BLKÖ:Schickh, Kilian Joseph

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 29 (1875), ab Seite: 264. (Quelle)
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Schickh, Kilian Joseph (dramatischer Schriftsteller, geb. zu Wien im Jahre 1799, gest. ebenda 22. Mai 1851). Ueber seinen Bildungs- und Lebensgang ist nur bekannt, daß er anfänglich Soldat war, dann, im Jahre 1819, in den Civilstaatsdienst trat und, nach Friedrich Kaiser Beamter der Kriegsbuchhaltung, nach Dr. Meynert der k. k. Universal-Staats- und Banco-Schuldencasse – letzteres ist das richtige – gewesen. S. war übrigens wohlhabend, denn er besaß zwei Häuser, eines auf der Landstraße (Gärtnergasse Nr. 20) und eines auf der Windmühle (Haydngasse Nr. 17). Er zählte bald zu den fruchtbarsten, aber darum nichts weniger als eben glücklichen dramatischen Dichtern der Wiener Vorstadt-Theater. Schon ziemlich frühzeitig war er im Theater in der Josephstadt mit einer Posse: „Der Simandl in der [265] Unterwelt“ als Localdichter aufgetreten. Aus der Fluth seiner Arbeiten, von denen S. 267 in den Quellen eine Uebersicht der größeren Zahl derselben gegeben wird und deren eine, die im Jahre 1844 gegebene: „Nochmals Paris bei Tag und Nacht“, als S.’s 62. Stück bezeichnet war, erhielten sich etwas länger über dem Wasser: „Nina“, „Bruder Lustig“, „Der Kampf des Glückes mit dem Verdienste“ und „Das Zauberdiadem“, welche bessere Einnahmen erzielten. Seine „Adelaide, oder zehn Jahre aus dem Leben einer Sängerin“ kam sogar auf auswärtigen Bühnen zur Aufführung. Später schrieb er für das Theater an der Wien und auch für jenes in der Leopoldstadt. Von den auf ersterer Bühne gegebenen Stücken sind „Die Entführung vom Maskenball“, „Hanns Jörgel in Wien“ und „Die schöne Holländerin“ bekannter geworden. Am bekanntesten im Publicum wurde sein Name durch ein im Leopoldstädter Theater gegebenes Stück, das dem traurigen Elementar-Ereigniß der Ueberschwemmung Wiens im Jahre 1830 seine Entstehung verdankte. Auch das Leopoldstädter Theater war von den Fluthen hart mitgenommen worden. Als es erst nach mehreren Tagen wieder geöffnet werden konnte, wollte sich der durch den Besuch des Eisstoßes verscheuchte Frohsinn nicht sogleich wieder einstellen, bis Schickh’s Posse: „Der Sieg des guten Humors“ demselben Bahn brach. Das Stück selbst war unbedeutend, geradezu geschmacklos, der Gedanke aber, den guten Humor als Allegorie, und zwar als eine aus farbigen Lampen zusammengesetzte Figur, welche den ersten Vers der Volkshymne: „Gott erhalte unsern Kaiser“ bildeten, erscheinen zu lassen, gab den Ausschlag. Dieser Actschluß veranlaßte bei einem Publicum, das am Kaiserhause mit fast kindlicher Verehrung hing, einen nicht enden wollenden Beifall. Diese eigentlich patriotische Demonstration bezog aber der selbstgefällige Poet auf sein Stück, das sich in der That nicht über das Maß der gewöhnlichen Dutzendfabrikate dieser Art erhob, und in seiner Selbstüberschätzung nannte er sich auf jedem neuen Stücke, welches er noch zum Besten gab, auf dem Theaterzettel nicht mehr mit seinem Namen, sondern immer nur als den „Verfasser des Sieges des guten Humors“, was ebenso in Rücksicht auf die Unbedeutenheit jenes Stückes, als auf den aus den sechs Worten zusammengesetzten Pseudonym sich komisch genug ausnahm. Schickh war ungemein fruchtbar und producirte nahezu 70 