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BLKÖ:Skrejšovsky, Johann

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 35 (1877), ab Seite: 85. (Quelle)
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Skrejšovsky, Johann (čechischer Journalist, geb. zu Libišan im Chrudimer Kreise Böhmens 6. Jänner 1831). Sein Vater, ein unbemittelter Landmann, aber ein Čeche alten Schlages, sorgte für die tüchtige Erziehung seiner [86] vier Söhne und ließ Johann studiren. Dieser, nachdem er das Gymnasium theils zu Prag, unter dem damaligen Präfecten Jungmann, theils zu Königgrätz besucht, begann im Jahre 1848 zu Prag die philosophischen Studien, worauf er, dem Studium der Rechte sich zuwendend, dasselbe an der Prager Hochschule beendete. Im Jahre 1852 trat er als Conceptspraktikant beim Finanzwesen in den kaiserlichen Staatsdienst, wurde im Jahre 1855 Concipist und im Jahre 1858, unter Bruck, im Finanzministerium in Wien angestellt. Nach dreijähriger Thätigkeit in diesem Dienste nahm er mit einem Male, ohne daß eine rechte Veranlassung gegeben war, seine Entlassung, und kehrte 1861 nach Prag zurück, wo er sich für eine Advocatur vorbereitete. In diese Zeit fällt der Umschwung der politischen Verhältnisse im Kaiserstaate: Oesterreich hatte eine Verfassung erhalten. Böhmen aber machte gegen die centralisirende Richtung, in welcher Schmerling, bei treuer Aufrechthaltung der Verfassung. das Heil, ja die Lebensbedingung des constitutionellen Oesterreich erkannte, Front und entschiedene Opposition. Während ein großer Theil der damaligen politischen Blätter im Kaiserstaate gegen dieses Vorgehen der Čechen in rückhaltloser Weise das Verdammungsurtheil fällte, waren die Čechen ihrerseits, die bis dahin kein eigentliches Partei-Organ, welches ihre oder die Sache der böhmischen Krone vertrat, besaßen, nunmehr auch bedacht, ein solches zu gründen, und nun war es S., der mit Erlaß des k. k. Polizei-Ministeriums vom 20. Juni 1862 die Bewilligung zur Herausgabe der „Politik“ im Selbstverlage erhielt. In diesem Organe verfocht nun S. mit aller Entschiedenheit das föderalistische Programm seiner Partei, und die Sprache, die er darin führte, ließ bald an Heftigkeit und Gewaltthätigkeit nichts zu wünschen übrig. Da das Blatt in Vertretung seiner Partei und ihres Programmes nicht selten die gesetzlichen Schranken übersprang, so kam es denn auch öfter zu Conflicten mit den Behörden. S. trat nun von der Redaction zurück. Den Bösen war man los geworden, das Böse war geblieben, Endlich wurde das weitere Erscheinen des Blattes eingestellt, was jedoch nur die Folge hatte, daß an dessen Stelle ein anderes einsprang und den 27. Juli 1868 erschien als Substitutionsblatt der „Politik“ die „Correspondenz“, bis am 30. April 1869 das Blatt wieder unter dem wahren Namen „Politik“ herausgegeben wurde. In čechischer Sprache war diese Partei bis dahin durch die „Narodne listy“, d. i. National-Zeitung, vertreten. Da nun S. der Ansicht war, daß mit diesem einen Blatte die Interessen der Partei noch lange nicht hinreichend genug vertreten waren, begründete er im Jahre 1867 ein zweites Partei-Organ, betitelt:„Narodní Pokrok“, d. i. Der nationale Fortschritt, welches nach einer Reihe von Preßübertretungen im October 1868 auch durch richterlichen Ausspruch eingestellt wurde. An Stelle des sistirten Blattes trat nun alsbald wieder ein anderes mit derselben Tendenz, nämlich die „Koruna“, d. i. Die Krone, das in Chrudim erschien. Indessen war es S. in der Zeit