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Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section/H9

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Heft 8 des Lausitzer Kreises Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen von Gustav Adolf Poenicke
Heft 9 der Section Markgrafenthum Oberlausitz
Heft 10 des Lausitzer Kreises
Die Beschreibungen sind auch als Einzeltexte verfügbar unter:
  1. Rammenau
  2. Ruppersdorf
  3. Rothnauslitz


[65]
Rammenau.


Das schöne stattliche Dorf Rammenau liegt an der Westgrenze der Oberlausitz in einem Thale, das im Norden von dem Sibyllensteine oder hohen Steine, dem Mittelberge und Tanneberge, nordöstlich von dem Burkauer und Butterberge, westlich von dem Hubertusberge und südwestlich von dem Kleppisch und der Schaudorfer Höhe eingeschlossen ist, im Süden und Südosten aber sich, nach Bischofswerda hin, öffnet. Zwischen Rammenau und einem Theile des Gebiets der Ortschaften Giessmannsdorf und Goldbach fliesst, zugleich als Grenzfluss zwischen der Lausitz und dem Meissner Kreise, die Grune, welche am Fusse des hohen Steins entspringt, durch mehrere Teiche und den grössten Theil des Dorfes Rammenau rinnt und endlich bei Hartha sich mit der Wesenitz vereinigt. – Der Ort zerfällt in das Niederdorf, welches hufeisenförmig einen grossen Teich umschliesst und das Oberdorf, oder richtiger Mitteldorf, das zu Ende des vorigen Jahrhunderts oberhalb des Rittergutes Oberrammenau ausgebaut wurde, welches sich, seinem Haupttheile nach, von dem Gute nach der Höhe des Hubertusberges hinaufzieht; ein anderer Theil liegt auf dem Tannenberge und am Fusse desselben, der Waldscheibe. Mit Einschluss der beiden Pertinenzorte Schaudorf und Röderbrunn besteht Rammenau aus einhundertachtundachtig Häusern mit etwa tausend Einwohnern, die sich eintheilen in elf Ganzbauern, mit Einschluss des Erbrichters, acht Halbbauern, vierzehn Grossgärtner, sechszehn Kleingärtner, vierzehn Althäusler und einhundertzweiundzwanzig Neuhäusler. Unter ihnen befinden sich viele Handwerksleute und zwar hauptsächlich Leinweber.

