BLKÖ:Spaur, Karl Graf
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 36 (1878), ab Seite: 110. (Quelle) | |||
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Spaur. Herausgeber möchte den 8. Jänner 1794 als das richtige Geburtsdatum ansehen, wenigstens ist es so in der Biographie seines Großvaters: „Biographie des Grafen Franz Spaur. Von einem seiner nächsten Verwandten entworfen“ Seite 40 angegeben. Ein großes wichtiges Ereigniß, bei welchem dem Grafen Karl mit seiner Gemalin Therese [siehe ihre Lebensskizze S. 114] die Hauptrolle zufiel, machte seinen Namen auch über diejenigen Kreise hinaus bekannt, in denen er durch seine hohe Stellung, seine amtliche Wirksamkeit und seine edlen geistigen Eigenschaften bekannt und hochgeachtet war. Obgleich in Wetzlar geboren, gehört er durch seine aus Tirol stammende, dort seit Jahrhunderten ansässige und noch heut weitverzweigte Familie uns an. Sein Großvater war der seiner Zeit ob seiner Gerechtigkeit und seinem Pflichtgefühl hoch gepriesene Graf Franz Joseph Spaur [siehe diesen S. 86]. Sein Vater Joseph Philipp war Assessor des Wetzlarer Kammergerichtes und starb erst 39 Jahre alt. Seine Mutter Henriette war eine geborene von Frankenstein. Graf Karl trat ursprünglich in den bayerischen Kriegsdienst, verließ aber später denselben, um sich der Diplomatie zu widmen. Er diente nun als Legationssecretär in Berlin, Wien, Frankfurt und ging 1831 als Geschäftsträger nach Rom, wo er im Jahre 1831 zum außerordentlichen Gesandten befördert wurde, mit welcher Stellung er später noch die eines Gesandten bei den Höfen von Neapel und Turin vereinigte. Der Graf durchlebte nun das Wohl und Wehe der ganzen fünfzehnjährigen Regierung des Papstes Gregor XVI., den die Einen ebenso befangen erhoben, wie die Anderen ohne Grund geschmäht haben. Als der Cardinal Graf Mastai Ferretti am 16. Juli 1846 als Pius IX. zum Papst [111] gewählt worden, war auch Karl Graf Spaur Zeuge des Pio-nono-Jubels, den meisten gleich, ungeachtet seiner conservativen Gesinnungen, nicht ahnend, welche Wendung und welches Ende die Seligkeit der ersten Zeiten des neuen Pontificats nehmen würde. Aber er war einer der ersten Enttäuschten, als die selbstbewußte Revolution und die seit Jahren heimlich wühlende Mazzini’sche Partei sich des Feldes bemächtigten, welches der arglose, wie natürliche Enthusiasmus und die ungeduldig überstürzende reformistische Hast ihr, ohne es zu wollen noch zu wissen, geebnet hatten. Der letzte Act des Dramas stand klar vor seiner Seele, als er, den tiefsten Schmerz in seinem bei aller Anhänglichkeit an Rom deutschen Herzen, den Doppeladler seiner Heimat unter den Fäusten einer Horde des niedrigsten Gesindels stürzen, als er nicht lange darauf, zu Ende April 1848, den Anfang jener Unfreiheit des Papstes sah, welche, nachdem ein scharfsinniger, erfahrener und entschlossener Minister, beinahe vereinzelt, inmitten von Kälte, Entfremdung oder Feindseligkeit, den Versuch, ihr ein Ende zu machen, mit dem Leben bezahlt hatte, sechs Monate später zur Katastrophe führen mußte. Die Katastrophe kam, und wie Papst Pius IX. am 24. Nov. 1848 nach Gaëta floh, welchen Antheil Graf Karl S. mit seiner Gemalin an der glücklich ausgeführten Flucht des Heiligen Vaters hatte, alle diese historisch denkwürdigen Ereignisse, von dem Momente als Pius IX. den quirinalischen Palast verließ, bis König Ferdinand von Neapel den päpstlichen Flüchtling in Gaëta begrüßte, hat seine bereits erwähnte Gemalin Therese in einer kleinen Schrift als Augenzeugin, ja Mittheilnehmerin ausführlich geschildert. Der bayerische Gesandte, indem er, am labicanischen Wege vor der Kirche S. Pietro e Marcellino harrend, am Abend des 24. November den apostolischen