des Hohenwart’schen Ministeriums gelungen, in den böhmischen Landtag gewählt zu werden, wo er bald mit Palacky und Rieger und den aristokratischen Häuptern der feudalen Partei Hand in Hand ging und in den von ihm beeinflußten Organen ihren Sprecher machte. So gingen die Dinge mehr oder minder unbeanständet ihren Weg, als um die Mitte [87] des Monats August 1872 mit einem Male Skrejšovsky verhaftet und gegen ihn und seine Mitschuldigen der Betrugsproceß wegen nicht abgeführter Zeitungs-Inseratengebühren eingeleitet wurde. Die Ursache seiner damaligen Verhaftung suchte man anfänglich in ganz anderen Vorgängen, und das Wiener „Neue Fremdenblatt“ [17. August 1872] berichtete wie folgt: „S. war vor mehreren Jahren als Beamter, im k. k. Finanzministerium angestellt und als solcher hatte er einmal in dem „Fascikel Przibram“ zu arbeiten. Bei dieser Gelegenheit sollte er aus den Acten die Ueberzeugung gewonnen haben, daß die Stadt Przibram, welche Miteigenthümerin der dortigen Silberbergwerke ist, an den Staat eine Forderung von ca. 80.000 fl. zu stellen habe. An einflußreiche Mitglieder der Vertretung der genannten Stadt gelangte hierauf heimlich die Anfrage, was sie sich’s kosten ließen, wenn man ihnen zu einer Forderung in gedachter Höhe verhelfen würde, von der jene nichts wüßten, und für welche sie keine Beweise in den Händen hatten?“ Die Leute verstanden die feingestellte Frage und boten Halbpart an. Die Proposition fand Anklang. Skrejšovsky trat aus dem Staatsdienst und mit ihm waren jene Acten aus dem „Fascikel Przibram“, welche als Instrumente in dem Proceß der Stadt Przibram gegen das Aerar verwendbar waren, verschwunden. Der Staat mußte zahlen – durch wen und wie die Actenstücke gestohlen wurden, konnte damals nicht eruirt werden. Vielleicht ist man hinterher glücklicher gewesen und Skrejšovsky sollte für die patriotische That von anno dazumal büßen. Es ist demnach zweifelhaft, ob betrügerische Inseratenstempel-Manipulation allein es ist, welche Skrejšovsky in die Arme der Gerechtigkeit führte. Unzweifelhaft ist nur Eines: daß Skrejšovsky sich ungeheuere Verdienste um die „Nation“ erworben hat. Schon daß er durch sein kühnes Vorgehen dem bei den zimperlichen Deutschen als bemakelnd im Verrufe stehenden Verbrechen des Betruges die Gloriole des Patriotismus umgewunden, gibt ihm Anspruch auf ein Monument[WS 1], zu welchem man in passender Weise die Steine aus deutschen Steinbrüchen stehlen und die Gelder aus k. k. Cassen defraudiren müßte. So wörtlich die oben benannte Quelle. Indessen wie immer die Dinge standen, das Untersuchungsverfahren gegen S. wurde nicht wegen Actendiebstahl, sondern wegen Betrug an ärarischen Geldern eingeleitet. Die Sache machte in allen Kreisen, sowohl der Deutschen wie der Čechen, ungeheueres Aufsehen. Im Lager der letzteren gab es einen nicht kleinen Theil, die mit Schadenfreude diesen schmählichen Ausgang in der politischen Laufbahn des Agitators wahrnahmen, der als ehemaliger Finanzbeamte sich mit einem Male zum čechischen Publicisten mit wildtaboritischer Kühnheit metamorphosirt hatte. Denn S. hatte es mit seiner eigenen Partei verdorben. Der ehedem von den Jungčechen protegirte Parteimann war das Stichblatt ihrer Angriffe geworden, deren Tendenz „Vernichtung des politischen Abenteurers“ hieß, welchen die Fraction Gregr in Skrejšovsky erkannt haben wollte. Sladkowsky, der ehrlichste Čeche“, wie ihn seine Landsleute nennen, hatte selbst in einem flammenden Plaidoyer die von maßlosen