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BLKÖ:Rosmini, Karl Ritter von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Rosmini, Eduard von
Band: 27 (1874), ab Seite: 53. (Quelle)
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Rosmini, Karl Ritter von (Geschichtsforscher, geb. zu Roveredo 29. October 1759, gest. zu Mailand 9. Juni 1827). Entstammt derselben Adelsfamilie, wie Antonio R. [s. d. Vor.]. Als Karl 7 Jahre alt war, verlor er seinen Vater Nikolaus Dominik durch den Tod, und die Mutter Veronika, eine geborne v. Carpentari, übernahm nun die Erziehung ihres Sohnes, worin sie Abate Pali unterstützte; später schickte sie ihn nach Innsbruck in das dortige Collegium der Adeligen, wo er die philosophischen Wissenschaften hörte. Aber schon im nächsten Jahre kehrte er nach Roveredo zurück und setzte unter Leitung seines Landsmannes Clemens Baroni die höheren Studien fort. Frühzeitig zur Pflege der schönen Wissenschaften sich hingezogen fühlend, schloß er mit Clemens Vanetti einen Freundschaftsbund, der erst durch Vanetti’s im Jahre 1797 erfolgten Tod gelöst wurde. Mit Vanetti im Vereine trieb er Poesie und veröffentlichte eine kleine Sammlung seiner und der Gedichte seines Freundes unter dem Titel: „Versi d’Erotico e di Cimone Doriano“ (Roveredo 1783), die Namen, unter denen die Gedichte [54] erschienen, waren jene, die sie als Mitglieder der Accademia degli Agiati angenommen hatten. Ueberdieß beschäftigte sich R. fleißig mit ästhetischen Studien, behandelte mehrere Gegenstände der Dichtkunst in Briefen an seinen Freund Vanetti, und als ihm einige Ansichten des berühmten Encyklopädisten d’Alembert, welcher dieser über die Poesie ausgesprochen, nicht zusagten, ließ er die „Considerazioni sopra i due opuscoli del Sgr. d’Alembert intorno alla poesia con un saggio di versi“ (Roveredo 1786, 8°.) erscheinen, worin er d’Alembert’s Meinungen in gemessener Weise widerlegte. Die in diesem Werke enthaltenen Poesien waren Rosmini’s letzte Versuche in metrischer Form; er fühlte es wohl, daß die Poesie nicht das Feld war, auf dem er jene Ziele erreichen sollte, nach denen er strebte. Er vertiefte sich nun in historische Studien und blieb der Pflege derselben bis an sein Lebensende treu und, um durch nichts in seinem Vorhaben gestört zu werden, unvermält. Die erste historische Arbeit, mit welcher er sich beschäftigte, stand in Verbindung mit seiner Lieblingslecture, den Werken Ovid’s. Noch bestand keine entsprechende Biographie des Dichters der Metamorphosen[WS 1]. Der gelehrte Italiener Bianconi, ein Zeitgenoß Rosmini’s, der sich damit beschäftigte, war an der Vollendung derselben durch seinen Tod verhindert worden. Da ging Rosmini an die Lösung dieser Aufgabe und veröffentlichte das Werk: „Vita d’Ovidio“, 2 tomi (Ferrara 1789, 8°.), welches in Italien ungetheilten Beifall fand, so daß wenige Jahre vor seinem Tode, im Jahre 1821, in Mailand eine zweite Ausgabe veranstaltet wurde. Seit dieser Zeit lag R. vorzugsweise biographischen Studien und Arbeiten ob und faßte vorerst den Entschluß, eine Geschichte der Gelehrten von Trient und Roveredo zu schreiben, und so gleichsam die „Biblioteca Tyrolese“ von Tartarotti und Todeschini, die zu unvollständig war, zu ergänzen. Mit diesem Vorhaben kam er aber nicht über die Biographie des Christophoro Bucetti aus Rallo, eines Poeten aus dem 17. Jahrhunderte, heraus, welche er im Jahrgänge 1792 der von Zola herausgegebenen „Bibliotheca“ veröffentlichte und der er aus einem in der Roveredaner Bibliothek aufbewahrten Manuscripte einige Dichtungen Bucetti’s beifügte. Im Jahre 1790 unternahm R. eine Reise nach Trient und durchforschte dort die von Johann Chrysostomus von Volano angelegte, umfassende Sammlung vaterländischer Schriftsteller. Ein Ergebniß dieser Forschungen liegt nicht vor. Hingegen beschäftigte er sich in seiner Zurückgezogenheit mit dem Studium des römischen Philosophen Seneca und wählte er denselben zur biographischen Darstellung. Er schilderte den durch seine Schriften und Schicksale gleich merkwürdigen Römer von allen Gesichtspuncten: als Philosophen und Gelehrten, als Hofmann und Minister, als Freund vieler und