BLKÖ:Weiß, Michael (1569–1612)
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 54 (1886), ab Seite: 155. (Quelle) | |||
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Weisz geschrieben, wir halten und an die in den meisten Quellen vorkommende Schreibung Weiß. Sein aus Eger in Böhmen stammender Vater Johann war Bürgermeister in Mediasch, seine Mutter Gertrude die Tochter des dortigen Stadtschreibers Lorenz Wolf. Michael erhielt einen so gründlichen und wissenschaftlichen Unterricht, daß er schon in seinem 15. Jahre lateinische Gedichte schrieb. Beide Eltern verlor er frühzeitig, 1586, an der Pest. Zunächst trat er als Secretär in die Dienste Ferdinand Hardegg’s, damaligen Befehlshabers in Szathmár, der am 16. Juni 1595 wegen verrätherischer Uebergabe der Festung Raab an die Türken in Wien enthauptet wurde. Später begab sich Weiß nach Prag und erhielt eine [156] Stelle in der ungarischen Kanzlei, wo er sich durch seine Tüchtigkeit bald so hervorthat, daß er und seine sämmtlichen Geschwister von Kaiser Rudolf II. mit Diplom vom 21. März 1589 in den Adelstand erhoben wurden. 1590 kehrte er in sein Vaterland zurück, wurde in Kronstadt 1600 Rathsherr, 1608 Stadthan und 1612 Richter, die höchste Würde. An den Staatsangelegenheiten seines engeren Vaterlandes hatte Weiß allzeit großen Antheil. Die Fürsten Siegmund Báthory, Stephan Boczkai, Siegmund Rákóczi und Gabriel Báthory bedienten sich seiner zu verschiedenen Gesandtschaften. Von Letzterem wurde er 1600 an den Hospodar der Moldau Constantin Mogila entsendet, um demselben den im Namen des Fürsten Gabriel Báthory geschlossenen Friedens- und Freundschaftsvertrag aufzukündigen. So lange nur sein eigenes Wohl gefährdet war, gehorchte er seinem Fürsten; als aber sein Vaterland, das Glück Kronstadts in Gefahr gerieth, versagte er den Gehorsam. Schon hatte sich Hermannstadt durch Gabriel Báthory’s Aufnahme ins Verderben gestürzt. Als nun dieser mit seinem Heere auch in Kronstadt Aufnahme verlangte, verweigerte ihm Weiß dieselbe. Darüber kam es zum Kriege. Weiß hoffte den Kampf siegreich zu überstehen, und es würde sich wohl diese Hoffnung erfüllt haben, wenn nicht die walachischen Soldvölker in der Schlacht, welche am 16. October 1612 unter den Mauern Kronstadts stattfand, ihn treulos verlassen hätten. Als er auf der Flucht über den kleinen Fluß Burzen, einen Nebenfluß der Alt, setzte, wurde er aus dem Sattel gehoben und infolge dessen von den Feinden ereilt und zusammengehauen. Den Kopf des Helden brachte man nun als das größte Siegeszeichen nach Hermannstadt und setzte ihn dort auf Befehl des Fürsten auf dem Pranger aus. Nach drei Tagen nahm ihn eine fremde Dienstmagd in stürmischer Nacht herunter und verbarg ihn im Keller. In einiger Zeit entdeckte sie ihr Geheimniß ihrer Gebieterin. Nun wurde das Haupt dem Ursulinerkloster in Hermannstadt übergeben und dort beigesetzt. Weiß beobachtete die Ereignisse in seinem Vaterlande, in denen er selbst eine große Rolle spielte, mit aufmerksamen Blicken, und sind deshalb seine Aufzeichnungen für die gleichzeitige Geschichte Siebenbürgens von großem Werth. Dieselben besaß in Handschrift unter dem Titel: „Liber annalium raptim scriptus per Mich. Weiss Mediensem etc. etc.