Ausdrücken gegen Skrejšovsky gefüllten jungčechischen Blätter vertheidigt und das politische Treiben S.’s als einen die Nation schändenden Schwindel dargestellt. So standen die Dinge, als am [88] 17. Februar 1873 die Schlußverhandlung gegen Skrejšovsky, Eigenthümer der „Politik“, und seinen mitschuldigen Administrator Anton Ruzicka Statt fand. Die Anklage lautete auf Verbrechen des Betruges. Etwa 21.000 fl. für die „Politik“ und an 6000 fl. für den „Pokrok“ sind dem Staate an Inseraten- und Stempelsteuer in betrügerischer Weise zunächst durch Vorspiegelung vermögensloser Persönlichkeiten als Eigenthümer und Herausgeber der genannten Blätter durch absichtliche Uebervortheilung der von der Finanz-Behörde aufgestellten Sequestrationen und sonst durch allerlei verbrecherische Listen vorenthalten worden. Nahezu ein halbes Jahr hatten die Erhebungen und Voruntersuchung gedauert. Bis auf die Benützung der Postrecepisse wurde von der Untersuchungsbehörde der wahre finanzielle Stand der beiden čechischen Blätter berechnet, obgleich, um einen wahren Blick in die finanzielle Lage der beiden Journale unmöglich zu machen, die Hauptbücher beiseite geschafft und nicht mehr aufzufinden waren. Der zur Kenntniß der Umtriebe der Parteien in Böhmen und des durch dieselben zerwühlten gesetzlichen Bodens ungemein interessante Proceß ist in den Tagesblättern jener Zeit ausführlich dargestellt, daher auf jene, die auch in den Quellen angegeben sind, hingewiesen wird. Hier sollen nur die Resultate angegeben werden. Unter ungeheuerem Jubel der Nationalen, welche den gemeinen Betrug in eine patriotische Heldenthat umzuwandeln versucht und wirklich auch einen Theil der urtheilslosen Bevölkerung berückt hatten, waren am 8. März Skrejšovsky, für den der Staatsanwalt fünf Jahre Kerker beantragt hatte, und sein Hauptmitschuldiger von den Geschworenen freigesprochen worden. Als dann die Haftentlassung beider Gefangenen verlangt worden, wurde dieselbe am 11. März wegen Nichtrechtskräfligkeit des Urtheils verweigert, denn der Staatsanwalt hatte gegen das Verdict der Geschworenen Berufung eingelegt. Thatsächlich hatte auch das Oberlandesgericht das Urtheil der Geschworenen verworfen und S. wurde wegen Betrugs zu 18 Monaten Kerker verurtheilt, welches Strafausmaß von dem Obersten Gerichtshofe am 14. Mai 1873 auf 12 Monate herabgesetzt wurde. Als dann später Se. Majestät eine Reise nach Böhmen unternahmen und auch damals, wie gewöhnlich bei solchen Anlässen, einige Amnestie-Acte erfolgten, wurde S. von Sr. Majestät begnadigt. So endete dieser Betrugsproceß, welcher wochenlange das Tagesgespräch in politischen Kreisen gebildet hatte. Eigenthümlich hatte es sich auch gefügt, daß gleichsam um das Treiben im čechischen Lager auf das grellste zu beleuchten, wenige Tage vor der Inhaftnahme Skrejšovsky’s, das Vehmgericht der Nationalen einen seiner Zeit vielgenannten Literaten und Agitator, nämlich Karl Sabina [Bd. XXVIII, S. 6], nachdem er sich als Polizeispion entpuppt, aus dem Lande gejagt hatte. Dabei hatte man in allen Kreisen reiflich erwogen, daß man, während dem Bauer, wenn er seine Steuer nicht entrichtet, ohne Umstände die letzte Kuh executorisch veräußert wird, bei S., der ein Gut um das andere sich angeschafft, die schuldige Steuersumme immer höher hatte anwachsen lassen und lange gezögert hatte den richterlichen Schritt, der dessen Haftnahme unter allen Umständen heischte, zu thun. Auch war im eigenen Lager der Čechen die Verwirrung auf’s höchste