Rammenau ist deutschen Ursprungs, und entstand im zehnten oder elften Jahrhundert, wo das slavische Volk unterjocht worden war. Die Gegend um Rammenau war damals ein sumpfiges Waldland, das die neuen Ansiedler mit Hülfe ihrer besiegten Feinde bald urbar machten. Aus jener Zeit ist nun zwar keine Urkunde vorhanden, wol aber eine vom Jahre 1213, welche eine Grenzberichtigung zwischen dem Königreiche Böhmen und den Besitzungen des Bischofs von Meissen enthält, und worin auch unser Rammenau genannt wird, indem es heisst: „Item das sind die Rainungen und Mahlzeichen, welche unterscheiden Gödau und des Königs Gebiet – – – – bis an die Reden, welche zu Seligenstadt fleusst zwischen Frankenthal[WS 1] und der Harth, von dannen mitten in den Pfuhl, welcher ist zwischen Ramnau und Gieselbrechtsdorf.“ Damals besass Rammenau bereits eine Kirche, auch befindet sich die hiesige Pfarrei in einer Matrikel des Bisthums Meissen von 1346 erwähnt, zu welcher Zeit der hiesige Pleban unter dem Erzpriester des Sedes Bischofswerda stand. Rammenau gehörte schon in der frühesten Zeit den mächtigen Burggrafen von Camenz, von denen wir hier nur den Burggrafen Bernhard von Camenz, der 1213 mit noch sieben Burggrafen die schon erwähnte Grenzberichtigung leitete und noch 1233 vorkommt, erwähnen wollen. Damals befanden sich in der Familie von Camenz bereits mehrere Seitenzweige, die sich nach ihren Schlössern nannten (Ponikau, Canitz und Pulsnitz). Im Jahre 1421 stifteten die Burggrafen Burso, Heinrich und Balthasar von Camenz in der Stadtkirche zu Camenz einen Altar zum heiligen Kreuz, wozu Burso unter anderen drei Mark Zinsen von seinem Rittergute Rammenau anwies. Als dieser Herr 1438 mit Tode abging und die Burggrafschaft in viele kleinere Besitzthümer zersplittert wurde, gelangte Rammenau höchst wahrscheinlich an die Herrschaft Elstra, die schon 1429 vier Brüdern des Stammes Ponikau gehörte. Diese Meinung gründet sich auf den Umstand, dass die Herren von Ponikau im Besitze fast aller umliegenden Ortschaften waren und Schönborn, welches jetzt zu dem Rittergute Pohla, einer alten Ponikau’schen Fideicommissbesitzung gehört, nach Ausweis alter Lehnsdokumente mit Rammenau einen und denselben Besitzer hatte. Im Pfarrarchive zu Burkau befindet sich eine Lebensbeschreibung des dasigen Pfarrers Meissner vom Jahre 1612, worin Tobias von Ponikau auf Rammenau genannt wird, der mit Hans Fabian von Ponikau auf Elstra und Prietitz Vormund eines jungen Herrn von Ponikau auf Frankenthal war und den Pastor dorthin kommen liess. Bald darauf gehörte das Rittergut Christoph von Staupitz, der 1638 starb und Rammenau seinen beiden Söhnen Hans Hartmann und Joachim Ernst von Staupitz hinterliess, doch musste Ersterer es von des Vaters Gläubigern sammt dem Dorfe Schönborn erkaufen (1640) und empfing die Lehn darüber am 15. Juni 1646. Hans Hartmann von Staupitz starb am 5. August 1657 und seine beiden Söhne Wolf Christoph und Hans Ernst, erhielten die Lehn 1657 und nochmals 1660. Der ältere Bruder ging bald darauf mit Tode ab, und Hans Ernst von Staupitz war nun alleiniger Herr des Gutes, da er aber bedeutende Schulden hatte, sah er sich genöthigt, Heinrich Otto von Köckeritz auf Heida in Folge eines Bescheides des Hofgerichts und nach beendigtem Subhastationsprocesse die sämmtlichen Staupitzischen Rammenauischen Teiche, nämlich den [66] Mühlen- Klöpsch- und Tiefen-Teich ebenso die Holzteiche und vier Strichteiche als Abschlag auf seine Forderung abzutreten. Ausserdem erhielt auch noch Frau Margarethe von Kottwitz, geborene von Staupitz, den vierten Theil von Rammenau und Johann Christian von Kottwitz ebenfalls den vierten Theil. Trotz der Einsprache Hans Ernsts von Staupitz, der später auch Burkau besass, verkauften die genannten Drei ihre Antheile von Rammenau 1670 an Georg Heinrich von Seydewitz, welchem zugleich auch vom Hofgerichte die Staupitzische Hälfte des Dorfes und Rittergutes Rammenau zugesprochen worden war, so dass er das Gut allein besass. Zu jener Zeit ist vermuthlich das Dorf Schönborn von Rammenau weggekommen. Georg Heinrich von Seydewitz, der mit der Familie von Staupitz verwandt war, starb am 2. März 1678 und sein Sohn Christian Heinrich von Seydewitz wurde Erbe des Gutes, starb aber schon 1692 und setzte seine Schwester Veronika zur Erbin eines Dritttheils des Rittergutes ein, die übrigen zwei Theile erhielt sein Vetter, Hans Ernst von Seydewitz auf Pommlitz, der jedoch durch einen Prozess auch in den Besitz des dritten Theiles gelangte und die Lehn darüber am 10. September 1698 empfing. Sein Tod erfolgte am 14. December 1712 im achtzigsten Lebensjahre und das Gut gelangte an seine beiden Söhne Hans Rudolf und Gustav Ernst Ehrenreich von Seydewitz, von denen Letzterer in dem Theilungsrecesse mit seinem Bruder von 15. März 1713 das ganze Gut übernahm, es aber schon 1714 an seinen jüngeren Bruder Carl Heinrich von Seydewitz auf Pommlitz verkaufte. Im Jahre 1717 kam das Gut Rammenau sub hasta an den Appellationsrath und Kammerherrn Ernst Ferdinand von Knoch auf Elstra, Reichenau, Reichenbach, Koitzsch und Gödlau der 1721 damit belehnt wurde. Dieser Herr erbaute von Grund aus ein neues Schloss nebst Wirthschaftsgebäuden und zwar am Ufer des ehemaligen Klepschteiches, den man austrocknete; das alte Schloss hatte auf den Wiesen nahe bei der jetzigen Schäferei gestanden. Der ausgefüllte Klepschteich ist in einen Garten verwandelt worden, in dem sich herrliche Anlagen befinden. Das Schloss Rammenau sammt den Oekonomiegebäuden gehört zu den schönsten der Lausitz und kostete grosse Summen, da sämmtliche Gebäude von Sandsteinen aufgeführt sind, die stundenweit herbeigeschafft werden mussten, und in der Grossartigkeit dieser Herstellung lag wol auch der Grund, dass das Gut abermals zur Subhastation kam und am 6. Februar 1744 dem Accisrath und Geheimkämmerer Franz Joseph von Hoffmann zugeschlagen wurde, auf dessen Ansuchen das bisherige Mannlehngut Rammenau durch landesherrliches Rescript d. d. Dresden am 18. März 1745 in ein Erb- und Allodialgut verwandelt worden ist. Der Herr von Hoffmann starb am 8. December 1749 und durch testamentarische Verordnung kam das Gut in seines Vetters, Johann Albericus von Hoffmann, damals Legationssecretär und später Geheimer Kabinets-Assistenzrath, der 1779 zum Reichsgrafen von Hoffmannsegg erhoben wurde. Sein Tod erfolgte am 11. Januar 1780 zu Dresden und Rammenau erbte ein minderjähriger Sohn Johann Centurius Reichsgraf von Hoffmannsegg, verkaufte es aber an seinen Schwager Friedrich von Kleist, königl. Sächsischen Kreisdirector in Querfurt und Dahme, Rittmeister und Ritter des Malteserordens, der Rammenau von 1795 bis 1820 besass, wo es wieder an den Grafen Centurius von Hoffmannsegg zurückfiel. Zur Zeit gehört das Gut der Frau Gräfin F. L. von Hoffmannsegg.

