Zum Inhalt springen

BLKÖ:Scherschnik, Leopold

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Scherrer, Anton
Band: 29 (1875), ab Seite: 220. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Leopold Johann Scherschnik in Wikidata
GND-Eintrag: 121672166, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Scherschnik, Leopold|29|220|}}

Scherschnik, Leopold (Schulmann, geb. zu Teschen 3. März 1747, gest. ebenda 31. Jänner 1814). Sein Vater Johann Anton war Stadt-Syndicus und seine Gattin Johanna Aloisia eine Bürgermeisters-Tochter, geborne Polzer. Leopold, das einzige am Leben gebliebene Kind dieser Ehe, verlor in Kindesjahren seine Mutter, die zu den gelehrten Frauen zählte denn mit ihrem Bruder Georg Polzer, einem Jesuiten, correspondirte sie in lateinischer Sprache; auch hat ihr Vater Leopold Gottlieb Innocenz Polzer [Bd. XXIII, S. 93] sich als Geschichtsforscher und Urkundensammler bekannt gemacht. So blieb der Knabe Leopold zunächst der Obhut des Vaters überlassen, der jedoch die körperliche und sittliche Ausbildung des Sohnes sich ernstlich angelegen sein ließ, bis dieser im October 1764, im Alter von 17 Jahren, zu Olmütz in den Orden der Gesellschaft Jesu trat, wozu er sich zunächst bei seiner Liebe zürn Lehramte hingezogen fühlte. Die beiden Probejahre verlebte S. im Novizenhause zu Brünn; im Jahre 1767 kam er zur Repetition der Humaniora in das Jesuiten-Collegium zu Breßnitz in Böhmen, von dort an das akademische Collegium in Prag, wo er in den Jahren 1768 und 1769 die Mathematik, Kirchengeschichte, hebräische und griechische Sprache studirte. Im Jahre 1770 trat er nun am Jesuiten-Gymnasium zu Eger selbst das Lehramt an, das er noch in den Jahren 1771 und 1772 ausübte, worauf er nach Prag zurückkehrte, wo er die theologischen Studien beendete und zugleich das Katechetenamt in der Altstädter Frohnveste versah. Während dieser Zeit bereitete er sich auch zur Erlangung des theologischen Doctorgrades vor, setzte dann, als im Jahre 1773 der Orden, dem er angehörte, aufgehoben wurde, seine Studien fort, erlangte am 4. Mai 1774 die Priesterweihe und wurde zunächst Bibliothekars-Adjunct an der clementinischen Bibliothek zu Prag. Im Jahre 1776 wurde er Professor der Rhetorik und Poetik am Gymnasium seiner Vaterstadt Teschen, im Jahre 1784 Vorsteher des [221] gräflich Tenczin’schen adeligen Convictes daselbst, 1787 Katechet und noch im nämlichen Jahre Präfect des Gymnasiums und 1796 zugleich erster Vorsteher der dort errichteten freiherrlichen Cselesta’schen adeligen Knabenerziehungs-Stiftung. Neben seinem lehramtlichen Berufe versah er die Stellen eines Oberaufsehers der in dem Teschener Commissariate befindlichen deutschen und Landschulen, eines Consistorialrathes des Breslauer Fürstbischofs und eines Referenten in Schulsachen bei dem General-Vicariatamte der Breslauer fürstbischöflichen Diöcese in Schlesien. So erreichte er das Alter von 67 Jahren, in welchem ihn ein schneller Tod dahinraffte. S. war in mannigfacher Richtung, vornehmlich aber in pädagogischer schriftstellerisch thätig; die Titel seiner Schriften sind in chronologischer Folge: „De migratione Serborum dissertatio“ (Lipsiae 1773, 4°.), S. gewann mit dieser Schrift den von der fürstlich Jablonowski’schen Gesellschaft in Leipzig im Jahre 1773 ausgeschriebenen Preis. eine Goldmünze im Werthe von 24 Ducaten; – „De Doctis Reginae hradecensibus comentarius …“ (Pragae 1773, 8°.); – „Institutiones arithmeticae ex algebra“ (Oppaviae 1781, 8°.); – „Epigramma in turrim curiae Teschinensis, cui 1. Septembris 1800 imposita solemniter coronis ...