und vielleicht mehr solcher Eintagsfliegen, deren charakteristisches Merkmal die Mittelmäßigkeit war. Das beste darunter wäre wohl seine Posse: „Die Entführung vom Maskenballe“, aber diese ist eben nur eine Umarbeitung einer älteren Posse: „Der Bettelmannsschmaus“ von Perinet. Als es mit der Posse nicht recht vorwärts wollte, dünkte sich S. zu Höherem berufen und schrieb nicht mehr – Possen, sondern tiefernste Schau- und Lustspiele, deren er auch verschiedene fertig und im Vorrath hatte, den ihm aber Niemand abnahm. Einige Zeit, in den Jahren 1836 und 1837, ging er sogar mit dem Gedanken um, selbst die Direction einer kleinen Bühne zu übernehmen, doch, obgleich er wohlhabend war, reichte sein Vermögen zu einem solchen Unternehmen nicht aus. Eine fast ominöse Berühmtheit – um nicht das schwere „Berüchtigtheit“ anzuwenden – erwarb er sich durch seine Frau, die Localsängerin Dlle Jäger, eine vertraute Freundin der Therese Krones [Bd. XIII, S. 258], [266] welche er in den 40ger Jahren geheirathet hatte. Für Fräulein Jäger waren die Hauptrollen seiner ziemlich witzlosen Localpossen berechnet, sie waren ihr, um sich des technischen Ausdruckes zu bedienen, so zu sagen „an den Leib geschrieben“. Was die künstlerischen Leistungen der „Jäger“ betrifft, so ist davon in der Zeitkritik nichts zu finden, sie war eben, was man „eine dralle Dirne“ nennt, und im Gesange bestand ihre Hauptleistung in einem „virtuosen Jodeln“. Als Jaroszynski, der Geliebte der Krones, als Mörder des Professors und Priesters Blank [s. d. Bd. I, S. 422] entdeckt worden, fand seine Verhaftung in der Wohnung der Krones Statt. Er befand sich eben bei derselben bei einem lustigen Gelage und die Dritte im Trio war Dlle Jäger. Das lustige Kleeblatt war zerrissen, als die Häscher ein Blatt desselben, den Mörder Jaroszynski, pflückten und mitnahmen. Dieser Umstand, der, wie leicht begreiflich, bald im Publicum bekannt wurde, blieb an der Jäger wie ein unauslöschliches Brandmal haften. Durch ihre Erscheinung auf der Bühne oder im Theater wurde die grausige Erinnerung an jenen entsetzlichen Mord und die Arretirung des Mörders in ihrer und der Krones Gegenwart immer wieder wachgerüttelt, und nach Jahren noch, wenn ein Fremder das Theater betrat und eben die Jäger auf der Scene erschien, flüsterte ihm ein Nebenmann in’s Ohr: „Das ist die, die bei der Krones war u. s. w.“. Und wenn ihr Spiel ein meisterhaftes gewesen wäre, was nicht der Fall war, so hätte die Erinnerung an diesen Umstand nie einen rechten Beifall aufkommen lassen, denn damals ließ das in gewissen Sachen höchst sensible Wiener Publicum einen im Privatleben einer Schauspielerin vorgekommenen Scandal auch während ihrer Bühnenthätigkeit nicht ungeahndet. Mußte diese Härte des Publicums selbst die so beliebte Krones erfahren. Es ist heute anders geworden! Dlle Jäger wurde also die Frau Schickh’s, trat aber noch mehrere Jahre nach ihrer Verheirathung als Frau Jäger in der Komödie auf. Uebrigens soll der Name „Jäger“ gar nicht ihr wahrer Name gewesen sein und sie vom Hause aus Baumgarten geheißen haben. Sie ist, nachdem sie ihren Gatten um viele Jahre überlebt, vor kurzer Zeit, wie es hieß, in eben nicht sehr günstigen Umständen gestorben. – Bedeutsamer und literarisch bemerkenswerth erscheint Johann Schickh[WS 1] (geb. zu Wien am 6. Jänner 1770, gest. zu Bad Gastein