BLKÖ:Bach, Alexander Freiherr von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Babor, Johann
Band: 1 (1856), ab Seite: 105. (Quelle)
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Bach, Alexander Freiherr von (Minister des Innern[BN 1], Großkreuz des kaiserl. Leopold- und Franz Josef-Ordens, geb. zu Loosdorf in Niederöster. am 4. Jänner 1813). Erzogen im Hause seines Vaters, eines ausgezeichneten und allgemein geachteten Rechtsanwalts, eines Mannes von Geist und Charakter, fand der Jüngling unter dessen Leitung volle Gelegenheit, seine eigenen reichen, glücklichen Anlagen auszubilden. Neben seinen Berufsstudien, die er mit Auszeichnung betrieb, verlegte sich B. besonders auf das Studium der lebenden Sprachen. Neun Jahre später ward er bereits zum Doctor der Rechte promovirt und begann als solcher seine öffentliche Thätigkeit im Dienste der kaiserl. Kammerprocuratur, in welcher für die juridische Geschäftspraxis sehr ersprießlichen Stellung der junge Rechtsgelehrte während eines fast neunjährigen Staatdienstes sich mit dem Gange und Wesen der Administration vertraut machte. Was die erste häusliche Erziehung, gründliche Studien und eine große Geschäftspraxis unter den Augen des Vaters und im Dienste des Staates angebahnt hatten, vollendeten Reisen, die B. durch den größten Theil von Europa und im Jahre 1847 in Gesellschaft seines jüngern Bruders August in den Orient machte. Seine durch Studien gewonnenen und im geschäftlichen Leben befestigten Erfahrungen wurden nun durch Anknüpfung [106] einflußreicher Verbindungen und durch das Studium verschiedener staatlicher Einrichtungen an Ort und Stelle noch mehr bereichert. Die Gelegenheit, dieselben in weiteren Kreisen zur Geltung zubringen, wurde ihm, als er nach seines Vaters Tod (s. d.), dessen ausgedehntes Geschäft übernahm. In dieser Stellung erwarb sich der junge Rechtsgelehrte schnell solche Beliebtheit und solchen Einfluß, daß im Jahre 1848 die Blicke Aller, die ein großes gewaltiges Oesterreich wollten, auf ihn gerichtet waren. Am 8. Juli d. J. trat das Ministerium Pillersdorf ab, am 19. Juli ernannte der Monarch das neue, an dessen Spitze als Minister des Aeußern und des Hauses der Freiherr von Wessenberg stand. Dr. Bach ward Minister der Justiz, nach dem Ausspruche der öffentlichen Meinung: „ein Mann des Rechts der rechte Mann.“ In dieser Stellung brachte B. seinen vorausgegangenen Ruf zur vollsten Geltung. Trotz der Ungunst der Verhältnisse leistete er schon als Justizminister Bedeutendes. Im Reichstage hielt er bei den Verhandlungen über die Entlastung des bäuerlichen Grundbesitzes das von einer Partei stark angefochtene Prinzip der Entschädigung aufrecht. Bei der Frage über die Sanction der Beschlüsse des constituirenden Reichstages sprach er für das Veto mit Entschiedenheit und Begeisterung; endlich von der Idee der Centralisirung der Monarchie durchdrungen, trat er gegen die seperatistischen Bestrebungen der ungarischen Patrioten mit rückhaltloser Bestimmtheit auf. In diesen 3 wichtigen Momenten charakterisirt sich die Stellung, welche Minister Bach in der traurigen Epoche jener denkwürdigen Zeit in dem kurzen Zeitraume von vier Monaten behauptete. Er hat in den entscheidendsten Augenblicken durch sein Wort, energisch zur rechten Zeit gesprochen, rettend eingewirkt, endlich aber das hohe Amt, als die wilde Pöbelherrschaft die Oberhand gewann, am 8. October zugleich mit dem Minister Doblhof niedergelegt. Am 21. Nov. bildete der indeß zum Minister des Aeußern und des Hauses ernannte Fürst Felix Schwarzenberg ein neues Cabinet, in welchem Graf Stadion das Portefeuille des Innern, A. Bach das der Justiz übernehmen sollte. Graf Stadion stellte den Wiedereintritt B.’s als Bedingung der Annahme des Portefeuilles. Nur den dringlichen Vorstellungen des Grafen gelang es, B. zum Beitritt zu bewegen, u. die „Grenzboten“ (s. die Literatur) nannten diesen Eintritt ins Cabinet eine „Heldenthat passiver Aufopferung und Resignation, die Dank aus vollem Herzen verdient.