Die Kirche zu Rammenau gehörte, wie schon bemerkt wurde, zum Sedes Bischofswerda und wurde im dreissigjährigen Kriege von kaiserlichen Soldaten eingeäschert. Eine alte Nachricht erzählt, dass im Jahre 1642 als der General Torstensohn mit seinem Heere bei Camenz vorbei nach Leipzig zog und die kaiserliche Armee ihm auf dem Fusse folgte, ein Offizier, der sich für einen kaiserlichen Leutnant ausgab, mit geraubtem Vieh nach Rammenau kam, und sammt Vieh und Reitern sich in der von der Pfarrfamilie verlassenen Predigerwohnung einquartirte, darin alle Vorräthe raubte und durch Verwahrlosung des Feuers einen Brand veranlasste, der sämmtliche Pfarrgebäude sammt der Kirche in Asche legte wobei leider auch die Kirchenbücher und andere auf die Geschichte des Ortes und der Kirche bezügliche Dokumente verbrannten. Fast neun Jahre blieben die eingeäscherten Gebäude in ihren Trümmern liegen, bis der Gutsherr Hans Hartmann von Staupitz Anordnung traf, dass man an einen Neubau dachte, worauf zuerst die Pfarre und später die Kirche sich aus der Asche erhoben. Im Jahre 1657 erfolgte die Einweihung des neuen Gotteshauses, dessen Herstellung, weil man die alten stehen gebliebenen Mauern benutzen konnte, die Summe von 372 Thalern 3 Groschen 3 Pfennigen kostete, doch schon nach funfzig Jahren war das Kirchlein wieder so baufällig geworden, dass man am 1. Mai 1736 wieder einen Neubau begann, doch verzögerten vielfache Umstände die Vollendung desselben auf Jahre hinaus, denn erst am 20. October 1749 geschah die Einweihung. Die Kosten des Baues betrugen 2100 Thaler.

Unter den Merkwürdigkeiten welche Rammenau betrafen, verdient der Einfall einer Abtheilung Husaren erwähnt zu werden die (1759) mit viehischer Brutalität die Einwohner peinigten und die Gattin des Pfarrers Dinndorf dergestalt misshandelten, dass sie bald darauf starb. Am 6. November 1812 wurde der Einwohner Gottlieb Jäger wegen Mordes mit dem Schwerte enthauptet und am 4. December 1818 starben der Bandmacher Gottlieb Kunze und Johanne Sophie Fischer, die den Ehemann der Letzteren umgebracht hatten, ebenfalls durch des Nachrichters Hand. [67] In der literarischen Welt ist Rammenau dadurch bekannt geworden, dass hier der am 29. Januar 1814 zu Berlin verstorbene Professor und berühmte Philosoph Johann Gottlieb Fichte geboren wurde, dessen Vater, Christian Fichte, Häusler und Bandweber war. Bemerkenswerth ist in hiesigem Pfarrgarten eine ungeheure Linde die in einer Höhe von anderthalb Ellen über dem Erdboden zwanzig Ellen im Umfange enthält. Obschon der alte Baum inwendig ganz hohl ist, grünt er dennoch mit jugendlicher Frische, leider aber hat man die höchsten Aeste wegnehmen müssen, weil zu befürchten stand, dass ein Sturm den ehrwürdigen Baumgreis über den Haufen werfen würde. Die Linde ist offenbar viele Jahrhunderte alt, und befindet sich im Siegel der Kirche. – Rammenau hat jährlich zwei Jahr- und Viehmärkte. –

Zu Rammenau gehört der südlich eine Viertelstunde entlegene Ort Schaudorf, mit achtzehn Häusern und hundert Einwohnern, der erst im Jahre 1769 entstanden ist und zwar auf der Stätte von Bauergütern die von der Rittergutsherrschaft eingezogen worden waren. Schaudorf nannte man das Dorf, weil es auf einer Anhöhe liegt, die dem Auge eine weite Umsicht gestattet. Ferner gehört zu Rammenau der auf ehemaligen herrschaftlichen Waldgrundstücken im Jahre 1823 angelegte Ort Röderbrunn, der seinen Namen von dem hier stattfindenden Ursprunge des Flüsschens Röder erhielt. Es leben hier in zwölf Häusern etwa sechszig Einwohner. Röderbrunn liegt nordwestlich von Rammenau, drei Viertelstunden von der Kirche entfernt, in einem von dem Rammenauer Thale gänzlich getrennten Kessel, wohin der Weg zwischen dem Hubertusberge und dem hohen Steine führt.

Obgleich der hohe Stein (Sibyllenstein) in fast einstündiger Entfernung von Rammenau liegt, dürfte doch hier eine kurze Erwähnung desselben von allgemeinem Interesse sein. Derselbe liegt 1403 Fuss über der Meeresfläche, und von seinem Gipfel zeigt sich dem Beschauer ein herrliches Panorama, denn ausser vielen nahen reizend gelegenen Ortschaften und Punkten erkennt man bei reiner Luft in weitem Umkreise die Höhen bei Grossradisch- und Königshain, die Landskrone, die Tafelfichte, den Isarkamm und das Riesengebirge, das Böhmisch-Lausitzische Gebirge mit der hinter dem Falkenberge bei Neukirch hervorragenden Lausche, und den Tanneberg bei Georgswalde, die Sächsische Schweiz, namentlich den grossen Winterberg, die Tzschirnsteine, den Königsstein, Lilienstein, den Schneeberg, Geissing, die Frauensteiner Höhen, den Wilisch bei Kreischa, den Windberg bei Dresden, sowie hinter dem Ohorner Keulen- und Augustusberge, den Kulmberg bei Oschatz. Nördlich flacht sich die Gegend nach der Haide ab. – Den Gipfel des hohen Steines bildet eine ungefähr vierundzwanzig Ellen hohe und gegen achtzig Ellen breite Schicht sehr grosser Granitblöcke mit zwei Hauptspitzen, die höchst wahrscheinlich durch Menschenhände hier aufgethürmt worden sind. Von dieser den Gipfel bildenden Hauptschicht zieht sich ein jetzt noch etwa drei Ellen hoher Steinwall erst achtzig Schritte weit in derselben Richtung wie die Hauptschicht, nämlich von Osten nach Westen, wendet sich aber dann bogenförmig nach Süden. Er ist grösstentheils zerstört und nur an einer Stelle noch genügend erhalten, um zu erkennen, dass Menschenhände die gewaltigen Steinmassen hier aufschichteten. Dieser Steindamm ist ohne Zweifel der Ueberrest eines germanischen Opferheerdes und wahrscheinlich der Standpunkt eines Abgotts, da man auf der obersten Platte noch mehrere offenbar durch Menschenhände hergestellte Vertiefungen bemerkt. Die Sage erzählt, dass hier einstmals der Teufel sein Wesen getrieben und den Wucherern, welche falsches Maass geführt, in den Löchern nachgemessen habe. – Eine vorzügliche Merkwürdigkeit an diesem Steindamme ist, dass er nicht, wie der eigentliche Gipfel, nur aus Granitstücken besteht, sondern dass sich auch Basalt darunter befindet, der in der ganzen Umgegend nirgends zu Tage ausgeht, und ganz besonders bemerkenswerth sind einzelne Granitstücken durch die sich Basaltadern ziehen, sowie Basaltstücken mit eingesprengtem Granit. Ob, wie Geognosten behauptet haben, diese Steine Schlackensteine sind, welche durch die Glut der Opferflammen aus Granit und Basalt entstanden, oder ob dieselben ein vulkanisches Gebilde sind, wagen wir nicht zu entscheiden. – Dass dieser altgermanische Opferheerd in späterer Zeit auch den Slaven zur Verehrung ihrer Götter gedient haben mag, ist sehr wahrscheinlich. –

