BLKÖ:Spendou, Joseph
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 36 (1878), ab Seite: 135. (Quelle) | |||
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Anton [siehe in den Quellen S. 138], damals Priester der erzbischöflichen Cur, nach Wien kommen, wo er 1769 am akademischen Gymnasium seine Studien fortsetzte. Nach beendeten philosophischen Studien, über seine Berufswahl unschlüssig, besuchte er die juridischen Vorlesungen der Professoren Hupka und Martini. Aber schon im nächsten Jahre entschied er sich für das Studium der Theologie. Während er demselben oblag, erwarb er sich die Zuneigung seines Professors der Kirchengeschichte Ferdinand Stöger, der ihn in seine Wohnung aufnahm und mit mehreren anderen Professoren bekannt machte. Bei Stöger erweiterte sich der Kenntnißkreis des jungen Theologen, der seinem Lehrer bei Verfassung des „Introductio in historiam ecclesiasticam“ hilfreich zur Seite stand. S. widmete sich dem katechetischen Unterrichte. Bei diesem genügten ihm die katechetischen Unterweisungen des berühmten Pädagogen Ignaz von Felbiger [Bds. IX, S. 166] und des Historikers Michael Ignaz Schmidt [Bd. XXX, S. 303, Nr. 90], der bekanntlich, ehe er als Geschichtschreiber seinen Ruhm erlangt, als Pädagog in verdienstlicher Weise gewirkt, nicht, vielmehr fand er sich durch die Methode des Linzer Katecheten Joseph Miller [Bd. XVIII, S. 328, Nr. 11][WS 1] befriedigt und die praktische Uebung trat ergänzend hinzu. Als im Jahre 1781 die beiden Katecheten an der Wiener Normalschule [136] eine andere Bestimmung erhielten, übernahm S. im Jahre 1782 als ihr Nachfolger alle Lehrstunden in den vier Classen und überdieß den Unterricht der Geistlichen im Katechisiren. Spendou’s Methode wich von der bisherigen mehr abrichtenden, nach welcher über den Text des vorgeschriebenen Lehrbuches Fragen gestellt wurden, wobei man es unterließ, Begriffe beizubringen und an die vorhandenen neue anzuknüpfen, wesentlich ab, indem er eben dieses letztere Moment herausgriff und so seine ganze Lehrmethode auf die Entwicklung und Ausbildung der menschlichen Seelenkräfte gründete. Dabei machte er sich mit der ganzen pädagogischen Literatur sorgfältig bekannt und führte auch seine geistigen Präparanden in dieselbe ein. Diese Methode Spendou’s erweckte alsbald die Aufmerksamkeit nicht nur der Fachmänner, sondern auch des Publikums; selbst der damalige Präsident der Studien-Hof-Commission Freiherr van Swieten wurde auf sie aufmerksam, und unterließ es nicht, seinen Beifall darüber auszusprechen. Als der bisherige Pfarrer zu Burgschleinitz, Joseph Anton Gall [Bd. V, S. 65], der nachmalige Linzer Bischof, im Jahre 1785 zum Oberaufseher der deutschen Schulen ernannt wurde, begann die zweite Epoche in der Verbesserung des deutschen Schulwesens in Oesterreich, deren erstere Prälat Felbiger eingeleitet hatte. Auch Gall arbeitete, im Gegensatze zu Felbiger, der zunächst die Bereicherung des Gedächtnisses im Auge hatte, auf die Entwicklung des Verstandes hin, und verlor daher in Spendou, der 17853 zum Vice-Director des Wiener General-Seminariums ernannt worden, mit schwerem Herzen den gleichgesinnten Katecheten. Nachdem der Schuloberaufseher und Domscholaster Gall im Jahre 1788 zum Bischof von Linz ernannt worden, wurde Spendou sein Nachfolger in der Oberaufseherstelle der deutschen Schulen und blieb es durch 28 Jahre – bis 1816, in welchem ihn Kaiser Franz in Würdigung seiner Verdienste um das Volksschulwesen zum Propsten des Wiener Metropolitan-Capitels ernannte. Nicht gering aber sind Spendou’s Verdienste um das Volksschulwesen in Oesterreich. So verbesserte er die bisherige Lehrmethode nicht blos in der Religion, sondern in allen Gegenständen des Elementar-Unterrichts zunächst in Wien und mittelst des Präparanden-Unterrichts für Schulgehilfen und Hauslehrer auch in den übrigen Provinzen des Kaiserstaates; bereits als Katechet hatte er eine mildere Schulzucht eingeführt und die Entfernung der körperlichen Strafen aus der Schule, – eine erst in den jüngsten Conferenzen der deutschen Lehrer stark discutirte und mit der Erneuerung der Prügelstrafe (!) gelöste Frage – war in Oesterreich bereits zu Spendou’s Zeit ein überwundener Standpunct; denn Spendou eben ist es, der die körperliche Züchtigung vollends verwarf, weil dadurch das physische und moralische Gefühl abgestumpft, der Lehrgegenstand selbst verhaßt und das Schulgehen verleidet wird. Das Methodenbuch mit der Sagan’schen (Felbiger’schen) Lehrart wurde allmälig außer Gebrauch gesetzt und an dessen Stelle eine Anweisung in Aphorismen den Lehrern in die Hand gegeben. Es wurden theils ganz neue Lehrbücher: die deutsche Sprachlehre von Joseph May, die Naturlehre von F. Fried, die Rechnenkunst von J. Haidinger, die