“ Als später Minister Stadion bedenklich erkrankte, führte Minister Bach provis. die Geschäfte seines Collegen, bis endlich, als am 28. Juli 1849 der wegen Kränklichkeit beurlaubte Graf Stadion zum Minister ohne Portefeuille ernannt worden, A. Bach das bisher provisorisch verwaltete Ministerium des Innern definitiv übernahm, während sein Portefeuille in die Hände des Freiherrn von Schmerling überging. In dieser neuen Stellung führte nun B. die wichtigsten administrativen, mit der Neugestaltung Oesterreichs in Verbindung stehenden Reformen durch. Die Gesetze über die Presse, das Associationsrecht, die Aufhebung der Patrimonialgerichte, die Organisirung der Justizverfassung, die Gesetze über die Ablösungen, das Gemeindegesetz, die neue Organisirung der Verwaltungsbehörden u. a. entstanden unter ihm während dieser Zeit. Aber noch eine andere Riesenaufgabe war B. zu lösen vorbehalten. Die Umbildung der Monarchie, deren heterogene Elemente bisher nur künstlich zusammengehalten worden, und die es nun auf das Innigste naturgemäß zu verschmelzen [107] galt, war unerläßlich geworden und die neue politische Gestaltung des österreichischen Ländercomplexes, worin das Wesen einheitlicher Organisation vorherrschend ist, ist des Ministers Bach Werk. Eine nähere Darstellung aller dieser Schöpfungen, wie seiner maßgebenden Theilnahme an allen, selbst nicht zunächst in sein Cabinet einschlägigen Verfügungen, Bestimmungen, grundsätzlichen Anordnungen muß der Feder des Geschichtsschreibers überlassen bleiben. Hatte der Staatsmann nach dieser Seite hin, was längst noth that, energisch durchgeführt, so ward er in seiner Stellung als Curator der kais. Akademie auch andern Forderungen der Zeit gerecht und förderte durch längstersehnte Einrichtungen die Bestrebungen der Wissenschaft im Allgemeinen. Seit einem halben Jahrhunderte war die polyglotte Literatur des Kaiserstaates dem Auslande eine unbekannte Größe. Die wiederholten Versuche der Einzelnen, auf diesem Gebiete thätig zu sein, scheiterten an unbesiegbaren Hindernissen. Minister Bach ordnete nun die Veröffentlichung alles dessen an, was in den einzelnen Kronländern der Monarchie als Druckschrift, Kunstblatt oder Musikstück herauskommt u. gründete die österreichische Bibliographie, welche seit dem Sept. 1852 wochentlich erscheint. Ferner von der Wichtigkeit und practischen Nützlichkeit statistischer Arbeiten durchdrungen, war B. der Erste, der die noch in keinem Staate statistisch bearbeitete geistige Cultur desselben in das Gebiet der Statistik einbezog und die Abfassung jährlicher statistisch bibliographischer Berichte der polyglotten Literatur Oesterreichs anordnete. Durch diese Verfügung wurden der Kaiserstaat und seine geistige Schätze dem Auslande von einer Seite bekannt, die demselben bisher ganz fremd gewesen. Die Verdienste seines Ministers belohnte der Monarch mit den Großkreuzen des Leopold- und Franz Joseph-Ordens und mit der geheimen Rathswürde; außerdem schickten dem Staatsmanne, der in den bedrängtesten Tagen an der Spitze der Geschäfte gestanden und stets mit unermüdeter Selbstaufopferung an der Neugestaltung Oesterreichs arbeitet, alle bedeutenden Städte und viele wissenschaftliche