hervorragender Personen, von Krankheiten geplagt, unterdrückt von Neid und Verfolgung, hinaufgehoben von den Launen des Schicksals auf den höchsten Gipfel irdischen Glückes und von da wieder hinabgeschleudert in die Schauder eines gewaltsamen, grausamen Todes. Es war das eine Arbeit, die dem gelehrten Roveredaner ungemein zusagte und sie erschien, von großem Beifalle in der kritischen Gelehrtenwelt aufgenommen, unter dem Titel: „Vita di Seneca“ (Roveredo 1795, Marchesani). Besonders Bettinelli [s. d. Bd. I, S. 357], [55] Cesari [Bd. II, S. 325] und Fontana [Bd. IV, S. 281] sprachen sich in anerkennender Weise über diese biographische Studie aus. Bald nach Herausgabe der Biographie Seneca’s entriß ihm der Tod hinter einander seine beiden Freunde Vanetti und Baroni. Rosmini veröffentlichte aus diesem Anlasse zwei, dem Andenken derselben gewidmete Arbeiten, in der ersteren, welche im Jahrgangs 1791 des Almanachs „L’Eremita“ erschien und worin er von dem Nutzen der Wissenschaft im Allgemeinen handelt, setzte er Vanetti ein bleibendes Denkmal; in der zweiten, die er im Jahre 1797 zu Roveredo veröffentlichte, gibt er Nachrichten von dem Leben und den Schriften Baroni’s. Aus der nächstfolgenden Zeit sind von ihm nur ein im erwähnten Almanache „Eremita“ im Jahrgange 1798 abgedruckter Dialog: „L’arte del Parasito“ (die Kunst des Schmarotzers), ein zweiter: „Il favorito delle Donne“ im Jahrgange 1802 bekannt, denn ob der im Jahrgange 1800 enthaltene, Rosmini zugeschriebene Dialog: „Sulla tranquillità e contentezza dell’ animo“ auch wirklich von ihm herrührt, steht nicht fest. Nun wendete er sich wieder der historischen Biographik zu, und da ihn keine Bande mehr an seine Heimat fesselten, siedelte er im Jahre 1803, während er schon früher bald in Bassano, bald in Feltre und an anderen Orten Oberitaliens bei literarischen Freunden längere Zeit verweilt hatte, bleibend nach Mailand über, nachdem er sein ganzes Vermögen in eine Leibrente verwandelt hatte. In Mailand standen ihm nicht nur die in den dortigen öffentlichen Bibliotheken aufbewahrten Bücherschätze, sondern auch die reichen und bis dahin wenig benützten Sammlungen und Archive des Adels zur Verfügung, und im Verkehre mit Männern, wie Cicognara, Marini, Morelli, Del Furia u. A. erweiterte sich sein Gesichtskreis und schärfte sich sein kritischer Scharfblick. Aus dieser Zeit. 1801–1808, stammen drei der verdienstlichsten Arbeiten Rosmini’s; in der ersten behandelt er einen der bedeutendsten und einflußreichsten Wiederhersteller der griechischen und lateinischen Literatur in Italien, Vittorin v. Feltre, in der zweiten den berühmten Veroneser Quarino und in der letzten einen der berühmtesten Förderer der italienischen Literatur im fünfzehnten Jahrhunderte, Francesco Filelfo von Tolentino, wozu ihm die reiche Privat-Bibliothek des Marchese Gian Giacomo Trivulzio umfassende Materialien geliefert hatte. Die Titel dieser Schriften sind: „Idea, dell’ ottimo precettore nella vita e disciplina di Vittorino da Feltre e de suoi discepoli“, tomi 2 (Bassano 1804, 8°.); – „Vita e disciplina di Guarino Veronese“, tomi 3 (Brescia 1805, 8°.) und „Vita di Filelfo da Tolentino“, tomi 3 (Milano 1808, 8°.). In diesen drei Werken gibt R. nicht blos umfassende Nachrichten über die äußeren Lebensumstände derselben, sondern er fügt noch so viele treffende und scharfsinnige Bemerkungen über die Unterrichtsmethode dieser drei berühmten Lehrmeister bei, daß aus diesen drei Lebensbeschreibungen der deutsche Gelehrte Caspar Orelli die Materialien zu einer neuen Lehrmethode sammelte, welche er im Jahre 1812 in deutscher Sprache herausgab. Im Jahre 1809 besuchte R. wieder seine Heimat, aber die kriegerischen Wirren in derselben trieben ihn bald nach Mailand zurück, wo er in den Schätzen der Trivulzi’schen Bibliotheken Materialien zu einem Werke über den berühmten Kriegshelden [56] seiner Zeit, Johann Jacob Trivulzio, sammelte und das Ergebniß seiner Forschungen in dem Werke: „Istoria intorno alle militari impresi ed alla vita di Gian Jacopo Trivulzio detto il Magno“, tomi 2 (Milano 1815, 8°.), veröffentlichte. Das mit vielen Kupferstichen ausgestattete und in