Zum Inhalt springen

BLKÖ:Jungmann, Anton Johann Ritter von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Nächster>>>
Jungmann, Johann
Band: 10 (1863), ab Seite: 316. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Anton Johann Jungmann in der Wikipedia
Antonín Jan Jungmann in Wikidata
GND-Eintrag: 102526311, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Jungmann, Anton Johann Ritter von|10|316|}}

Jungmann, Anton Johann Ritter von (Arzt und Fachschriftsteller, geb. zu Hudlitz bei Beraun in Böhmen 19. Mai 1775, gest. zu Prag 10. April 1854). Sohn unbemittelter Landleute und Bruder des berühmten Slavisten Joseph Jacob Jungmann [s. d. S. 319]. Anton trat nach 1797 zu Prag beendeten Gymnasialclassen zu Leipnik in Mähren in den Orden der frommen Schulen; verließ ihn aber bald wieder und widmete sich 1800 dem Studium der Arzneiwissenschaft. Da er arm war, erhielt er sich vom Unterrichtgeben und wurde Lehrer im Hause des Professors Gottfried Mikan, eines Mannes, der durch seine geistigen Eigenschaften und seinen humanen Geist nicht geringen Einfluß auf J. übte. Im November 1803 erhielt er das Magisterium der Geburtshilfe, und am 7. December d. J. die medicinische Doctorwürde. Nun wurde er Assistent an der medicinischen Klinik und versah diesen Posten 1805 und 1806. Alsdann begab er sich als Hausarzt zu einer hochadeligen Familie nach Mähren; legte aber diese Stelle bald zurück und war schon 1807 wieder in Prag. Im folgenden Jahre wurde J. von dem medicinischen Rectorat zum Supplenten der Geburtshilfe, an Stelle des gestorbenen Dr. Franz Karl Fiedler ernannt, welchen Posten er mit Decret vom 1. Mai 1811 bleibend erhielt, mit der Verbindlichkeit, die Vorträge aus der theoretischen und praktischen Geburtshilfe zugleich in deutscher und čechischer Sprache zu halten. Später wurde er zum Historiographen der medicinischen Facultät der Prager Hochschule ernannt. Als Arzt erfreute sich J. eines großen Rufes. Vom J. 1808–1823, da ihm erst in diesem Jahre ein Assistent beigegeben wurde, versah J. die Prager Gebärklinik ganz allein, über 50.000 Geburten und darunter sehr schwierige waren bis 1849 unter seiner Aufsicht auf der Klinik vorgekommen. Zur wissenschaftlichen Ausbildung seiner Zuhörer stiftete er auf der geburtshilflichen Klinik eine Bibliothek, widmete zu diesem Zwecke seine eigene Büchersammlung und spendete auch sonst nicht unerhebliche Summen, um die Sammlung auf der Höhe der Wissenschaft zu erhalten. Als Fachschriftsteller hatte J. zunächst die Schule und das gemeine Volk im Auge. Um einem längst tiefgefühlten Bedürfnisse abzuhelfen, schrieb er noch als Hörer der Medicin eine Entbindungskunde in čechischer Sprache zum Nutzen jener Hebammen auf dem flachen Lande, die nur die čechische Sprache verstanden. [317] Dieselbe ist bereits in vierter Ausgabe unter dem Titel: „Umění porodnické k užitku ženám při porodu obsluhujícím“ (Prag 1842, Kronberger, 8°.) erschienen; indem die dritte im Jahre 1827 erschienene Ausgabe den gleichen Titel wie die vierte trägt, führte die erste den Titel: „Uwod k babena“ (Prag 1804, 8°.) und die zweite: „Umění babické k užitku ženám při porodu obsluhujícím“ (ebd. 1804 und 1821). Außerdem sind von ihm folgende Werke in čechischer und deutscher Sprache erschienen, und zwar in ersterer: „Koňský lékař, aneb: Potřebné navedení o koních, kterak totiž pěkných a dobrých koní se dochovati kdo může“ u. s. w., d. i. Der Pferdearzt, oder nothwendige Kenntniß von Pferden u. s. w. (Königgrätz 1826, Pospišil, 8°.); – „O sedmeru dobytka domácího jeho chování a nemocech“, d. i. Von den sieben Hausthieren, von ihrer Zucht und ihren Krankheiten (Prag 1826); – „Dra. Jind. Felixa Paulického domácí lékař“ u. s. w., d. i. Dr. Paulitzky’s Hausarzt (2. Ausgabe, Prag 1850, Pospišil, 8°.), welches Buch auf Kosten der Matice česká, verlegt wurde; – in deutscher Sprache: „Lehrbuch der Geburtshilfe“. 2 Bde. (Prag 1811, Enders, 8°.); – „Lehrbuch der Geburtshilfe für Hebammen (ebd. 1812, Kronberger, gr. 8°.); – „Das Technische der Geburtshilfe zum Gebrauche bei Vorlesungen über Operationen für Mediciner und Wundärzte“ (ebd. 1824, gr. 8°.). Außerdem erschienen mehrere Abhandlungen über Anthropologie, Thierheilkunde und verwandte Gegenstände in verschiedenen Fachblättern. Neben seinem Fache betrieb J. Sprachstudien und war wohl der Erste in Böhmen, der sich mit dem Sanskrit beschäftigte und darüber in der Zeitschrift „Krok“ (I. Theil, 1. und 4. Heft) die Abhandlung herausgab: „O sanskritu, a wýtah grammatiky z Nála“; seinen Bruder Joseph, den berühmten Slavisten, unterstützte er bei der Abfassung seines Wörterbuches, auch veröffentlichte J. anläßlich einer Polemik der čechischen Philologen die Flugschrift: „Beleuchtung der Streitfrage über die Ortographie, veranlasst durch Herrn Johann Negedly’s Widerlegung der sogenannten analog-ortographischen Neuerungen in der böhmischen Sprache“ (Prag 1829, 8°.). Als Historiograph der medicinischen Facultät in Prag schrieb er aber eine Geschichte der medicinischen Institute der Prager Hochschule, welche im 22. Bande der medicinischen Jahrbücher des österreichischen Kaiserstaates abgedruckt ist. In seinen letzten Jahren, nachdem er am 23. October 1850 über sein Ansuchen in den Ruhestand versetzt worden, beschäftigte er sich mit einer Uebersetzung der Erzählungen Zschokke’s in’s Čechische. So mannigfaltige Verdienste als Arzt, Mensch und Gelehrter um die leidende Menschheit und Wissenschaft, veranlaßten 1849 den Lehrkörper der medicinisch-chirurgischen Studien der Prager Hochschule, um die Allergnädigste Verleihung des Leopold-Ordens an Jungmann zu bitten, welche auch mit 21. Juni d. J. erfolgte; überdieß wurde er schon früher, und zwar im Jahre 1841 mit dem kaiserlichen Rathstitel ausgezeichnet. Im Jahre 1839 bekleidete er die Würde eines Rectors der Prager Hochschule, in welcher ihm sein Bruder Joseph folgte. Die medicinische Gesellschaft von Petersburg, jene der Aerzte in Wien u. m. a. zählten ihn zu ihrem Mitgliede. Im Jahre 1850 wurde er den Statuten des Leopold-Ordens gemäß in den erbländischen Ritterstand erhoben. J. starb im Greisenalter von 79 Jahren und seine ihn überlebende Gattin Anna Maria folgte ihm 3 Jahre später [318] (71 Jahre alt) im Tode. Gleich seinem Bruder Joseph Jacob sind Anton und seine Gemalin auf dem Wolschaner Friedhofe begraben.