am 1. August 1835). Johann S. war ein Oheim des vorstehenden Possendichters Kilian Joseph S. und hat im Jahre 1816 die in der vormärzlichen Periode so geachtete und nachmals durch Witthauer’s Redaction auch einflußreiche „Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode. Mit dem Beiblatte: Allgemeines Notizenblatt“ (Wien, Gerold, 8°.) begründet. Schickh’s Name erscheint durch zwei Jahrzehende, 1816–1836, als Redacteur des Blattes, in Wirklichkeit war es in den Jahren 1816 bis April 1818 Wilhelm Hebenstreit [Bd. VIII, S. 180], der dem Blatte in dieser kurzen Frist eine feste literarische Geltung verschaffte und so tüchtige Verbindungen anknüpfte, daß Schickh nun – den eingeschlagenen Weg fortsetzend und sonst durch und durch ein ehrenhafter und solider Mann – die angeknüpften Verbindungen nur nicht muthwillig zu lösen brauchte, um den guten Credit der Zeitschrift zu erhalten. Schickh selbst, so viel [267] bekannt, war nichts weniger als literarisch gebildet oder gar ein Aesthetiker. Seines Zeichens ein geschickter Schneider, besaß er gesunden Menschenverstand und einen richtigen Instinct. Als Schickh in Gastein, 65 Jahre alt, gestorben, richtete Emanuel Straube, einer der fleißigsten Mitarbeiter seines Blattes, in demselben (1835, Nr. 98) einen poetischen Nachruf an den Verblichenen, den er mit den geflügelten Worten: „Ach sie haben einen braven Mann begraben und mir war er mehr“ einleitete. Seine Witwe verheirathete sich nach seinem Tode mit einem Grafen Lynker (?) und ist, zum zweiten Male Witwe, um das J. 1870 gestorben.

Uebersicht der bekannteren Possen von Kilian Joseph Schickh in chronologischer Folge. (Die bekanntesten sind mit einem * bezeichnet.) 1821. „Simandel aus der Unterwelt“ (aufgeführt im Theater in der Josephstadt). – „Meister Frischauf, oder der Schrecken über den Sternen und im Tartarus“ (im Theater in der Leopoldstadt).
1829. „Der Blick in die Zukunft“ (in der Josephstadt).
1830. *„Die elegante Bräumeisterin“ (nach Kringsteiner] (im Theater an der Wien).
1831. *„Der Sieg des guten Humors, oder die Lebenslampen“ (in der Leopoldst.).
1832. „Das Ideal, oder der höchste Preis“ (in der Leopoldst.). – *„Bruder Lüstig, oder Faschingstreiche“ (ebd.). – „Eine Portion Melange, oder Schwarz und Weiß“, Quodlibet (ebd.). – *„Nina, oder die Wanderung nach einem Mann“ (ebd.). – „Amintha und Odiosa, oder der Kampf der Zwietracht mit der Liebe“ (ebd.). – „Enzian und Luzie, oder keine sechs Klafter tief und doch fatal“ (ebd.). – „Mimili“ (ebd.) [sieben Komödien in einem Jahre!].
1833. *„Der Kampf des Glückes mit dem Verdienste, oder die Erfindung (!) des Zufalls“ (in der Leopoldst.). – „Robert, der Wauwau“, Parodie von Robert der Teufel (ebd.). – „Ritter Stiefeldan und sein Schildknappe, oder die Fahrt nach Abenteuern“, Donquixotiade (ebd.).
1834. „Die Zauberlaterne“, nach dem Italienischen (in der Leopoldstadt). – „Hymens Zauberspruch, oder die Heirathen nach Geld“ (ebd.). – *„Adelaide, oder zehn Jahre aus dem Leben einer Sängerin“ (ebd.).
1835. *„Die Entführung vom Maskenball, oder die ungleichen Nebenbuhler“ (a. d. Wien).
1836. *„Das Zauberdiadem“ (in der Leopoldstadt). – „Camilla d’Argenti, oder der Vetter von Ungefähr“ (ebd.).
1837. „Der elegante Hafnermeister“, Seitenstück zur „eleg. Bräumeisterin“ (ebd.). – „Mathilde und Knauserl, oder die Wucherschätze“ (ebd.).