O. M.     



[68]
Ruppersdorf
mit Antheil Oberoderwitz.


Das schöne, grosse Dorf Ruppersdorf liegt in einem Thale zwischen Nieder-Ruppersdorf und Herrnhut, welches von schön bewaldeten und felsigen Bergen gebildet und von einem in meist steinigen Bette rasch dahinfliessenden Bergbache belebt wird, während beide Anhöhen von zahlreichen bequemen Spaziergängen durchzogen und nicht ohne Reiz sind. Der Ort zieht sich in einer Länge von mehr als einer Stunde bis an den Fuss des bekannten 1780 Fuss hohen Kottmarbergs hinauf – dessen unterer Theil bis an die darüber hinführende von Löbau kommende alte Landstrasse grösstentheils noch zu Ruppersdorf gehört – liegt zwei und eine halbe Stunde von Löbau und drei Stunden von Zittau entfernt, nahe bei der Stadt Herrnhut und besteht aus Ober-Ruppersdorf mit Neuober-Ruppersdorf, auch Ninive genannt, und Nieder-Ruppersdorf mit den neuen Häusern und den Schwanenhäusern. Die Einwohnerschaft zählt über zweitausend Köpfe, und wohnt in dreihundert Häusern. In Nieder-Ruppersdorf befindet sich der herrschaftliche sogenannte neue Kretscham und zwei Schenken, zum Mohr und zum Schwane geschildet, eine herrschaftliche und eine Dorfschmiede, drei Wassermühlen und eine Windmühle; die herrschaftliche Bierbrauerei und Brennerei sind eingezogen. Ober-Ruppersdorf hat den Kirchkretscham, eine Schenke „zum Hecht“ die neue Schenke in Ninive, zwei Schmieden und eine herrschaftliche Brauerei. Am Fusse des zu Nieder-Ruppersdorf gehörigen Kottmarantheils liegt das herrschaftliche Gasthaus „zum Stern“.

In Ruppersdorf sind zwei Rittergüter, von denen das Hauptgut, Nieder-Ruppersdorf, noch zwei Vorwerke und seit dem 29. November 1714 einen von dem benachbarten Rittergute Grosshennersdorf erkauften Berg und Steinbruch, insgemein der englische Berg genannt, enthält. Es ist in der Ritterrolle der Oberlausitz unter Nummer 185 eingetragen. Das Rittergut Nieder-Ruppersdorf hatte früher ein altes mit Wall und Graben verwahrtes Schloss, welches im Jahre 1687 abbrannte, wieder hergestellt, 1752 abgebrochen und durch das noch jetzt stehende ersetzt wurde, ein stattliches Gebäude, das entfernt von den Wirthschaftsgebäuden in Mitten alter schöner Bäume, Teiche und trefflicher Park- und Gartenanlagen gelegen ist. Es hat das Collaturrecht über Kirche und Schule zu Ruppersdorf. Das Rittergut Ober-Ruppersdorf ist schon bereits seit 1624 von dem Hauptgute getrennt, und in der Ritterrolle unter Nummer 184 eingetragen, besitzt ein, wahrscheinlich noch in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts gebautes, massives freistehendes Herrenhaus, das nahe beim Wirthschaftshofe liegt, und ist, wie Nieder-Ruppersdorf, ebenfalls von zahlreichen alten Bäumen, Lindenalleen, Teichen und Gartenanlagen umschlossen. Beide Rittergüter enthalten zusammen 1680 Acker 132 □Ruthen, nämlich Nieder-Ruppersdorf mit dem englischen Berge und dem Kottmarantheile 915 Acker 38 □Ruthen und Ober-Ruppersdorf mit dem Kottmarantheile 764 Acker 94 □Ruthen. Im Jahre 1850 wurden beide Mannlehngüter allodificirt und im Jahre 1853 deren Gerichtsbarkeit an den Staat abgetreten, welche seit Anfang des Jahres 1854 auf das gleichzeitig neuerrichtete königliche Gericht zu Herrnhut übertragen worden ist. Ruppersdorf hatte, wie wir weiter unten darthun werden, die Obergerichtsbarkeit und den Blutbann und zwar schon vor der allgemeinen Obergerichtsconcession Ferdinands I. vom Jahre 1562. Es war von 1653 bis zur Errichtung der Criminalcasse mit dem Antheile von Ober-Oderwitz zur Aufbringung peinlicher Kosten zusammengeschlagen.