Vierteljahrschrift für praktische Heilkunst (Prag, Lex. 8°.) 1854, Bd. XLIV: „Nekrolog“ von Weitenweber. – Carro (Jean de), Almanach de Carlsbad. 25, année (1855), p. 151 [nach diesem geb. 10. Mai 1776]. – Theater-Zeitung 1854, Nr. 84. – Rittersberg, Kapesní slovníček novinářský i konversační, d. i. Kleines Taschen-Conversations-Lexikon (Prag 1850, 12°.) Theil I, S. 899. – Živa. Časopis přírodnický, d. i. Žiwa. Zeitschrift für Naturwissenschaft (Prag, Lex. 8°.) Jahrg. 1854, Nr. 12, S. 377. – Lumir. Belletristický týdenník, d. i. Lumir. Schöngeistiges Wochenblatt (Prag, gr. 8°.) Jahrg. 1854, Nr. 15, S. 357. – Bohemia (Prager Journal, 4°.) Jahrg. 1858, S. 488 [gibt Nachricht von dem Tode seiner Frau Anna Maria, welche 4 Jahre später, 71 Jahre alt, im Jahre 1858 starb]. – Ritterstands-Diplom vom 10. Jänner 1850. – Wappen. Im silbernen Schilde ein schrägrechts gestellter Bündel Lictorenstäbe von rother Farbe, mit einem hervorragenden Beile natürlicher Farbe an rothem Stiele. Um das Bündel windet sich eine grüne Schlange mit einwärts gekehrtem Kopfe. Auf dem Schilde ruhen zwei zu einander gekehrte Turnierhelme mit Kronen. Aus der Krone des rechten Helmes wächst ein einwärts gekehrter, doppelt geschwänzter goldgekrönter Löwe mit ausgeschlagener rother Zunge und vorgehaltenen Pranken; aus der Krone des linken Helmes erheben sich drei wallende Straußenfedern, eine silberne zwischen zwei rothen. Die Helmdecken sind zu beiden Seiten roth mit Silber unterlegt.