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BLKÖ:Schiller, Kathi

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 29 (1875), ab Seite: 318. (Quelle)
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Schiller, Kathi (Sängerin, geb. zu Wien im Jahre 1830). Eine jener [319] seltenen und durch den vollen Zauber einer ungewöhnlichen Anmuth und Liebenswürdigkeit wirkenden Darstellerinen, die wie Phänomene am Theaterhimmel erscheinen und leider nur zu schnell entschwinden. Als sie zehn Jahre alt war und eine hübsche Stimme besaß, schickte sie die Mutter in’s Conservatorium, um sie im Gesange ausbilden zu lassen. Sie machte ungewöhnliche Fortschritte und zählte immer zu den ersten Schülerinen. Sechs Jahre lernte sie an der Anstalt, da wurde der bekannte Gesangslehrer Gentiluomo auf diese prächtige Stimme aufmerksam. Da Kathi die Mittel fehlten, um einen solchen Meister entsprechend zu honoriren, so machte ihr derselbe den Vorschlag, sie unentgeltlich unterrichten zu wollen, wenn sie sich verpflichte, sobald sie ein Engagement erhalte, ihm ein Jahrespercent davon zu verabfolgen. Sie ging gern darauf ein und wurde nun für die Oper ausgebildet. Aber so sehr sie Fortschritte im Gesange machte, ihr heiteres Temperament wollte für die pathetischen Rollen nicht taugen. So prächtig ihre Stimme sich machte, sie konnte, wie sie gern erzählt, um keinen Preis ernst, sondern nur heiter sein. Durch ihre Bekanntschaft mit den Töchtern des Directors Carl lernte sie dieser persönlich kennen und erkannte in ihr sofort die Soubrette wie sie leibt und lebt, und wie sehr auch ihre Stimme für dieses Fach überwog, wurde sie doch überredet, sich diesem Fache zu widmen. Nachdem sie eines Tages im Carl-Theater Probe gespielt, und zwar die Regimentstochter und die Salome im „Talisman“, sollte sie sofort engagirt werden, als die Ereignisse des Jahres 1848, welche eben hereinbrachen, alle Theilnahme von der Bühne ablenkten und das Engagement unterblieb. Auf Rath des Theater-Agenten Holding nahm sie nun ein sechsmonatliches Engagement in Laibach an. Aber schon nach wenigen Tagen kam von Director Carl die Aufforderung, das Engagement zu lösen und nach Wien zu kommen. Darauf ließ sich Fräulein Schiller nicht ein, sie hielt ihren Laibacher Contract aus. Sie war dort bald der erklärte Liebling des Publicums geworden. Nach Ablauf des Engagements in Laibach kam sie – damals 18 Jahre alt – in das Carl-Theater mit einer Monatsgage von 45 fl. ohne Spielhonorar und Einnahme! Director Carl verstand es eben, sich seine Millionen zu machen. Am 12. April 1849 trat sie als Pepi in Nestroy’s „Eulenspiegel“ zum ersten Male auf. Erst im dritten Jahre steigerte sich ihr Engagement auf 1000 fl. Nach Ablauf dreier Jahre, zu Ostern 1852, ging sie auf das Theater an der Wien über, wo sie fünf oder sechs Jahre der mit Recht gefeierte Liebling des Publicums war und wenn sie auftrat, volle Häuser machte. Nach dem Sturze Pokorny’s kehrte sie in das Leopoldstädter Theater, dessen Direction damals Brauer führte, zurück und wirkte daselbst neben der Soubrette Fräulein Göthe. Sie blieb auch noch unter dem kurzen Regime Moriz Lehmann’s [Bd. XIV, S. 314, Nr. 4] engagirt, zog sich aber im Jahre 1863 ganz von der Bühne zurück. Groß ist die Zahl der Rollen, in denen sie ihr anmuthiges Talent zur Geltung brachte. In allen Stücken, welche die damaligen Localdichter zur Aufführung brachten, war Kathi Schiller immer mit einer Prachtrolle bedacht, aber in zwei Stücken glänzte sie vor Allem und jeder Wiener beeilte sich, sie in denselben zu sehen und behielt einen unauslöschlichen Eindruck. Die eine dieser Rollen ist die falsche Pepita in des Localdichters Böhm [320] gleichnamiger Posse, in welcher sie am 13. August 1853 im Sommertheater zu Fünfhaus zum ersten Male auftrat. Die zweite ist die Therese Krones im gleichnamigen Stücke von Karl Haffner, das am 15. December 1854 zum ersten Male im Theater an der Wien gegeben wurde. Als falsche Pepita hat Maler Albert Decker das Fräulein Schiller im Jahre 1853 lithographirt und das Bild, das als Kunstbeilage zur Bäuerle’schen „Theater-Zeitung“ erschien, ging in Tausenden von Exemplaren reißend ab. Als Böhm später mit seinem Stücke „Die falsche Pepita“ eine Rundreise von Bühne zu Bühne machte, wollte er, daß Fräulein Schiller, welche solche Erfolge mit der Titelrolle erzielt, ihn begleite. Sie war aber nicht dazu zu bewegen und so trat eine andere Dame für sie ein, welche noch gegenwärtig der Liebling des Wiener Theaterpublicums ist, nämlich Fräulein Marie Geistinger. Diese zog mit Böhm, erntete als falsche Pepita, wo sie auftrat, stürmischen Beifall und begründete so ihre nach der Rückkehr nach Wien sich immer steigernde Beliebtheit. Friedrich Kaiser schreibt über die Schiller treffend: Es war die frischeste, lieblichste Erscheinung; damals 18 Jahre alt, war sie voll munterer Lebenslust mit einer herrlichen, auch für die Oper geschulten Gesangsstimme. Ihre ewig rosige Laune und die Natürlichkeit ihres Spiels ersetzte, was ihr an schauspielerischer Ausbildung noch mangelte, und somit konnte sie in Wahrheit eine Perle der Volksbühne genannt werden. Seit dem Jahre 1854 an einen Herrn Brezina vermält, lebt die einst gefeierte Soubrette der Wiener Volksbühne als glückliche Mutter und Hausfrau in Wien.

Kaiser (Friedrich). Unter fünfzehn Theater-Directoren. Bunte Bilder aus der Wiener Bühnenwelt (Wien, R. v. Waldheim, 12°.) S. 195 u. 240. – Handschriftliche Mittheilungen des Herrn Schriftstellers J. Wimmer.