Was die Besitzer der Rittergüter zu Ruppertsdorf anbetrifft, so besagt eine vorhandene Nachricht, dass Benedikt von der Eybe zu Ruppersdorf sammt dem Stadtschreiber zu Budissin von den Ständen der Oberlausitz 1424 an die Reichsfürsten nach Mainz geschickt worden sei, um mit ihnen Angelegenheiten hinsichtlich des Hussitenkrieges zu besprechen. Dieser Benedikt von der Eybe war ein Herr von Kyau, der auf dem Schlosse Eybau sass und schon 1395 genannt wird, wie auch noch 1427 seiner Erwähnung geschieht. Christoff von Ruppersdorf besass das Gut 1474, wo nach einem vorhandenen Lehnbriefe König Matthias, als damaliger Landesherr, Hansen und Wilhelmen von Hendersdorf (Hennersdorf) mit Ruppersdorf belieh. Diese veräusserten ihre Güter, Ruppersdorf und Regnerstorff 1491 an Christoff, Caspar und Hansen von Giersdorf (Gersdorf) zu Kemnitz gesessen. Im Jahre 1518 verkaufte „Conratt von Kyau (auch blos Khy geschrieben) zu Regnersdorf den unter königl. Majestät [69] und der löbl. Krone zu Behmen und unter Hrn. Nickel Burggrafen von Donau uff Grafenstein zu Lehn rurenden im Zittischen Kreyss gelegenen Rittersitz zu Rupperssdorff sammt Vorberge, Eckern, Wiesen, Gerichten etc. für dritthalbtausend Margk weniger zehn Margk an Melcher von Haugwitz. Dieser war Klostervoigt zu Bernstorff und wurde im Jahre 1519 mit dem obgemelten Rittersitz und Forbergk sammpt den Leuten zu Rupperstorff so viel ihm (dem Conrad von Kyau) darin zuständig und er von königl. Majestät zu Böhmen zu Lehen daselbst gehalten, beliehen.

Im Jahre 1523 erwarben die Brüder Thomas und Wenzel Gey (oder Key auch Geie und Keyer, später Geyaw und Keyaw geschrieben) das Gut und Dorf Ruppersdorf im Sittischen Kreise gelegen und wurden damit im Jahre 1523 und später vom König Ferdinand 1528 damit beliehen. Der nächste Besitzer war der in der Oberlausitzischen Geschichte oftgenannte Dr. Ulrich von Nostiz auf Unwürde. Er erkaufte das Gut 1540 als abgestorbenes Lehn, soweit es Melchior von Haugwitz besessen, nemlich den Rittersitz nebst Vorwerke, zwölf Bauern, eine Mühle mit den Puschen an Wenzeln Keyen Gehulze ruhrend, sowie mit den Wiesen unter Rennersdorf gelegen, der Kröppel genannt und Anderem, um drittehalbtausend Gulden Krl. an guten böhmischen weissen Pfennigen, je sieben Pfennige für einen Groschen und derselben vierundzwanzig für einen Gulden von Zdislaw Birk Herrn von der Duba auf Leippa und Reichstadt, dem damaligen Landvoigt der Oberlausitz, auf welchen das freigestorbene Gut durch landesherrliche Donation gelangt war. Gegen diesen Kauf protestirten jedoch die Burggrafen von Dohna und Herren auf Königsbrück, indem sie Ruppersdorf als Gräfensteinisches und später Königbrückisches Afterlehn betrachteten das nach Melchiors von Haugwitz Tode ihnen zugefallen sei. Da ein königlicher Rechtsspruch zu Gunsten der Burggrafen ausfiel, kaufte Dr. Ulrich von Nostitz diesen im Jahre 1544 ihre Eigenthumsrechte für 3100 gute königliche und sächsische Thaler und Gulden Groschen ab, worauf sie ihm noch in demselben Jahre die Lehn ertheilten.

Schon im Jahre 1541 hatte Dr. Ulrich von Nostitz von Wenzeln von Kyau dessen Gut zu Ruppersdorf, soviel nach Absterben seines Vaters er ererbet und besessen, nemlich das wüste Forbergk, alle Wiesen und Püschen, dreizehn besessene Wirthe mit ihren Diensten u. s. w. ebenfalls durch Kauf erworben, woraus hervorgeht, dass bis zu dieser Zeit ein Haugwitzischer und ein Kyauischer Rittergutsantheil, dieser mit dreizehn und jener mit zwölf Bauern, bestanden habe, mit welchen beiden Ulrich von Nostitz belehnt wurde. Als dieser gefürchtete Mann, von den Bürgern der Sechsstädte nur der Städtefeind genannt, in der Gruft zu Ruppersdorf beigesetzt war, erbten die bedeutenden Güter seine Söhne, 1565 aber gelangte Ruppersdorf in alleinigen Besitz Ottos von Nostiz der schon 1571 mit Tode abging, wodurch das Gut an seinen Bruder Christoph von Nostitz kam, jedoch mit Ausschluss des Gehölzes, Wiesenwachses und der Fischerei, als Eigenthum Joachims von Nostitz auf Unwürde. Nach Christophs von Nostitz Ableben wurde Ruppersdorf 1581 an Friedrich von Nostitz und Damnitz zu Schönbrunn verkauft, und als dieser 1595 starb kam das Gut an Hans Ulrich von Nostitz, Christophs von Nostitz Sohn, bei dessen 1607 erfolgtem Tode zwei unmündige Söhne, Christoph Ernst und Christoph vorhanden waren. Von diesen gelangte Ersterer im Jahre 1624 in den erblichen Besitz von Ruppersdorf, jedoch mit Ausnahme der zum anderen Theile geschlagenen acht Bauern und sieben Gärtner im Dorfe (Nieder-Ruppersdorf). Dieser andere Theil sammt dem Dorfe Oberoderwitz und Pertinenzien kam 1625 an Christoph von Nostitz (Ober-Ruppersdorf). Im Jahre 1662 gehörten beide Rittergüter sammt Oberoderwitz dem Klostervoigte Hans Ulrich von Nostitz, nach dessen 1680 erfolgtem Tode der ganze Gütercomplex an seinen Sohn Gottlob Erdmann von Nostitz gelangte. Im Jahre 1730 erkaufte Ober-Ruppersdorf dessen Sohn, der Domherr Hans Heinrich Gottlob von Nostitz und nach des Vaters 1741 erfolgtem Tode fiel ihm durch Erbschaft auch Nieder-Ruppersdorf und Oberoderwitz zu. Er starb am 24. Juni 1764 und die Güter wurden gemeinschaftliches Besitzthum der Erben, bis 1772 Ober-Ruppersdorf und Oberoderwitz an Johann Gottlob Erdmann von Nostitz und Nieder-Ruppersdorf mit Zubehör an Johann Carl Adolf von Nostitz gelangte. Letzterer verkaufte sein Gut 1809 an seine spätere Gemahlin Henriette Charlotte Wilhelmine von Berge, erbte 1811 die Güter seines Bruders und verkaufte sie 1812 ebenfalls an seine Gemahlin. Deren Tochter, Thuiska, vermählte sich mit dem Landesbestallten der Oberlausitz Herrn Dr. Carl Wilhelm Traugott von Mayer, in den Jahren 1833 bis 1850 Mitglied der zweiten Kammer der königl. Sächsischen Ständeversammlung, welcher die, durch den 1830 erfolgten unbeerbten Todesfall seiner Gemahlin in einen langwierigen Erbschaftsstreit gerathenen, Güter im Jahre 1850 durch einen Vergleich mit den im Ediktalprocess angemeldeten Fideicommisserbschaftsprätendenten und mit seinen Allodial-Miterben an sich brachte und am 13. Februar 1850 damit belehnt wurde.

