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ADB:Zasius von Rabenstein, Johann Ulrich

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Artikel „Zasius, Johann Ulrich“ von Walter Goetz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 44 (1898), S. 706–708, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zasius_von_Rabenstein,_Johann_Ulrich&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 05:20 Uhr UTC)
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Zasius: Johann Ulrich Z., Reichsvicekanzler unter Maximilian II. und von diesem als Z. von Rabenstein in den Adelstand erhoben, wurde 1521 zu Freiburg i. B. als Sohn des berühmten Juristen Ulrich Z. geboren, und zwar als ältester Sohn aus dessen zweiter 1520 geschlossenen Ehe. Johann Ulrich wurde im Mai 1534 zu Freiburg immatriculirt. Als der Vater 1535 starb, nahmen sich die Freunde seiner und der Geschwister an; der kais. Rath [707] Paumgartner in Augsburg schickte ihn zum Studium nach Italien, – außer Padua besuchte er wahrscheinlich auch noch andere italienische Universitäten. Zurückgekehrt nach Freiburg ward Z. dort 1540 Licentiat der Rechte und Ende 1541 oder im folgenden Jahre auch Doctor. Seit 1540 ließ er sich bereits in Diensten des Hauses Savoyen – sein Stiefbruder Joachim war savoyischer Rath – verwenden, so 1541 auf dem Reichstag zu Regensburg; auch war er mit der Herausgabe von Schriften seines Vaters beschäftigt. 1543 wurde er als Professor codicis nach Basel berufen; aber schon 1544 mußte er seines katholischen Bekenntnisses wegen die Stellung wieder räumen. Er scheint noch länger in Basel geblieben zu sein, in seiner Mittellosigkeit von Bonifaz Amerbach, einem der treuesten Freunde seines Vaters, freigebig unterstützt. Etwa 1546 trat Z. in die Dienste des römischen Königs Ferdinand, in denen er dann bis zu seinem Tode geblieben ist. Seine Theilnahme am schmalkaldischen Kriege, am Augsburger Reichstag von 1548 ist bezeugt, ohne daß er dabei stärker hervorgetreten wäre. Erst seit Anfang der 50er Jahre wird seine Stellung hervorragender; von Ferdinand wird er in Reichsangelegenheiten verwendet, so daß er fast immer als Gesandter an deutsche Fürsten, auf Reichstagen und Zusammenkünften aller Art erscheint. So ist er während des Aufstands 1552 in fortwährender Thätigkeit und in den nächsten Jahren zumeist Vertreter des Königs bei den Tagen des Heidelberger und seit 1556 des Landsberger Bundes, dessen Gründung zum guten Theile sein Werk ist; an den Reichstagen von 1555, 1556/57 und 1559, am Wahltage von 1562 nimmt er theil – an den vorausgehenden Gesandtschaften sowol wie an den Verhandlungen selbst – 1555 vielleicht am stärksten persönlich hervortretend als einer der Führer der österreichisch-bairischen Partei. In Günzburg ist von 1554–1562 sein amtlicher Wohnsitz; von da aus ist er am leichtesten an die süd- und westdeutschen Höfe und Städte zu schicken. Eine Fülle persönlicher Beziehungen erwirbt er sich dabei; nicht nur seine geschäftliche Gewandtheit, sein nicht immer charaktervolles Anpassungsvermögen und sein Talent als Zechgenosse sichern ihm überall gute Aufnahme, sondern daneben auch sein regelmäßiges Mittheilen neuer „Zeitungen“ an die ihm nahe stehenden, – entsteht doch in Günzburg eine Art Nachrichtenamt, von dem aus besonders Landgraf Philipp von Hessen, Herzog Christoph von Württemberg und Herzog Albrecht von Baiern regelmäßig Nachrichten über die Welthändel zugesandt erhalten. Keinem der Fürsten tritt Z. so nahe wie dem bairischen Herzog, dessen Vertrauen er sich seit 1554 immer mehr erwirbt, so daß er ihm schließlich ein unentbehrlicher, bei wichtigen Angelegenheiten oftmals herbeigerufener Berather wird. Und nach 1562, als Z. durch seine Uebersiedlung nach Wien dem Herzog ferner gerückt ist, vermittelt er doch einen engen Zusammenhang zwischen dem bairischen und dem kaiserlichen Hofe.

