BLKÖ:Siegländer, Vincenz
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 34 (1877), ab Seite: 252. (Quelle) | |||
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Rahl und dem Professor der Aesthetik an der Wiener Hochschule, Ficker, vorgelegt, welche beide die Erfindung prüfend, die Versuche als zeitgemäß und vielversprechend anerkannten, während Letzterer diese neue Erfindung Chalkoxylographie taufte. S. arbeitete nun auf dem betretenen Pfade weiter und machte ganz tüchtige Fortschritte in seinem sinnreichen Verfahren. Unterdessen mit den drückendsten Lebensverhältnissen kämpfend, setzte er seine philosophischen Studien fort. Von frühester Jugend zu den classischen Autoren, insbesondere den griechischen sich hingezogen fühlend, besaß er eine Collection derselben und übersetzte die schönsten Stellen daraus in gleichem Versmaße. Als er dann ohne Mittel von Iglau, wo er bis dahin gelebt, nach Wien gekommen, sah er sich, vom drückendsten Mangel gebeugt, gezwungen, seine alten Gefährten, die griechischen Poeten Pindar, Homer, Sophokles u. A. dem Trödler nach dem Gewichte zu verkaufen, da es dem mittellosen, eben in Wien angelangten Jünglinge unbekannt war, daß Antiquar-Buchhandlungen bestehen. Um dieselbe Zeit, als die oberwähnte Erfindung Siegländer’s im Publikum bekannt wurde (Frühling 1837), brachte die „Wiener Zeitung“ unter ihren Kunstnachrichten eine Mittheilung über dieselbe, und bemerkte dabei, „daß durch chalkoxylographische Versuche man die Aquatintamanier gleich dem Stahlstiche wiederzugeben vermöge“. Diese Mittheilung war eine irrige, indem Siegländer’s Streben bei seiner Erfindung dahin gerichtet war, die Aquatintamanier en relief zu geben, was wesentlich von der bisherigen Methode darin abwich, daß diese eingegraben, seine Arbeiten aber hervorspringend, folglich relief waren. Unter den mühevollsten Kämpfen und Existenzsorgen setzte Siegländer seine Studien in Kunst und Wissenschaften fort. Er malte, vervollkommnete seine Erfindung, die Chalkoxylographie, und dichtete. Was seine Leistungen als Maler, betrifft, so ist dem Herausgeber bekannt, daß im Jahre 1844 für seine Skizze: „Sturz der Götter durch Christus“ in Frankl’s „Sonntagsblätter“ (1844, S. 69) ein Mäcen für dessen Ausführung gesucht wurde. Es wurde dabei das edle Streben des Künstlers umsomehr betont, damit derselbe nicht für Bestellungen der Bilderkrämer, welche nicht die Kunst, sondern ihren Sack im Auge haben, seine edle Kraft abnützen müsse. Wenige Jahre später (1847) stößt der Historienmaler Vincenz Siegländer selbst in Kuranda’s „Grenzboten“ [1847, Bd. II, S. 231] einen neuen Nothschrei aus. Er schreibt nämlich: „Nach einem zwei Jahre langen, unter den größten Entbehrungen durchgekämpften und (ich sage es jetzt nicht ohne Stolz) ohne Mäcen [253] fortgesetzten Bemühen entstand mein großes Oelgemälde: „Hieronymus von Prag auf seinem Wege zum Scheiterhaufen kniet betend nieder an der Stelle, wo sein Freund Huss verbrannt wurde“. Dieses mein Bild darf weder ausgestellt, noch lithographirt, noch angezeigt werden (!)