Die Kirche zu Ruppersdorf ist ein kleines, altes jedoch nicht unfreundliches Gebäude mit einer wohltönenden Orgel und trefflichem Glockengeläute. In der Gruft des alten Gotteshauses wurden seit Jahrhunderten die Edelherren der Rittergüter mit den Ihrigen zur letzten Ruhe gebettet. Da unten schläft auch der Städtefeind, von dem das Volk sich noch jetzt Schauergeschichten erzählt, denn in dunkler Mitternacht steigt Ulrich von Nostitz aus dem Grabe und fährt in einem von gespenstigen Rossen gezogenen [70] Wagen hinüber nach Unwürde. Auf dem Kirchhofe kann man noch jetzt sein steinernes Bild sehen mit der Umschrift: „Im Jahre 1552 auf den 13. October ist verstorben der edle gestrenge Herr Ulrich von Nostitz, R. K. Majestät erster Landeshauptmann in Oberlausitz dem Gott Gnade“. – Der letzte Spross aus dem Stamme der Nostitze auf Ruppersdorf, welcher in der Familiengruft beigesetzt wurde, war die am 2. August 1830 im siebenundzwanzigsten Lebensjahre verstorbene Frau Thuiska von Mayer geborene von Nostitz. – – In Ruppersdorf befinden sich zwei Schulen mit mehr als dreihundert Kindern.

Von den in Ruppersdorf vorgekommenen Denkwürdigkeiten wollen wir erwähnen, dass im Jahre 1362 die Prager, als sie in das Zittauer Land fielen, auf dem hiesigen Kirchhofe den Pfarrherrn sammt dem Schulzen erschlugen. Am 13. März 1669 wurde hier ein junger Kerl, Hans Kopf, wegen Diebstahls mit dem Schwerte hingerichtet; 1670 baute man ein neues Pfarrhaus; 1677 ward ein alter böser Mann von Strawalde, insgemein Schalk genannt, wegen Diebstahls allhier gefoltert, dass er bald darauf seinen Geist ohne einige Spuren der Busse aufgegeben, auf der Schleife abgeführt und unter den Galgen begraben; 1681 brannte das neugebaute Pfarrhaus sammt dem Kretscham nieder, wobei die Kirche in grosser Gefahr war; 1687 brannte der adlige Niederhof ab; 1688 wurde Hans Christoph Just, ein Schäferknecht, wegen Diebstahls gehenkt; 1690 und 1692 sind Dorothea Buderin und Catharine Pfeifferin wegen Kindesmordes mit dem Schwerte hingerichtet worden; 1696 bis 1697 herrschte hier eine Seuche von der gesagt wird: „es riss die armen Leute, sonderlich die Kinder, davon auch etzliche dreissig daran gestorben, an Händen und Füssen so abscheulich, dass es einen Stein in der Erde hätte erbarmen mögen, wozu theils nachher die schwere Noth kam. Andere die gleich davon kamen gehen doch ganz melancholisch umher.“ – Zu den erfreulichen Ereignissen Ruppersdorfs gehört, dass während des Cantonnements der Sächsischen Truppen im Jahre 1825 Ihre königlichen Hoheiten die Prinzen Johann und Friedrich im Schlosse zu Nieder-Ruppersdorf Ihr Hauptquartier nahmen, sowie auch im Jahre 1838 I. I. M. M. der König und die Königin bei gleicher Veranlassung fast acht Tage lang daselbst residirten.

Zu dem Gütercomplex gehört, wie schon gemeldet wurde auch das Dorf und Rittergut Ober-Oderwitz. Dasselbe kommt bis zum Anfange des siebzehnten Jahrhunderts nur unter dem Namen Oderwitz vor (slavisch Wodrinza Wadrywge, ein durch Wasser zerrissenes Thal) und liegt an der Dresden-Zittauer Chaussee. Der Ort zählt in vierhundertsiebenundsechszig Häusern über vierthalbtausend Einwohner, von denen viele sich mit Leinweberei beschäftigen, und besteht aus drei Antheilen, dem Ruppersdorfer mit dem Kirchenlehn, dem Hainewalder und dem Zittauer.

