BLKÖ:Kmety, Georg

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Kmeth, Daniel
Band: 12 (1864), ab Seite: 131. (Quelle)
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Kmety, Georg (ungarischer Revolutions-General, geb. zu Pokoragy im Gömörer Comitate Ungarns im Jahre 1810).[BN 1] Den Vater, der evangelischer Geistlicher war, verlor K. in seiner ersten Jugend. Die Mutter verließ mit ihrem Sohne die Pfarre und übersiedelte nach Nyiregyhaz im Szabolczer Comitate, wo Kmety’s Großonkel, der Prediger Johann Schulek, lebte, in dessen Hause Mutter und Sohn liebreiche Aufnahme und bleibende Unterkunft fanden. K. besuchte die Schule daselbst und machte so gute Fortschritte, daß Großoheim und Mutter übereinkamen, ihn der wissenschaftlichen Laufbahn zu widmen. K. kam nun nach Eperies, wo er mehrere Jahre das evangelische Districtual-Collegium besuchte, von dort nach Preßburg an das evangelische Lyceum. Sein Fortgang in den Studien war ausgezeichnet. Um eine deutsche Universität zu besuchen, bewarb er sich um ein Stipendium und erhielt dasselbe. Jedoch der Umstand, daß ein zweiter Zögling seines Namens auch unter den Bewerbern um dieses Stipendium sich befand, hatte eine Verwechslung zur Folge, welcher unser K. zum Opfer fiel. K., über diesen traurigen Zufall verstimmt und um eine Hoffnung, auf die er seine ganze Zukunft gesetzt hatte, betrogen, ging nach Wien und trat in die kaiserliche Armee. Bei Beginn der ungarischen Revolution war K. bereits Lieutenant, er trat nun in ungarische Dienste, wo er bald als Major an der Spitze eines Honvéd-Bataillons stand. Die Beförderung in der Revolutionsarmee ging rasch von Statten, bei der Belagerung von Ofen war er bereits Oberst. Seine Kaltblütigkeit und Bravour verhalfen ihm weiter, er erhielt das Commando über ein selbstständiges Corps, und der Sieg in der Schlacht bei Csorna war sein Werk. Ferner war es Kmety, welcher die hartberannte Festung Peterwardein entsetzte, wodurch die ungarische Revolutionsmacht diesen Schlüssel der unteren Donau in ihren Händen behielt. Nach der Schlacht bei Temesvár, in welcher die Ungarn unter Bem den letzten Kampf gegen die kaiserlichen Truppen bestanden, stellte sich K. an die Spitze einer kleinen Schaar von allen Seiten aufgelesener Flüchtlinge, mit welcher er sich Haynau entgegenstellte. Zum Rückzuge gezwungen und von allen Seiten abgeschnitten, überschritt er mit Einigen, die zu ihm hielten, die türkische Grenze, wurde aber kurz zuvor noch in einem walachischen Grenzdorfe von einem Haufen Bauern umzingelt. Die durch das Verfahren der Ungarn gegen die Walachen im höchsten Grade fanatisirten Bauern (Moczen) waren eben im Begriffe, an den Gefangenen fürchterliche Vergeltung zu üben, als sie durch eine ankommende Abtheilung Uhlanen diesem Lose entgingen. Die Bauern überlieferten nun ihre Gefangenen der Abtheilung Uhlanen, diese Uhlanen aber waren nicht, wie die Bauern vermutheten, kaiserliche Truppen, sondern polnische Freiwillige der ungarischen Revolutionsarmee, mit denen K. und die Seinigen die türkische Grenze überschritten. Dort trat er in Dienste des Sultans, blieb aber in Folge [132] österreichischer und russischer Reclamation lange Zeit ohne Befehl und ward in Aleppo internirt. Daselbst beschäftigte er sich mit der Organisirung türkischer Truppen. Als die Stadt im Jahre 1851 eines Tages von einem Nomadenhaufen überfallen wurde, vertheidigte K. mit mehreren anderen Flüchtlingen, die in Aleppo lebten, das französische Consulat und befreundete sich aus diesem Anlasse mit dem Consul Lesseps, dem nämlichen, welcher mit großer Energie den Durchstich der Landenge Suez betreibt. Als sich seine Aussichten auf eine bleibende Anstellung in der Türkei nicht verwirklichten, begab er sich 1852 nach England. Dort schrieb er, um die Angaben Görgey’s in seinen Memoiren zu widerlegen, die Schrift: „Arthur Görgey’s Leben und Wirken in Ungarn“ (London 1853 [Leipzig, Otto Wigand], 8°.), welche auch in ungarischer Uebersetzung (Pesth 1861, Lauffer) erschienen ist. Auch in London boten sich ihm keine Aussichten dar, und schon stand er im Begriffe, da er ein trefflicher Pianospieler war, nach Amerika zu überschiffen, wo ihm die Musik zu weiterem Fortkommen verhelfen sollte. Der Ausbruch des Krieges zwischen der Türkei und Rußland ließ ihn aber dieses Vorhaben sofort aufgeben. K. begab sich unverweilt nach Constantinopel, wo sich nun seinem Eintritte in türkische Dienste keine Hindernisse mehr entgegenstellten. Er wurde an die Spitze der undisciplinirten Baschi Bozuks gestellt, die er in allen Affairen als Vorhut in den Kampf führte, so daß er sich bald zum Helden des Tages emporschwang, namentlich nach dem denkwürdigen 29. September 1855, an welchem er mit einem Kaltblut und mit einer Umsicht ohne Gleichen die Vertheidigung von Kars leitete, welche das englische Blaubuch aber dem General Williams zuschreibt (!). K. trat gegen dieses echt englische Verfahren in einer Schrift auf, welche auch in deutscher Ausgabe erschienen sein soll. Der Titel der englischen lautet: „A narrative of the defence of Kars on the 29 of Septembre 1855. Translated from the german of George Kmety“ (London 1856, Ridzway). Darin weist er die gefälschte Darstellung dieser Begebenheit, wie sie das Blaubuch gibt, mit Thatsachen, welche bis heute nicht widerlegt wurden, nach. Auch in einem Briefe an General Williams vom 1. August 1855 hält er diesem – sich offen von ihm lossagend – sein zweideutiges Entstellen der Sachlage in den an die englische Regierung entsendeten Depeschen in offener Sprache vor. Kmety erscheint bald nach seinem Uebertritte in türkische Dienste als Kiamil Bascha, später als Anführer der Baschi Bozuks unter dem Namen Ismail Pascha. Noch muß bemerkt werden, daß er zum Islam übergetreten ist, und zwar unmittelbar nach seinem Erscheinen auf türkischem Gebiete, wodurch er wohl hauptsächlich seine Auslieferung vereitelt haben mochte. Seit einer Reihe von Jahren sind weiter keine Nachrichten mehr über Kmety in die Oeffentlichkeit gelangt, und er dürfte, da er sogar seinen Glauben geopfert, wohl einer der höchsten Würdenträger im türkischen Heere sein.

