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BLKÖ:Beöthy, Eugen

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Beöthy, Ladislaus
Band: 1 (1856), ab Seite: 286. (Quelle)
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Beöthy, Eugen (Vicegespan des Biharer Comitates und Mitglied der ungarischen Magnatentafel 1843, geb. zu Großwardein 5. Dec. 1796). Studirte in seiner Vaterstadt und trat 1812 in’s Husaren-Regiment Kienmayer. Später wurde er Lieutenant und dann als Oberlieut. zur leichten Reiterei nach Preßburg versetzt. Diese Schaar focht gegen die Franzosen überall mit und so war B. bei Leipzig, Paris und im großartigen Lager bei Dijon zugegen. Nach Wiederherstellung des Friedens kehrte B. 1820 in’s Vaterland und trat in’s Privatleben zurück. Nun widmete er sich ganz dem Studium der Sprachen, geschichtlicher, politischer und altclassischer Werke, und ward 1826 Abgeordneter des Biharer Comitates. Bald erwarb er sich als Redner das Vertrauen des Comitates und wurde auf den Landtag von 1830 wieder einstimmig zum Abgeordneten gewählt, mußte doch Krankheit halber denselben bald verlassen. 1832–1836 neuerdings gewählt, war er der Wortführer der Beschwerden des Protestantismus, verfocht die Gewissensfreiheit und Gleichberechtigung der Religionen. Man verlangte von ihm, er solle seine Anträge zurückziehen. Dem Gerüchte nach, das auch Beöthy selbst rechtfertigte, wurden ihm 60,000 Gulden C. M.. angeboten, wenn er es thäte. Er that es nicht. B.’s Popularität wuchs. 1837 verehelichte er sich mit Louise Csanády, einem Mädchen von ausgezeichneter Schönheit und glänzenden Talenten. In kurzer Zeit erschien im Comitate ein bischöflicher Hirtenbrief über die gemischten Ehen, deren Einsegnung verweigert wurde. Beöthy gab nun in der Comitatssitzung, als Einer, der auch in gemischter Ehe lebte (seine Gattin war reformirt), der Kirche die Segnung, welche ihm bei der Trauung gespendet worden, schriftlich zurück. Der Kapuziner möge sie, sagte er, in seinen Briefkasten legen. Darüber entstand ein Briefwechsel zwischen ihm und dem Bischof von Großwardein, welcher auch in deutsche Blätter überging. Seine Wiederwahl auf den Landtag 1840 wurde doch nur für einige Zeit verhindert, denn schon nach wenigen Monaten wurde der an Beöthy’s Stelle Gewählte einem öffentlichen Comitatsbeschluß zufolge zurückberufen und Beöthy mit solchem Enthusiasmus an dessen Stelle ernannt, daß selbst die Fahne, unter welcher die Wahlpersonen standen, als Andenken an die Feierlichkeit zur Aufbewahrung in’s Archiv gelegt wurde. In Folge seiner Wirksamkeit auf dem Landtage wollte das Comitat sein Porträt malen und im großen Saale aufhängen lassen, eine Auszeichnung, die bisher nur dem Grafen Stephan Széchenyi zu Theil geworden. Beöthy nahm diese Auszeichnung nicht an. 1841 erfolgte die neue Wahl der Beamten. Beöthy mußte gegen seinen Willen die erste Vicegespanswürde annehmen, damit er das Gegengewicht bilde gegen Ludwig Tiszá den Obergespans-Stellvertreter und seinen Widersacher. Als Vicegespan war er nun das Muster der Comitatsverwaltung. Auf alles erstreckte sich seine Aufmerksamkeit. Das Gerichtsverfahren ward rasch, pünctlich, unparteiisch; selbst seine Gegner suchten ihn zum Richter zu [287] haben. Außerdem beförderte er wesentlich das Wohl des Comitates durch gemeinnützige Anstalten und andere gesetzliche Einrichtungen. Er erklärte den Adel von Jobbágytelk nach dem XI. Gesetzartikel 1836 für zinspflichtig und mehrte dadurch seine Feinde. Die Comitatssitzung am 5. März 1842 wurde durch das Eindringen eines Haufens Betrunkener gestört, welche laut riefen: „Wir zahlen keine Steuern!