Ueber die Gründung des Ortes fehlen alle Nachrichten, doch ist es gewiss, dass derselbe bis zu dem traurigen Pönfall der Sechsstädte der Stadt Zittau angehörte. Im Jahre 1549 kam Oderwitz in Besitz des mehrerwähnten Dr. Ulrich von Nostitz, wie folgender noch vorhandener interessanter Lehnbrief beweist.

Wir Ferdinand v. G. G. Römischer Khunig etc. bekennen für unns, unnsre Erben und nachkhumenden Kunig zu Bohims und Markgrauen zu Oberlausitz hiermit diesen Brief vor Maneglich: Als wir dem etc. Ulrichen von Nostiz zu Ruppersdorf unsern Rath und Hauptmann zu Buddissin verthines Sieben un vierzigsten Jars unsere drei Dörfer, nämblich: das Dorf Oderwitz im Sittschen Weichbilde gelegen unmansen die Stadt Sittaw desselben Innhalts derselben Ihren Lehnbrieff die sie zu Unnseren Handen uberanntwurt, gebraucht und genossen (und das Dorf Gross-Schwednitz und Dorf Georgewitz im Lubischen Weichbild) alles in unnseren Markgrafthum Oberlausitz gelegen zusammt etc. – wie die im genantem unserm M. O. L. und angezaigten Iren Weichpildern gelegen und vormals beide Stat Sittaw und Lubaw und jetzo wir genossen und innegehabt umb Sechstausend Thaler, die wir Ime hievor In Ansehung seiner lang gethanen Dienst verunng unnserer derhalben Insonnderheit ausganngen Verschreibung der Datum Prag den ersten Tag Octrobis verthines Sieben und vierzigsten Jahres gestanden, gegeben, Phanndsweise eingeräumbt und volgunds dieselben durch etliche unnsere in gemelt M. Ob. L. abgefertigte Commissari dem Landsgebrauch nach auf Fünftausent Taller, der Taller zu einunddreissig weiss-Groschen gerechnet, geschätzet und taxiret worden. Da wir demnach wolbedächtlich etc. – gemelten Ulrich von Nostiz und allen seinen männdlichen Leybs Lehens Erben solche obgenannte Drey Dörfer etc. – umb obgedachte Summe der Sechstausent Taller in rechten Erblichen Kauff, Lehensweise volgen und zukhumm haben lasse. Thun solches auch hiermit wissentlich und in Chrafft dieses Brieffs etc. zv Urkhundt verfertiget mit unnserem Kuniglichen anhanngenden Innsigl. Geben auf vnnserem kuniglichen Schloss Prag am fünften Tag des monnats Maney Im funfzehnhundert und Neun und vierzigisten, unserer Reiche des Römischen im Neunzehenden und der anderen im drey und zwanzigisten Jaren.

K. Ferdinand.     


Der nächstfolgende Besitzer von Oderwitz war Christoph von Nostitz, Ulrichs Sohn, beliehen 1571. Nach ihm gehörte das Gut Hans Ulrich von Nostitz von 1595 bis 1617, dann Christoph von Nostitz der 1626 [71] die Gerichte und das Kretschamgut zu Oderwitz mit freiem Bierschank an Christoph von Gersdorf auf Hainwalde verkaufte; dem Klostervoigt Hans Ulrich von Nostitz von 1648 bis 1680; Gottlob Erdmann von Nostitz bis 1741; dem Domherrn Hans Heinrich Gottlob von Nostitz bis 1764. Diesem folgten im Besitz der Gegenhändler Johann Gottlob Erdmann von Nostitz und hierauf der Kammerherr Johann Carl Adolf von Nostitz, alsdann die verwittwete Frau von Nostitz, geborene von Berge, hierauf Frau Thuiska von Mayer geborene von Nostitz und endlich der jetzige Besitzer Herr Landesbestallter Dr. Carl Wilhelm Traugott von Mayer. Die Besitzer des Hainewalder Antheils waren von 1625 bis 1671 die Herren von Gersdorf, von 1671 bis 1686 Eleutherius von Temritz, von da bis 1778 die Herren von Canitz und zuletzt die Herren von Kyau, denen der Antheil noch jetzt zusteht. Die Trennung des Ortes geschah muthmasslich schon zu Ende des sechszehnten Jahrhunderts, wo die Stadt Zittau ihren noch jetzt besessenen Antheil an sich gekauft haben mag, denn nach beendigtem Concurse Christophs von Nostitz (um 1640) war Oberoderwitz bereits in drei Theile zersplittert, von welchen der Nieder-Ruppersdorfer in der Ritterrolle des Markgrafthums Oberlausitz unter Nummer 144 eingetragen ist. – Uebrigens haben die Gemeinden der drei Antheile im Jahre 1842 sich zu einer Gesammtgemeinde vereinigt. – Die Collatur über Kirche und Schule zu Oberoderwitz steht dem Rittergute Oberoderwitz Nieder-Ruppersdorfer Antheils zu.

Das Rittergut Oberoderwitz N. R. A. hat kein Herrenhaus, wol aber sehr ansehnliche neuerbaute Wirthschaftsgebäude, in welchen sich einige herrschaftliche Wohnzimmer befinden, und eine an der Eybauer Strasse frei im Felde gelegene Ziegelei. Das Areal enthält 354 Acker 151 □Ruthen, und in wirthschaftlicher Hinsicht besteht Oberoderwitz aus zwei Vorwerken, dem niederen und den oberen Gute, welche beide ziemlich gleichweit von der Kirche erbaut sind.