“ (Vindobonae 1800, 4°.); – „Orbis pictus immutatus“ (ibid. 1807, 8°.); – „Exempla interpretationis latinae e germanico“ (Teschinii 1807, 8°.); – „Nachrichten von Schriftstellern und Künstlern aus dem Teschener Fürstenthume“ (Teschen 1810, 8°.); – „Lesefrüchte aus Quintilian’s Werken, zum Unterrichte der Gymnasialschulen im Exerciren gesammelt“ (ebd. 1810, 8°.); – „Doctrina de epistolis“ (Teschinii 1812, 8°.). In gelehrten Fach- und in Zeitschriften sind abgedruckt, und zwar in den Acten der Leipziger fürstlich Jablonowski’schen gelehrten Gesellschaft, 1773: „De lacu musiano dissertatio“; – in den Abhandlungen einer Privatgesellschaft in Böhmen: „Ueber den Ursprung und die Aufnahme der Bibliothek am clementinischen Collegium zu Prag“ (Bd. II, 1776); – im Patriotischen Tagblatte: „Reise nach der Jablunkauer Schanze“ (1803, Februar); – „Hyetometrische Beobachtungen im Jahre 1777“ (ebd. 1805, Mai); – in Zeman’s „Mährisch-schlesischem Wanderer“ 1812: „Ueber das Maß und Gewicht im Fürstenthume Teschen“; – in den Vaterländischen Blättern: „Die Umgebungen von Teschen“ (1812, März), und in Jurende’s „Redlichem Verkündiger“: „Urkunden der Vorwelt im Herzogthume Teschen“ (1814, Februar). Ferner besorgte er die Ausgabe von „Joannis Michaelis Nagonii civis romani et poetae laureati ad Vladislaum II. Bohemiae et Hungariae Regem poematum libri V“ (Pragae 1777, 8°.). Fast bedeutender als die gedruckten erscheinen seine in Handschrift hinterlassenen Arbeiten, und zwar seine „Geschichte des katholischen ehemaligen Jesuiten-Gymnasiums in Teschen seit seinem Anfange im J. 1674 bis auf die Gegenwart (1814)“; beigefügt ist dieser Geschichte eine gedrängte Beschreibung der Bibliothek, des Naturalien- und Kunstcabinets, ferner die chronologische Reihe aller Vorsteher der Teschener Jesuiten-Residenz, der Gymnasial-Präfecten und Lehrer mit kurzen biographischen Notizen; – „Nachrichten von der Hauptschule in der Stadt Teschen und den Landschulen im Fürstenthume Teschen“; – „Scriptores historici Teschinenses“; – „Beiträge zur politischen [222] und Kirchengeschichte des Fürstenthums Teschen nebst zahlreichen, dazu gehörigen Urkunden“; – „Genealogische Nachrichten von adeligen Geschlechtern des Fürstenthums Teschen“; – „Additamenta ad Bibliothecam scriptorum Societatis Jesu Patris Nathanaelis Sotvellii (Romae 1676, Fol.) scriptores recentiores S. J. Provinciae Bohemiae ad annum 1750 exhibens“, dieses von Franz Martin Pelzel in seinem Werke: „Böhmische, mährische und schlesische Gelehrte und Schriftsteller aus dem Jesuitenorden“ (Prag 1786, 8°.) nur sehr oberflächlich benützte Manuscript gelangte im Jahre 1788 in die Cerroni’sche Büchersammlung und aus dieser, wenn Herausgeber nicht irrt, in die Sammlung der historischen Section der mährisch-schlesischen Ackerbau-Gesellschaft in Brünn; – „Concordantiae Phaedrianae seu index vocum omnium in Phaedri fabulis occurentium“; – „Elementa historiae naturalis fossilium“; – „Botanisch-mineralogische Spaziergänge um Teschen, mit besonderer Rücksicht auf Entdeckung von Steinkohlen“; außerdem mehrere andere Aufsätze und Fragmente historischen und mathematischen Inhalts. Nachdem im Vorstehenden das Leben und die schriftstellerische Thätigkeit S.’s dargestellt worden, bleibt noch das Wichtigste, nämlich über seinen Humanismus, der eben seinem Namen dauernde Erinnerung sichert, zu erwähnen. Mit Uebergehung seiner unentgeltlich geleisteten Dienste, wodurch er dem Staate namhafte Summen ersparte, wie beim Baue des Gymnasiums, dann bei jenem der Gymnasialkirche, zu welcher er aus Eigenem an dritthalbtausend Gulden zusetzte, sei nur seiner Leistungen gedacht, als der furchtbare Brand am 6. Mai 1789 Teschen so schwer heimgesucht hatte. Auch hier hatte er Tausende aus Eigenem beigesteuert und Kirche und Schule standen im Jahre 1802, in zweckmäßigster Weise restaurirt, mit dem Erforderlichen eingerichtet und im Innern geschmackvoll ausgestattet, wieder da, und da der Schulfond im Ganzen nicht