Zum Inhalt springen

BLKÖ:Wolfegg und Waldsee, Anton Willibald Graf von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Wolfert, Wenzel
Band: 58 (1889), ab Seite: 23. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
GND-Eintrag: [1], SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Wolfegg und Waldsee, Anton Willibald Graf von|58|23|}}

Wolfegg und Waldsee, Anton Willibald Graf von (hochf. salzburgischer Hofkammerpräsident und Humanist, geb. zu Waldsee in Bayern am 7. Jänner, nach Anderen 17. Juli 1729, gest. in Salzburg am 9. Jänner 1820). Der Sproß eines alten schwäbischen Geschlechtes, das im engen verwandtschaftlichen Zusammenhange steht mit der Grafenfamilie Waldburg, über welche Näheres im LII. Bande, S. 166 bis 169 berichtet wird. Ein Sohn des [24] Grafen Maximilian Maria und der Marie Ernestine geborenen Gräfin Thun, erhielt er eine sorgfältige Erziehung, und um sich für die übliche Cavalierstour vorzubereiten, Unterricht in Sprachen. So bereiste er Holland, Frankreich, Italien, England, Deutschland, und zwar zu öfteren Malen, und gerieth, wie sein Biograph bemerkt, dabei in die sonderbarsten Situationen, und um seiner Familie durch die Kosten seiner großen Reisen nicht zur Last zu fallen und doch seinen Reisedrang zu befriedigen, ließ er sich die auffallendsten Entbehrungen und Aufopferungen gefallen. Als er dann eine Dompräbende zu Augsburg erhalten hatte und sein Wandertrieb noch immer lebendig war, verkaufte er dieselbe wieder, um nur reisen zu können. Endlich legte sich diese Reiselust, der Kurfürst von Bayern ernannte ihn 1761 zum Ritter des Georgiordens, 1769 zum Comthur desselben und 1784 zum Großcomthur. Inzwischen war ihm auch am 23. August 1762 eine Domherrenpräbende zu Salzburg verliehen worden, er ließ sich aber erst im 49. Lebensjahre, im October 1778, die Priesterweihe ertheilen. Später vom Erzbischof Hieronymus zu dessen Hofkammerpräsidenten ernannt, nahm er in dieser Eigenschaft seinen bleibenden Aufenthalt in Salzburg, wo infolge seiner Wohlthätigkeit sein Andenken fortlebt. Ein großer Freund der schönen Natur, trug er viel zur Verschönerung dieser Stadt bei. Er kaufte den dem Neu- oder Siegmundsthore nahe gelegenen Horner’schen Garten, welchen er zu einer wahren Zierde Salzburgs umschuf, auch legte er vom Neuthor bis zu seinem Garten die schöne Pappelallee an. Dann erstand er einen Theil von Aigen, eben jenen, wo der Park sich befindet, den er angelegt und später der Raaber Bischof Ernst Fürst Schwarzenberg weiter ausgebildet und vervollkommnet hat. In Betreff des oberwähnten vor dem Neuthore befindlichen Gartens erweckte es allgemeines Befremden, daß Graf Wolfegg denselben fast alle Jahre neu anlegen ließ. Dies geschah aber aus verschiedenen Gründen; nicht nur weil er, der sich auf seinen weiten Reisen in der Gartenkunst trefflich ausgebildet hatte, bei diesen immer wieder stattfindenden Veränderungen durch Hervorzauberung stets neuer Reize seinem Schönheits- und Kunstsinne genügen wollte, er hatte dabei noch einen weit edleren Zweck im Auge, nämlich: die Gewerbsleute und Arbeiter immerfort zu beschäftigen und ihnen dadurch eine beständige Erwerbsquelle zu eröffnen. So trieb er es durch 30 Jahre fort, bis ihm sein Gärtner starb. Nun in Betrübniß über diesen Verlust und da er bei seinem vorgerückten Alter nicht leicht einen Mann, wie der Vorgänger es war, sich heranbilden konnte, verkaufte er 1814 den großen Garten und machte mit dem ganzen Erlös aus demselben dem Stadtarmenfonde ein Geschenk, so daß der Garten auch fortan noch wohlthuend wirkte. Was der Graf für die Armen Alles that, kam nie zur allgemeinen Kenntniß. In seiner Vorliebe für das Land, in welchem er seine zweite Heimat gefunden, ging er so weit, daß er nur immer Salzburger Gewerbsleute beschäftigte, und wenn der Eine oder Andere den Aufträgen sich nicht gewachsen zeigte, so unterwies er ihn selbst darin und schaffte ihm die allenfalls nöthigen neuen Werkzeuge an. Auch ließ er mehrere arme Knaben ein Handwerk oder ein Gewerbe auf seine Kosten erlernen. Dabei übte er Wohlthaten im Stillen, und zwar in ausgiebigster [25] Weise. Ein Bürger Salzburgs, der den Grafen genau kannte und mit ihm im näheren Verkehre stand, behauptete, daß die Summe von 20.000 fl., welche der Graf innerhalb der letzten 10–12 Jahre an Hilfsbedürftige in Salzburg verschenkt hatte, lange nicht zu hoch gegriffen sei. Um diesem seinem Hange, wohlzuthun, genügen zu können, entäußerte sich Wolfegg allmälig alles überflüssigen Eigenthums, behielt nur die alltäglichsten und unentbehrlichsten Möbel, und als er starb, war das Bett, worauf er verschied, schon vorher verschenkt. So starb er buchstäblich, um die Armut zu bereichern, in freiwilliger Armut. Er war 91 Jahre, 6 Monate alt geworden. Sein letztes Denkmal errichtete er sich selbst in seinem Testamente, indem er zum Universalerben seines ganzen hinterlassenen nicht unbedeutenden Vermögens den Armenfond der Stadt Salzburg einsetzte, und um die Summe nicht unnöthiger Weise zu schmälern, bestimmte er zu Gunsten desselben, nur nach der Norm der 2. Bürgerclasse bestattet zu werden. Der edle Menschenfreund – dieser Humanist in des Wortes vollster Bedeutung – wurde in der uralten St. Margarethencapelle auf dem Kirchhofe zu St. Peter beigesetzt.

Kais. kön. Amts- und Intelligenzblatt von Salzburg vom 22. Jänner 1821, Stück 7, Sp. 65–70: „Nekrolog des Grafen“.