BLKÖ:Teuffenbach, Polykarp

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 44 (1882), ab Seite: 76. (Quelle)
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52. Polykarp (gest. zu Teuffenbach im Jahre 1543), von dem zweiten (dem Georg’schen) Hauptstamme, ein Sohn Georgs. Sein Andenken wurde erst in neuerer Zeit in Folge der Forschungen über Herzog Christoph von Württemberg, aufgefrischt, welche uns manchen werthvollen Aufschluß über das Hofleben im sechzehnten Jahrhundert geben. Christophs Vater, Herzog Ulrich von Württemberg, wurde wegen Landfriedensbruches vom schwäbischen Bunde aus seinem Lande verjagt, und dasselbe als Ersatz der Kriegskosten an Kaiser Karl V. verpfändet, welcher es am 7. Februar 1522 mit allen Rechten und Lasten an seinen Bruder, Erzherzog Ferdinand, überließ. Betreffs der Kinder des Herzogs ward ein besonderer Vertrag errichtet, nach welchem Christoph an den Hof zu Innsbruck gebracht werden sollte, was auch geschah. Dem jungen Prinzen stand als Hofmeister Wilhelm von Reichenbach, ein durch Tugend und Gelehrsamkeit ausgezeichneter Mann, zur Seite. Den Hof zu Innsbruck bildeten die Erzherzogin Maria [Bd. VII, S. 18, Nr. 197], Schwester Karls V. und nachmalige Gattin König Ludwigs II. von Ungarn und Böhmen, welcher bei Mohács ein frühes Ende fand, und die Prinzessin Anna [Bd. VI, S. 150, Nr. 24], König Ludwigs Schwester und spätere Gemalin Kaiser Ferdinands I. Nachdem Kaiser Karl V. das Land Württemberg an seinen Bruder Ferdinand I. abgetreten hatte, fiel diesem auch die Obsorge für den Unterhalt des jungen Herzogs Christoph zu. Dieser lebte nun seit 1525 am Hofe Ferdinands zu Wiener-Neustadt und folgte auch, als wegen der nahen Türkengefahr das Hoflager 1529 nach Leoben übersiedelte, demselben in diese Stadt. Hier starb sein Hofmeister Wilhelm von Reichenbach, und es galt, einen geeigneten Nachfolger desselben für den Prinzen zu bestellen. Die Wahl fiel auf Polykarp von Teuffenbach, der ledigen Standes auf seiner Besitzung bei Judenburg sich aufhielt. Als man sich seines guten christlichen Glaubens versichert hatte, erging an ihn die Aufforderung [77] zur Uebernahme gedachten Postens. Polykarp aber weigerte sich entschieden, denselben anzunehmen und schützte als Gründe seine in Judenburg eben erst eingerichtete. Haushaltung, dann den Mangel an den nöthigen Kenntnissen u. d. m. vor, aber vergeblich, denn Ferdinand ließ diese Gegenreden nicht gelten und beauftragte seinen Schatzmeister Hans Hoffmann aus Grünbüchl und Strechau [Bd. IX, S. 176, Nr. 39], Teuffenbach von dessen Besitzung bei Judenburg abzuholen und an den Hof zu bringen, was auch geschah. Polykarp mußte nun, ob er wollte oder nicht, das Erzieheramt bei dem jungen Christoph übernehmen. Jedoch verstand er sich zur Uebernahme dieser Stelle erst unter der Bedingung, daß er dieselbe nur so lange behalte, bis ein tauglicherer Erzieher gefunden werde. Polykarp zeigte sich als ein ebenso gewissenhafter wie energischer Mann, der die Interessen seines Zöglings sorgfältig wahrnahm und sich gegen jede Verkürzung, die dieser in Folge der Zeitläufte zu erdulden hatte, mit Entschiedenheit verwahrte. So richtete er im Herbst 1529. als in Folge des Türkenkrieges und anderer Umstände Nothdurft im Haushalte des Herzogs Christoph eintrat, an den Kaiser und dessen Schatzmeister Hoffmann auf Grünbüchl ein offenes Schreiben, worin er sich bitter beklagte, daß für den Unterhalt seines fürstlichen Zöglings schlecht gesorgt werde (für sich ausgiebig zu sorgen, schien dieser Schatzmeister nie vergessen zu haben, denn er besaß nicht weniger als 24 Herrschaften und Schlösser in Oesterreich und Steiermark!). Teuffenbach schildert nun auch in seinem Schreiben in ziemlich drastischer Weise den ganz verkommenen Hausstand des Prinzen: „Es sei keine Ordnung unter des Herzogs Hofgesinde und wenig gute Personen dabei, welche zu solchem Dienste taugen; der Herzog habe kein gutes Pferd im Stall, für sein Leibpferd und sonstige Pferde gar unlustiges, zerrissenes und verwüstetes Zeug, „„daß ich mich seiner selber schamb““; es sei keine Leinwand vorhanden, so daß der Herzog drei Wochen auf ein paar ungewaschenen Lailachen gelegen; der Barbier besitze kein sauberes Barbiertuch u. s. w.