BLKÖ:Rigler, Friedrich Edler von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Rigler, Lorenz
Band: 26 (1874), ab Seite: 153. (Quelle)
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Rigler, Friedrich Edler von (Schulmann, geb. zu Neuberg in Ober-Steiermark 3. Jänner 1798, gest. zu Gratz 24. September 1867). Ein Sohn des k. k. Domänen-Inspectors Franz X. Rigler (geb. zu Hartmannsdorf im Gratzer Kreise 17. Mai 1756, gest. 14. November 1831), dessen die „Steiermärkische Zeitschrift“ im 1. Hefte des 7. Jahrganges der Neuen Folge (1842), S. 113, in ehrenvollster Weise gedenkt. Der Sohn Friedrich kam mit seinem Vater, als dieser k. k. Staatsgüter-Inspector für Kärnten und Krain wurde, im Jahre 1805 nach Klagenfurt, wo er die Gymnasialstudien begann und dieselben in Gratz vollendete, als der Vater im Jahre 1810 dahin versetzt wurde. Nach deren Beendigung begann er das Studium der Rechte an der Wiener Hochschule, welches er nach dem ersten Jahre in Gratz fortsetzte, wo er aber schon im Jahre 1822 sich dem Lehrfache zuwendete. Er wurde nämlich im genannten Jahre aufgefordert, daselbst die Lehrkanzel der lateinischen und griechischen Literatur und der Aesthetik zu suppliren. Im folgenden Jahre übernahm er die Supplirung einer erledigten Humanitätslehrerstelle am Gymnasium zu Marburg und wurde noch im nämlichen Jahre, 1823, nach mit Auszeichnung abgelegter Concursprüfung zum wirklichen Professor ernannt. Er war damals 25 Jahre alt und wirkte in diesem Berufe durch 22 Jahre, wurde im Jahre 1845 Präfect des Marburger Gymnasiums, und als die im Jahre 1849 begonnene Reorganisation der österreichischen Gymnasien in’s Leben trat, im J. 1850 Director des genannten Gymnasiums. Im J. 1851 erfolgte seine Ernennung zum k. k. Schulrathe und Mitgliede der Landesschulbehörde mit den Functionen eines provisorischen Gymnasial-Inspectors von Steiermark, Kärnten und Krain, in welcher Eigenschaft er von Marburg nach Gratz übersiedelte. Als im Jahre 1860 die Reorganisation der Landesbehörde in Krain stattfand, entfiel für den Schulrath Rigler die Inspection dieses Kronlandes. Am 21. April 1864 erfolgte seine festliche Jubilirung; für seine um Oesterreichs Schulwesen erworbenen Verdienste wurde er schon im Jahre 1859 mit dem Ritterkreuze des Franz Joseph-Ordens ausgezeichnet; nach seiner Versetzung in den Ruhestand erhielt er die Erhebung in erbländischen Adelstand mit dem Ehrenworte „Edler von“. Dieß sind die äußeren Umrisse eines dem Unterrichte und der Erziehung gewidmeten, im Ganzen höchst einfachen Lebensberufes, der aber auf dem Gebiete der Pädagogik eine höhere Bedeutung erlangte. Hier kann wohl nicht im Detail eine Schilderung seines verdienstvollen Wirkens, durch welches er als Muster eines Schulmannes dasteht, wohl aber können einige Andeutungen gegeben werden, in welcher Hinsicht insbesondere seine Wirksamkeit fruchtbringend und erfolgreich gewesen. Er war in der classischen Literatur gründlich gebildet und ein Humanist in des Wortes [154] edelster Bedeutung. Was ihn aber in der Unterrichtsfrage zunächst beschäftigte, war die Aufgabe, welche Stelle bei dem in den österreichischen Lehranstalten herrschenden deutschen Unterricht die nationale Sprache – in seinem Schulbezirke war es die slovenische – einzunehmen habe. Es bestand dafür in Oesterreich weder eine Vorschrift, noch war die Sache bisher durch Erfahrung geregelt; er beschloß demnach die Einrichtung derjenigen Lehranstalten im Auslande durch eigene Anschauung kennen zu lernen, wo wegen der beisammen bestehenden deutschen und slavischen Volkselemente beide Sprachen in den Unterricht einbezogen sind. Solche Lehranstalten bestehen zunächst in Preußisch-Schlesien und in Sachsen. Er unternahm deßhalb im Juli 1850 