“. Das geschah im April 1847, also ein Jahr vor den Märztagen 1848. Was nun seine Erfindung der Chalkoxylographie betrifft, so erfährt man aus einer Ankündigung in der „Allgemeinen Zeitung“ (im Herbst 1845, und Frankl’s „Sonntagsblätter“ 1845, S. 1206), welche an die Buchdrucker, Buchhändler und Redacteure gerichtet ist, daß S. im Stande ist, durch ein neues Verfahren jede Zeichnung augenblicklich in eine Reliefplatte zu verwandeln; ferner Illustrationen in den Text zu liefern, welche an Correctheit, Schnelligkeit und Wohlfeilheit alle gegenwärtig in diesem Fache mögliche Concurrenz ausschließen. Was nun seine Leistungen als Formschneider anbelangt, so bezeichnet ihn Nagler als einen der vorzüglichsten jetztlebenden Künstler seines Faches, der viele Formschnitte geliefert und dessen Arbeiten wie Stahlstiche aussehen. Oben wurde bemerkt, daß S. auch ein Poet war. Schon das berüchtigte Pamphlet: „Der österreichische Parnaß“, als dessen Autor nicht ohne Grund Uffo Horn bezeichnet wird, nimmt auch Siegländer unter die Bewohner des Dichterberges auf [siehe die Schilderung in den Quellen]. In der That schrieb auch S. außer Gedichten, Journalartikeln u. dgl. m. auch Dramen, wovon das eine, „Salvator Rosa“. Schauspiel in fünf Aufzügen (Wien 1843) im Druck erschienen und von der Fachkritik, trotz der Mängel, welche dem Werke anhaften, als eine Arbeit bezeichnet ist, „aus welcher bei thätiger Fantasie, vielseitiger Gedankenrichtung, trotzigem Geiste, welcher schulverachtend und somit vielleicht original sei, eine edle Gesinnung und ein ernstes Streben überall markig hervortreten“. Siegländer’s Stoffwahl des Salvator Rosa, welcher selbst gemalt, gedichtet und musicirt hatte, erklärt sich leicht aus dem Umstande, daß er (Siegländer) die genannten Künste ebenfalls selbst trieb, wobei noch einer Thatsache zu gedenken, daß nämlich der Autor selbst sein Werk auch gesetzt und gedruckt habe. Bis zum Jahre 1847 reichen die Nachrichten über diesen vielseitigen Künstler, von da ab ist er verschollen, wohl schon todt.
Siegländer, Vincenz (Erfinder der Chalkoxylographie, Maler, Lithoxylograph und Poet, geb. zu Iglau 4. September 1819). Ueber seine Jugendjahre, die übrigens unter wenig günstigen Umständen dahin gegangen sein mögen, sowie über seinen Bildungsgang liegen keine zuverlässigen Nachrichten vor. Erst 18 Jahre alt, trat er bereits mit einer nicht unwichtigen Erfindung öffentlich auf. Er hatte nämlich eine einfache Verbindung der Kupferstecherkunst mit der Holzschneidekunst zu Stande gebracht und die Erstlinge derselben dem Kupferstecher- Frankl (Ludw. Aug. Dr.), Sonntagsblätter (Wien, gr. 8°.) II. Jahrg. (1843), S. 796, III. Jahrg. (1844), S. 69: „Malerei“; IV. Jahrg (1845), S. 1206: „V. Siegländer’s Druckzeichnung“. – Nagler (G. K. Dr.). Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1839, Fleischmann, 8°.) Bd. XVI, S. 367. Oesterreichischer Zuschauer. Von Ebersberg (Wien, 8°.) Jahrg 1837, Bd. II, S. 533: „Chalkoxylographie, neue Erfindung“. – Oesterreichischer Parnaß, bestiegen von einem heruntergekommenen Antiquar (Freysing, bei Athanasius und Comp. [Hamburg, bei Hoffmann und Campe), 8°.) S. 38. [Die daselbst befindliche Charakteristik Siegländer’s lautet: „Klein, unbedeutendes Exterieur, lebhafte Augen, anspruchlos, etwas melancholisch, noch wenig gekannt, inneres Feuer, viel Reflexion und Erfindung, Vershudler, durch Leiden selbstständig über Plänen brütend, einsam und im Stillen thätig, viel Scharfsinn und dramatisches Talent, abstoßendes linkisches Benehmen; Erfinder der Chalkoxylographie, Maler von Talent, noch wenig Form, doch viel Geist; Zukunft versprechend, wenn er in gute Hände kommt; Garçon; Werke: Gedichte (worunter gute, meist unter fremden Namen), Journalartikel, Dramen (einige, die aber erst der Anerkennung entgegensehen).]