Flüchtling in seinen Wagen aufnahm und aus der Stadt und über die Grenze des Kirchenstaates hinausführte, brach der römischen Revolution die gefährliche Spitze ab. „Mochte“, so schreibt des Grafen Biograph in der Allgemeinen Zeitung. „Republik und Anarchie darauf folgen, mochten die Umsturzmänner von ganz Italien sich um den Vatican sammeln und modern antike Tragicomödien aufführen – der Papst war frei. Der auf der entweihten Stätte aufgeführte Lügenbau mußte in sich selbst zusammensinken“. Der Graf von Spaur hat sich durch sein ruhig-entschlossenes, auf höheren Beistand vertrauendes, eigener Sicherheit nicht achtendes Handeln in jenen verhängnißvollen Momenten um alle Throne, um die ganze Christenheit ein beneidenswerthes Verdienst erworben. Nach allem Hangen und Bangen des Aufenthaltes in Gaëta und Portici hat der Graf am 12. April 1850 an der durch manche Erinnerungen und Rückblicke ernsten Freude des Wiedereinzuges theilgenommen. Seine durch die bezeichneten Ereignisse in seltenem Maße bevorzugte Stellung hat bei ihm nie zu Selbstüberhebung oder zur Einmischung in Anderer Angelegenheiten geführt; wie er sich des Vertrauens, das Papst Pius ihm im entscheidenden Augenblicke bezeigt, mit Recht freute und darauf stolz war, war er sich auch bewußt, diesem Vertrauen nach seinen besten Kräften entsprochen zu haben. Eine lange und wechselvolle Krankheit brachte ihm viele Leiden. Auf Genesung hoffend, verließ er im Herbst 1854 Rom mit längerem Urlaub, um den Winter in seiner Heimat Südtirol zuzubringen, kam aber nicht [112] über Florenz hinaus, wo er auch nach einiger Zeit im Alter von 60. nach Anderen von 58 Jahren verschied. Sein vorerwähnter Biograph schreibt über ihn: „Der Graf war ein Ehrenmann und Edelmann im echten und besten Sinne des Wortes, loyal, großmüthig, gewissenhaft, unerschütterlich in seinen religiösen Ueberzeugungen. fest in seinem politischen Glauben, aristokratische Gesinnung mit warmer Anhänglichkeit an seinen König und sein Land, eifrige Berufstreue mit strengem Rechtsgefühl unauflöslich verbindend. So ist er eine Zierde seines Standes gewesen, dessen, dem er durch Geburt angehörte, wie jenes, den er sich als Lebensberuf wählte. In Rom war er durch Familienbeziehungen heimisch geworden, und dort kannte man ihn in Folge seines langen Aufenthaltes und würdigte seine edlen und tüchtigen Eigenschaften am besten“. Der Graf war seit 21. September 1833 mit Therese geborenen Gräfin Giraud [Bergmann nennt sie irrthümlich Sirout und läßt sie erst seit 31. Jänner 1834 mit dem Grafen vermält sein], verwitweten Dowell vermält, welche ihm zwei Söhne gebar. Von diesen starb der eine in der Jugend; der andere, Graf Maximilian (geb. 5. Juli 1834), ist Besitzer der lehenbaren Pfandherrschaft Laudegg und des Gutes Mäntelberg (Gallwiese) in Tirol, sowie des Gutes Mödingen bei Dillingen in Bayern, diente anfänglich in der Diplomatie, die er später aufgab und ist jetzt k. k. Hauptmann in der Reserve des Tiroler Jäger-Regiments Kaiser Franz Joseph. Er hat sich am 4. December 1861 zu London mit Mathilde geborenen Freiin Verschuer vermält. Den Familienstand siehe in Stammtafel 7.
Spaur, Karl Graf (Staatsmann, geb. in Südtirol im Jahre 1796, nach Einigen bereits 1794; als Geburtstag wird der 4., 14. Jänner und 8. Juni angegeben, gest. zu Florenz 26. October 1854). Vom Zweige, genannt Winkel und Landegg [Stammtafel 7], der dritten Hauptlinie der Familie- Augsburger Postzeitung (4°.) 1854, Beilage Nr. 262 vom 16. November: „Karl Graf Spaur“ [Nekrolog von A. von Reumont?]. – Jetztzeit. Herausgegeben von Dr. Meynert (Wien 8°.) 1855, Nr. 45, S. 713: „Karl Graf von Spaur“- – Volks- und Schützenzeitung (Innsbruck, 4°.) 1854, Beilage zu Nr. 127.