gestiegen. Altčechen und Jungčechen standen sich damals, als der Skandal losging, [89] in zwei Parteien heftig erregt gegenüber. Die Altčechen hatten wegen der Sabina-Affaire den Jungčechen tief wehe gethan; nun war zu besorgen, die Jungčechen würden in der Skrejšovsky-Geschichte Vergeltung üben. Um also hier allen Widerstand bei Zeiten zu brechen, wurde des greisen Palacky Beistand in Anspruch genommen und dieser mußte bei Gregr für das Verfahren der Altčechen in der Sabina-Affaire förmlich Abbitte thun und für Skrejšovsky bei den Jungčechen um Gnade betteln. Es waren Zustände und Verhältnisse im feudalen Lager bloßgelegt worden, welche zeigten, wie die Entwicklung eines verfassungsmäßigen Lebens im Kaiserstaate durch Handlungen Einzelner, denen nichts heilig, die jeder That, selbst des Verbrechens fähig waren, wenn nicht verhindert, so doch aufgehalten wurde. Und man hatte vergessen, daß, wenn man jetzt den des Betruges Angeklagten zum Märtyrer der Nation hinaufschraubte, die Aussprüche der öffentlichen Meinung von früher über ihn doch offen vorlagen. Wenn man den wegen gemeinen Betruges an ärarischem Gute in Untersuchung Befindlichen mit einem Male zum treuesten Hüter der nationalen Rechte, zum ersten Führer, der mit der größten Elasticität die Reihen seiner Landsleute in den Kampf führte, zum Riesen machte, gegen welchen seine Gegner als wahre Zwerge erscheinen: so klang das alles unglaublich und erwies sich dem mit der öffentlichen Meinung vertrauten Politiker als baare Demonstration, wenn sich derselbe erinnerte, in dem nämlichen Blatte, den „Narodne listy“, zwei Jahre früher über den heutigen Martyrer Skrejšovsky gelesen zu haben, wie ihm von derselben Partei Arroganz, Inkonsequenz, zügellose Agitation, Störung nationaler Eintracht vorgeworfen und geradezu behauptet wurde, daß er mit Hilfe seiner „patriotischen Blätter“ und einiger „bezahlter Helfershelfer“ auf dem Lande die Vertrauensmänner des Volkes zu erniedrigen und die Nation gegen dieselbe aufzuhetzen suche. Dieß aber, fährt das genannte Blatt (18. September 1870) fort, werde ihm nicht gelingen, denn es sei einmal Zeit, daß man der Heuchelei und dem politischen Ueberläuferthum die Maske vom Gesicht reiße. Und mit solcher Moral wollte man das Verfassungswerk stören, mit solchem unlauteren Gebaren trat ein kleiner Bruchtheil des Großstaates dem großen Ganzen entgegen!!! Man hatte sich lange nicht erklären können, wie die Regierung hinter das betrügerische Gebaren S.’s gekommen sei. Später hatte sich auch dieser dunkle Punct aufgeklärt. Im Jahre 1868 war die „Politik“ suspendirt worden und S. hatte, wie schon erwähnt worden, an ihrer Stelle die „Correspondenz“ erscheinen lassen. Als Eigenthümer der „Correspondenz“ figurirte der Setzer Tuma. Als die „Politik“ wieder erscheinen durfte, ging die „Correspondenz“ ein. Das Aerar hatte noch 4000 fl. an rückständigen Inseratengebühren zu fordern. S. gab nun in unwahrer Weise vor, daß er mit dem Blatte in keiner Verbindung gestanden sei, verweigerte die Zahlung und es wurde demnach über den Setzer, Tuma, der vor Gericht als Eigenthümer der eingegangenen „Correspondenz“ galt, der Concurs verhängt, der aber wegen notorischer Vermögenslosigkeit des Tuma bald wieder aufgegeben werden mußte. Tuma wurde für seine Strohmannsrolle von S. mit einem Monatgehalte von 40 fl. entlohnt, mußte aber noch weiter als Strohmann Redacteurdienste leisten und sich wiederholt einsperren lassen. Unter dem Ministerium Hohenwart entzog [90] S. dem