Z. wird Anfang 1563 dem Hofrath des neuen römischen Königs Maximilian beigegeben und steht seitdem neben dem Reichsvicekanzler Seld am Wiener Hofe an hervorragendster Stelle, ohne daß er doch an Bedeutung mit Seld verglichen werden könnte. Der Unglücksfall, der Ende Mai 1565 bei einer Wagenfahrt Seld’s Tod verursachte, zog auch Z. in Mitleidenschaft; doch glückte ihm der Sprung aus dem Wagen besser, so daß er mit einer bald geheilten Verletzung am Kopfe davonkam. Zwar kehrten ab und zu noch Schmerzen an der verletzten Stelle wieder, doch ist er keineswegs seitdem, wie gewöhnlich angegeben wird, hingesiecht; vielmehr kommen jetzt für ihn die Jahre höchster Verantwortung und aufreibendster Arbeitslast, da ihn der Kaiser, nach einigem Zögern und Widerstreben, aber lebhaft gedrängt von Herzog Albrecht von Baiern, zum Nachfolger Seld’s ernennt, – von den wenig fähigen Staatsmännern des Kaiserhofes war Z. noch immer der geeignetste für das schwierige Amt. [708] In unermüdlicher Thätigkeit arbeitet er sich frühzeitig auf; seine Gesundheit war seit Anfang der 60er Jahre angegriffen, – 49jährig starb er bereits am 27. April 1570.

Ein schöpferischer oder auch nur selbständiger Staatsmann war Z. keineswegs; rastloser Fleiß und tüchtige Geschäftskenntniß ebnen ihm den Weg zu dem hohen Reichsamte. Dem Hause Oesterreich ist er treu ergeben; den kaiserlichen Interessen dient er ganz und gar. Aber freilich, dazu reichen seine Fähigkeiten nicht aus, der kaiserlichen Politik große, erfolgbringende Ziele zu stellen; er ist nur fruchtbar in allerhand guten Rathschlägen – seine überlangen Schreiben erregten am Kaiserhofe oftmals Spott – und im übrigen darauf bedacht, durch schwierige Verhältnisse möglichst ohne Anstoß hindurchzusteuern. Seine kirchliche Stellung spricht deutlich für die innere Unsicherheit des Mannes: hervorgewachsen aus den humanistischen, von Erasmus beeinflußten Anschauungen, zu denen sich auch sein Vater, mit gleichmäßigem Tadel gegen Altes und Neues, bekannt hatte, stand er in einer Zeit, die mit diesen Anschauungen endgültig brach; der neuen Fragestellung des Zeitalters vermochte er nicht gerecht zu werden, – er bleibt zwischen Reformation und Gegenreformation stehen. Wol gibt er sich als guten Katholiken, besonders wenn Herzog Albrecht ihm zusetzt; aber ihn kennzeichnet doch im ganzen die wohlmeinende Halbheit, die immer noch vermitteln, Gutes und Schlimmes auch in der katholischen Kirche sorgfältig von einander trennen und die Anhänger des Neuen nicht zurückstoßen möchte. Vortrefflich paßt er mit solcher Gesinnung an den Hof Maximilian’s II., dem freilich bei diesem Zusammenwirken mattherziger Geister ein großer Zug, ein die Schwierigkeiten lösendes Handeln dauernd versagt bleiben mußte. Wenn Z. den Protestanten und besonders den Pfälzern mit Abneigung gegenüberstand, so leiteten ihn dabei viel mehr die kaiserlichen als die kirchlichen Interessen. Weil er die Härten des starken Charakters nicht besaß, sich überall leicht anzupassen wußte, erwarb sich Z. viele Freunde, die seine Weitschweifigkeit und leicht hervortretende Ruhmredigkeit um seiner guten Eigenschaften willen mit in den Kauf nahmen. Drei Mal war Z. verheirathet: seine erste Gattin Katharine starb 1553, die zweite – Maria Uttinger aus Augsburg, seit 1556 – im März 1568 mit Hinterlassung von vier kleinen Kindern; im Frühjahr 1569 schloß er die dritte Ehe mit einer Frau v. Weiting, der obersten Hofmeisterin der Herzogin Renate von Baiern. Als Z. ein Jahr nachher starb, hinterließ er so viele Schulden, daß der größte Theil seiner Habe veräußert werden mußte.

Einige juristische Schriften sollen von Z. in seiner früheren Zeit verfaßt sein; mit ziemlicher Bestimmtheit wird ihm nur der 1551 erschienene „Catalogus legum antiquarum“ zugeschrieben.

Vgl. Adam, Vitae Germanorum jureconsultorum et politicorum (1620). – Zedler, Universal-Lex. – Stintzing, Ulrich Zasius (1857). – v. Druffel, Beiträge z. Reichsgeschichte II–IV. – Goetz, Die bair. Politik im ersten Jahrzehnt der Regierung Hz. Albrecht’s V. (1895); – Derselbe, Beiträge zur Geschichte Hz. Albrecht’s V. und des Landsberger Bundes (1897).