eine Reise und hatte die Schulen in Ratibor, in Gleiwitz, Oppeln, Brieg, Neisse, Breslau, dann in Bautzen, Görlitz, Leipzig, Dresden, endlich in Leitmeritz, Prag, Brünn und Olmütz, im Ganzen 18 Gymnasien, besucht, und sich mit 37, darunter bedeutenden Schulmännern, wie mit Mehlhorn, Kabath, Spiller, Zastra, Peschke, Dr. Ochmann, Krömer, Rotter, Dr. Pohl, Dr. F. W. Hoffmann, Dr. Nobbe, Dr. Wagner, Oberlehrer Hellwig, in unmittelbaren Verkehr gesetzt, und die Frage, um deren Lösung es sich handelte, mit ihnen eingehend erörtert, wie auch den auf den einzelnen Anstalten bestehenden Usus aufmerksam studirt und darüber ein detaillirtes Tagebuch geführt. Das Ergebniß seiner Forschungen theilt er in einer Stelle seines Tagebuches mit; sie lautet: „über die große Frage, wie das Slovenische gegenüber dem Deutschen an meinem Gymnasium zu behandeln sein würde, fand ich keine genügende Lösung. Daß der Beamte, der Seelsorger, den sein Loos bestimmt, mit dem slovenisch sprechenden Volke zu verkehren, dieser Sprache selbst mächtig sein soll, und zwar als der Gebildete, in einem höheren Maße als das Volk, darüber stimmen Alle überein. Allein ebenso fest steht es, daß die deutschen Regierungen, die über slavische Landestheile herrschen, dahin arbeiten, der deutschen Sprache und Gesittung überall Eingang und Uebergewicht zu verschaffen. Ja, es steht sogar fest, daß das Volk als Masse und Gesammtheit diesem Eindringen der deutschen Sprache und Gesittung keineswegs fühlbaren Widerstand leistet. Es erblickt in der deutschen Sprache und Gesittung die Vermittlung zur höheren geistigen Ausbildung, zur größeren Tüchtigkeit im Geschäftsleben, zu vielseitigem vortheilhaftem Verkehre mit den deutschen Provinzen. Ihm ist daher der Unterricht im Deutschen praktisches Bedürfniß, der Slave will die nöthige Kenntniß des Deutschen besitzen, und wenn er höhere Zwecke verfolgt, eine mehr als nöthige, vollkommen ausreichende und ihn dem Deutschen gleichstellende Kenntniß. Daß letzteres Ziel dadurch erreicht würde, wenn das Deutsche an den slavischen Gymnasien nur als Unterrichtszweig mit der erforderlichen Stundenzahl gelehrt würde, ist sehr zweifelhaft: daß aber jene für den künftigen Beamten und Seelsorger nothwendige Sprachfertigkeit im Slavischen dadurch erreicht werden könne, wenn am Gymnasium die Muttersprache der slavischen Gymnasiasten zweckmäßig gelehrt würde, weil es ja eben Muttersprache ist und somit nicht eigentlich als etwas Fremdes angelernt, sondern nur dem Bewußtsein näher gerückt und besser entwickelt und ausgebildet werden soll, daran zweifelt Niemand. Somit stände [155] ich nach Allem, was ich in Oberschlesien und Breslau, namentlich im Gespräche mit polnischen Geistlichen über jene Frage erfuhr, noch immer auf demselben Puncte, daß das Slovenische auf meinem Gymnasium durch alle Classen durch einen geschickten Lehrer mit sicherem Erfolge gelehrt werden müsse als Unterrichtszweig, daß aber gegenwärtig das Interesse des Volkes sowie der Regierung darin liegt, das Deutsche als das geeignetste Bildungsvehikel zu betrachten und es, so lange die Verhältnisse nicht anders werden, als Unterrichtssprache des Gymnasiums gelten zu lassen. Die Schwierigkeiten, mit denen die Gymnasiallehrer in Marburg in den untersten Classen bei ihren slovenischen Schülern zu kämpfen haben, werden in dem Maße sich vermindern, als die Volksschulen besser sein werden. .... Auch würde in der Versetzung der Schüler aus der untersten Gymnasialclasse in die nächst höhere mit Gewissenhaftigkeit zu verfahren sein. In Schlesien muß der geborne Pole in der unteren Classe in dem deutschen Unterrichte dasselbe leisten, was von dem Deutschen gefordert wird; und das Bestreben der Polen, sich im Deutschen vor Allem recht fest zu stellen, ist so groß, daß sie mit ihren Leistungen jene der Deutschen nicht selten übertreffen.