gründlicher, geschichtlicher Forschung ausgeführte Werk fand von Seite der Kritik ungetheilten Beifall. Alle diese Arbeiten hatten ihm einen Einblick in die reiche, wechselvolle Geschichte Mailands gegeben, und ihn auf die Idee gebracht, dieselbe zu schreiben. Mit ungebrochener Kraft machte er sich an diese schwierige Arbeit und vollendete in den nächsten Jahren vier Bände, die unter dem Titel: „Istoria di Milano“, tomi 4 (Milano 1815–1820, gr. 8°.) erschienen und in den ersten drei Bänden die Geschicke der Stadt von ihrem Anbeginne bis zum Jahre 1535 enthalten, in welchem Mailand unter spanische Herrschaft gerieth. Der 4. Band, Urkundenband, bringt die erläuternden handschriftlichen Documente. Dieses gleichfalls mit vielen, alte Denkmäler Mailands darstellenden Kupferstichen ausgestattete Werk wurde von mehreren Seiten so günstig aufgenommen, daß man R. aufforderte, es bis zu Beginn der Regierungsperiode der Kaiserin Maria Theresia, 1740, fortzuführen. In der That setzte R. die Arbeit fort. In der Zwischenzeit besorgte er die Herausgabe der noch nie im Drucke erschienenen zwölf Bücher von dem Leben und den Thaten Guidobald’s I. von Montefeltro, Herzogs von Urbino, welchen er erläuternde Noten und eine Vorrede beifügte; schrieb für die von Bettoni veranstaltete Sammlung der Abbildungen berühmter Italiener, die Biographie von Torquato Tasso und über Veranlassung des Grafen Pertusati die Biographie einer frommen Mailänderin, Namens Repetti; dabei arbeitete er an dem Mailänder Geschichtswerke fort, welches er bis auf die noch anzulegende letzte Feile zu Ende gebracht hatte. Darauf unternahm er eine Reise nach Roveredo, um seine Verwandten zu besuchen, war gesund nach Mailand zurückgekehrt und griff nun von Neuem zur Arbeit, bei welcher er am 9. Juni 1827 im Alter von 68 Jahren, tödtlich vom Schlage getroffen, niedersank und nicht mehr zum Leben gebracht wurde. Was Rosmini im Gebiete der Geschichte geleistet, gehört zu dem Besten, was in dieser Richtung die italienische Literatur zu Anfang dieses Jahrhunderts aufzuweisen hat. In der Biographik hat er Meisterwerke geliefert, die, wie ein deutscher Kritiker treffend bemerkt, gewiß eher die Uebersetzung verdienten, als manche spanische Komödie und mancher französische Roman; und doch ist nur sein Leben Vittorino’s von Feltre durch Kaspar von Orelli (Zürich 1812) dem deutschen Publicum zugeführt worden. Seine biographischen Werke über Ovid, Seneca, Guarino von Verona und Philelphus und Trivulzio sollten aus keiner Schulbibliothek fehlen, und sie finden sich nicht in großen Bibliotheken. Seine Geschichte Mailands, obgleich sein Hauptwerk, fällt gegen die obbenannten Arbeiten bemerkbar ab, immerhin aber bleibt sie noch so bedeutend, daß sie verdient hätte, durch Herausgabe des vorhandenen Manuscripts, das bis zu [[BLKÖ:Habsburg, Karl VI.|Karl’s VI.] Todestage reichte, ergänzt zu werden. Da er dieser letzten Arbeit wegen manchen bösartigen Angriff zu erdulden hatte, bemerkte man ganz treffend: Italien ist einmal vom Schicksale dazu verdammt, seine eigenen Kinder [57] zu zerfleischen; die wissenschaftlichen und Privatfehden sind an Stelle der auswärtigen Kriege getreten.

Labus (Giov.), Cenni sulla vita e sulle opere del caval. Carlo de Rosmini (Milano 1827, Pogliani, 8°.). – Blätter für literarische Unterhaltung (Leipzig, Brockhaus, 4°.) 1827, S. 800, von Karl Witte, u. S. 939 [nach diesen wäre er im Jahre 1763 geboren, was irrig ist]. – (Hormayr’s) Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst (Wien, 4°.) XVIII. Jahrg. (1827), Nr. 119 u. 120: Nekrolog. – Wigand’s Conversations-Lexikon (Leipzig, O. Wigand, gr. 8°.) Bd. XII, S. 39. – Conversations-Lexikon der neuesten Zeit und Literatur. In vier Bänden (Leipzig 1833, Brockhaus, 8°.) Bd. III, S. 788. – Nach der bei Tasso in Venedig erschienenen Enciclopedia italiana, fasc. 275, p. 913, ist R. am 28. October 1758 geboren. – Biographie nouvelle des Contemporains etc. Par M. M. A. V. Arnault ... (Paris 1824, à la librairie histor., 8°.) Tome XVIII, p. 227. – Biographie des hommes vivants ... (Paris 1819, 8°.) Tome V, p. 239.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Metarmophosen.