BLKÖ:Wied-Runkel, Friedrich Georg Heinrich Graf

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 55 (1887), ab Seite: 288. (Quelle)
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Wied-Runkel, Friedrich Georg Heinrich Graf (k. k. Feldmarschall und Großkreuz des Maria Theresien-Ordens, geb. am 19. October 1712, gest. zu Mailand am 16. Februar 1779). Ein Sohn des Grafen Karl, trat er in jungen Jahren in die kaiserliche Armee, focht unter Prinz Eugen am Rhein und that sich damals auf Vorposten und in kleineren Gefechten so vortheilhaft hervor, daß er den Krieg gegen die Türken (1736–1739) bereits als Stabsofficier mitmachte. 1742 wohnte er als Oberst im Infanterie-Regiments Marschall-Biberstein Nr. 18 der Belagerung von Prag bei und trug daselbst eine Verwundung davon; bei Striegan aber zeichnete er sich so aus, daß er in der Relation unter den Helden des Tages genannt wurde. Nach der Schlacht bei Časlau (17. Mai 1742) erhielt der Graf die Mission, König Friedrich II. Friedensvorschläge zu überbringen. 1745 rückte er zum Generalmajor vor, und 1746 vertheidigte er die Citadelle von Antwerpen gegen die Franzosen mit glänzender Tapferkeit. 1757 zum Feldmarschall-Lieutenant ernannt, erprobte er als solcher im siebenjährigen Kriege von Neuem seine militärischen Talente. In der Schlacht bei Kollin am 18. Juni 1757, in welcher Daun dem Preußenkönige eine völlige Niederlage beibrachte, erkämpfte er sich das Kleinkreuz des am nämlichen Tage zu dessen Andenken gestifteten Maria Theresien-Ordens. Er befehligte in dieser Schlacht die Reservetruppen. Als er sah, daß der Feind unsere Armee rechts überflügeln wollte, deckte er die Flanke, formirte bei dem wirklich erfolgten Angriffe unter feindlichem Geschützfeuer seine Bataillone, schlug mit ihnen einen dreimaligen Angriff ab, nahm den Commandanten des preußischen Regiments Neu-Wied, Grafen Tettenborn, gefangen, vertrieb dann den Gegner aus dem Walde und dem Dorfe Krzeczów, bei welcher Gelegenheit er noch eine preußische Kanone erbeutete. In der ersten Promotion des Ordens, welche am 7. März 1758 stattfand, erhielt er das Kreuz. Noch aber gab er in der Zwischenzeit neue Beweise seiner Tapferkeit. Es war am 7. September 1757, als der preußische General von Winterfeld am Maysberge durch unsere Generale Grafen Nádasdy und Herzog von Arenberg geschlagen wurde. Wied hatte den Auftrag, an diesem Schlachttage mit dem von ihm befehligten Reservecorps die Aufstellung zu verändern und mit dem linken Flügel gegen die Anhöhen und den Wald, Hirschberg gegenüber, vorzurücken. Die ganze Artillerie mit kaum 100 Reitern als Bedeckung war bereits dahin abgerückt und fing eben an aufzufahren, während die übrigen Truppen noch ruhig in ihrem Lager standen. Da gewahrte Graf Wied, welcher zufällig die Gegend beritt, daß eine feindliche Colonne, etwa [289] 12.000 Mann stark, über die Brücke bei Hirschberg marschire und im Begriffe stand, gerade jene Anhöhen zu besetzen, auf welchen unsere Artillerie die Auffahrt und Aufstellung bewerkstelligte. Das feindliche Corps war jenes des Generals Winterfeld. Da die Bedeckung unserer Artillerie, welche aus nur hundert Reitern bestand, eine unbedeutende und eine Unterstützung derselben entfernt war, so schien der Verlust unseres ganzen Geschützes kaum noch zu bezweifeln. Auch waren die Artilleristen, nachdem sie den anrückenden Feind gewahrt hatten, eben im Begriffe umzuwenden und in das Lager zurückzufahren. Jetzt rief Graf Wied den Kanonieren ein Halt entgegen, ließ sie umkehren, sich aufstellen, abprotzen und die nur noch etwa 300 Schritt entfernten Colonnen der feindlichen Avantgarde mit einer Generalsalve empfangen. Gleichzeitig wurde die Bedeckungsmannschaft in den nahen Wald entsendet und beauftragt, in demselben so oft als möglich zu feuern, um den Feind glauben zu machen, daß der Wald stark besetzt sei. Die Wirkung der Geschützsalve war eine furchtbare, die Preußen stürzten in Haufen, und was stehen geblieben, wußte in erster Bestürzung nicht, wohin sich wenden. Leider waren keine Truppen in der Nähe, um auf die in vollster Unordnung gerathene preußische Colonne einen Angriff zu unternehmen, dessen Resultat ihre Gefangennahme gewesen wäre. So wich sie in völliger Unordnung auf die weit rückwärts gelegenen Anhöhen zurück. Der Graf wurde für diese That zum Feldzeugmeister befördert. Auch im weiteren Verlaufe des siebenjährigen Krieges hatte er noch seine Ehrentage: bei Breslau am 22. November 1757, wo er die nächst Höffeichen gelegene Schanze auf das heldenmüthigste vertheidigte, dann bei Leuthen am 5. December d. J., wo er mit der Arrièregarde die hölzerne Brücke über die Schweidnitz die ganze Nacht hindurch behauptete. Dann vollführte er mit acht Regimentern den gefährlichen Marsch von Görlitz durch Böhmen nach Neisse in sieben Tagen, und zwar im Angesichte des Trouquet’schen Corps zwischen den Festungen Glatz und Schweidnitz. Im Winter 1759/60 übernahm er das Commando über das Hadik’sche Corps und erkämpfte sich bei Torgau am 3. November 1760 das Großkreuz des Maria Theresien-Ordens, welches ihm in der sechsten Promotion (am 22. December 1761) verliehen wurde. Der Hubertsburger Friede (15. Februar 1763) brachte den Grafen als commandirenden General nach Böhmen, wo er sich um die Armenversorgung, den Volksunterricht und überhaupt um das Wohl des Landes unvergeßliche Verdienste erwarb. In den schweren Nothjahren 1771 und 1772, in deren ersterem allein durch Hunger und Seuchen im Lande Böhmen über 250.000 Menschen hinweggerafft wurden, waren es vornehmlich die von dem Grafen getroffenen Anstalten, durch welche das Leben vieler Tausende erhalten ward. Im Jahre 1778 erhob die Kaiserin den erprobten Helden zum Feldmarschall und verlieh ihm das Generalcommando in der Lombardie. Aber kaum hatte der Graf seine neue Stellung angetreten, als ihn der Tod ereilte.

Thaten und Charakterzüge berühmter österreichischer Feldherren (Wien 1868, Degen, 8°.) Bd. II, S. 117. – Gräffer (Franz). Josephinische Curiosa (Wien 1848, 8°.) Bändchen II, S. 379: „Brief des Kaisers Joseph II. an den Grafen Wied ddo. Prag 21. September 1774“. – Hirtenfeld (J.). Der Militär-Maria Theresien-Orden und seine Mitglieder (Wien 1857, Staatsdruckerei, kl. 4°.) S. 115, 1727 und 1729.