BLKÖ:Simor, Johann

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 34 (1877), ab Seite: 344. (Quelle)
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Simor, Johann (Cardinal-Erzbischof von Gran und Fürst-Primas von Ungarn, geb. zu Stuhlweißenburg 26. August 1813). Ein Sohn wohlhabender Bürgersleute, besuchte er das Gymnasium in seiner Vaterstadt, später in Ofen, wurde 1823 von dem damaligen Cardinal-Primas Rudnay [Bd. XXVII, S. 223] in den Clericalstand aufgenommen und nach Preßburg geschickt, wo er zwei Jahre den Vorbereitungsstudien im dortigen Emericanum oblag. Dann hörte er die Philosophie zu Tyrnau und die Theologie an der Wiener Hochschule. Am 28. October 1836 empfing er die Priesterweihe, trat zunächst in die Seelsorge, u. z. als Caplan der Pfarre St. Theresia in Pesth. Nachdem er drittthalb Jahre in der Seelsorge thätig gewesen, erhielt er von Seite der ungarischen Statthalterei den Auftrag, den Religionsunterricht an der philosophischen Facultät der Landes-Universität zu übernehmen und zugleich die Exhorten zu halten. Im Jahre 1840 kam er als Studienpräfect an das Pazmaneum in Wien, ein für ungarische, an der Wiener Universität studirende Theologen gestiftetes Convict, erlangte daselbst am 28. December 1841 die theologische Doctorwürde. kehrte aber schon 1842 als Pfarrer in Bajna, ein Graf Sándor’sches Patronat, in die Seelsorge zurück. Im Jahre 1846 übertrug ihm der damalige Fürst-Primas Kopácsy [Bd. XII, S. 419] die Professur der theologischen Encyklopädie am Graner Priester-Seminar; 1848 wurde er Capitel-Vicarsecretär, 1849 Secretär des Erzbischofs Scitovsky [Band XXXIII, S. 199]. Im Jahre 1850 erfolgte seine Berufung zum Studien-Director des Weltpriester-Bildungsinstituts in Wien, mit gleichzeitiger Ernennung zum Hof- Caplan, 1852 wurde er Sectionsrath im k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht und darauf Domherr und Abt B. M. V. zu Széplak. Im Jahre [345] 1855 wohnte er in Rom der Feier des Dogmas von der unbefleckten Empfängniß Marien’s bei, wurde darauf zum Ministerialrath befördert, am 19. März 1857 vom heil. Vater für das Raaber Bisthum präconisirt, worauf er am 29. Juni d. J. die bischöfliche Consecration in der Graner Basilica empfing. Nachdem er im Jahre 1862 zum zweiten Male die ewige Stadt anläßlich der großen Pfingstfeier besucht hatte und daselbst durch mannigfache Ehren und Würden ausgezeichnet wurde, ernannte ihn Seine Majestät der Kaiser im Jahre 1865 unter gleichzeitiger Verleihung der geheimen Rathswürde zum Erzbischof von Gran und Fürst-Primas von Ungarn. Als solcher krönte er im Jahre 1867 Ihre kaiserlichen Majestäten zum König und zur Königin von Ungarn. In den Jahren 1869 und 1870 wohnte er dem vaticanischen Concilium bei; 1871 leitete er den in Pesth versammelten vorbereitenden autonomischen katholischen Congreß und unterbreitete die Beschlüsse desselben der Krone zur Bestätigung. Am 23. December 1873 wurde S. zum Cardinal creirt und am 15. Juni 1874 vom heil. Vater mit den Insignien des Cardinalates geschmückt und mit dem Titel: „S. Bartholomaei in insula“ versehen. In diesen Lebenslauf steigender Ehren und Würden flechten sich verschiedene denkwürdige Handlungen des Kirchenfürsten. So hat er schon als Bischof von Raab Erhebliches für die Kathedrale, die Diöcese, Erziehung, Wissenschaft, für Vereine, Schule und Arme geleistet, worüber eine wohlgeordnete Sammlung seiner Hirtenbriefe und Verordnungen, die unter dem Titel: „Circulares“ 1858 bis 1866 erschienen sind, dem künftigen Biographen ausreichende Mittheilungen gibt. Als geschickter Oekonom verdoppelte er die Einkünfte seines Bisthums, dann gründete er ein großartiges, mit einer Kleinkinder-Bewahranstalt verbundenes Krankenhaus in Raab, ein Erziehungshaus für arme Mädchen in Oedenburg und dotirte ein anderes in Ungarisch-Altenburg sehr reichlich. Ferner erbaute er Schulen und Kirchen, unterstützte mittellose Schullehrer und bescheerte vier armen Pfarren ein Capital von 4000 Gulden. Auch gründete er das Raaber Knaben-Seminar, den Pensionsfond für dienstunfähige Geistliche; begünstigte mit freigebigster Hand Literatur, Wissenschaft und Kunst und spendete noch bei patriotischen Opfern in reichlichster Weise. Für die innere Restauration der Raaber Domkirche und andere kirchliche Kunstbauten soll, er über 60.000 