“ Beöthy erhob sich, kam mit einiger Mühe zum Wort, und bevor er noch seine Rede beendet, rief ihm die Masse, welche seine Gegner hereingeführt hatte, ein schallendes „Éljen!“zu. – Die Wahl zum Abgeordneten auf den Landtag von 1843 übernahm er nur unter der Bedingung, wenn der Adel die Gemeinlasten tragen wolle. Es geschah. So weit schon hatte es der Eifer Beöthy’s und seiner Partei gebracht. Nach dem Landtag lebte er ohne Amt zurückgezogen, übte aber trotzdem bedeutenden Einfluß auf den Gang der Dinge aus. Auf den Landtag von 1847/48 wurde seine Wahl durch Ränke seiner Feinde verhindert, nun ernannte ihn eine Volks-Versammlung zum Commandanten der Nationalgarde des gesammten Biharer Comitates und an die Stelle eines zurückberufenen Abgeordneten zum Repräsentanten auf dem Landtag. Das Ministerium Batthyány ernannte ihn auf Verlangen des Comitates zum Biharer Obergespan und als solcher erschien er auch auf der Nationalversammlung zu Pesth im Juli 1848. Von hier wurde er als bevollmächtigter Landescommissär in’s untere Lager, später in gleicher Eigenschaft an die Stelle des Nikolaus Vay nach Siebenbürgen geschickt; doch wegen einiger Mißhelligkeiten übergab er diese Würde dem Ladislaus Csanyi und kam nach Debreczin zurück. Hier erhielt er am 5. April 1849 von Kossuth die Weisung, nach Bukarest zu reisen, um daselbst wegen Handels- und Verkehrssachen Unterhandlungen anzuknüpfen. Den 9. April reiste er ab, kam aber nur bis Kronstadt in Siebenbürgen, da ihm der Eintritt in die von den Russen besetzte Wallachei verweigert wurde. Hier erfuhr er auch die Unabhängigkeits-Erklärung vom 14. April. Das Document, welches dieselbe enthielt, konnte er nicht zu Ende lesen, und in seiner Entrüstung darüber warf er seine Mütze zu Boden. Nach seiner Rückkehr legte er die Obergespanswürde nieder und wurde Abgeordneter auf dem von Pesth nach Szegedin verlegten Landtag. Nach den Ereignissen bei Világos gelang es ihm, gegen Ende November 1849 in’s Ausland zu entkommen. – Levitschnigg schildert Beöthy: „Die Natur schien ihre ganze Kraft bei dem Baue von B.’s Lungen concentrirt zu haben. Ohne diese Guerillasstimme wäre B. eine parlamentarische Null geblieben. Er war ein Donnergott, der von Picke auf gedient hatte. Seine dröhnenden Reden waren seine Ahnen. Wenn er einen parlamentarischen Gegner überschrieen hatte, gemahnte uns der kleine Mann immer an den alten Hauptmann aus der kroatischen Militärgränze, der während der Napoleonischen Herrschaft den geübten Fechtmeister eines Linienregimentes, als ihn dieser Sieges sicher zum Duell gefordert, in dem Momente die Hand halb abhieb, da sich dieser eben en guarde stellen wollte. Beöthy stand trotz seiner manquen Kenntnisse durch Energie und Scharfsinn hoch über den meisten Klopffechtern des bezopften ungar. Liberalismus im Vormärz. Er besaß den Instinct des wahren Fortschrittes. Miß Pardoe schreibt über ihn als Redner: „Sein rednerischer Styl stimmt mit seinem Aeußern überein; er ist voll Muth, Freimüthigkeit und Kraft. Nie schont er seinen Gegner, wer es auch sein mag; er lächelt und schmeichelt nicht; sein Angriff ist derb und [288] scharf, er schwächt, verwundet und wenn er durch die Leidenschaft fortgerissen wird, vernichtet er.“

Ujabb kori ismeretek tára, d. i. ungar. Conversations-Lexikon der neueren Zeit (Pesth 1850, Heckenast) I. Bd. S. 495. (Artikel von Y.) – Der Ungar, herausgeg. u. redigirt von Hermann Klein (Pesth 1842, 4°.) I. Jahrg. Nr. 76. – Levitschnigg (Heinr. Ritter v.), Kossuth und seine Bannerschaft (Pesth 1850, Heckenast, 2 Bde.) II. Bd. S. 82. – Miß Pardoe, Ungarn und seine Bewohner ... In den Jahren 1839 u. 1840 (Leipzig 1842).