1838. *„Noch ein Kobold, aber vermuthlich der letzte, oder der junge Herr muß wandern“, Nachbildung des Ballets „Der Kobold“ im Kärnthnerthor-Theater[WS 2] (in der Josephstadt). Mit Musik von Proch. Brachte in 24 Vorstellungen 10.000 fl. C. M. ein.
1839. „Der fidele Franzl, oder die Ritterfahrt nach Abenteuern“ (in der Josephstadt). – „Die Localsängerin und ihr Vater, oder das Theater im Theater“, nach dem „Vater der Debutantin“ (ebd.).
1840. „Der Kampf der Eilfer mit den Zwölfern, oder von 1/28 bis 3/411 Uhr“, Parodie der „Welfen und Ghibellinen“ (ebd.). – „Die Maske, oder die Männerfeindin“ (a. d. Wien). – „Philadelphia, oder die unterbrochene Vorstellung aus dem Gebiete der scheinbaren Zauberei“ (in der Josephst.).
1841. „Alle Augenblicke ein Anderer und doch immer Derselbe, oder die Zauberkorallen“ (in der Leopoldstadt).
1842. „Das Haus der Tratschereien, oder die beiden Putzgreteln“ (a. d. Wien). – *„Die Hammerschmiedin aus Steiermark“ (in der Josephstadt).
1844. „Nochmals Paris bei Tag und Nacht, oder die Reise mit dem Luftballon“ (ebd.) [als des Verfassers 62stes Stück bezeichnet].
1846. „Er ist verheirathet“. Seitenstück zu Kaiser’s „Sie ist verheirathet“ (in der Josephstadt).
1848. „Eine Gefälligkeit fordert die andere“ (ebd.). – „Die Musketiere der Viertelmeisterin“, Parodie der Oper: „Die Musketiere der Königin“ (a. d. Wien).
1849. „Der Reichstag in der Geisterwelt, oder die Feenkönigin und ihr Sohn“ (in der Josephstadt).
Zur Biographie. Oesterreichisches Morgenblatt (Wien, 4°.) 1836, S. 304. – Wiener Abendpost (Abendbl. der amtl. Wiener Zeitung) 1867, Nr. 19. – Der Wiener Parnaß vor [268] einem Vierteljahrhundert“. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für das gebildete Publicum (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) V. Suppl. Bd. S. 543. – Kaiser (Friedrich), Unter fünfzehn Theater-Directoren. Bunte Bilder aus der Wiener Bühnenwelt (Wien 1870, R. v. Waldheim, 12°.) S. 83 u. 84. – Handschriftliche Notizen des Herrn Jos. Wimmer, dem ich hiermit hier öffentlich für die Freundlichkeit danke, mit welcher er meine Zweifel in biographischen Angelegenheiten löst, oder mich auf interessante Einzelheiten in Wiens Theaterzuständen aufmerksam macht. – Porträt. Dasselbe lithographirt (ohne Angabe des Zeichners und Lithographen, Wien, 12°.) mit der Unterschrift: Joseph Schick (sic). Befindet sich in einem der älteren Wiener Theater-Almanache. – Ein Bildniß seines obenerwähnten Oheims Johann Schickh erschien 1835 von Kriehuber lithographirt (Wien, gedruckt bei J. Höfelich, 8°.), mit der Unterschrift: Johann Schickh, darunter in zwei Zeilen: Geboren zu Wien den 6. Januar 1770, | Gestorben zu Gastein den 1. August 1835. – Ein Bildniß der Madame Jäger brachte gleichfalls ohne Angabe des Zeichners und Lithographen der Leopoldstädter Theater-Almanach. – Ein Costumebild [Nr. 65) mit der Unterschrift: „Madame Jäger als Fidelio in der Posse: Der Kobold“, Schöller del., Andr. Geiger sc. (4°.), stand in der Bäuerle’schen Theater-Zeitung. –

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Johann Schickh (Wikipedia).
  2. Vorlage: Kärnerthor-Theater.