“. Teuffenbach drang nun ernstlich darauf, daß die pünktliche Auszahlung des Geldes für den Unterhalt des Herzogs erfolge, und zwar nicht durch den Hof oder die Raitkammer in Wien, sondern, da der Herzog eine Zeit lang in Steiermark bleiben solle, möge der König verfügen: daß das Geld aus den Aemtern dieses Landes gegeben werde. Doch blieb Teuffenbach dabei nicht stehen, er verlangte auch eine Instruction, damit er wisse, wie er den Herzog halten solle, denn es gehe jetzt nicht mehr wie vor zwei oder drei Jahren, derselbe sei nun mannbar – er zählte jetzt nämlich 14 Jahre – und es wachse ihm der Bart; ferner wünschte er einen Staat, damit er wisse, wie viele und welche Personen und wie viele Pferde er demselben zu halten habe. Teuffenbach machte nun in dieser Beziehung ausdrückliche Vorschläge. Bald darauf erhielt Herzog Christoph eine Summe von mehreren Hundert Gulden ausgezahlt, welche aber nicht lange reichte, denn schon kurze Zeit danach erklärte Teuffenbach, daß er wegen des fortwährenden Geldmangels, dem er nicht abzuhelfen im Stande sei, von seiner Stelle zurücktreten wolle. Ein an ihn gestelltes Ansinnen, vorläufig zu gedachtem Zwecke selbst Geld vorzustrecken, lehnte er ab. Als dann im Spätsommer 1530 die Pest auch Leoben nicht verschonte, hielt er es für gerathen, bei der niederösterreichischen Kammer Schritte zu thun, daß der Herzog einen andern Sitz für sein Hauswesen erhalte. Und in der That übersiedelte dieser im October g. J. nach Rottenmann. Bald darauf finden wir ihn am Hofe des Kaisers und unter dessen Gefolge aufgenommen. Ueber Polykarps weitere Verwendung liegt nichts vor; an dessen Stelle bei Herzog Christoph trat Mitte 1531 Caspar von Usenbang, welcher bis dahin als Minister und Secretär König Ferdinands genannt wird. Der junge Prinz aber machte allen Sorgen über seinen Hofhalt mit einem Male selbst ein Ende. Als Kaiser Karl V., von Ferdinand bis Villach begleitet, Anfang October 1532 aus Wien nach Italien reiste, entfernte sich Herzog Christoph, welcher sich gleichfalls im Gefolge befand, nahe der steirisch-kärnthnerischen Grenze heimlich vom kaiserlichen Hofe, und nachdem er sich einige Zeit verborgen gehalten, erschien er auf dem Augsburger Tage des schwäbischen Bundes im Jahre 1533. um für sich und seines Hauses gutes Recht in die Schranken zu treten. Polykarp mag in sein Judenburger Heim zurückgekehrt sein, denn er erscheint nur noch bei einigen Geschäften seiner Verwandten thätig, im Jahre 1543 aber starb er, wie ein in der Kirche zu Teuffenbach [78] befindlicher Grabstein meldet, am S. Ursulatage (21. October) unvermält. Nach Allem, was über Polykarp durch die Forschung bekannt geworden, erscheint er als ein wackerer, gewissenhafter Edelmann, der das Erzieheramt ernstlich nahm, für seinen Zögling nach jeder Richtung hin männiglich einstand, und lieber sein verantwortliches und schwieriges Amt niederlegte, als an dem Prinzen und dem kaiserlichen Hofe, der alles Vertrauen in ihn setzte, unverantwortlich handeln wollte. Eigenthümlich berührt es uns, daß, während bei Hof überall Mangel oft am Nöthigsten herrschte, der Schatzmeister Hoffmann auf Grünbüchl sich eine Herrschaft um die andere kaufte! [Staehlin (Paul Friedrich Dr. und Archivrath). Beiträge zur Jugendgeschichte des Herzogs Christoph von Württemberg in den „Württembergischen Jahrbüchern“, Jahrg. 1870, S. 474 u. f.] –