und humanistische Vereine der Monarchie ihre Ehrendiplome zu. Ein deutscher Publicist schreibt: „In den Tagen blutiger Kriege und im Augenblicke allgemeiner Trostlosigkeit erstehen mitten im Donner der Geschütze Helden, die gleich Meteoren dahinziehen, Licht verbreitend wo sie erscheinen und Sieg im Gefolge. So Radetzky. Ebenso entwickeln sich aber auch im friedlichen Leben des Staates Männer, über denen, wie über den Häuptern der Weisen des Morgenlands, das Gestirn strahlt, auf dessen Bahnen nur Segen und Erfolg zu finden. Eine solche Erscheinung ist Alex. Freiherr von Bach, dessen Thun u. Wirken Oesterreichs Ehre und Größe abzielen, welche zunächst auf dem Wege innerer Entfaltung zu suchen; denn nach außen dieselben zu erhalten, diese Aufgabe werden Oesterreichs glorreiche Feldherrn und Armeen zu lösen wissen.“ Die Ansicht des Auslandes über diesen Staatsmann conzentrirt sich aber in der Stelle eines Leitartikels von Granier de Cassagnac im „Journal des Debats“, worin dieser Publicist sagt: „Die Vorsehung hat Oesterreich im Interesse der Civilisation und des Friedens der Welt vernünftige, fähige und muthige Männer vorbehalten. Statt Minister, die, wie Necker und Roland, berauscht von Stolz und Chimären waren, hatte Oesterreich wahre Staatsmänner, wie den Fürsten von Schwarzenberg, Herrn von Bach und Herrn von Bruck; statt philosophischer Generale wie Lafayette, hatte es militärische, wie Radetzky, Windischgrätz [108] und Jelacic; statt eines schwachen und unentschlossenen Monarchen wie Ludwig XVI. hielt die Vorsehung einen jungen Kaiser bereit, der ebenso liberal als beliebt bei seinem Volke, hervorragt durch seine Intelligenz, seinen politischen Blick und seine Entschlossenheit.“

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„Illustrirte Zeitung“ (Leipz. 1853, Fol.) 23. Juni 1855. Nr. 625 mit B.’s Porträt in Holzschnitt, enthält eine in das eigenste Wesen dieses Staatsmannes eingehende Charakteristik. – A. Bach Politisches Charakterbild (Leipzig 1853, 8°. – (Brockhaus) Conversations-Lexikon 10. Aufl. II. Bd. S. 144. – Ujabb kori ismeretek tára, d. i. neues ung. Conversations-Lexikon (Pesth 1850, G. Heckenast) I. Bd. S. 244. – „Luna.“ Belletr. Beibl. der Agramer Ztg. 1855. Nr. 27, 28, 29. – „Grenzboten“ (Leipzig, Herbig, 8°.) VIII. Jahrg. 1849, Nr. 46. – „Brünner Anzeigen“ 1855. Nr. 128: „Zur Charakteristik des Ministers Frhr. A. von Bach.“ – Reichstagsgallerie. Geschriebene Porträts der hervorragendsten Deputirten des ersten österr. Reichstags (Wien 1848, Jasper, Hügel und Manz). – In mehreren Lexiken ist d. J. 1814 irrig als B.’s Geburtsjahr angegeben. – Bachs Porträt, lith. von R. Theer (Wien 1845, J. Bermann, gr. 4°.), lith. von Kriehuber (1849, Wien, Folio). – gest. v. Weger (Leipzig 1849, 4°.) ein treffl. Blatt.

Berichtigungen und Nachträge

  1. E Bach, Alexander Freiherr von [s. d. Bd. I, S. 105]. Als nach den Feldzügen 1859 in Oberitalien die politischen Reformen im Kaiserstaate Platz griffen, trat B. in Folge Allerh. Handschreibens vom 21. August 1859 von seinem Posten als Minister des Innern zurück, und wurde Graf Gołuchowski sein Nachfolger. [364] Unter Einem wurde Baron Bach zum kaiserlichen Botschafter am römischen Hofe ernannt, welchen Posten er noch zur Stunde bekleidet.
    Unsere Zeit. Jahrbuch zum Conversations-Lexikon (Leipzig 1859, Brockhaus, gr. 8°.) Bd. III, S. 648. – Gothaisches genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser (Gotha, Just. Perthes, 32°.) XI. Jahrg. (1861), S. 7 [daselbst die geschichtliche Uebersicht und die Beschreibung des Wappens]. [Band 11, S. 363 f.]