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BLKÖ:Sedelmaier, Maria Johanna

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 33 (1877), ab Seite: 271. (Quelle)
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Sedelmaier, auch Sedlmair, auch Sedlmayer, Maria Johanna (Dichterin, geb. in Salzburg 19. August 1811, gest. ebenda 1853). Die Tochter armer Gewerbsleute, welche in Salzburg lebten. Die Mutter hatte um das spärliche Einkommen der Familie zu erhöhen, einen Tabaksladen auf dem Collegiumsplatze eröffnet und an dieser bescheidenen Stätte saß Maria den Tag über als Kind zu den Füßen ihrer Mutter, die ihr dann und wann, meist in später Abendstunde Märchen erzählte, und so frühzeitig die Phantasie des talentvollen Kindes weckte, das sechsjährig Pestalozzi’s [272] „Lienhard und Gertrude“[WS 1] wortgetreu auswendig wußte. Aus den Büchern ihres Bruders machte sie sich mit dem Lateinischen und Griechischen bekannt, im Tabakladen schrieb sie ihre ersten Briefe und ihre ersten Verse. Nach dem Tode der Mutter, an der sie mit ganzer Seele gehangen und deren Verlust sie zutiefst fühlte, besorgte sie den Verkauf der Waaren im nämlichen Laden, in welchem sie jahrelang mit der Mutter gesessen. „Der Verkauf kleiner Waaren“, heißt es in einem ihr gewidmeten Nachrufe, „von deren Erlös sie sich mit der Genügsamkeit eines Weisen ernährte, mag sie wohl empfänglich dafür gemacht haben, sich in das Kleinleben der Menschen liebend hinein zu empfinden.“ Es gehört schon das Bewußtsein dazu, wie keine Stellung im Leben zu geringfügig ist, daß sie nicht zugleich ein Streben nach dem Höchsten erlaubte, um mit dem Eifer der Pflicht, Tabak und Zündschwamm den Käufern gefällig und freundlich darzureichen und nebenbei mit dem Elfer der Begeisterung die Bedeutung der in Salzburg ausgegrabenen römischen Alterthümer, die der König Ludwig von Bayern für München angekauft hatte, richtig zu würdigen. Mit dem Nachrufe, den sie diesen außer Landes gebrachten Schätzen widmete, scheint sie zuerst in die Oeffentlichkeit getreten zu sein. Ihre Gedichte fanden nun durch Zeitschriften allgemeine Verbreitung, und nicht kleine Männer waren es, welche den Tabakladen betraten, um die Dichterin persönlich kennen zu lernen. Man nennt Namen wie Ladislaus Pyrker, Lenau, Grillparzer, Melchior von Diepenbrock, welche sie entweder besuchten oder mit ermunternden Briefen beglückten. König Ludwig von Bayern sprach bei der schlichten Tabakverkäuferin und sinnigen Poetin immer vor, so oft er nach Salzburg kam, ebenso Ladislaus von Pyrker, wenn er seinen alljährlichen Weg nach Gastein nahm. Lenau und Feuchtersleben aber, die in der Narkose beinahe ihre zweite Muse fanden, versäumten niemals sich bei Maria Johanna S. die Nahrung dafür einzukaufen. Erst in der letzten Zeit ihres Lebens vertauschte Maria S. das Tabakgeschäft mit dem Berufe als Lehrerin. Sie wurde, nachdem sie schon früher Mädchen unterrichtet hatte, in die Mädchenschule zu St. Andrä berufen. Im Drucke sind von ihr erschienen: „Gedichte“ (Salzburg 1832, 8°.); – „Romulus und Remus“, dramatisches Gedicht (ebenda 1837); – „Der h. Maximus“; – „Die Sage von Lambach“, in drei Gesängen. Letztere zwei sind entweder in Almanachen oder in Zeitschriften gedruckt erschienen. Außer obigem gedruckten Drama sollen auch einige Schauspiele von ihr in Salzburg und mit Beifall aufgeführt worden sein. Ein Lungenleiden hat ihr frühes Ende herbeigeführt. Sie starb erst 42 Jahre alt. Die Freundin, an welche sie ihre ersten Briefe und Worte gerichtet, stand an ihrem Sterbelager. Die Tochter derselben war die Erbin ihrer geringen Habe. Sie wünschte, daß man ein Lied an ihrem Grabe absinge und den Grabstein nur mit ihrem Namen schmücke. Eine unabsehbare Menschenmenge gab der geachteten Dichterin das letzte Ehrengeleite.

Gratzer Zeitung 1853, Abendblatt Nr. 153. – Scheyrer (Ludwig), Die Schriftsteller Oesterreichs in Reim und Prosa auf dem Gebiete der schönen Literatur u. s. w. (Wien 1858, typ.-literar.-artist. Anstalt, 8°.) S. 449. – Mosenthal (S. H. Dr.). Museum aus den deutschen Dichtungen österreichischer Lyriker und Epiker der frühesten bis zur neuesten Zeit (Wien 1854, 8°.) S. 438.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Getrude.