mehr denn 8000 fl. bewilligt hatte, war der diesen Betrag weit übersteigende Mehraufwand von S. aus eigenem Vermögen bestritten worden. Aber auch die Organisation des Unterrichtes verdankt ihm wesentliche Einrichtungen, vor Allem die naturhistorischen Spaziergänge mit den Schülern, auf welchen die Erscheinungen in allen drei Reichen der Natur, wie sie dem Auge der Lustwandelnden sich eben darboten, in den Bereich der unterhaltenden Belehrung gezogen wurden. Dabei hatte er auf den naturgeschichtlichen, vornehmlich mineralogischen Unterricht besonderes Augenmerk, versah verschiedene Lehranstalten mit kleinen Fossiliensammlungen und stiftete für den besten Schüler in der Mineralogie am Gymnasium zu Teschen eine jährlich zu vertheilende silberne Medaille. Den Dienst als Ober-Schulaufseher im Teschener Bezirke versah er gleichfalls unentgeltlich. Anträge einträglicher Pfarrpfründen hatte er aus seiner Liebe zur Schuljugend abgelehnt. Aus eigenen Mitteln begründete er an dem Teschener Gymnasium eine Bibliothek, welche im Jahre 1815 an 13.000 Bände zählte und außerdem über hundert Manuscripte, meist geschichtlichen Inhalts über Teschen, enthielt. Eine seiner schönsten Schöpfungen ist das Teschener naturhistorische Museum mit einer Sammlung von mehr denn 5000 Stücken in- und ausländischer Fossilien, dann von Gegenständen aus allen drei Reichen der Natur mit nächstem Hinblicke auf die Heimat, [223] welche mit aller Sorgfalt geordneten Sammlungen in dem von ihm erkauften alten Gymnasialgebäude, das er in ein Museum hatte umgestalten lassen, aufgestellt wurden. Der Werth dieser Sammlungen wurde auf mehr denn 30.000 Gulden angeschlagen. Für die fernere Unterhaltung und entsprechende Vermehrung, wie für die Aufstellung eines Aufsehers an derselben stiftete er außerdem aus Eigenem ein Capital von 10.000 fl. Für diese Verdienste um Erziehung und Schule verlieh ihm der Kaiser Franz I. im Jahre 1809 die Ehrenwürde eines Propsten mit dem Rechte, das goldene Kreuz sammt Kette zu tragen, für deren Beischaffung ein Betrag von 600 fl. angewiesen wurde. Seine zwanzigjährigen Sammlungen zur Erdkunde und Geschichte von Schlesien sammt seinen Tagebüchern über seine Reisen in der oberen Pfalz, in Böhmen, Mähren, Schlesien, Oesterreich und Galizien sind in der obgedachten Feuersbrunst von den Flammen verzehrt worden.

Czikann (Joh. Jac. Heinr.), L. J. Scherschnik’s Ehrengedächtniß (Brünn 1816, 8°.) [ich konnte dieser seltenen Monographie nicht habhaft werden, doch vermuthe ich, daß sie nichts anderes sei, als ein Wiederabdruck des gleichbetitelten Aufsatzes von Czikann, der in der „Moravia“ 1815, Nr. 125–129, abgedruckt war; nach diesem ist Sch. am 3. März 1747 geboren]. – Vaterländische Blätter für den österreichischen Kaiserstaat (Wien, 4°.) 1814, S. 76 u. 207; 1818, S. 308. – (De Luca) Das gelehrte Oesterreich. Ein Versuch (Wien 1778, v. Trattnern, 8°.) I. Bds. 2. Stück, S. 93. – d’Elvert Christ. Ritt. v.), Historische Literaturgeschichte von Mähren und Oesterreichisch-Schlesien (Brünn 1850, Rohrer’s Witwe, gr. 8°.) S. 319 u. 395 [nach diesem geb. am 3. März 1747, gest. am 21. Jänner 1814]. – Heinrich, Versuch über die Geschichte des Herzogthums Teschen von den ältesten bis auf die neuesten Zeiten (Teschen 1818, 8°.) S. 204– 206, – Scherschnik’s Denkmal, beschrieben von Heinrich (Teschen 1824). – Oesterreichs Pantheon. Gallerie alles Guten und Nützlichen im Vaterlande (Wien 1830, M. Chr. Adolph, 8°.) Bd. IV, S. 40 u. f. – Neues Archiv für Geschichte u. s. w. Herausgegeben von G. Megerle v. Mühlfeld und Em. Th. Hohler (Fortsetzung des Hormayr’schen) (Wien, 4°.) II. Jahrg. (1830), S. 452. – Neue Annalen der Literatur und Kunst in dem österreichischen Kaiserthume (Wien, Doll. 4°.) II. Jahrg. (1808), Intelligenzblatt, Sp. 131.