BLKÖ:Kaiser, Friedrich (I.)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Kainz, Jacob
Band: 10 (1863), ab Seite: 358. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Ludwig Friedrich Kaiser in Wikidata
GND-Eintrag: 132142856, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Kaiser, Friedrich (I.)|10|358|}}

Kaiser, Friedrich (I.) (Kupferstecher, geb. zu Ulm 28. Februar 1779, gest. zu Wien 3. Februar 1819). Sohn unbemittelter Eltern, der schon in den Knabenjahren den Griffel den Büchern vorzog und zum Kupferstecher Christian von Mechel in Basel in die Lehre kam. Diese Wahl war, da Friedrich wirklich Talent besaß, wie die Folge zeigte, keine glückliche; und nach mehreren verlorenen Jahren, denn er hatte nur die dürftigste Technik auf die dürftigste Weise erlernt, kehrte er nach Ulm zurück. Von Ulm kam er nach Weimar in das Bertuch’sche Industrie-Comptoir, denn es galt, da er mittellos war, zunächst den Lebensunterhalt sich zu erwerben. In Weimar war durch Göthe der Kunstsinn rege gemacht worden. Böttiger nahm sich auch des jungen strebsamen Mannes an und so brachte K. in Weimar zum Theile das ein, was er in Basel versäumt hatte. Er stach dort viele Blätter für Bertuch’s Bilderbuch“, für Böttiger’s „Sabina“, dann Loder’s „Anatomische Tafeln“, viele Vignetten und Blätter für Almanache u. dgl. m. Nachdem er in Weimar einige Fortschritte gemacht und eine kleine Summe zurückgelegt, welche auch noch [359] durch Ersparnisse seiner Mutter vermehrt wurde, begab er sich nach Paris, wo er in der damaligen kaiserlichen und in einer Privat-Akademie Unterricht nahm und sich besonders im Zeichnen übte und unter Salvage Anatomie studirte. Als er eines Tages die Copie einer Büste dem Meister vorgewiesen und dieser die Arbeit mit dem Spotte: „On voit bien que ce n’est pas la tête d’un cheval“ abgethan hatte, da erwachte in ihm der ganze Künstlerstolz und mit unermüdetem Fleiße strebte er einer der Besten zu werden, errang auch 1811 eine der für Kunsteleven ausgesetzten Preismedaillen und zeichnete für sich mehrere große Blätter: die Madonna (la belle jardinière)“, einen „H. Johannes“ nach Raphael und „La sainte vierge aux linges“, deren Stich er auch begonnen, aber – weil die Kunst nach Brot gehen mußte – nicht vollendet hat. Ueberdieß der Umgang mit Müller, dem Architekten Fischer, beide aus Stuttgart, mit Ulmer, Geißler, Dannecker u. A. förderte ihn nicht wenig, läuterte seine Kunstanschauungen und hob seinen Geschmack. Bruderliebe rief ihn 1811 nach Neapel. Aber gleich bei seiner Ankunft hatten sich seine Verhältnisse so mißlich gestaltet, daß jeder Gedanke an künstlerische Studien, wie er sie ursprünglich beabsichtigt hatte, aufgegeben und um das tägliche Brot gearbeitet werden mußte. Er gab nun reichen englischen Familien Unterricht im Zeichnen, und stach mehrere Blätter mit Ansichten von Neapel und der Umgegend, 12 Costumblätter: Scenen des täglichen Lebens des neapolitanischen Volkes, in Pinelli’s Manier eine seiner besten Arbeiten; erhielt von Millin Aufträge zu Abbildungen für seine Kunstreisen u. dgl. m. Nach einem 5jährigen Aufenthalte in Neapel folgte er einer Einladung seines Bruders nach Wien, wo er sich bleibend niederließ und auch leider für die Kunst zu früh, im Alter von 40 Jahren, starb. In Wien, wo er akademischer, nach Müller und Klunzinger sogar Hofkupferstecher wurde, hat K. viel gearbeitet; so hat er die von Kneipp gezeichneten Landschaftstudien trefflich radirt. Diese 15 Blätter erschienen unter dem Titel: „Grundlinien zur Landschaftszeichnung von Kneipp und Kaiser“ (Wien, C. F. Müller); stach ferner für den Fürsten Lichnowsky: „Denkmäler altdeutscher Baukunst des österreichischen Kaiserstaates“, 3 Blätter, und zwar: „Der Haupteingang der Stephanskirche in Wien“; den „Linken Seitengang der Stephanskirche“ und den „Haupteingang der Minoritenkirche in Wien“; ferner mehrere Blätter für Hammer’s „Fundgruben des Orients“, für Schickh’s „Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur u. s. w. und für C. J. Müller’s Kunstverlag mehrere Darstellungen neuer Gartenanlagen. Kaiser verstand es mit besonderer Fertigkeit die kalte Nadel zu handhaben, seine Arbeiten zeugen ebenso von Fleiß wie von künstlerischer Fertigkeit und echtem Kunstgefühl. Die Anatomie seiner Figuren ist kunstgerecht. Unter günstigeren Verhältnissen und bei besserer Gesundheit, denn K. war verwachsen und sehr leidend, hätte er es zu nicht gewöhnlicher Bedeutung gebracht.

Kunst-Blatt (Stuttgart, Cotta, 4°.) Jahrg. 1820, Nr. 8: „Friedrich Kaiser, akademischer Kupferstecher in Wien“, von J. C. Schmid. – (Hormayr’s) Archiv für Geographie, Historie, Staats- und Kriegskunst (Wien, 4°.) Jahrgang XII (1821), Nr. 132, S. 523. – Die Künstler aller Zeiten und Völker. Begonnen von Prof. Fr. Müller, fortgesetzt von Dr. Klunzinger (Stuttgart 1857, Ebner und Seubert, gr. 8°.) Bd. II, S. 464 [nach diesem Werke und nach Weyermann heißt er Ludwig Friedrich]. – Weyermann (Albr.), Neue historisch-biographisch-artistische Nachrichten von Gelehrten und Künstlern u. s. w. der vormaligen Reichsstadt Ulm [360] (Ulm 1829, Stettini, gr. 8°.) – Nagler (G. K. Dr.), Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1838, Fleischmann, 8°.) Bd. VI, S. 520. – Tschischka (Franz), Kunst und Alterthum in dem österreichische Kaiserstallte (Wien 1836. Fr. Beck, 8°.) S. 368. – Porträt. Von J. A. Klein gezeichnet, von Joh. Passini gestochen.