BLKÖ:Spielmann, Anton Baron

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 36 (1878), ab Seite: 150. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Anton Freiherr von Spielmann in Wikidata
GND-Eintrag: 100243053, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Spielmann, Anton Baron|36|150|}}

Spielmann, Anton Baron (Staatsmann, geb. in Wien im Jahre 1738, gest. ebenda 27. Februar 1813), Sohn bürgerlicher Eltern und der Ahnherr der heutigen Freiherren von Spielmann. Nach beendeten philosophischen und juridischen Studien trat er 1760 bei der k. k. Hofkammer in den österreichischen Staatsdienst ein und wurde schon 1764 zum niederösterreichischen Regierungs-Secretär befördert. Seine Verwendung und Talente veranlaßten bald seine Versetzung zur geheimen Hof- und Staatskanzlei, bei welcher ihn die Kaiserin Maria Theresia zum geheimen Hof-Concipisten ernannte. Schon im Jahre 1767, damals noch nicht 30 Jahre alt, wurde S. zum Hofrath befördert. Im Jahre 1790 wurde er geheimer Hof- und Staatsreferendar; als er im Jahre 1793 aus der geheimen Hof- und Staatskanzlei austrat, verlieh ihm Kaiser Franz die Würde eines k. k. geheimen Rathes und ernannte ihn 1801 zum Vice-Präsidenten der böhmisch-österreichischen Hofkanzlei. Bald darauf trat S. in den Ruhestand über. Während seiner vierzigjährigen Dienstzeit wurden S. alle Ehren[151] und Würden zu Theil, welche zu jener Zeit überhaupt zu erlangen waren. So erhielt er schon im Jahre 1781 von Kaiser Joseph II. das Ritterkreuz des ungarischen St. Stephans-Ordens, wurde 1791 Schatzmeister des Maria Theresien-Ordens, am 9. October 1790 in den Reichsfreiherrnstand erhoben, ihm 1791 das ungarische Indigenat, 1792 das Incolat von Böhmen und das Commandeurkreuz des ungarischen St. Stephans-Ordens verliehen. Die Kinder aus seiner mit einem Fräulein von Humlauer (gest. 28. März 1800) geschlossenen Ehe, sowie der heutige Familienstand sind aus der Stammtafel ersichtlich. Freiherr von Spielmann zählt zu jenen einsichtsvollen, eben so gelehrten als treuen Staatsdienern Oesterreichs, welche, aus der Josephinischen Periode stammend, dem österreichischen Beamtenstande das edle Gepräge gaben, das sich bis zur Achtundvierziger-Katastrophe in mehreren hervorragenden Staatsmännern und Würdenträgern erhalten hat. Spielmann hat sich durch eigenen Fleiß, der unermüdlich war, und seine rühmliche Verwendung ohne weiteres Fürwort zu einer Zeit selbst emporgebracht, in welcher der hohe Adel ein fast ausschließliches Privilegium auf rasche Beförderung und die höchsten Würden zu haben schien. Anfänglich widmete sich S. der judiciellen Sphäre und studirte mit allem Eifer die holländischen Autoren und Commentatoren des Civilrechtes, worin er eine erstaunliche Kenntniß besaß. Als er sich nun für die juridische Doctorwürde vorbereitete, erschwerte ihm das Uebelwollen des damaligen Directors, obgleich Martini und Riegger den talentvollen Candidaten in ihren Schutz nahmen, diesen Schritt und diese Cabale ging zu Spielmann’s Gunsten aus, denn dieser, auf dem ursprünglich eingeschlagenen Lebenswege unter so mißliebigen Auspicien keine Förderung hoffend, gab die eingeschlagene Richtung auf, widmete sich nun dem politischen Dienste und gelangte in demselben in so kurzer Zeit zu seiner hervorragenden Stellung, die ihm auf der judiciellen Laufbahn kaum eben so rasch hätte zu Theil werden können. Eigenthümlich genug, Spielmann’s Name gewann in Wien eine Volksthümlichkeit, wie sie selten an den Namen eines Mannes sich knüpft, wenn dieser nicht unmittelbar mit dem Volke verkehrt, was bei Spielmann doch nie der Fall gewesen. Es scheint, daß die Ursache im Abschlusse der mißliebigen Reichenbacher Convention zu suchen ist. an welcher Baron Spielmann den wesentlichsten Antheil hatte. Dieselbe wurde zwischen Friedrich Wilhelm II. und Kaiser Leopold II. am 27. Juli 1790 des Inhaltes abgeschlossen, daß Oesterreich mit der Pforte einen Waffenstillstand schloß, ohne sich in den Krieg Rußlands mit der Pforte zu mischen, welch letztere, durch zwei Kaiserreiche gedrängt, ihrem Untergange nahe war. Die Folge dieser Convention war zunächst der Friede von Sistowa am 4. August 1790, dann jener zu Jassy am 11. August 1791 und die Resultate: eine abermalige Zersplitterung Polens. Die wenig vortheilhaften Bedingungen, unter welchen Oesterreich diese Reichenbacher Convention abschloß, wurden vornehmlich und wohl mit Recht Spielmann in die Schuhe geschoben. War die Situation Oesterreichs unmittelbar nach dem Tode des Kaisers Joseph eine nichts weniger als günstige und namentlich durch die Gährung in Ungarn bedenkliche, wo man die Josephinischen Einrichtungen [152] abgeschafft wissen wollte, und wurde dieselbe noch mißlicher dadurch, daß die Ungarn am preußischen Hofe um Unterstützung angesucht hatten und ihnen diese war versprochen worden: so war dieselbe in der