Die Kirche zu Oberoderwitz wurde im Jahre 1615, laut einer Thurmknopfnachricht, mit einem neuen Thurme geziert, wobei man das alte Gemäuer um dreiundzwanzig Ellen erhöhte. Im Jahre 1716 ist der Thurm reparirt worden, die Kirche war aber ebenfalls höchst baufällig, so dass man viele Jahre lang ihren Einsturz befürchten musste. Erst im Jahre 1817 begann man das alte Gotteshaus abzubrechen, und legte in einiger Entfernung den Grundstein zu einem neuen, das erst 1821 fertig wurde und 1823 die Glocken empfing. Die neue Kirche ist 72 Ellen lang und 35 Ellen breit, hat 30 Fenster, 2000 Stände, eine neue Orgel mit zwei Manualen und 30 klingenden Stimmen und einen 120 Ellen hohen Thurm. Hauptsächliche Veranlassung zum Angriff des Neubaues war der Umstand, dass am Sonntage Exaudi 1816 während des Vormittagsgottesdienstes in der alten Kirche etwas Gerölle herabstürzte, wodurch die andächtige Gemeinde in ein solches panisches Schrecken versetzt wurde, dass Alles kopfüber durch Thüren und Fenster zur Kirche hinausflüchtete, wobei glücklicher Weise Niemand Schaden nahm. Bald darauf war der Entschluss zu bauen gefasst, und kam unverzüglich zur Ausführung.

Die Löbau-Zittauer Eisenbahn überschreitet unweit des Bahnhofes bei Herrenhut zunächst das Herrenhut-Ruppersdorfer Thal und den Petersbach mittelst eines Viadukts bei den Schwanenhäusern, sodann das Dorf Ober-Ruppersdorf zwischen der Kirche und dem Rittergutshofe von Ober-Ruppersdorf ebenfalls mittelst eines Viadukts; das Dorf Ober-Oderwitz aber durchschneidet sie unweit der Kirche, in deren Nähe sich ein Haltepunkt befindet.

O. M.     




[72]
Rothnausslitz.

Rothnausslitz, wendisch Czerwene Nosslizy, liegt im Budissiner Niederkreise der Oberlausitz eine und eine halbe Stunde von Bautzen entfernt an der Strasse nach Bischoffswerda. Vier Gärtnerwohnungen und eine Häuslerwohnung bilden einen isolirten Theil des Dorfes unter dem Namen der Rothnausslitzer Häuser, und achtzehn Häuser einen zweiten unter dem Namen Carsdorf. Der Ort ist in das nahe Göda eingepfarrt, hat jedoch eine eigene Schule.

Das hiesige Rittergut war in der frühesten Zeit Besitzthum der mächtigen Burggrafen von Camenz, von denen es um 1420 an die Herren von Ponikau und von diesen an die Familie von Nostitz kam. Zu Ende des siebzehnten Jahrhunderts gehörte Rothnausslitz einem Herrn von Vitzthum-Eckstädt, aber 1744 bereits wieder einem Herrn von Nostitz und 1770 Hans Christoph von Nostitz. Im Jahre 1800 besass das hiesige Rittergut Dr. Carl Gottlob Compass, der es kurz vorher erkauft hatte und seiner Tochter als Erbe hinterliess. Der jetzige Eigenthümer des Gutes Rothnausslitz ist deren Sohn, Herr C. W. von Brescius.

Rothnausslitz ist in die Kirche zu Göda eingepfarrt, welche unter allen Sächsischen Parochieen unbedingt die stärkste ist. Die hiesige, dem heiligen Peter und Paul gebaute Kirche wurde im Jahre 1076 erbaut, und wird in Urkunden des sechszehnten Jahrhunderts noch eine Stiftskirche und ein halber Dom genannt, welche Benennungen auf ihre ehemalige Wichtigkeit schliessen lassen. An der Kirche sind ein Pfarrer und ein Diakonus angestellt, und die geistliche Wohnung war sonst ein bischöflich Meissnisches Schloss, mit Mauern, Gräben und Thoren befestigt, wohin eine steinerne Brücke führte. Vor dem dreissigjährigen Kriege war das Kirchspiel noch ausgedehnter als jetzt, indem während jener aufgeregten Zeit mehr als dreissig Dörfer theils zum Katholicismus zurückkehrten, theils sich an nähere Kirchen anschlossen. Bis zum Jahre 1580 befand sich zu Göda ein aus sechs Glocken bestehendes in ganz Deutschland berühmtes Geläute das durch einen Brand sammt den Kirchthurm verloren ging. Auf der hiesigen Pfarre übernachtete im Jahre 1707 der Polnische Gegenkönig Stanislaus. Pfarre und Schule stehen unter der Inspektion Bischofswerda.

Rothnausslitz gehört zu den Dörfern, welche im Hussitenkriege fast gänzlicher Verwüstung anheimfielen, auch wurde der hiesige Rittersitz von den wilden Böhmen angezündet, „dass das Forbergk lange Zeit wüste gelegen.“ Im Jahre 1568 herrschte eine starke Pest und 1633 wurde der Ort von Wallensteinischen Kriegsleuten geplündert. In den Jahren 1706, 1707 sowie 1812 bis 1814 trafen Rothnausslitz gleichfalls bedeutende Kriegsdrangsale. – Zu Anfang des elften Jahrhunderts war Rothnausslitz ein Vasallengut der Burgwarte Godiwa.

O. Moser.     





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Rammenau
Rammenau
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Nieder - Ruppersdorf
Nieder - Ruppersdorf
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Ober - Ruppersdorf
Ober - Ruppersdorf
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Roth - Nausslitz
Roth - Nausslitz

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Krankenthal
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