fl. verwendet, und den Künstler, der das Hauptaltarbild in der Domkirche gemalt, mit 10.000 Gulden honorirt haben. Nachdem er den erzbischöflichen Stuhl in Gran bestiegen hatte, vollendete er 1869 den Graner Dom, in welchen er durch den Architekten Lippert [Bd. XV, S. 228] eine Reihe kirchlicher Arbeiten hatte ausführen lassen. Ferner hat er im Seminar das Studium der christlichen Kunst eingeführt und zugleich angeordnet, daß den willkürlichen Kirchenrestaurationen ein Ende gemacht und dabei der Einfluß von Sachverständigen maßgebend werde. Im Jahre 1875 hatte er in den Räumen der Bibliothek der Graner Metropolitankirche eine Gemälde-Sammlung aufgestellt. Früher schon aber, 1873, war von ihm für die Barmherzigen Schwestern in Gran Kloster und Schule erbaut und 1874 eine Musterschule im Bajna gegründet worden, wo er einst Pfarrer gewesen. Wie in Raab, so führte er nun in Gran die oberwähnten „Circulares“ ein, die bis zur Stunde [346] fortgesetzt werden. Was seine kirchliche und politische Stellung als erster Kirchenfürst des Landes betrifft, so hatte er sich bald nach seinem Antritte des Graner Erzbisthums in einer Zuschrift an den damaligen ungarischen Minister für Cultus und Unterricht Joseph Freiherrn von Eötvös rückhaltslos ausgesprochen: daß er von demselben, als einem treuen Sohne der katholischen Kirche, welche so alt ist, wie die ungarische Verfassung und Civilisation, erwarte, er werde nie zugeben, daß die in seinen Wirkungskreis gehörigen Organe die Rechte vergessen, welche die dieser Kirche zukommende, mit dem Wesen derselben innigst verschmolzene Selbstständigkeit garantiren; ferner daß die Schule, als die Vorbereitung und eine der Hauptbedingungen des religiösen Lebens, durch den Einfluß von Elementen, welche dem katholischen Glauben fremd sind, von der Kirche, deren Ausfluß sie ist, abgezogen und hiedurch die Erwerbung der katholisch-religiösen Ueberzeugung dem größten und auf wirkliche Bildung Anspruch machenden Theile der Gesellschaft unmöglich gemacht werde. Seine Würde selbst weist ihm die politische Stellung im Lande an, dessen Bannerträger er ist. Er ist stetiger Präsident des Oberhauses; seine Hand setzt dem König die Krone auf, wie es auch geschehen; er ist weltliches und geistliches Oberhaupt der Graner Gespanschaft und mehrerer „Stühle“, d. i. Enclaven und Kreise, die unter seiner althergebrachten Hoheit stehen. Ungar mit Leib und Seele, ist er in seinem Wesen freundlich und wohlwollend; aus seinen ruhigen Augen spricht die Seele des Denkers, aber auch jene Energie, die alles bereit ist einzusetzen für die Rechte der Kirche, zu deren ersten Würdenträgern er zählt.

Kleines biographisches Lexikon, enthaltend Lebensskizzen hervorragender, um die Kirche verdienter Männer (Znaim 1862, M. F. Lenk, 8°.) S. 124. [Nach diesem geb. am 23. August 1813.) – Neues Fremden-Blatt (Wien, 4°.) III. Jahrg. (1867), Nr. 26. – Presse (Wiener polit. Blatt) 1867, Nr. 26. – Ueber Land und Meer. Allgemeine illustrirte Zeitung (Stuttgart, Ed. Hallberger, kl. Fol.) XIX. Band (1868), 3. 255. – Wanderer (Wiener Partei-Blatt) 1867, Nr. 26: „Der neue Fürst-Primas von Ungarn“. [Nach diesem geboren am 13. August 1813.] – Haynal. Arczképekkel és életrajzokkal diszitett Album. Kladó Sárkady István, d. i. Das Vaterland. Bildniß und biographisches Album. Herausgegeben von Stephan Sarkady, Blatt II. [Nach diesem geb. am 26. August 1813.] – Magyarország és a nagy világ, d. i. Das Ungarland und die große Welt (Pesther illustr. Blatt, gr. 4°.) 1867, Nr. 21: „Simor János“.
Porträte. 1) Nach einer Original-Zeichnung ohne Angabe des Zeichners und Xylographen in „Ueber Land und Meer“ Band XIX, Nr. 16 [ganz unähnlich]. – 2) Unterschrift: Simor János, | Magyarország Herczeg-Primása. Sz. István-Rend Főpapja stb. | Marastoni 1867 (lith.), 4°, [sehr ähnlich]. – 3) Holzschnitt von K. Rusz [schöner und sehr ähnlicher Holzschnitt in Nr. 21 des „Magyarország és a nagy világ“ 1867]. – 4) Holzschnitt nach einer Zeichnung von Dombi in der „Neuen illustrirten Zeitung“. Redigirt von Johannes Nordmann (Wien, kl. Fol. 1874, Nr. 3. – 5) Holzschnitt ohne Angabe des Zeichners und Xylographen im Weckstimmen-Kalender für 1872. – 6) Lithographie von Marastoni im „Iszkolabarát“, d. i. Der Schulfreund, 1867, S. 57. – 7) Lithographirt und herausgegeben von Ad. Dauthage (Wien 1868, Fol.).