“ In Betreff des classischen Unterrichts gewann er aber eine Bestätigung seiner längst gehegten Ueberzeugung, „daß die Richtung eine möglichst freie und kräftige Anregung und Entwickelung sämmtlicher Geisteskräfte – die Basis aber das Studium der griechischen und lateinischen Classiker sei, gestützt auf ein gründliches, aber praktisches Studium der Grammatik und solche schriftliche Uebungen, welche eine gründliche Sprachkenntniß und ein leichteres Eindringen in den eigenthümlichen Geist der alten Sprachen fördern. Mit dem classischen Studium stehen in Verbindung ein solches Maß von geschichtlichen, naturwissenschaftlichen und mathematischen Elementen, als durch die allgemeine Bildung der fortschreitenden Zeit für Jeden erforderlich wird, der von der Theilnahme an jener allgemeinen Bildung nicht ausgeschlossen sein will. Ferne bleibe von dem classischen Studium jeder Anspruch auf Ausschließlichkeit; aber auch ferne jeder Versuch durch allzuschnelle übereilende Methoden die Früchte der classischen Bildung zu verkümmern und dadurch den Fall derselben herbeizuführen. Die Realien sollen zwar das Bedürfniß der Zeit berücksichtigen, aber in gleichem Maße die jugendlichen Kräfte, die beschränktere Zeit und sich darum vor allzu hochgespannten Forderungen, vor Ueberbürdungen hüten.“ Diese Ansichten R.’s stellen ihn als einen tiefdenkenden, die Bedürfnisse der Zeit wohl erwägenden und insbesondere praktisch tüchtigen Schulmann dar. Unter diese seine praktischen Arbeiten gehört vor Allem auch das von ihm im Jahre 1853 ausgearbeitete, noch heute giltige Disciplinargesetz für die Gymnasien von Steiermark, Kärnten und Krain. Wie ernst er seine Stellung auffaßte, davon gibt sein häufiges Hospitiren am Gymnasium seines Amtssitzes zu Gratz Zeugniß, wo sein Erscheinen in den verschiedenen Classen fast Regel und sein Nichterscheinen Ausnahme war. Dabei muß bemerkt werden, daß sich R. den Forderungen eines bei gewissenhafter Ausführung im hohen Grade auch körperlich anstrengenden Berufes ungeachtet seiner beständigen Kränklichkeit – denn seit seinem zwanzigsten Lebensjahre litt er an Bluthusten – unermüdet und mit einer bewunderungswürdigen [156] Selbstbeherrschung unterzog. Er besaß eine große Kenntniß der Classiker, und Homer, Xenophon, Thukydides, Sophokles, Horaz, Sueton, Sallust, Cicero, Tacitus und von den späteren und den Heroen des Geistes in der Gegenwart waren Shakespeare, Goethe, Rollin, Bukle seine stehende Lectüre. Daß er schriftstellerisch nicht productiv war, erklärt sein Biograph, Director Peinlich, der ihm in einer anregend geschriebenen Lebensskizze ein schönes Denkmal gesetzt, folgendermaßen: In den jüngeren Jahren hielt ihn Bescheidenheit ab, die er im höchsten Grade besaß; in den späteren ließ ihm die gewissenhafte Erfüllung seines pädagogischen Berufes keine Zeit zu schriftstellerischer Thätigkeit. Das Tagebuch seiner zu pädagogischen Selbststudien unternommenen Reise läßt jedoch nach den von Director Peinlich mitgetheilten kleinen Auszügen auf einen Inhalt schließen, der vielleicht weitere Verbreitung verdiente. Aus seiner Ehe mit der Tochter des Marburger Advocaten Dr. Kaspar Seiller hinterließ er sechs Kinder: drei Söhne und drei Töchter.

Peinlich (Richard Dr.). Friedrich Edler von Rigler. Ein Lebensbild (Gratz 1868, 8°., 21 S.). – (Peinlich, Richard Dr.) Friedrich Edler von Rigler, gestorben am 24. September 1867 (Gratz 1867, kl. 8°., 14 S.). – Gratzer Zeitung 1864, Nr. 93: „Scheiden des k. k. Schulrathes von Rigler aus der öffentlichen Wirksamkeit“. – Jahresbericht des k. k. Obergymnasiums zu Gratz für 1868 (Gratz, Kienreich, 4°.) S. 30.