“ zuletzt der k. k. Major Karl Schobeln von Schobelnhausen in Kronstadt (gest. 4. Juli 1828); wohin sie dann gekommen, ist nicht bekannt. Ein Abdruck mit Vergleichung mehrerer zum Theile aus dem Original genommenen Abschriften erschien in der von Trauschenfels herausgegebenen neuen Folge der „Deutschen Fundgruben zur Geschichte Siebenbürgens“ (S. 125 bis 242) und umfaßt die Jahre 1590–1612; die Fortsetzung: „Brevis consignatio tumultuum bellicorum ab anno Ch. 1610 usque ad completum annum 1613 ambitione et inquietudine Gabrielis Báthory principis Transylvaniae motorum“ ist im Auszuge in der siebenbürgischen Quartalschrift III (1793) S. 241 abgedruckt. Joseph Trausch räumt dieser Beschreibung den Vorzug vor allen sächsischen Annalen über diese traurige Periode ein. Michael Weiß war seit 1590 mit Agnetha, der Tochter des Kronstädter Stadthan Andreas Kemeli, vermält, welche wenige Monate vor ihrem unglücklichen Gatten, am 29. März 1612, dahinschied, ihm zwei Kinder hinterlassend: Michael (geb. 8. August 1603), der kinderlos starb, und Margarethe (geb. 10. Februar 1601), welche aus drei Ehen ohne Nachkommen blieb. Ueber die Familienverhältnisse berichtet am ausführlichsten Joseph Trausch in seinem unten verzeichneten „Schriftstellerlexikon“. [Quellen. Familienblatt (Gratzer Unterhaltungsjournal, 4°.) 1860, Nr. 346: „Auch ein deutscher Held“. – Hauer (Georg Jeremias). Die handschriftliche Monographie: Der siebenbürgische Fürst Gabriel Báthory aus unverwerflichen Urkunden beschrieben im II. Bande der Haueriana mixta, Nr. 9. – De Gerando. La Transylvanie et ses habitants, Bd. 11, S. 73 u. f. – Neues Familien-Journal, Beilage des Wiener Tagblatt, 1869, Nr. 347: „Auch ein deutscher Held. Episode aus der siebenbürgischen Geschichte. Von W. Hausmann (auch in der zu Gratz herausgegebenen „Oesterreichischen Gartenlaube“ 1869, S. 125). – Neue Freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1869, Nr. 1891, im Feuilleton: „Deutsche Männer in der Fremde. Michael Weiß, Bürgermeister von Kronstadt“. Von W.(olf’?). – Transylvania, Bd. II(1834), S. 167 u. 291: „Michael Weiß, Stadtrichter in Kronstadt und die Fehde Kronstadts gegen den Fürsten Gabriel Báthory“. Von B. von M. – [157] Seivert (Johann). Nachrichten von siebenbürgischen Gelehrten und ihren Schriften (Preßburg 1785, Weber und Karabinski, 8°.) S. 486. – Trausch (Joseph). Schriftsteller-Lexikon oder biographisch-literarische Denkblätter der Siebenbürger Deutschen (Kronstadt 1871, Joh. Gött und Sohn, gr. 8°.) Bd. Ill, S. 484–490. Die ausführlichste auf Quellenmaterial gestützte Darstellung seines Lebens und seiner Familienverhältnisse. – Teutsch (J. G. Dr.). Geschichte der Siebenbürger Sachsen, 4. Heft. – Der Ungar. Herausgegeben von Hermann Klein (Pesth, schm. 4°.) I. Jahrg. 1842, Nr. 81: „Biographische Skizzen: III. Michael Weiß“. Mit ganz falschen Daten: so läßt ihn der Verfasser 1665 statt 1569 geboren und am 16. October 1710 statt 16. October 1612 gestorben sein. – Ungarischer Plutarch oder Nachrichten von dem Leben merkwürdiger Personen des Königreichs Ungarn. Von Karl Vincenz Kölesy (Pesth 1815, Eggenberger, 8°.) Bd. I, S. 172. – Horányi (Alexius). Memoria Hungarorum et Provincialium scriptis editis notorum (Posonii 1777, A. Loewe, 8°.) tomus III, pag. 493. – Budapesti Szemle (Pesth) 1858, S. 38. –Auch wurde das tragische Geschick des Michael Weiß wiederholt poetisch behandelt, und zwar schrieb Heyser das Heldengedicht: „Báthory und Weiß“ [vergleiche darüber Trausch’s „Schriftsteller-Lexikon“ Bd. II, S. 155, Nr. 5], und Jósika stellt dies Geschick dar im Roman: „Der letzte Báthory“, der auch in deutscher Uebersetzung von V. Schwarz (Pesth 1839) erschienen ist. – Porträt. In ganzer Figur im 2. Bande der „Transylvania“. – Wappen. Abbildung desselben ebenda. – Denkmünze. Siebenbürgens dankbare Bürger ließen auf den Tod des Michael Weiß eine goldene Denkmünze prägen mit dem Spruche: Praestitit, quae debuit, Patriae; eine Abbildung dieser bereits seltenen Münze befindet sich in den Wiener priv. Anzeigen, VI. Jahrgang, S. 57 und in der „Transylvania“ von Benigni, Bd. II.] –
27. Michael Weiß (geb. zu Mediasch in Siebenbürgen am 13. Jänner 1569, gest. den Heldentod fürs Vaterland am 16. October 1612). Wir finden den Namen dieses berühmten Mannes bald Weis, bald Weiß oder auch