Tuma, der mittlerweile Herausgeber einer Arbeiter-Zeitung, des „Delnik“, geworden, den ihm lebenslänglich zugesicherten Gehalt, hatte ihn aber dafür, daß er für die Nation sich habe einsperren lassen, mit der Hoffnung auf eine Nationalbelohnung vertröstet. Als diese Nationalbelohnung noch immer ausblieb, als dann die Finanzprocuratur in Erfahrung gebracht hatte, daß Tuma in Prag einen Hausantheil im Werthe mehrerer tausend Gulden besitze, wurde nun der Concurs neuerdings über Tuma verhängt. Zugleich wurde über die Einkünfte des „Delnik“ der Sequester verfügt, das war für Tuma doch zu viel. Diese Entwicklung des Nationaldankes hatte er nicht erwartet. So wendete sich Tuma nun an Skrejšovsky, ihn an sein Versprechen erinnernd und ihm die gegenwärtige Situation vorstellend. Skrejšovsky stand nicht an, die Forderungen Tuma’s entschieden zurückzuweisen, und Tuma säumte nicht länger, beim Strafgerichte die Wahrheit über sein Verhältniß zu Skrejšovsky auszusagen. Was dann weiter geschehen, ist aus der Lebensskizze bekannt. Man würde nicht glauben, zu welchen Insulten S. gegen einzelne Personen, gegen ganze Behörden, ja gegen das Staats-Oberhaupt sich vergessen hatte, läge nicht Alles schwarz auf weiß vor. Das „Wiener illustrirte Extrablatt“ berichtet (1872 Nr. 43) ausdrücklich, daß er die Beamten k. k. Lumpen genannt, daß er das k. k. Rescript vom September 1871 als auf „weichem Papier gedruckt“ bezeichnet, daß er die Absendung von Deputationen an Kossuth befürwortet, daß er für die Entfernung der Kaiserbilder aus öffentlichen Localen Propaganda gemacht u. s. w. Das alles that derselbe Mann, den dann die k. k. Beamten gemeinen Betruges wegen verhaften lassen, vor Gericht stellen und verurtheilen mußten. Aber nur allmälig war S. aus kleinen Anfängen zu solchen Zielen emporgewachsen. Noch im Jahre 1863 schildert ihn ein Publicist in den „Prager Landtags-Silhouetten“ als einen „Mann von blasser, schmächtiger Figur, der mit Eleganz sich kleidet, aber nicht so redet, vielmehr eine gewisse Unbeholfenheit an den Tag legt und gern mit dem Elaborate coquettirt, das er als nothwendiges Substrat seiner oratorischen Ergüsse vor sich liegen hat. Wenn S. in seinem Blatte von Wahrungen der Rechte beider Nationalitäten in Böhmen spricht, so mag er das wohl ernstlich wollen, doch ist er diesem Programm nicht immer consequent geblieben. Ergreift er im Landtage das Wort, so spricht er wohl regelmäßig in deutscher Sprache – aber Inhalt und Tendenz ist von nationalen Ideen durchweht“. Welch’ anderes Bild muß zwölf Jahre später der Verfasser der „Böhmischen Wanderungen“, welche die „Allgemeine Zeitung“ enthielt, von S. entwerfen! „Um wie viel besser stünde es heute um die Tschechen“, schreibt der böhmische Wanderer, „wenn sie sich von S., diesem leidenschaftlichen Manne, der die Anderen alle, die Matadoren nicht ausgenommen. wie Marionetten lenkt, auf die abschüssige Bahn nicht immer hätten weiter drängen lassen. Wenn er sich selbst durch rücksichtslose Energie aus kleinen Anfängen zur einer dominirenden Stellung emporzuarbeiten wußte, so setzte er auch alle Hebel in Bewegung, um die Nation dorthin zu drängen, wo er sie haben wollte. Er gab zu Allem die Parole aus – zu dem wilden Krieg gegen die Deutschen zuerst, zu dem noch wilderen Bürgerkrieg nachher, den die in zwei Lager gespaltenen Čechen gegenwärtig [91] unter sich führen. Auf sein Commando zerfleischen sich die feindlichen Brüder, täglich schmettert sein Blatt Kriegsfanfaren in die Luft, man sieht förmlich die Morgensterne durch die Luft sausen, wenn man S.’s tägliche Schlachtbulletins sieht. Es ist wie ein Morden in der Hebbel’schen Tragödie „Judith und Holofernes“ und man denkt unwillkürlich an Nestroy, wie er in der Parodie des Hebbel’schen Stückes, auf die Haufen von Leichen zeigend, sagte: „Schafft das Gschlamp zur Seite!