Wirklichkeit doch immer nicht so gefährlich, daß sich Spielmann hätte von dem preußischen Minister einschüchtern lassen dürfen, welcher bekanntlich die Uhr mit der Drohung auf den Tisch legte: „Sein König lasse marschiren, wenn Spielmann nicht binnen fünfzehn Minuten unterschriebe“. Darauf, so wird nun berichtet, hätte Spielmann laut zu jammern angefangen und geängstigt – unterschrieben. Nun, was die Drohung mit dem Marschiren betrifft, so standen ja auch Oesterreichs Heere, vor kurzem noch von Loudon inspicirt, an den Grenzen von Mähren und Schlesien schon zum Angriffe bereit, während Preußen noch immer in der Mobilmachung seiner Truppen begriffen war. Nur ein Wink des Kaisers, sein wohlgeschultes Heer überschritt die Grenze und befand sich auf preußischem Boden, bevor dieses die Anstalten zur Gegenwehr vollendet hätte. Eine Convention, wie die in Reichenbach geschlossen worden, konnte immer noch selbst nach dem unglücklichsten Feldzuge geschlossen werden. Wenn die Armee Loudon’s, für den König Friedrich II., der von ihm geschlagen, ihn nie schlagen konnte, viel Hochachtung empfand, über die Grenze marschirt wäre, so würde sie dem König Friedrich Wilhelm in seinem eigenen Lande immer noch so viel Ungelegenheit bereitet haben, daß ihm kaum viel Zeit geblieben wäre, an die Magnaten in Ungarn und den Divan in Constantinopel zu denken. Spielmann hätte, wie ein Geschichtsschreiber jener Periode meint, statt auf die Drohung des preußischen Ministers zu jammern und unmittelbar zu unterschreiben, demselben lachend erwiedern sollen: „Und ich bestimme nur fünf Minuten. Wird binnen dieser Zeit nicht unterschrieben, was mein Kaiser fordert, so lasse ich maschiren“. Man meinte damals, daß Spielmann entweder von der richtigen Lage der Dinge nicht unterrichtet gewesen oder aber dieselbe durch das gefärbte Glas Derjenigen, welche ihm Vorschrift gegeben hatten, um jeden Preis Frieden zu schließen, angesehen habe. Nun aber welches die Ursachen des wenig günstigen Abschlusses gewesen, bleibe dahingestellt, Baron Spielmann hatte sich durch den Abschluß der Convention die volle Huld des Kaisers Leopold erworben und wie derselbe damit zufrieden war, so herrschte in Berlin darüber großer Jubel. Auch wurde durch diese Convention der Grund zu einer engeren Verbindung Preußens mit Oesterreich gelegt, deren nächste Folge war: daß das Berliner Cabinet dem österreichischen Monarchen alle diejenigen Ungarn, welche die Preußen um Hilfe gegen ihren König angesucht hatten, verrieth und sämmtliche deßhalb geschriebene Briefe auslieferte. Großmüthig ahndete Kaiser Leopold an keinem der durch diesen treulosen Verrath Bekanntgegebenen, die von denselben gepflogene hochverrätherische Correspondenz, der Lohn Spielmann’s aber war die Verleihung des ungarischen Indigenats (1791) und das Commandeurkreuz des ungarischen St. Stephans-Ordens (1792). Noch wohnte Baron Spielmann der denkwürdigen Fürsten-Versammlung in Pillnitz vom 25. bis 27. August 1791 bei, zu welcher Kaiser Leopold II. mit seinem Kron-Prinzen Franz II., Friedrich Wilhelm II. von Preußen mit seinem Kron-Prinzen Friedrich Wilhelm III., der [153] Graf von Artois, der Prinz von Nassau und mehrere andere hohe und wichtige Persönlichkeiten sich eingefunden hatten, um sich über die Maßregeln zu vereinbaren, welche der französischen Revolution gegenüber getroffen werden mußten. Es ist bekannt, daß die Convention zunächst ein Defensivbündniß der deutschen Fürsten zur Folge hatte und ferner jene an den französischen Convent in geharnischten Ausdrücken abgefaßte Erklärung, daß die Fürsten bereit seien, die Souveränitätsrechte und persönliche Freiheit des Königs von Frankreich mit Kraft und Nachdruck und, wenn es sein müßte, mit den Waffen in der Hand zu schützen, was dem Faße den Boden einschlug und in Frankreich die furchtbarste Aufregung verursachte, welcher der Ausbruch des großen Krieges, der den ganzen europäischen Continent mitriß, folgte. Mit der Fürsten-Versammlung bei Pillnitz beschloß Baron Spielmann seine staatsmännische Thätigkeit. Wohl noch an einen Umstand mag sich die häufigere Nennung des Namens Spielmann knüpfen, veranlaßt durch den Besitz eines Hauses, des sogenannten Spielmann’schen Hauses in der Mitte von Wien’s begangenstem Platze, dem Graben, welches die Ecke der vormaligen Unteren Bräunerstraße Nr. 1133 (neu 2) bildet. Als nämlich im Jahre 1804 Kaiser Franz den Titel eines Erbkaisers von Oesterreich angenommen halte, wurde das Pragmaticalgesetz den 11. August vom Balkon des Freiherrn von Spielmann’schen Hauses durch den Regierungs-Secretär Freiherrn von Khuenburg im Beisein dreier Regierungsräthe feierlich verkündet. Eine ähnliche Verkündigung des geschichtlich denkwürdigen Actes fand noch vom Balkon der Kirche Am Hof Statt durch den Regierungs- Secretär Freiherrn von Heinke, gleichfalls in Gegenwart dreier Stadträthe.