Die Zeit (Berliner Parteiblatt) 1855, Nr. 263. – National-Zeitung (Berliner Parteiblatt) 1856, Nr. 569. – Theater-Zeitung, herausgegeben von Adolph Bäuerle, 1859, Nr. 144: die fürchterliche Geschichte, wie Kmety entkommen ist. – Steger (Fr. Dr.), Ergänzungsblätter zu jedem Conversations-Lexikon (Leipzig und Meißen, Lex. 8°.) Bd. XI, S. 543. – Schlesinger (Max), Aus Ungarn (Berlin 1850, 8°.) Zweite Aufl. S. 444. – Rittersberg, Kapesní slovníček novinářský i konversační, d. i. Kleines Taschen-Conversations-Lexikon (Prag 1850, 12°.) [133] Theil II, S. 141. – Nouvelle Biographie générale ... publiée sous la direction de M. le Dr. Hoefer (Paris 1850 et s., Firm. Didot, 8°.) Tome XXVII, p. 881. – Levitschnigg (Heinrich Ritter von), Kossuth und seine Bannerschaft. Silhouetten aus dem Nachmärz in Ungarn (Pesth 1850, Heckenast, 8°.) Bd. I, S. 110. – Porträte. 1) Nach der Natur gez. und lithograph. von Ed. Kaiser (Wien 1854, Neumann, gr. Fol.); – 2) gemalt von Zutter, lithogr. von Hoffmann (Wien, Paterno, Fol.). –

Berichtigungen und Nachträge

  1. Kmety, Georg (Ismail Pascha) [s. d. Bd. XII, S. 131], gestorben zu London 25. April 1865. Noch blieb K. nach dem Krimkriege einige Zeit in türkischen Diensten und befehligte während des syrischen Aufstandes ein Corps von 7000 bis 8000 Mann. Bald nach dessen Beendigung nahm er aber seinen Abschied vom activen türkischen Dienste und übersiedelte nach London, wo er von seiner Pension lebte. Eine Entzündung des oberen Halswirbels, an der er bereits seit Monaten litt, nahm endlich einen tödtlichen Ausgang. Er wurde auf Kosten der türkischen Gesandtschaft mit dem seiner Stellung entsprechenden Gepränge begraben.
    The illustrated London News, June 3. 1865, p. 520: „The late General Kmety“ [mit einem vortrefflichen Holzschnittbildnisse nach einer Photographie der Herren Magal. Nach dieser Biographie ist K. im Jahre 1814 geboren]. – Presse (Wiener polit. Blatt) 1865, Nr. 117 u. 122 [nach Nr. 117 der Presse ist K. im Jahre 1812 geboren]. – Neue freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1865, Nr. 243. – Fremden-Blatt (Wien, 4°.) 1865, Nr. 135. [Band 14, S. 494]