“ Später hatte Skrejšovsky ein neues Stichwort ausgegeben: weil die Jungčechen das Theater der Gegenwart in die Hände bekommen und zugleich gegründete Aussicht hatten, auch das Theater der Zukunft mit Hilfe einer Landessubvention seiner endlichen Vollendung entgegenzuführen, so plaidirte er fanatisch für den Bau eines alttschechischen Gegentheaters, an welchem kein deutscher und kein jungčechischer Kreuzer kleben soll. Dieß ist das Bild, dieß der Lebenslauf S.’s, nicht nach deutschen Quellen, denn diese Darstellung beruht nur auf Mittheilungen aus čechischen Blättern, welche wohl auch in deutschen Blättern nacherzählt wurden. So wird die Bevölkerung in Böhmen, welche Jahrhunderte lang in friedlicher Eintracht neben einander gelebt, durch das frevelhafte Treiben unlauterer Agitatoren, die keine Mittel, selbst das des Verbrechens nicht, scheuen, ihre unsauberen Zwecke zu verfolgen, aufeinandergehetzt; noch mehr, es wird, wie es mit der letzten, nach Moskau gesendeten Adresse der Fall war, offen Hochverrath geübt. Das alles stimmt ganz gut mit dem Wahlspruch zusammen, der Skrejšovsky’s Lebensmaxime ist- und welcher lautet: „Eine kecke Stirne ist mehr werth als ein Meierhof“.

Die Presse (Wiener polit. Blatt) 1872, Nr. 225, Morgenblatt, im ersten Leitartikel. – Dieselbe Nr. 225, Abendblatt: Die Verhaftung Skrejschowsky’s“. – Nr. 236: „Prag 16. August. Zur Verhaftung Skrejschowsky’s“. – Nr. 229: „Prag 19. August“. – Deutsche Zeitung (Wiener Blatt der deutschen Partei) 1872, Nr. 225, Morgenblatt: „Verräther-Patriot“ und „patriotischer Verräther“. – Nr. 225, Abendblatt: „Die Verhaftung Skrejschowsky’s“. – Neue freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1872, Nr. 2742: „Wien 12. April. J. S. Skrejschowsky’s Martyrium“. – Nr. 3044: „Affaire Skrejschowsky“. – Nr. 3048: „Proceß Skrejschowsky“. – Nr. 3050: „Fortsetzung des Processes Skrejschowsky“. – Nr. 3051 u. d. F.: „Fortsetzung“ und „Schluß“. – Allgemeine Zeitung (Augsburg, Cotta, 4°.) 1875, Nr. 141, Beilage: „Böhmische Wanderungen IV.“.
Porträte. 1) Illustrirtes Wiener Extrablatt. Von Berg und Singer (4°.) I. Jahrg. (1872), Nr. 149: Holzschnitt von Æ. – 2) „Floh“ (Wiener Spott- und Witzblatt) 1871, Nr. 25: „Viribus unitis“ [Skrejšovsky als Redacteur des „Pokrok“ und Gregr als Redacteur der „Narodne listy“ sich gegenseitig „mit vereinten Kräften“ den zusammengekehrten Mist in’s Gesicht spritzen]. Von Klič. – 3) Neuer freier Kikeriki (Wiener Spott- und Witzblatt) 1873, Nr. 10. – 4) Humoristicke listy, d. i. Humoristische Blätter (Prager Witzblatt) 1874, Nr. 45: Brustbild in Holzschnitt. – 5) Světozor (Prager illustr. Blatt, kl. Fol.) 1873, Nr. 1, Unterschrift: Facsimile des Namenszuges „J. S. Skrejšovský“. Holzschnitt: Mára ryi, d. i. Von Mara gezeichnet. [Großes, sehr ähnliches Brustbild, trefflich in Holz geschnitten.] – 6) Die Bombe (Wiener Spott- und Witzblatt) 1. September 1872, Nr. 35: Ueberschrift: Strejschovsky. Farbendruck. Zeichnung von Laci von F(recsay)., S. 218 [Text zum Porträte, Parodie zur Dorfscene im Faust: „Wie anders, Gretchen, war Dir’s“.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Momument.