Geometrie von Johann von Seeder eingeführt, theils die vorhandenen, wie die Baukunst und Geographie, verbessert. Analoge Verbesserungen auch in [137] den übrigen Lehrgegenständen vorzuschlagen und einzuführen wurde gestattet. – Im Hinblicke auf den wohlthätigen Einfluß, den die Musik auf die Veredlung des Gemüthes und die Milderung der Sitten ausübt, wurde von S. der Antrag gestellt, daß der Unterricht im Generalbasse an der Normalschule für Präparanden zum Schulamte eingeführt werde. Als dann im Jahre 1806 die Volksschulen den bischöflichen Consistorien und unter deren Oberleitung den Dechanten als Schuldistricts-Aufsehern anvertraut wurden, verfaßte S. als Oberaufseher und Mitglied der unter dem Vorsitze des damaligen Wiener Fürst-Erzbischofs, Grafen Hohenwarth, niedergesetzten Hofcommission unter der Mitwirkung des Schulreferenten Augustin Gruber [Bd. V, S. 377], nachmaligen Erzbischofs von Salzburg, einen Schul-Codex, welcher unter dem Titel: „Politische Verfassung der deutschen Schulen“ (Wien 1806 und noch öfter) gedruckt erschien. Dieses Buch, welches alle in dieser Richtung erlassenen Gesetze enthält, gibt ein treues Bild der Einrichtung des österreichischen Volksschulwesens zu Anbeginn des neunzehnten Jahrhunderts und widerlegt am besten alle gegen Oesterreich in dieser Beziehung erhobenen Angriffe – denn während Oesterreich in den höheren Lehranstalten leider zurückgeblieben, steht es im Volksschulwesen den übrigen Staaten tonangebend und mustergiltig gegenüber. Ferner entwarf S. den Plan eines Lehrbuches, welches eine Sammlung jener Gesetze enthalten sollte, die von der Regierung für die Sicherheit des Lebens, der Gesundheit, des Eigenthums u. s. w. erlassen worden sind. Die Bearbeitung desselben führte er in Gemeinschaft mit dem damaligen Katecheten von St. Anna in Wien, Anton Hye [Bd. IX, S. 457], aus. Dieses Lehrbuch erschien unter dem Titel: „Lesebuch für Wiederholungsschulen oder Inbegriff des Nothwendigsten, was ein Jeder als Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft wissen soll“ (Wien 1823) im Drucke. Auch mit dem österreichischen, von der Neuzeit wiederholt bedrohten und in seinen Folgen so segensreichen Schulbücher-Verlage steht Spendou’s Name in enger Verbindung. Kaiser Joseph II. hatte angeordnet, daß nach dem Tode des Johann Thomas von Trattner der Verlag der Lehrbücher, den Trattner bisher besaß, von der Schulbücher-Verschleiß-Administration zum Besten des niederösterreichischen Studienfondes übernommen werden solle. Diese kaiserliche Anordnung schien vergessen zu sein, als Johann Thomas von Trattner mit Tod abging, denn dessen Sohn, der die Buchhandlung aufgab, überließ die Schulartikel verschiedenen Verlegern. Spendou, dem die Josephinische Verordnung im Gedächtniß geblieben, machte nun als Oberaufseher der deutschen Schulen die Regierung aufmerksam, daß nunmehr der Augenblick zur Uebernahme des Verlages der Schulbücher da sei, und die Verordnung des Kaisers Joseph trat ins Leben. Es wurde dadurch dem Studienfonde ein namhafter Betrag zugewendet. Unter S. war auch der katechetische Fond in ansehnlicher Weise gewachsen, nachdem er ihn mit 11.500 fl. übernommen, hatte derselbe bei seinem Austritte die Höhe von 100.000 fl. erreicht. Es sind dieß nur die Hauptmomente von Spendou’s Thätigkeit in seiner Eigenschaft als Schul-Oberaufseher. Er war ein Schulmann mit Leib und Seele, und seine Reformen waren nicht unsichere Neuerungen, sondern wohldurchdachte Pläne, nicht auf mechanischer, sondern geistiger Basis.[138] Wenn viele derselben von dem Fortschritte der Zeit im Schulwesen heut überholt sind und die Erinnerung daran allmälig verdunkelt wird, an Eines knüpft sich doch bleibend die Erinnerung seines segensvollen Schaffens, nämlich an das Witwen-Institut für die Schullehrer innerhalb der Linien Wien’s, welches S., von dem Gedanken ausgehend, ins Leben gerufen hat, daß nur dann begabte und wohlunterrichtete Menschen für den Lehrstand gewonnen werden können, wenn diese ein anständigeres, ihrer Stellung entsprechenderes Loos ihrer nächsten Angehörigen hoffen dürfen. Wann S. gestorben, konnte ich nicht ermitteln. Das Jahr 1813 als das seines Todesjahrs ist eben so unrichtig, als die Angabe 1739 als die seines Geburtsjahres.
Spendou, Joseph (Dompropst des Wiener Metropolitan-Capitels und Schulmann, geb. zu Möschnach in Krain im Jahre 1757, gest. im Jahre 1813). Den ersten Unterricht erhielt er in der Stadtschule zu Krainburg, dann bezog er das Gymnasium in Laibach, wo der nachmalige Bischof von Laibach, Anton Kautschitsch sein Lehrer war. Als er zwölf Jahre alt war, stand S. völlig verwaist, und nun ließ ihn sein älterer BruderAnmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: [Bd. XVIII, S. 328, Nr. 14].