriptions arabes écrites en caractères coufiques et en expliquant les monnaies musulmanes“) T. nur auf einem beschränkteren Gebiete gerecht geworden sind.

In religiöser Hinsicht bekannte T. sich zum orthodoxen Lutherthum, an dem er festhielt, unbekümmert um die seit 1760 immer kühner hervortretende Aufklärung. Er nahm nur von denjenigen neuen Erscheinungen auf dem Gebiete der Theologie, welche sich auf biblische Kritik und hebräische Paläographie bezogen, insofern Kenntniß, als sie mit seinem Lieblingsstudium in einem freundlichen oder feindlichen Verhältnisse standen. Seine gelehrte Beschäftigung mit dem Alten Testament war theils auf eine Vergleichung alter Bibeldrucke und Uebersetzungen, theils auf die Erörterung paläographischer oder solcher hebräisch-philologischer Gegenstände, die aus jüdischen Quellen ihr Licht erhalten zu können schienen, gerichtet. Gegen die damals verbreitete Manier, die heilige Schrift nach Gutdünken auszulegen, erklärte er sich mehr als einmal.

T. war von großer Mildthätigkeit. Seine schlaffe, sich den Verhältnissen leicht anschmiegende Gutmüthigkeit artete in seiner letzten Lebenszeit zu einer auffallenden Charakterlosigkeit aus. Man vergleiche hierzu folgende beiden Stellen aus seinen Briefen miteinander. An seinen französischen Freund Silvestre de Sacy schrieb er am 2. October 1808 u. a. dies: „Mehrere Kritiker haben es mir als niedrige Schmeichelei ausgelegt, daß ich in der öffentlichen Ankündigung meiner Vorlesungen von Napoleon die Ausdrücke: maximus, Hercules Musageta etc. gebraucht und mich nicht gescheut habe, eine Schrift den Zuhörern zu erklären, die nur den Franken angenehm sein kann … Indessen haben die Scurrilitäten diesem Lectionskatalog eine Art von Celebrität und Seltenheit wegen der häufigen Nachfrage verschafft.“ (Hartmann II, 3, S. 289.) Wenige Monate vor seinem Tode schrieb T. aber an die Erbgroßherzogin Caroline Louise von Mecklenburg-Schwerin u. a. folgendes: „… in seinem (Tychsen’s) 9 mal 9. Lebens- und großen Stufenjahr, das zugleich in dem uralten mecklenburgischen Herrscherstamm durch die Annahme der großherzoglichen Würde und in der Weltgeschichte durch die Gefangennehmung des eingefleischten Weltteufels“ u. s. w. (Hartmann II, 3, S. 363.) – Tychsen’s, auch von Hartmann zugegebene, immense Eitelkeit verleitete ihn dazu, um das Interesse an seiner Persönlichkeit noch zu erhöhen, geradezu „aufzuschneiden“. Wenn er es auch nicht so arg trieb wie der classische Philolog Kaspar v. Barth, der viele seiner Einfälle für aus gar nicht vorhandenen, von ihm nur erdichteten Handschriften herrührend ausgab, so läßt er doch öfter einen besonders bei einem gelehrten Forscher peinlich berührenden Mangel an Wahrheitsliebe erkennen. Der Fabel von seiner adeligen Verwandtschaft ist schon oben gedacht worden. Hier mögen nur noch seine „weiten“ Reisen erwähnt werden. In einem Schreiben Tychsen’s an P. J. Bruns vom 23. April 1769 ist zu lesen: „Denn er streitet in Absicht der alten jüdischen Handschriften, deren ich zu London, Paris (da war er nie!), Kopenhagen, Berlin u. s. w. eine ziemliche Anzahl gesehen habe“; ja in einer anderen Abschrift desselben Briefes fand Hartmann die Worte „in Frankreich und Polen“. Hartmann (II, 1, S. 22) spricht entschuldigend von einem Gedächtnißfehler Tychsen’s. T. wollte sogar bis nach Palästina gekommen sein, wie er wenigstens oft erzählte, obgleich er es nur aus den Büchern kannte, und die Zuhörer glaubten es, so anschaulich wie er konnte nur ein Augenzeuge das heilige Land schildern. Wieder sucht ihn Hartmann (im Schweriner Freimüthigen Abendblatt, 1823, Nr. 239) damit zu entschuldigen, daß T., ein vollkommener Morgenländer, eingebildete [51] und bloß erträumte Erscheinungen häufig für wirkliche und gegenwärtige gehalten hätte.

T. war also der große Gelehrte nicht, wofür ihn die Mitwelt hielt. Dennoch ist ihm nicht jedes Verdienst um die orientalische Sprachforschung abzusprechen, und in einer ausführlichen Darstellung ihrer geschichtlichen Entwicklung wird sein Name nicht übergangen werden dürfen. Zweitens spielt er eine Hauptrolle in der Geschichte der Bützower und Rostocker Universität nicht nur als Zierde und Anziehungskraft, sondern auch als eigentlicher Schöpfer der stattlichen Bibliothek. Drittens ist er ein Hauptvertreter der im vorigen Jahrhundert noch häufigeren, heute so gut wie ausgestorbenen Originale auf den Kathedern der kleinen Hochschulen.

Außer im Texte gelegentlich namhaft gemachten Quellen: J. Ch. Eschenbach, Rostock’sche akademische Nachrichten, Bd. V und IX. (Handschrift der großherzogl. Universitätsbibliothek zu Rostock.) – J. B. Krey, Andenken an die Rostockschen Gelehrten aus den 3 letzten Jahrhunderten, Stück 8, Rostock 1816, S. 39 ff. – Ant. Th. Hartmann, O. G. Tychsen oder Wanderungen durch die mannigfaltigsten Gebiete der biblisch-asiatischen Litteratur, ein Denkmal der Freundschaft und Dankbarkeit, 2 Bde. (der II. in 3 Abth.) u. 1 Bd. merkwürdiger Beilagen, Bremen 1818–1820. – Uvo Hölscher, Urkundliche Geschichte der Friedrichs-Universität zu Bützow, 1885, S. 73 ff.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. griech. = Zufall, Schicksal, Glück
  2. 1718–1781, 1742–49 Halle, 1749–70 Göttingen, dann Kiel